Munds-Han.
Die Haager Konferenz. Die 4. Kommission der Friedenskonferenz nahm mit 25 gegen 5 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen den englischenVorschlag betreffend die Abschaffung der Konterbande an. Dagegen stimmten: Rußland, Deutschland, Amerika, Frankreich und Montenegro. Der Vorschlag wird mithin zur Erwägung gestellt und der Prüfungskommission überwiesen nebst allen anderen Vorschlägen, die sich auf diesen Gegenstand beziehen. Hierauf wurde die Abstimmung über die Frage einer Frist best immun g, die den Handelsschiffen die Vergünstigung gewähren soll, die feindlichen Häfen bei Beginn der Feindseligkeiten unbehindert zu verlassen, auf Antrag Krieges (Deutschland) bis nach der Kommissionsberatung zurückgestellt. Schließlich wurde die Frage der Blockade gleichfalls der Prüfungskommission überwiesen. Deutschland und Oesterreich erklärten, vorbehaltslos den italienischen Vorschlag anzunehmen, der die Festlegung des Prinzips erstrebt, nach dem die Blockade eine militärische Operation und nicht gegen die freie Ausübung des Handels gerichtet ist.
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Bandenunwesen und Makedonien. Die g r te-
chische Regierung bestreitet in einer Antwortnote, auf die von der Pforte erhobene ernste Beschwerde, das griechische Bandenunwesen in Makedonien begünstigst zu haben. Nicht griechische, sondern bulgarische Banden seien zuerst in Makedonien aufgetreten. Daher sei es ganz verfehlt, jetzt in Athen den Hebel anzusetzen. Sobald die anderen Banden ihre Tätigkeit einstellen, würde für die Griechen der Anlaß zur Abwehr wegfallen. Die türkische Anschuldigung, daß griechische Offiziere die Banden befehlig- ten, übergeht die Note schweigend. Daraus geht hervor, daß sie die Anschuldigung nicht widerlegen kann.
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Ans Marokko werden wieder recht erbauliche Dinge gemeldet. Nachdem man Rmsuli auf den Hacken ist, hat dteiec fürchterliche Drohungen ausgestoßen, so daß der englische Gesandte eS für richtig hält, den Obcrräuber vorläufig nicht weiter zu belästigen. Die Nachrichten aus Casablanca lauten recht düster. Viele Israeliten haben die Stadt auf einem Schiff verlassen. Wie verlautet, find drei Stämme, die über die Hafen- und Eisenbahnbauarbeiten erregt find, in die Stadt eingedrungen und bedrohen die Ausländer. Ein Augenzeuge behauptet, die Stämme feien gestern vormittag in die Stadt eingedrungen und hätten den heiligen Krieg ousgerusen. 5 Franzose« seren getötet worden, ferner 2 Italiener und 1 Spanier. Die Läden würden von den Eingeborenen geplündert. Die Europäer hätten mit Hilfe von Soldaten, die Hafen und Tore bewachen, flüchten können.
H^ges-Kyronik.
Berlin, 31. Juli. Eine kaiserliche Kabinetts srder enthält die Anerkennung des hohen Wertes einer abgeschlossene Schulbildung im Seeoffier- beruf. Den als Abiturienten etntrettnden Seekadetten stellt die Order eine spätere Vorpateritterung als Seeoffizier i» Aussicht.
Berlin, 31. Juli. Auf dem Truppenübungsplatz in Döberitz ist ein Soldat des 1. Garderegiments aus Potsdam, der in seiner Kompagnie in der Nähe der Schießstände exerzierte, von einer abirrenden K ugel in den Kopf getroffen worden.
Hamburg, 1. Aug. Bet dem Fund von 3 Millionen Wertpapieren soll es sich um ein Packet des untergegangen Dampfers „Berlin" handeln. (Die Voss. Zig. behauptet, es seien kassierte Wertpapiere, die wertlos find. Sie rührten von einem Diebstahl her)
Brestaa, 31. Juli. Der deutsche Sängertag wählte in der Stichwahl Nürnberg mit 79 Stimmen gegen Leipzig mit 68 Stimmen zum Festort des achten demschen Sängerbundesfestes tm Jahre 1912, unter Berücksichtigung des Umstandes, daß dort im Jahr 1861 das erste s deutsche Süngerfest abgehalten wurde. Auf Köln fi-len tm !
ersten Wahlgang 10 Stimme». — Der Sängertag bewil- ligte 500 Mk. für das Silcherhaus in Schnait und übertrug die Geschäftsführung dem Schwäbischen Sängerbund (der die Geschäftsführung bei Gründung des Bundes 1862 schon einmal übertragen erhielt).
