Sommerfest der Aolüspartei.

Murvhardt, 14. Juli.

Es war ein guter Gedanke, das Sommerfest der Volks- Partei Heuer in Murrhardt abzuhalten. Auf diesem Fleck Erde vereinigen sich landschaftliche Reize mit historischen Erinnerungen mannigfacher Art. Vor allem das Anden­ken an den Volksmann Nägele, der 'im Jahr 1848 als einziger Handwerker in das deutsche Parlament nach Frank­furt entsandt wurde und der bis zu seinem Tode ein uner­müdlicher Kämpfer für die freiheitliche Sache blieb. Das Vorbild des alten, kernhafter Schlossers Nägele wirkte auch auf die spätere Generation: noch heute ist Murrhardt eine Hochburg der Demokratie; in allen Zeiten, auch in denj Zei­ten der Reaktion, ist es, wie Stadtschultheiß Zügel in fei­ner Begrüßungsansprache hervorhob, den freiheitlichen Idealen treu geblieben. Dazu kommt eine herrliche Land­schaft, die an die schönsten Partien des Schwarzwalds er­innert. Kein Wunder, daß die Demokraten aus allen Teilen des Landes sich in Scharen in dem schmucken Städt­chen einfanden, das zur Erhöhung des Reizes ein reiches Festgewand angelegt hatte. Besonders zahlreich vertre­ten waren die schwarz-rot-goldenen Farben der Demo­kratie. Von Landtagsabgeordneten waren anwesend Prä­sident Payer, sodann Betz, Käß, Nägele, Tr. Eisele Und Schoch. Die Teilnehmer das Som­merfestes vereinigten sich zunächst bei einem gemeinsamen Mittagessen im Hotel zurSonne", wobei Apotheker Horn namens des Lokalkomitees eine herzliche Begrüß­ungsansprache hielt. Eine weitere Begrüßungsansprache, die in einem Hoch auf die Volkspartei ausklang, hielt Chefredakteur Schmidt.

Nach Schluß des Festessens begaben sich die Teilneh­mer im geschlossenen Zuge unter Vorantritt einer Musik­kapelle zu dem auf bewaldeter Höhe prächtig gelegenen Festplatz, wo sich alsbald ein volksfestartiges Treiben ent­wickelte. Tie Reihe der Ansprachen wurde hier einge­leitet von Stadtschultheiß Zügel, welcher die zahlreichen Gäste namens der Stadt Murrhardt und im Auftrag der bürgerlichen Kollegien herzlich begrüßte. Er bezeichnte es als hocherfreulich, daß die Bolkspartei Murrhardt zum Ort ihres diesjährigen Volksfestes gewählt habe. Er be­grüße die Teilnehmer dieses Festes hier auf einem histo­risch denkwürdigen Platz, der von den Murrhardtern von jeher auch als ein Naturheiligtum angesehen werde. Es wecke dieser Platz auch Erinnerungen an das Erwachen der deutschen Volksseele im Jahre 1848. Auf Veranlass­ung des Schlossers Nägele, des nachmaligen Abgeordneten habe die Murrhardter Bürgerwehr damals ihre Schieß­übungen hier abgehalten, um Wff Verteidigung von. Haus! und Hof gerüstet zu sein. Ter Platz trage daher den NamenSchießplatz", der auch heute noch bedeutsam sei. Mit den Waffen des Geistes und des Witzes soll auch am heutigen Tage in den hier gehaltenen Ansprachen ge­schossen werden. (Große Heiterkeit). Die Stadt Murr­hardt habe die freiheitlichen Ideale der Volkspartei je­derzeit hochgehalten (Beifall.), auch in den Zeiten, in de­nen die Reaktion obenan war. Im treuen Gedenken an ihre großen freiheitlichen Vertreter habe Murrhardt sein politisches Glaubensbekenntnis nicht gewechselt. Der Red­ner betonte zum Schlüsse, daß seine begrüßenden Worte na­mentlich dem allverehrten Landtagsppäfidenten Payer gel-, ten sollen und nicht zuletzt auch dem anwesenden Prof. Nä­gele,der nun auch mit zieht am Landtagswägele". Alle diese Wünsche fasse er zusammen in einem Hoch auf die Festgäste. !

