der Schwester eines Rechtsanwalts in Washington 20 000 Mark gegen Zinsen geliehen habe. Der Verteidiger be­merkt, daß der Angeklagte für das Darlehen der 20 000 Mark der Dame eine Lebensversicherungspolice gegeben hat __ Staatsanw.: Haben Sie regelmäßig die Prämien für die Police bezahlt. Angekl.: Selbstverständlich, sonst liefe sie ja nicht mehr. Vors.: Ich muß Sie schon er­suchen, Angeklagter, einen anderen Ton anzuschlagen.

Unter allgemeiner Spannung wird danach der

Diener Paul Wieland

als Zeuge in den Saal gerufen. Wieland sagte aus, die Stellung bei Frau Molitor habe ihm nicht gefallen, da Frau Molitor eine heftige und aufgeregte Frau war. Der Zeuge sah sich aus diesem Grunde nach einer an­deren Stelle um, die er dann auch von einem Herrn Land­gut vermittelt erhielt. Wieland erzählt, daß er am Abend des Mords bis abends 1/46 Uhr zu Hause war. Frau Molitor schickte ihn um diese Zeit nach dem Bahnhof, um das Gepäck des Frl. Fanny Molitor dorthin zu ver­bringen. Um etwa 53/4 Uhr begab sich Wieland vom Bahnhof in die Stadt zurück, ging zuerst zu Herrn Land­gut und erledigte dann noch geschäftliche Gänge. Dann hat Wieland sich nach Hause begeben. Er trug an diesem Wend eine Livree mit Metallknöpfen und eine Diener­mütze. Als Wieland die Kaiser Wilhelmstraße entlang ging, fiel ihm bei der Villa Helena eine größere Menschen­menge auf, und als er nach der Ursache dieser Ansamm­lung fragte, erfuhr er den Mord an der Frau Molitor. Wieland'verneint die Frage des Präsidenten, ob er etwas Verdächtiges bei der Villa Helena gesehen, ob er mit dem Mord etwas zu tun habe, oder ob er den Täter kenne. Wieland hat durch seinen Dienstherrn in Kiel erfahren, daß er in den Zeitungen als eine der­jenigen Personen genannt wurde, die als Mörder genannt werden. Der Zeuge hat sich daraufhin sofort von Kiel nach Karlsruhe begeben und sich dem Gericht zur Verfüg­ung gestellt. Der Präsident fragt zum Schluß den Zeugen noch, ob er ein Rachegefühl gegen Frau Molitor gehabt habe. Auch diese Frage verneint Wieland. Von Interesse ist noch, daß der Angeklagte Hau er­klärte, er habe Wieland nie für den Täter gehalten. Er habe Wieland in Baden gesehen und sei überzeugt, daß dieser die Tat nicht begangen haben kann. Er könne natürlich auch das Gegenteil nicht behaupten. ^

Ein Zwischenfall.

Der Verteidiger ersucht nunmehr, dem Journalisten Paul Sch weder noch einmal das Wort zu geben. Schweder bemerkt danach: Ich habe die Frage des Herrn Staatsanwalts, die er vorhin an mich richtete, dahin ver­standen, ob ich von der Familie Hau für meine Bericht­erstattung bezahlt worden sei? Da die Frage des Herrn Staatsanwalts mich aufs tiefste in meiner Berufsehre ver­letzt, so ersuche ich den Herrn Vorsitzenden um Schutz. Außerdem frage er den Herrn Staatsanwalt, ob er seine Frage wiederholen will? Vors.: Sie haben an den Herrn Staatsanwalt keine Frage zu stellen. Schweder (in großer Erregung): Ich erkläre die Frage des Herrn Staatsanwalts für eine niederträchtige Infamie. (Große allgemeine Bewegung). Vors.: Wie können Sie sich unterstehen, in einer öffentlichen Gerichtssitzung der­artig gegen den Herrn Staatsanwalt aufzutreten. Schweder: Der Herr Staatsanwalt hat mich in einer ge­radezu unerhörten Weise in meiner Berufsehre verletzt, sodaß, wenn die Angelegenheit durch die Presse geht, die Gefahr vorliegt, daß meine Existenz vernichtet ist. Ich habe daher die Pflicht, die Frage des Herrn Staatsanwalts mit aller Entschiedenheit zurückzuweisen. Vors.: Sie haben aber kein Recht, in dieser Weise aufzutreten. Vors.: Der Gerichtshof wird in Beratung treten. Der Zeuge hat hier zu bleiben. Nach kurzer Beratung des Gerichtshofes verkündet der Vorsitzende: Es handelt sich um eine Ungebühr, dazu ist es nicht erforderlich, Staats­anwalt und Verteidiger vorher zu hören. Dagegen will ich Herrn Schweder noch einmal das Wort geben. Schweder: Die Fragestellung des Herrn Staatsanwalts, ob ich mich habe bestechen lassen, ist die größte Kränkung, die einem Journalisten zugefügt werden kann. Wenn ich den Herrn Staatsanwalt deshalb verklagen würde, würde ich auf Grund des Z 193 des. Strafgesetzbuches abgewiesen werden. Ich war daher genötigt, mich gegen die Beleidigung zu verwahren. Ich bedauere die Schärfe des Ausdrucks, in der Sache selbst beharre ich aber auf meinem Standpunkt. Vors.: Wollen Sie erklären, daß Eie den Ausdruck bedauern? Schtveder: Das habe ich schon getan. Nach nochmaliger Beratung des Ge­richtshofes wird Schweder wegen Ungebühr in öffentlicher Gerichtsverhandlung zu 30 Mark Geldstrafe ver­urteilt. Darnach tritt eine Pause bis halb 5 Uhr nach­mittags ein.