Gieße«, 31. Juli. Anläßlich des 300jährtgen Jubiläums der Universität trägt die Stadt ein glänzendes Festge and. Zahlreiche Ehrengäste sind eingetroffen, als Vertreter des Kaisers der kommandierende General v. Eichhorn, die Präsidien der 1. und 2. hessischen Kammer, Abgeordnete sämtlicher deutschen und zahlreicher ausländischer Universitäten. Nachmittags 4 Uhr 35 Min. traf das Großherzogspaar ein, festlich empfangen von Staatsmtnister Ewald und den anderen Ministern, den Universiiätsbehörden und den Spitzen der staatlichen und städtischen Behörden. In den Straßen bildeten Schule» und Vereine Spalier, welche mit der Einwohnerschaft das Großherzogspaar auf der Fahrt zum alten Schloß jubelnd begrüßten. Abends findet Fackelzug und Illumination statt.
Stratzburg,31 Juli. Der kürzlich verstorbene Kaufmann Göhrs Hierselbst soll der „Bürger-Ztg." zufolge fein ganzes Mk. 300 000 betragendes Vermöge« der Heilssarmee vermacht haben.
Rom, 31. Juli. Die Corrispondenza Romana versichert, der Past habe angesichts der zunehmenden kirch en- feindlichen Bewegung in Italien die Absicht, die für das Jubiläum anberaumten Festlichkeiten zu unterdrücken.
Arkona» 31. Juli. Die Ankunft des Kaisersvor Saßnitz erfolgte nach guter Fahrt gestern abend 10 Uhr. Der für heute morgen angesetzte Spaziergang nach Stubbenkammer mußte wegen zweifelhaften Wetters unterbleiben. Zur Frühstückstasel waren mittags geladen: Frau Staatsminister Budde und Zeremontenmeister von Ebeck-Platen nebst Gemahlin.
Petersburg. 1 . Aug. Der Zar wird am 8. Aug. (neuen Stils) von Zcnsnoje Selo zur Zusammenkunft mit dem deutschen Kaiser abretsen Der Ort der Zusammenkunft wird geheim gehalten. (Nach anderer Melounz sinder die Zusammenkunft am 4. Aug. bei Swine-ründe statt).
Warschau, 3 t. Juli. Trotz oes Widerspruchs der nationalen Parteien hat der Ausstanö an Umfang zugenommen; in 26 Fabriken sind 32 000 Arbeiter ausständig; die Straßenbahn hat feit Mittag den Betrieb eingestellt; die Arbeiter bewarfen die Straßenbahnwagen mit Steinen; viele Personen sind verwundet.
Lodz, 31. Juli. Als Protest gegen die kürzlich vor- genommenen Verhaftungen und Revisionen wurde hier der General-Aus st and erklärt. In der Poznan zki- schen Fabrik find drei Abteilungen in den Ausstand getreten.
Lodz, 31. Juii. Mehrere Rädelsführer der Ausständige» erschossen heute einen L a den be sitzer, der seinen Laden nicht schließen wollte.
Orel, 31. Juli. Als der Polizeiinspektor, sein Gehilfe unc> ein Schreiber vom Landhause jurückkehrten, wurden sie von mehreren Verbrechern angehalten, welche Feuer gaben, und den Inspektor sowie den Gehilfen töteten; der Schreiber vermochte sich zu retten.
Feodossta» 31. Juli. Gestern Abend um 8 Udr wurden zwei Kassierern der Russischen Exportgesellschaft tm Eisenbahnzuge zwischen Seitler und Grammattksvo von vier Räubern 20,500 Rubel geraubt. Die Räuber brachten den Zug zum Stehen und entkamen.
Riga, 3l. Juli Gestern wurde ein Reichsdeutscher, der Obermeister einer Fabrik tn Ltbau, namens Hunger, meuchlings nachmittags auf offener Straße erschossen. Die Mörder flohen in eine Schänke. Die Beamten töteten den mutmaßlichen Mörder und verwundeten etuen »weiten.