Nachdem diese Hochrufe verklungen waren, ergriff, lebhaft begrüßt, Kammerpräsident Payer das Wort. Die Volkspartei, führte der Redner aus, scheine heute einen glücklichen Tag zu haben und er wolle deshalb mit herz­lichen Dankesworten beginnen. Zunächst danke er der hier versammelten stattlichen Gemeinde, welche sich eingefunden habe, um zu hören, was die Vertreter des demokratischen Gedankens zu sagen haben. Dank gebühre auch dem Him­mel, der sich so freundlich aufgeklärt und der gewiß auch ein Einsehen bis zum Schluß des Festes haben werde, Dank ferner den Bewohnern von Murrhardt für den herzlichen Empfang, den die Volkspartei umsomehr zu schätzen wisse, als sie nicht immer von Vertretern der Lokalbehörden in so- freudiger Weise Gegrüßt wierdq, zumal wenn die Volks­

parteiler in ihrer demokratischen Eigenschaft zu begrüßen sind. Der Platz, der züm Feste bestimmt worden sei, müsse als geradezu ideal bezeichnet werden, nicht nur wegen seiner Reize der Natur, sondern auch wegen seinem hi­storischen Werst Diieser Platz wie die ganze Stadt Murr­hardt erinnere an den alten Freund Nagele, den Vor­kämpfer der Demokratie. Die Zahl derer, die ihn noch persönlich gekannt haben, sei klein, aber sein Gedächtnis lebe fort in den Reihen der Bolkspartei, wie wenn er noch unter uns wäre. Wenn die Bewohner Murrhardts heute noch in ihrer überwiegenden Mehrheit demokratisch seien, so sei diespn erster Linie das Verdienst Nägeles. Es ge­reiche zur großen Freude, daß auch der Sohn des Alten, welcher der Bolkspartei zur Ehre gereichte, in den Rei­hen der Bolkspartei im Landtag habe ausgenommen werden können. Wenn dieser nicht der Sohn des alten Schlossers Nägele gewesen wäre, würde es ihm kaum möglich gewesen sein, den schwäbischen Albverein zusammenzuschweißen. (Heiterkeit.) Den politischen Kämpfern der Volkspartei gebühre der heutige Rasttag in vollem Maße, um die Kräfte aufs Neue zu sammeln zur Arbeit. Einen härte­ren Winter, als wie den von 1906 07 habe man im po­litischen Leben noch nicht durchgemacht. Wahl auf Wahl Und Qual auf Qual sei gefolgt. Die Volkspartei habe aber auch in schwerster Stunde nicht den Mut sinken lassen. Vom Landtagswahlkampf habe man allerdings noch bes­sere Resultate erhofft. Aber in der Zeit, in der von der Bolkspartei gearbeitet worden sei, im Dienste der Gesetz­gebung, hätten die Anderen Gelegenheit gehabt, ihre Or­ganisation zu stärken. Trotzdem sei die Volkspartei ge­blieben was sie gewesen sei. Ihre Leistungsfähigkeit habe sich nicht vermindert. Bis jetzt habe zwar das Zentrum einen Mann mehr im Landtag aber man wolle sehen wie lange dies so bleibe. Es sei ein Fortschritt, daß heutzutage die Jugend in ganz anderem Maße der Volks­partei sich, zuwende, als wie früher. (Lebhafter Beifall!) Der politische Einfluß der Volkspartei auf die Gesamt­politik sei am treffendsten bei der gestrigen Beratung der Beamtenvorlage gekennzeichnet worden. Hier sei es der Volkspartei gelungen, den richtigen Weg zu finden und namentlich der Äbg. Liefching sei imstande gewesen eine Lösung zu finden, mit der alle Parteien sich einverstanden erklären konnten. Er könne sich keiner gesetzgeberischen Arbeit von ähnlicher Tragweite erinnern, wo ohne Berat­ung im einzelnen dem von einer Partei vorgeschlagenen Weg in dieser Weise zugestimmt worden wäre. Eine Par­tei, welche dies zustande bringe, müsse ein außerordent­lich starkes Vertrauen genießen. Im Reichstag sei die Volkspartei infolge des Ausfalles der letzten Reichstags­wahlen das Zünglein an der Wage geworden. Ter Reichskanzlerblock'" gehe in dem 'Augenblick aus dem Leim, in dem die Volkspartei sich bedanke, mit dem Block zu gehen. Der Wunsch der Volkspartei fei es nur zum kleinen Teil gewesen, dem Block augeschlossen zu werden. So wohl sei es ihr in dieser Situation nicht. Mit den Herrn von der Rechten zusammenzugehen sei man unge­wohnt und noch ungewohnter sei ein Zusammengehen mit den Herrn von der Reichsregierung. Man könne hier seitens der Volkspartei nicht leicht den alten BaUernaber- glatiben vergessen, wonach mit hohen Herrn nicht gut Kir­schen essen ist. Doch mache die Volkspartei zunächst mit, weil sie es für ein verdienstliches Werk halte, das Zentrum aus seiner Stellung hinausgeworfen zu haben- Was vom Zentrum zu erhoffen sei, hinsichtlich aller freiheitlichen und liberalen Bestrebungen und auch in Bezug auf die beschei­densten Bildungsforderungen brauche nicht des näheren ausgeführt zu werden. Dieses Zentrum kalt gestellt zu haben, sei manches Opfer wert. Für die Vertreter der Bolkspartei sei die Hauptsache, daß sie Herren ihrer po­litischen freiheitlichen Ueberzeugung bleiben. Entweder gelinge es dem Reichskanzler wirkliche Fortschritte für den Liberalismus zu erzielen, dann gut, oder es gelinge ihm dies nicht, dann werde man sich sagen: Wir haben ei­nen ehrlichen Versuch gemacht und nun nehmen wir für uns den Kampf für die freiheitlichen Forderungen wieder aus, auch wenn dieser Kämpf nicht von heute auf morgen züm Ziele führt. Der Redner gedachte sodann noch des Zusammenschlusses der linksliberalen Gruppen, wobei der Volkspartei ebenfalls ein großes Verdienst zukomMe, und betonte, daß die Volkspartei früher an Enttäuschungen