Nachmittagssitzung.

Am Nachmittag, der nun endlich die Entscheidung in dem von der ganzen Welt mit atemloser Spannung ver­folgten Sensationsprozeß bringen soll, ist der Andrang des Publikums ein ungeheurer.

Der Angeklagte Hau beobachtet die größte Ruhe, wie vom ersten Augenblick der Verhandlung ab. Zuerst wird der Diener Frank als Zeuge vorgerufen, um mit dem heute zurückgekehrbten Zeugen Wieland konfrontiert zu werden. Frank erklärt, daß seiner Erinnerung nach die Beinkleider des Zeugen Wieland auf dem Zusammen­treffen auf der Kaiser Wilhelmstraße noch nicht zerrissen waren. Sie seien erst beim Ueberklettern des Zaunes zer­rissen. Der Zeuge, Referendar Lenk, wird gerufen, es stellt sich heraus, daß er nicht anwesend ist. Der Ver­teidiger Dr. Dietz bemerkt, daß, wenn zum Schluß der Beweisaufnahme der Zeuge Lenk nicht beigebracht wer­den kann, so behalte er sich vor, weitere Beweisanträge zu stellen. Vorderhand sehe er davon ab. Es wird nunmehr die von Baden-Baden eingetroffene Baronin Reitzenstein nochmals vernommen, Sie soll über die Zeit, in der sie ans der Kaiser Wilhelmstraße einen Mann, der Hau ähnlich sah, gesehen habe, genaue Angaben machen. Freifrau v. Reitzenstein vermag dies nicht- Es entsteht darauf eine längere Auseinandersetzung zwischen dem Staatsanwalt und dem Verteidiger.

Es gelangen nunmehr die

letzten Briese der Frau Lina Hau zur Verlesung. In einem der Briefe führt Frau Lina Hau bittere Beschwerden über die Beschlagnahme der Kor­respondenz mit ihrem Mann.

In einem Briefe der Mutter schreibt diese: Liebe Lina! Du schreibst mir, daß Du mit Deinem Gatten im Hotel Meßmer absteigen willst. Im unterm Stockwerk ist noch ein Gastzimmer mit 2 Plätzen frei, komm doch zu Ms . . . Als in der weiteren Verlesung der Briefe fortgefahren werden soll, erhebt sich der Angeklagte und bittet, von der weiteren Verlesung der Briefe Abstand zu nehmen, die Briefe enthalten nur intime Familienangelegenheiten, die niemand interessieren können. Der Bert. Dr. Dietz hält jedoch die Verlesung der Briefe für wichtig. Der Angeklagte behauptetNein". Der Ver­teidiger führt aus, der Angeklagte habe in Baden-Ba­den mit Frl. Molitor ein Rendezvous gesucht. Der Ver­teidiger will durch die Verlesung der Briefe beweisen, daß in allen Briefen der Frau Lina an ihren Mann die Schwägerin Olga eine gewisse Rolle spielt. Der Ange­klagte wendet sich hierauf ärgerlich von seinem Verteidiger ab. Wieder in einem anderen Brief schreibt die in den Tod gegangene Frau Lina Hau:Olga versorgt uns alle mit pikanter Hxktüre". In einem anderen Briefe aus Baden-Baden schreibt sie an ihren Mann nach Kon­stantinopel:Komm nur her, Du wirst hier gern gesehen werden. Ein bischen Angst habe ich nur wegen Olga. Sie ist ein netter Kerl, eine hübsche Erscheinung und kann sehr interessant unterhalten." Es wird dann noch festge­stellt, daß Karl Hau in einem rechtsgültigen Vertrag auf alle seine Ansprüche gegenüber der Familie Molitor zu Gunsten seines Kindes verzichtet.