Chardin, 31. Juli. 8000 Chinesen der kürzlich o r gani sie rten Arm ee kamen in der letzten Woche auf der Station Konachemtse an und schlugen dort ein Lager aus. _
InLörrach hat sich ider Uhrmacher Reinhard Groß erschossen. Er kam nachts gegen 1 Uhr nach Hause und ließ sich von seiner Frau die Hausschlüssel znwerfen. In diesem Moment gab er einen Schuß mit einem Re
Die Komödiantin.
Roman von Oswald Benkendorf. 3?
Konstanz« sterben, dies Meisterwerk der Schöpfung in nichts zerfließen, schlimmer als das, ein Gegenstand des Grauens, de» Ekels werden, der Verwesung anheimfallen, jetzt, in ihrer Schönheit Blüte! Unfaßbarer Gedanke!
Und sie durfte nicht von ihm gehen, ehe er sie befragt, ehe er die Wahrheit erforscht, die ganze Wahrheit, und sei sie noch so schlimm, immer besser als dieser Zustand schrecklichen Zweifels.
Um das Unglück voll zu machen, wie Gräfin Sidonie ihrer Nichte erzählte, war Doktor Möllenhard an einer Lungenentzündung ziemlich heftig erkrankt, und wenn das Uebel nicht durch neue Komplikationen verschlimmert wurde, konnte man immerhin erst in Wochen seinem Besuche in Wilmenau entgegensetzen.
Vera Tornelli hatte das Schloß nicht wieder verlassen. Die Gräfin wollte sie anfänglich aus dem Krankenzimmer weisen, aber ein flehender Blick aus den düsteren Augen des gequälten Weibes traf sie und sie hatte nicht mehr das Herz, ihren Vorsatz auszuführen. In der dunklen Garderobenkammer, dicht neben Konstantes Schlafzimmer, wurde ein Feldbett für die „Zigeunerin", wie Thea die Alte nannte, aufgeschlagen, hier genoß sie einige Bissen von der ihr reichlich zngemessenen Mahlzeit und da hinein flüchtete sie, wenn Gras Wilmenau im Krankenzimmer weilte, er hatte seine Feindin noch nicht zu Gesicht bekommen und die Seiltänzer und Akrobaten waren mit dem gelehrten Esel schon am Tage nach dem Unfall weiter gezogen Verdi Tornelli hatte wohl eiugesehe», daß der Augenblick schlecht gewählt sei, eine Erpressung aus den Grafen auszuüben, zudem war Vera ja im Schlosse und sie würde ihr möglichstes tun, die Lage aus- zubeuten.
Die Kranke war plötzlich merkwürdig ruhig geworden und lag wie vordem in halber Bewußtlosigkeit da. Medizinalrat Lambach aus Breslau, der zu einer Konsultation telegraphisch berufen worden war, ließ sich bei Sidonie Bentheim melden und sagte ihr. mit schonenden Worten, es sei keine Hoffnung mehr, das fliehende Leben zurückzuhalten.
„Ja, so war eS in Wirklichkeit, das Oel war schier verzehrt, die Flamme flackerte wie ängstlich hin und her, bald wird sie keine Nahrung mehr haben und erlöschen.
„Ich kann sie nicht sterben sehen!" schluchzte Sidonie, und Franziska zog sich in ihr Zimmer zurück, um an dem kleinen Hausaltar Sterbegebete zu sprechen, nachdem sie nach dem Geistlichen gesendet hatte.
Vera hatte man keine Mitteilung gemacht von den Befürch- tungen des Arztes und doch ahnte, wußte sie, daß Konstanze ver- loren sei. Sie wich nicht mehr von deren Lager und hielt die Hand der Kranken, die von Zeit zu Zeit unruhig auf der Bettdecke hin und her fuhr, immer wieder fest.
Da trat Graf Erich leise ein. Finsteren Blickes maß er die Venezianerin, er hatte sie sofort erkannt, trotz de» dunklen Tuches, da» ihre Gestalt halb verhüllte. Dieses Weib, am Krankenbette der Tochter, erschien dem Grafen wie eine Vorbedeutung, hatte doch Vera Tornelli ihm und seinem Hause stet» nur Unheil ge- bracht.
„Wer hat Ihnen gestattet, hier einzudringen?" fragte er rauh.