, , Die Komödiantin.

> Ronian von Oswald Benkendorf. 23

Recht langsam und bedächtig halte Ernst die Aufzeichnungen seiner Mutter durchgelesen und blätterte nun in dem Buche wei­ter, die Blicke da und dort auf den verblaßte» Schriftzügen ruhen lassend, dann murmelte er:Nur einmal findet sich eine Bemer­kung über das scheue, träumerische Wesen des Knaben Kurt, eS scheint, daß Gräfin Bentheim der Freundin ihre Befürchtun- gen mitgeteilt hat, der Svbn könne die Erbschaft des BlnteS von seinen: Herrn Papa erhalten haben. Unsinn! Ich glaube nicht an solche Ammenmärchen und würde mich keinen Pfiffer- ling um die ganze Geschichte kümmern. Jene Leute freilich den­ken anders und ich bin fest überzeugt, daß Kurt Bentheim Kon- ftanze sreigibt, wenn ihm bekannt wird, ivas ihm die zärtliche Mama und der gelehrte Erzieher bisher wohlweislich verschwie­gen haben."

Was Konstanze betrifft, so besitzt die schöne Venezianerin eine gute Portion Aberglauben, davon habe ich mich in Berlin überzeugt, sie würde höchstwahrscheinlich znrücktreten; denn die Anssichtvon einem Eifersüchtigen erdrosselt zu werden, der auS dem Geschlecht von Gattenmördern stammt, ist wenig erfreu­lich."

Sorglich verschloß Ernst das Buch wieder in den Eckschrank, dann ging er lange ruhelos im Zimmer auf und nieder, wäh­rend er, seiner Gewohnheit nach, halblaut vor sich hinmnrmelte: Ja, man müßte nur einen Weg finden, um diese Lektüre in mög­lichst anständiger Weise den Betreffende» zu unterbreiten. Leicht . gejagt, hier eben liegt die Schwierigkeit. Ich kann doch unmög­lich den guten Rat geben, ledig zu bleiben, damit das Geschlecht der Bentheim aussterbe, ebensowenig kann ich Konstanze direkt warnen, sie würde sogleich zu ihrem Vater gehen und ihm alles sagen. Die Folge davon wäre, daß Graf Wilmenau mich gründ­lich verachten zu dürfen ein Recht hätte und sein Goldtöchterchen einem solchen Freier schwerlich gäbe."

Uebrigens müßten Wilmenau und Perle, OtmarS intime Freunde, um die Geschichte wissen und wenig Gewicht darauf legen. Meine Person muß da ganz aus dem Spiele bleiben. Hof- ^ fen wir auf die Gunst des Zufalls, da mir durchaus kein guter Einfall kommen will. Ich bin freilich ohne Vorurteile, aber ich

muß diejenigen der sogenannten Leute von Ehre schonen, sonst gehe ich leer auS bei dem ganzen Handel."

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Völlig ahnungslos, was die geheimen Pläne ErnstS betraf, hatte Konstanze bald ihre Ruhe und Unbefangenheit wtederer- langt. Die Drohungen des HauptmannS von Kindler belächelte sie, und dessen höhnische Bemerkungen über Kurt blieben ziem­lich wirkungslos, da sie, die Fremde, von den Familiensagen der Bentheim keine Kenntnis hatte.

