Württ. Lckudtag

Stuttgart, 4. Juli. Kammer der Abgeordneten. Präsident v. Payer eröffnet die Sitzung um 91/4 Uhr. Ter Einlauf enthält mehrere Eingaben, u. a. eine solche des württ. Lehrerinnenvereins um Abänderung des Art. 18 des Gesetzes betr. die höheren Mädchenschulen. Die Beratung des Kap. 19 a des Etats Ministerium der auswärtigen Angelegen­heiten, VerkebrsaLteilung, wird sodann mit einigen allgemeinen Bemerkungen des Berichterstatters Dr. v. Kiene eingeleitet. Er gehe da­von aus, daß die Tarifreform später noch ver­schiedenen Verbesserungen unterworfen werden müsse. Mit der Reform sei die Vereinheitlichung und Vereinfachung erreicht worden, dagegen sei die erhoffte Verbilligung ansgeblieben. Durch dw Vermehrung der Eilgüge uno Verwilligung der SchnAlzugszchchlagslarten seien aller­dings auch Verbesserungen gebracht worden. Die vom Re­gierungstisch immer befürchteten großen Ausfälle seien nicht eingetroffen. Bedauerlich sei der Wegfall der Landes- karte. Wenn gegenwärtig in den meisten Personenzügen anstatt 3 Klassen deren 4 vorhanden seien, so sei dies das Gegenteil einer Vereinfachung. Das Bild der Zu­kunft, wenn auch erst einer späteren, werde die Führ­ung v 0 n 2 K l a s s e n sein. (Lebhafte Zustimmung links). Die Ergebnisse der Fahrkarten st euer bleiben we­sentlich hinter den früher gehegten Erwartungen zurück. Das vorläufige Scheitern der Betriebsmittel­gemeinschaft müsse als im höchsten Maße bedauer­lich bezeichnet werden. Bezüglich des Baus von Ne­benbahnen sei die Haltung der Ersten Kammer sehr befremdlich, wenn dort gesagt werde, daß wir in dieser Hinsicht, geradezu abenteuerliche Pläne verfolgen. Von abenteuerlichen Plänen sei ihm nichts bekannt. Die Ei­senbahnrente sei trotz des Baus von Nebenbahnen in den letzten Jahren gestiegen. An die Bahnsteig­sperre gewöhne sich das Publikum allmählich. Auf den vorliegenden Eisenbahnetat übergehend führt der Bericht­erstatter aus, daß das gesamte Anlagekapital 684 Mil­lionen Mark betrage, wovon 577 Millionen Anlehen seien, an denen über 80 Mill. getilgt sind. Die Rente betrage 3,54 Proz. Der vorliegeirde Etat sehe einen Reinge­winn von 19,1 °bezw. 19,3 Mill. Mark vor. Dem Per­sonal bringe der Etat erhebliche Verbesserungen. An Ge­halten seien Mehrausgaben von 916000 Mark für 1907. und 3 100 000 Mark für 1908 vorgesehen. Mit diesen Summen könne die Eisenbahnverwaltung sich sehen lassen. Auch den Eisenbahnarbeitern solle eine ganz er­hebliche Verbesserung ihrer Einkünfte zuteil werden. Ab­striche habe die Kommission an keinem der' Titel vorge­nommen, dagegen habe sie die Einnahmen aus dem Per­sonen- und Güterverkehr um 1,5 Mill. erhöht. Diese Mehreinnahmen seien erforderlich für die Erhöhung der Arbeiterlöhne und andere Dinge. Abstriche seien nicht gemacht worden, weil man eben auch die Verantwortung hier zu tragen habe und weil schon dadurch von selbst enge Grenzen gezogen seien. Der Eisenbahnverwaltung bringe man ein großes Vertrauen entgegen; dafür habe die Verwaltung auch die Verantwortung vor dem gan­zen Lande zu tragen. Die Wünsche, die vorgebracht wer­den, möchte der Minister Prüfen und das beste behalten. (Beifall).

Minister v. Weizsäcker: Die Eisenbahnen hätten im Jahre 1905 einen Ueberschuß von 21400000 Mark erzielt; damit seien nicht nur Verzinsung und Tilgung gedeckt, sondern noch ein Ueberschuß von 805 000 Mark erzielt worden. Ein Jahr darauf sei der Abschluß noch günstiger gewesen. Im laufenden Jahre sei aber nicht entfernt an derartige Ueberschüsse zu denken wegen des ganz enormen Ansteigens der Personalausgaben. Hierin mehr zu tun, als vorgeschlagen sei, wäre ganz unmöglich. Mit den weitgehenden Vorschlägen auf Aufbesserung hätte man im Staatsministerium nicht kommen dürfen, wenn die günstigen Abschlüsse der letzten Jahre nicht gewesen wären. Die Steigerung der persönlichen Ausgaben be­trage für 1907 mehr als 3, für 1908 mehr als 4 Millio­nen. Das mache für die Beamten und Arbeiter der Ei­senbahnverwaltung im Jahre 1907 5 257 000 Mk., 1908 6 318 000 Mark Mehrausgaben aus. Noch nie sei eine