Sie richtete sich auf, wie von einer Feder emporgeschuellt, der alte Haß blitzte ihm aus ihren tiefliegenden Augen entgegen. „JchhabeeinvolleSRechthierzu sein, Graf Wilmenau, das mag Ihnen genügen," erwiderte sie stolz.
„Eben solch' ein Recht lasse ich nicht gelten, deshalb will ich Sie von hier fort haben. Ich schrieb Ihnen, daß bei meinem Notar in Breslau zwanzigtausend Mark deponiert sind, die Sie gegen eine Empfangsbescheinigung, welche Ihre beglaubigte Unterschrift trägt, erheben können. Weitere Beziehungen existieren nicht mehr zwischen Ihnen und meiner Familie."
„Sie könnten sich irren, Graf Wilmenau!"
„Lassen wir die alten Streitfragen ruhen, die am wenigsten hier am Platze sind. Ich werde Ihnen einen Schein geben, daraufhin folgt Ihnen der Notar das Geld aus. Begeben Sie sich von hier nach Breslau und die Sache ist abgemacht, unsere Wege kreuzen sich nicht mehr."
„Wie. Sie können wirklich die Grausamkeit haben, mich vom Krankenlager meiner.. meiner Pflegetochter zu vertreiben, in einem Augenblick, wo sie mit dem Tode ringt?"
„Ganz sicher, denn Sie sind nicht würdig, in der Nähe meines Kindes zu verweilen."
„Ich, die Pflegerin von Konstanze» Jugend, die ich Ihnen die Tochter schön und talentvoll übergeben, eine Zierde ihres Geschlechts?!"
volver auf seine Frau ab, der aber nicht traf. Frau Groß sprang laut „Oberländer Bote" weg und holte ihren Sohn herbei, der dem Vater durch das Fenster etwas zurief. Auch nach diesem schoß er, traf aber gleichfalls nicht. Später erschoß sich dann Groß in seinem Zimmer auf dem Sopha.
In Donaueschingen ist der Kaufmann Alexander Fischer mit seinem Motorrad gestürzt und an den Verletzungen gestorben. Der Verunglückte war erst 28 Jahre alt.
Nach einer Meldung der „Psälz. Presse" erreichen die Wechselfälschnngen des flüchtigen Kaufmanns Grüsser in St. Ingbert eine enorme Höhe. Die Passiva betragen etwa 150 000 Mark. Die Dresdener Bank ! in Mannheim Holl um 60 000 Mark geschädigt sein.
In der Uhlandstraße in Wilmersdorf-Verl i n, hat sich eine Ehetragödie abgespielt. Der Hauptmann a.D. Albert Ahron hat seine Ehefrau Klara erschossen und dann sich selbst durch einen Schuß getötet. Das Ehepaar hat nach der Dienstentlassung des Hauptmanns von der Pension und einem kleinen Käpital gelebt. Das Kapital ist nunmehr anfgezehrt gewesen und es haben sich Nahrnngssorgen eingestellt, die der Grund zu der Tat gewesen sind.
Auf den Breslauer Schnellzug wurde zwischen Erkner und Hagelsberg ein scharferSchuß abgefenert. Die Kugel zertrümmerte die Scheibe eines Abteils zweiter Klasse. Ein Passagier wurde durch herumfliegendes Glassplitter im Gesicht erheblich verletzt.
In der Schuhmacherwerkstatt der Zöglingsabteilnng in Brauweiler, kam es zu schweren Ausschreitungen. Während der Schnhmachermeister auf kurze Zeit den Saal verlassen hatte, zerstörten 6 Zöglinge sämtliche Maschinengeräte, sowie Fenster und verschnitten sämtliches Leder und Schuhzeug. Die herbeieilenden Beamten wurden bedroht, sodaß die Aufsässigen erst überwältigt werden konnte«, nachdem man mit der Wasserleitung ans sie eingewirkt hatte.
Ein neuer geistlicher Skandal wird aus Va- razze (Ligurien) gemeldet: Sechs Lehrer des Salesianer-Konvikts wurden verhaftet, da sie sich unsittlich an den Zöglingen vergangen haben sollen. Das Konvikt wurde vorläufig geschlossen. Die Nonnen des in der Nähe gelegenen Mädchenstists Santa Caterina, die der Teilnahme an den Orgien beschuldigt werden, betenren ihre Unschuld.