Kurt liebte sie so tief und leidenschaftlich, daß selbst die Kennt­nis ihrer früheren Beziehungen zu Kindler die Glut seiner sLiebe nicht abgekühlt haben würde. Im Grunde hatte sie sich ja auch nichts vorzuwerfen. Daß sie, ein alleinstehendes Mädchen, ge­blendet von den äußeren Vorzügen ErnstS, seinem Liebeswerben so schnell nachgegeben, konnte ihr niemand verübeln, noch we­niger aber, daß sie sich klug zurückgezogen, nachdem er ihr offen gestanden, daß einer ehelichen Verbindung fast unübersteigliche Schwierigkeiten entgegenständen.

Prinz Venosta bot ihr mit seiner Hand eine glänzende Zu­kunft; doch der Jüngling war nicht welterfahren, nicht energisch genug, Kindler gegenüber sein Besitzrecht geltend zu machen. Der Auftritt im Theatersaal hatte dies zur Genüge bewiesen, mehr noch das unselige, amerikanische Dnell, welches er sich hatte auf­zwingen lassen.

Würde Ernst, falls er das Todeslos gezogen, sein Leben frei­willig geendet haben? Konstanze schüttelte ungläubig den Kopf, als sie sich diese Frage vorlegte. Solch' ein Narr war er nicht, und somit ging es auch hier, wie stets in der Welt: ein jeder betrachtete die Dinge von einem anderen Gesichtspunkte auS und handelte von seiner Charaktereigenschaft entsprechend in einem bestimmten Falle.

Wer würde so töricht und ungerecht gewesen sein, die schöne Konstanze sür die tragischen Folgen einer Liebe, welche sie ein- geflößt, verantwortlich zu machen ? Kein Gerichtshof der Welt vermochte sie einer Schuld zu zeihen. Daß eS eine moralische Schuld gibt, die nicht verjährt und früher oder später bezahlt werden mutz, davon ließ sich Konstanze nichts träumen. Sie sagte oft von sich, daß sie eine positive Natur sei, Träumen und Denken war ihr stets verhaßt gewesen, daß sie sich jetzt so oft in waches Träumen versenkte, erklärte sie lächelnd als eine

reicher gewesen sei als an Erfolgen. Arbeiten wir, schloß der Redner ans dem Boden der demokratischen Gesinnung, die uns Schwaben allen mehr oder weniger angeboren ist, weiter. Wenn wir hierin weiterschreiten, Und das Volk uns treu bleibt, dann werden wir für das Wohl des Vol­kes achch etwas erkleckliches zu leisten vermögen. Redner schloß sodann mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf die Deutsche Volkspartei.

Es folgte hierauf eine Ansprache des Landtagsabg. Käß, welcher die demokratische Gesinnung der Mnrr- hardter rühmte. Wenn andere Parteien in einem Teil des Murrhardter «Bezirks erfolge erzielt hätten, so fei ihnen dies nur möglich gewesen, weil sie Anlehen gemacht hätten beim demokratischen Programm und mit haltlosen wirtschaftlichen Versprechungen vorgegangen seien. Die Volkspartei stehe dem gegenüber auf dem Standpunkt, daß das Allgemeinwohl am besten gefördert werde, wenn die einzelnen Glieder des ganzen nicht gegenseitig sich be­kämpfen. Der Redner ließ seine Ausführungen ausklin­gen in einem Hoch auf die Stadt Mürrhardt und ihre Um­gebung.

Alsdann sprach Landtagsabg. Nägele, welcher ein­leitend betonte, daß er keine politische Rede halten »volle. Er habe von seinem Vater auch die demokratische Ader geerbt, aber zugleich auch die tiefe Liebe zur Heimat und das Interesse für Heimatkunde. In einer Reihe präg­nanter Einzelbilder schilderte der Redner nun in großen Zügen den Werdegang Murrhardts von den Zeiten der Römer an brs zur Gegenwart. In einem dieser Bilder sprach er in humorvoller Weise von der Prälatenkutsche, in der die Murrhardter Prälaten, worunter auch der Vater Schellings, immer nach Stuttgart gefahren seien. Seit Bestehen der württ. Volksvertretung habe der Be­zirk 14 Abgeordnete in den Landtag entsendet. Von diesen habe jedoch keiner dem Landtag solange angehört als der jetzige Mg. Käß. Mit einem Hoch auf den Be­zirk Backnang schloß der Redner.

Abg. Eisele-Vaihingen sprach über die Arbeiten des Landtags.