solche Mehrverwendung von Einnahinen zugunsten des Personals erfolgt. Nach einer Zusammenstellung schätze er die Mehreinnahmen auf 2 Millionen Mark. Hiebei komme dann nur ein Ueberschuß von 370000 Mark her­aus. Er rege an, diese Sache in der Finanzkommission nochmals zu prüfen. Wünschenswert sei, daß die Be­stände des Reservefonds nicht zu allgemeinen Siaals- zwecken verwendet werden. Hinsichtlich der Personen­tarifreform betont der Minister, die Eisenbahnver­waltung werde etwaige Unebenheiten gerne beseitigen, wenn bestimmte Erfahrungen vorliegen. Die Aahrkarten- stener habe in Württemberg nur verhältnismäßig ge­ringe Beträge gebracht. In der Frage der Beirieös- mittelgemeinschaft habe inzwischen in Frankfurt a. M. eine Konferenz stattgefunden, bei welcher er durch den württembergifchen Verirrter folgendes habe erklären lassen 4 ,Der Verlauf der Verhandlung hat unsere Be­denken nicht zu zerstreuen vermocht, die dahin gehen, daß auf der Grundlage des bayerischen Vorschlages eine dem nationalen Gedanken entsprechende wirksame und festge- fügre Gemeinschaft zu erreichen sei. Wir haben des­halb zu erklären, daß die Frage einer Be­triebsmittelgemeinschaft oder einer sonsti­gen wirksamen Gemeinschaft von württem- bergischer Seite aus nicht als erledigt an­gesehen werden kann, und daß die württ. Regier­ung sich vorbehält, in geeignetem Zeitpunkt auf diese An­gelegenheit zurückzukommen. Selbstverständlich aber sind die württ. Vertreter bereit, sich wie seither in der loyalsten Weise an der Weiterarbeit für die Gütergemeinschaft zu beteiligen. Der preußische Minister habe anerkannt, daß die württ. Regierung die Initiative in der Frage er­griffen habe, und sich ein Verdienst um die Aufrollung der Frage erworben habe.

Hildenbrand (S.): Es sei geradezu antinational, wie gegenwärtig einzelne bundesstaatliche Verwaltungen mit dem Ausland konspirieren, um andere Bundesstaaten zu benachteiligen. Von einer Vereinfachung sei bei der Tarifreform keine Rede und von einer Verbillig­ung im allgemeinen auch nicht. Die Eilzüge sollten vermehrt und ihnen die 4. Klasse beigegeben werden. Die Regierung dürfe den Bau von Nebenbahnen nicht als Pressionsmittel auf die Abgeordneten benützen. Für Württemberg sei der Bau von weiteren Nebenbahnen eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Es erhebe sich die Frage, warum Württemberg, welches bei der Tarifreform alle seine bisherigen Vorteile drangegeben habe, nicht wenig­stens die ermäßigten Sonntagskarten für sich beanspruche. Er behalte sich vor, in dieser Richtung einen Antrag zu stellen. Durch die Erfüllung weitgehender Wünsche des Personals werde dasselbe wenigstens einiger­maßen dem Personal in anderen Staaten gleichgestellt. Wenn man die ungeheuren Summen verteile auf die große Zahl von Beamten, so bekomme keiner zuviel. Es wäre zweckmäßig, wenn auch Arbeiter oder deren Ver­treter zu dem Eisenbahnbeirat zugezogen werden würden.

Dr. Elsas (Vp.) schlägt vor, hier abzubrechen, um den Fraktionen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Minister v. Weizsäcker: Die Staatsregierung lege größten Wert auf rasche Beratung.

Dr. Elsas (Vp.): Die Verhandlungen werden ge­rade durch die Fraktionsberatungen abgekürzt. Der Vertagungsantrag gelangte dann zur Annahme. Die Weiterberatung erfolgt Freitag Nachmittag.

Stuttgart, 4. Juli.

Die Erste Kammer fuhr heute in der Beratung des Departements des Innern fort. Der Ein­lauf enthielt eine Eingabe des Frauenvereins Tübingen um Angliederung einer Hebammenschule an die Universi­tät Tübingen. Berichterstatter Präs. v. Zeller empfahl den Beitritt zu der Resolution der Zweiten Kammer. Prof. Rümelin beantragte, die Resolution der Zweiten Kammer dahin abzuändern, daß im zweiten Teile statt UnterrichtskurseUnterricht" gesetzt werde und im ersten Teile:es soll in Tübingen oder in Stuttgart oder an beiden Orten zugleich eine Einrichtung getroffen werden, welche gebildeten Frauen Gelegenheit zur Ausbildung gibt. ! Nach kurzen Bemerkungen des Ministers v. Pischek zog I Professor Rümelin feinen Antrag zurück, worauf der Kom- H

Die Komödiantin.