In Toulon stürzte ein Soldat vom Kolonialregiment mit gezücktem Seitengewehr durch dieStra- ßen des Hafenviertels und hieb auf die ihm begegnenden Personen ein, die zumeist schwer verletzt wurden. Er konnte nur mit Mühe gebändigt und verhaftet werden.
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Berlin, 31. Juli. Meldungen von Arbeitswilligen im Baugewerbe haben sich iu den letzten Tagen bedeutend vermehrt. Der Zeitpunkt erscheint nicht mehr ferne, wo der Bedarf von Arbeitskräften im Baugewerbe gedeckt sein wird.
Belfast, 31. Juli. Ein weiteres Regiment Soldaten ist wegen der revoltierenden Polizei mit einer Maschinengewehrabteilnng heute nachmittag hier eingetroffen. Es sind nunmehr über 6000 Soldaten in der Stadt.
Paris, 31. Juli. Zwischen einigen hundert ansständigen Zimmerergehilfen und Schutzleuten kam es gestern Abend in der Nähe eines Bauplatzes zu einem Zusammenstoß. Vier Schutzleute wurden erheblich verwundet. Mehrere Ansständige wurden verhaftet.
Paris, 31. Juli. Aus Raon l'Etape wird gemeldet, daß zwischen dem Schnhwarenfabrikanten Amos und den Vertretern der Ausständigen ein Einvernehmen erzielt worden sei. Der Fabrikant erklärte sich bereit, das Syndikat anzuerkennen und die entlassenen Arbeiter wieder anzustellen. Heute wird eine Versammlung der Ausständigen stattsinden, um über dieses Einvernehmen endgültig Beschluß zu fassen.
„Nachdem Sie mein Kind aus niederer Rache und Lust an der Jntrigue mir jahrelang entzogen. Das habe ich Ihnen nicht vergeben, Vera Tornelli, Ihr Anblick ist mir verhaßt, ich gestehe eS und Sie würden mich verpflichten, wenn Sie mich nicht zwingen, Sie in empfindlicher Weise daran zu erinnern, daß ich Herr in meinem Hause bin und meinen Anordnungen Geltung zu verschaffen vermag."
Die Zwiesprache war bis jetzt in gedämpftem Tone geführt worden; trotzdem schien die Kranke dadurch beunruhigt worden zu sein, denn sie machte eine Bewegung und über ihre Lippen drang ein leiser Klagelaut.
Vera beugte sich über das Lager und drückte einen Kuß ans das lockige, goldschimmernde Haar, das über das weiße Polster in reichen Wellen auSgebreitet war. „Meine liebe Konstanze," flüsterte sie innig.
Da fühlte sie einen festen Griff einer Männerhand auf ihrem Arme, dicht neben ihr stehend sagte Graf Erich: „Gehen Sie, ich leide es nicht, daß Sie mein Kind berühren, wäre Konstanze bei Bewußtsein, würde sie es zuerst sein, welche Sie von sich stieße, das weiß ich genau."
„Sie könnten sich irren, Graf Wilmenau,* erwiderte Vera hochaufgerichiet, „Konstanze weiß es, daß sie mich nicht von sich stoßen darf, weil ich ihre Mutter bin."
„Weib!" Er schüttelte sie heftig am Arm, sie blickten einander in die Angen, finster, haßerfüllt, dann lachte sie leise und spöttisch. „Nicht wahr, das traf, Herr Graf, Vera Tornelli versteht eS, sich zu rächen."
Er wendete, sie loslassend, sich verächtlich von ihr. „Ihr gan- - zes Leben ist eine große Lüge gewesen, ich bin nicht so töricht. Ihnen zu glauben." !
„Aber Sie glaubten mir doch im Vorjahre, als ich Ihnen ! mein süßes, schönes Kind gab, o hätte ich es nie getan, es hat nur Unglück über uns gebracht. Ans diesem Schlosse muß ein Fluch ruhen und jede Blume verdorrt, wenn sie in dies Erdreich verpflanzt wird: Wilhelmine Ost . . Konstanze Tornelli!"
„Hören Sie ans mit Ihren Faseleien, sehen Sie nicht, daß die Kranke durch Ihr Reden alteriert wird?"
Sie blickte erschreckt auf das einst so schöne Antlitz, das so furchtbar verändert erschien. 139.20