Hierauf kam noch der Abg. Schock zum Wort, welcher zunäch fthervorhob, daß, nach den akademisch gebildeten Rednern nun auch noch der Bauer zum Wort komme. Nach der Ansicht der Bauernbündler sei zwar jeder Bauer, der der Volkspartei angehöre, ein Unikum. Doch wisse er sich in guter Gesellschaft. Während die Volkspartei im württ. Landtag die Führung gehabt habe, hätten sich die Aufwendungen sür die Landwirtschaft verdreifacht. Wenn der Bauernbund erfolgreich agitieren wolle, müsse er Anlehen beim Programm der Demokratie machen. Der württ. Bauernbund sei im Gründe nichts anderes als ein Ableger des nordd. Junkertums. Die Zollgesetzgebung biete nur einen Schutz den nordd. Junkern und sei zum Schaden unserer kleinen Bauern gemacht worden. Die Volkspartei trete von jeher ein für die Gleichberechtigung aller Stände und mit diesem ihrem Programm habe die Partei auch den Berechtigungsschein für die Zukunft in der Tasche. Der Redner schloß mit einem Hoch aus die freiheitliche Entwicklung in Württemberg und Deutsch­land.

Im weiteren Verlauf des Festes wurde sodann von Gemeinderat Reiff-Stuttgart ein Hoch auf die Frauen ausgebracht. Das Fest nahm in allen Teilen einen schö­nen und würdigen Verlauf, wozu namentlich auch das prächtig sich aufheiternde Wetter beitrug, durch das die herrlichen bewaldeten Höhen rings um Murrhardt in ihrem schönsten sommerlichen Glanze sich zeigen konnten. Die Abendzüge führten alsdann die Zahlreichen Aestteil- nehmer wieder der Heimat zu.

Württ. Landtag.

Stuttgart, 13. Juni.

In Anwesenheit sämtlicher Minister beginnt die Be­ratung der

Beamtenvorlage.

Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker: Vor dem Eintritt in die Beratungen möchte er sich gestatten, im Hinblick auf die Wichtigkeit des zu beratenden Gegen­standes, einige allgemeine Vorbemerkungen zu machen.

Wirkung des trüben, deutschen Wolkenhimmels, da fliegt einem

das gedankliche Wesen an.

Nun, glücklicherweise ging man dem Frühling entgegen und die junge Braut würde in schöner Harmonie zur bräutlichen, knospenden und blühenden Natur mit ihrem Fühlen und Denken stehen.

An den Vorbereitungen für den neuen Hausstand, den tau­senderlei großen und kleinen Dingen, mit denen zu beschäfti­gen den Bräuten ein so süßes Vergnügen bereitet, beteiligte sich Konstanze nur in geringem Maße.

Im Grunde wäre es ja gar nicht nötig gewesen, das Ge­ringste an der gediegenen Einrichtung des linken SchloßflügelS zu ändern, den das junge Ehepaar bewohnen sollte. Aber KurtS re­gem Schönheitssinne genügte auch das Beste nicht, wenn es galt, die Gemächer Konstanzes auszuschmücken, und er schalt im Geiste die geschicktesten Tapezierer und Dekorateure phantasieloseStüm- per, weil es ihnen nicht gelingen wollte, den Tempel, der seine Göttin bergen sollte, kunstvoller auszustatten.

Und doch hatten diese braven Leute ihr Bestes geleistet und wahre Wunderwerke geschaffen, mit Zuhilfenahme von blumigem Atlas, echten Spitzen, Bronzen, venezianischen Spiegeln und Smyrna-Teppichen.

Konstanze hatte doch kindliche Freude über dieses, ihr urei­genes, kleines Reich, als sie die Räume besichtigte, und schmiegt« sich an den Berlobten, der so große Mühe dabei gehabt und im­mer noch nicht völlig zufrieden schien.

Kurts Liebe war tief und selbstlos; das kam dem verwöhn­ten Mädchen doch zur Erkenntnis. Und war es nicht viel besser und bequemer, sich mit so zärtlicher Sorge umgeben zu sehen, sich lieben zu lassen, als Opfer z bringen und für die leiden­schaftliche Wallung eines glücklichen Augenblicks mit Jahren bell Grams zu zahlen ? So töricht war Konstanze nicht, selbst dann nicht, wenn sie sich die ersten Stunden der Liebe zurückrief, wr sie selbstvergessen in ErnstS Armen geruht, berauscht von de« Glut seiner Küsse.

Das war vorbei, mußte vergessen sein für iinmer, und doH gab es eine Stimme in Konstanzes Herzen, die leise klagend zu­weilen den Namen flüsterte, den Ernst ihr an jenem Abend ge­geben, wo er seinen Gefühlen Worte geliehen:Fata Mor­gan»" I 13Ü.2V