Es soll nun das Testament der verstorbenen Frau Lina Hau zur Verlesung gelangen; der An­geklagte bittet, es nicht zu verlesen, er wolle alles sagen, was darin steht. Der Staatsanwalt kann a uf die Verlesung nicht verzichten. Es gelangt das Testament der Frau Lina Hau zur Verlesung. In demselben heißt es u. a.:Ich gehe in den Tod des­wegen, weil ich die Schande und das Leid, das über mich und mein Kind gebracht wor­den ist, nicht überleben kann und hoffe dadurch, meines Kindes Zukunft zu erleichtern. Die Begebnisse, die in den letzten Tagen geschehen sind, haben mich in den Tod getrieben. Wer es aber wagt, in meinem freiwilligen Tod eine Verdächtigung gegenüber irgend jemand zu lesen, dem verzeihe ich nimmer. Mein Mann hat auf jedes Erbe natürlich Verzicht geleistet. Falls mein Mann ster­ben sollte, soll Rechtsanwalt Dr. Dietz der Vormund mei­nes Kindes werden, wenn er es annimmt. Sollte Karl Hau seine Freiheit vor dem 40. Lebensjahr wieder er­langen und gesund und arbeitsfähig sein, so soll er zur Unterstützung seines Fortkommens 3 Jahre je 1000 Mark erhalten können. Ist er aber alt und krank und nicht arbeitsfähig, so kann das Kind ihm eine Rente von 40 06 00 Mk. jährlich auszahlen. Nur wenn das Kind bedeutend besser gestellt ist, kann der Vater mehr bekommen. Auf keinen Fall darf für den VatervomVermögenetwasangegriffenwer- den. Ich vermache das KindmeinerSchwester Olga und empfehle es meinem Bruder Karl, ich möchte« aber nicht, daß es in seiner Familie auswachse. Meinen Ehering nehme ich mit ins Grab. Ich beantrage außerdem die Aenderung des Familiennamens meines Kindes." Gezeichnet Lina Hau, geb. Molitor.

Die Verlesung besonders des Schlusses des Testa­mentes rief eine anhaltende Bewegung hervor. Der Angeklagte wünscht, daß die Sache end­lich zu Ende geht. Vorsitzender: Wollen Sie mir nun Auskunft geben, warum Sie, nachdem Ihre Frau in den Tod gegangen ist, das Motiv ihrer Reise nach dem Kontinent noch immer nicht angegeben haben? Der Angeklagte schweigt. Von dem Tod meiner Frau an habe ich mein Stillschweigen nicht mehr völlig aufrecht erhalten, insbesondere als Herr Dr. Dietz meine Liebe zu Olga als Motiiv meiner Reise zu vermuten begann. Er erwartete damals den Besuch des Vorsitzenden. Wenn der Vorsitzende gekommen wäre, so hätte er ihm wahr­scheinlich die Wahrheit gesagt. Vorsitzender: Haben Sie vielleicht gefürchtet, daß wenn Sie jetzt das wahre Mo­tiv Ihrer Reife angeben würden, Sie irgend eine Persön­lichkeit oder Ihre Schwägerin bloßstellen? Angeklag­te r ä Das habe er in der Tat geglaubt. Vorsitzender: Haben Sie irgendwelche Anhaltspunkte, daß Fräulein Olga irgendwie bei dem Mord in Betracht kommt, oder daran beteiligt ist? Angeklagter: Das halte ich für gänz­lich ausgeschlossen. Vorsitzender: Hat Sie vielleicht die Liebe zu Ihrem bisherigen Schweigen veranlaßt? Aber davon will sch nun aufhören. Wo haben Sie den grauen Mantel und den schwarzen, weichen Filzhut hin­getan, in dem Sie die Frau Baronin Reitzenstein gesehen hat? Angeklagter: Ich habe hie Sachen zwischen Calais und Doveq in den Kanal geworfen. Vorsitzen­der: Ich möchte Sie nun bitten, nicht darauf Rücksicht zu nehmen, daß Sie als Angeklagter das Recht haben, Auskunft zu verweigern. Beantworten Sie nochmals ganz wahrheitsgemäß die Frage: Haben Sie geschossen? Angeklagt erhNein! Vorsitzender: HabenSie sonst noch etwas zu sagen? Angeklagter: Nein! Darauf wird von allen weiteren Beweiserhebun­gen Abstand genommen und die Beweisaufnahme ge­schlossen.

Die Schuldfragen lauten: 1) Ist der Rechtsan­walt Karl H a u schuldig, am 6 . November vor. Js. nach 6 Uhr abends jn Baden-Baden in der Kaiser Wilhelm­straße seine Schwiegermutter, Frau Medizinalrat Molitor, vorsätzlich getötet zu haben; 2) J-st Hau schuldig, die Tötung mit Ueberlegung ausgeführt zu haben? Vertei­diger Dr .Dietz: Ach halte eine solche Fragestellung aus prozessualen Gründen für unzulässig. Das Gericht be­schließt, die Schuldfragen in der vom Vorsitzenden gewähl­ten Form zu stellen. Inzwischen ist es fast 10 Uhr gewor­den. Die Menschenmenge, die fortgesetzt das Justizge­bäude umlagerte, vermehrte sich noch, als nunmehr die Plädoyers begannen. Kur; vor 10 Uhr begann der Staatsanwalt mit der Begründung seiner An­klage. Er führte noch einmal das Bild, welches die Hanptverhandlung ergeben, vor Augen. Wenn man dies

in einem Werke von Georki gelesen hätte, so hätte inasi entsetzt ausgerufen: Grauenvoll, aber nur ein Roman. Leider ist es Wirklichkeit. Schon einmal habe der Ange­klagte die Waffe gegen eins seiner Angehörigen gesücht. gegen seine eigene tief unglücklich« Frau. Er habe sich in Amerika allerdings eifrig bemüht, sich einen Erwerb zw schaffen. Er besaß nur das Geld seines Sozius und spa­ter das Geld feiner Frau. Beides hat er vergeudet. Der Staatsanwalt schilderte nun noch einmal das ruhelose Leben des Angeklagten und hielt ihm seine verbrecherische Tat vor. Als man des Angeklagten habhaft geworden sei, simulierte er den Geisteskranken, und hier habe er auf die Frage, ob er die Tat begangen, nichts weiter zu sagen: Er habe keine Antwort. Das Motiv der tiefen Leiden­schaft zu Olga Molitor sei ganz unglaubwürdig, sonst hätte er es seiner Frau mitgeteilt und sie damit vom Selbstmord zurückgehalten. In der Verzweiflung, jeder Mittel bar, hat er die Frau getötet, durch deren Tod er Kredit und später eine Erbschafterhielt. Es sei nicht der geringste Zweifel, daß der Angeklagte der Täter ist. Die Früchte des Mordes konnten nur ihm zufallen. Seine Existenz war vernichtet, wenn nicht der Erbfall kam. Meine Herren Geschworenen! Lassen Sie die schwere Tat nicht unge- sühnt. Geben Sie der Freveltat die Sühne. Beantworten Sie die Schuldfrage mit Ja. Verurteilen Sie den Rechts­anwalt Karl Hau wegen Mordes.

Dann ergriff der Verteidiger Rechtsanwall Dr. Dietz das Wort. Er erklärte: Ich bitte Sie meine Herren Ge­schworenen um das Leben des Angeklagten, um seine Frei­sprechung. Der Angeklagte ist eines der größten Rätsel, das es gibt. Er legte seinen Kopf bis unter das Fallbeil, um einer Dame, die er unerlaubt liebte, zu ersparen, daß ihr Name in allerlei Beziehungen ge­bracht werde. Der Indizienbeweis des Staatsanwalts sei jämmerlich, wie ein Kartenhaus zusammengebrochen. Die­serRaubmörder" ist ein sonderbarer Raubmörder. Er vermummt sich. Man denkt an den S ch ind e r h a n n es und andere Gestalten. Der hochintelligente, vornehme Univeiffitätsprofessor macht eine solche Vermummung, daß die Kinder über ihn lachten und er den Leuten wie ein Fliegender Holländer" vorkam. DerRaubmörder" läßt sich in Frankfurt einen Bart anlegen, im Hotel, wo alles darüber lacht, er sagt, er geht nach Baden-Baden, damit alle Leute in Frankfurt am nächsten Tage gleich wissen:Aha, das ist ja unser famoserRaubmörder". Ein Mörder, ein Raubmörder ist er nicht, wohl aber ein verliebter abscheulicher Mensch. Diesen hat der Staats­anwalt gefunden, nicht aber den vornehmen alten Herrn, der nach den Zeugenaussagen hinter den Damen herging. Geldgier kommt nicht in Frage, 75000 Mark bekommt er in Amerika für einen Prozeß. Wer hat die Tat vollbracht? Ich weiß es nicht, Sie wissen es nicht; am allerwenigsten aber der Staatsanwalt. Der Prozeß hat wieder gezeigt, wie notwendig die Aufrechterhaltung des Schwurgerichts ist. Weil wir gesehen haben, wie unsere! juristischen Formalitäten nicht nur Hab und Gut vernich­ten, sondern auch den Tod bringen. Nur Mord gibts nach dem Gesetz. Keine verminderte Zurechnungsfähigkeit, keine mildernden Umstände und keine Berücksichtigung der Psy­chopathie. Wir sind noch Barbaren. Die Zeit von 1810 ab ist an unseren Papiermenschen spurlos vorüber­gegangen. Und die Strafprozeßreform! Entsetzliche Mängel haben sich hier gezeigt! Meine Herren Geschwo­renen! Sprechen Sie meinen Klienten frei! Damit werden Sie wirklich auf dem Boden der neuen Zeit stehen. Es ist nicht achtbar, wie es hier geschehen ist, so mit Licht und Leben zu spielen.

Der Angeklagte ist ganz zusammengesunken und geistesabwesend. Erst nach mehrmaligem Anruf fährt er verstört empor und erklärt auf die nochmalige Frage, ob er noch etwas zu sagen habe, mit lauter Stimme:Nein !"

Der Vorsitzende gab den Geschworenen darauf die Rechtsbelehrung, worauf sie sich zur Beratung zurückzogen.

Um 3Z2 Uhr nachts verkündete nach einstündiger Be­ratung der Obmann der Geschworenen auf die Frage:

HatderAngeklagtedieverwitweteFrau Geheim rat Molitor vorsätzlich ermordet?": Ja, mit mehr als 7 Stimmen. (Große anhaltende Bewegung).Hat er mit Ueberlegung gehan­delt?": Ja! Große anhaltende Bewegung. Ter An­geklagte wird in den Saal geführt. Die Antworten der Geschworenen werden nochmals verlesen. Staatsan­walt: Ich bitte auf die im Gesetz vorgesehene Strafe zu erkennen und auf Aberkennung der Ehrenrechte auf die Dauer von 10 Jahren. Verteidiger: Ich habe keine Anträge mehr. Angekl.: Ich auch nicht. Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück.

Nach kurzer Beratung verkündet der Vorsitzende das Urteil: Der Angeklagte Hau wird wegen des Mordes an der verwitweten Frau Geheimrat Molitor zum

Tode

und zum dauernden Verlust der Ehrenrechte verurteilt. Die Kosten des Prozesses hat der Verurteilte zu tragen'. Vorsitzender (zu Hau): Haben Sie noch etwas zu erklären? Hau: Nein. Er wird hinausgeführt, das Pu­blikum nahm das Urteil mit Ruhe auf. ?luch aus den Straßen, wo große Militärposten standen, war es über­all ruhig. DasRote Haus", wo das Publikum die Mo­litors vermutete, war polizeilich besetzt. Dr. Dietz hat bereits Revision eingelegt.

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Karlsruhe, 23. Juli. Bei den Zusammenrott­ungen vor dem Gerichtsgebäude, die stürmischen Cha­rakter annahmen, wandte sich die Menge gegen die Po­lizei, die Ruhe stiften wollte und zwar in so drohender Weise, daß gegen 10 Uhr Militär requiriert werden, mußte, das die Straße von der mehr als 20 OOOköpfigen Menge säuberte.

ZuM nud Wissenschaft.

Tübivge», 23. Juli. Nach zwei mißlungenen Ver. suchen für Professor Döderletn einen Nachfolger an die hiesige Frauenklinik zu aewinnen, soll Professor Sarwey (Sohn ves verst rbcnm württemb. Kultministers Sarwey in Rostock) eine zustimmeude Antwort gegeben haben.