Roman von Oswald Benkendorf. 15

Plntz wird »och sein im Wage»," meinte er, mit der Hand durch die Lacken fahrend,Du mußt Dich eben mit dem Guido und der Melitta hübsch vertragen, dann wird sich die Sache ma­chen lassen."

Schon gut, ich werd' eS mir überlegen. Gleich könnte ich ohnedies nicht mit, denn ich kann doch das Hans nicht leer ste­chen lassen und dabei Zins zahlen. Wenn ich es au eure respek­table Familie vermietet habe, komme ich nach, schreibe mir .immer ein paar Zeilen, wenn Ihr Euch länger an einem Orte anshaltet. Wenn ich Geld in der Hand habe, für den Hauszins, kann ich mit der Bahn Euch Nachfahren."

Wir gehen nach Treviso und werden dann in Udine län­gere Rast halten, in kleinen Tagereisen geht'S dann weiter durchs Oesterreichi'che, ich weiß überall Bescheid und hoffe auf gute Geschäfte, ein Glück ist's, daß Marina, der gelehrte Esel, mit dem Leben davongekvmmen ist, der zieht!"

Verdi Tornelli erhob sich und reckte die schlanken Glieder, den Kopf stolz znrückgeworsen, war er ganz wieder der Direk­tor des berühmten Zirkus Rndini.

Die Flasche war geleert, es war eben nicht zu viel darin gewesen, das mehr als einfache Mahl hatte er allein verzehrt, er schien vergessen zu haben, daß er die Schwester hatte in die Wirtschaft führen wolle», und reichte ihr jetzt znm Abschied die Hand.Addio, ich muß mit dem letzten Zuge nach Mestre; denn morgen in aller Frühe brechen wir ans. Ans Wiedersehen, meine Schwester."

Sie nickte stumm, daun als die Haustür sich hinter ihm ge­schlossen, räumte sie geschäftig das Gerät von dem Tische, dessen Platte sie gleich darauf mit den bunten Blättern eines abge­griffenen Kartenspiels bedeckte, indessen Betrachtung sie sich ver­tiefte. Es war nicht das erste Mal in ihrem Leben, daß Vera

Tornelli mit leeren» Magen ihr dürftiges Lager ausgesucht.

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Die Verlobung Konstanzes mit Kurt Bentheim wurde in aller Stille gefeiert, doch war es natürlich, daß die Freunde der Familie herbeieilten, als sie Kunde von dem frohen Ereig­nis erholten, das in glücklichster Weise alle entstandenen Schwie­rigkeiten und Konflikte löste.

Daß die arme Franziska das Opfer geworden, daß sie mit ihrem Herzensglück den Familienfrieden und die Zufriedenheit der anderen erkauft, daran dachte so niemand recht in den er­sten Tagen, am allerwenigsten das junge Brautpaar.

Kvnstanze, die eine passionierte Reiterin geworden, war mit Kurt und einem Stallmeister ansgeritten, zum Mittagsmahl, das um fünf Uhr eingenommen wurde, wollten sie zurück sein. Doch es dämmerte schon der frühe Abend herein, als die Verlobten in den Schlvßhos sprengten.

Hier erfuhren sie, daß Gäste gekommen seien, die man, wie dies stets der Fall zu sein pflegte, zu Tisch geladen. Kurt bot seiner Braut den Arm, um sie die breite Haupttreppe hrrianf- znführen, doch sie raffte hastig die Schleppe ihres Reitkleides auf und rief:Danke, lieber Kurt, ich muß mich beeilen, Toi­lette zu machen, Papa zieht immer die Brauen zusammen, wenn mit dem Diner auf mich gewartet werden muß, und noch dazu heute, wo wir Gäste haben."

Dabei eilte sie flüchtigen Fußes durch das Atrium einer Sei­tentreppe zu. Nachdem sie dieselbe erstiegen, gelangte sie in einen schmalen Korridor mit hohen Bogenfenstern, der direkt zu ihren Zimmern führte.

Plötzlich hemmte sie den schon erhobenen Fuß, eine schlanke Männergestalt löste sich aus der Fensternische und trat ihr ent­gegen, ihr den Weg versperrend, es war Ernst Kindler.

Konstaiize war kaum je in der prächtigsten Gewandung so schön gewesen, wie in dem schlichten, anschließenden Reitkleide aus schwarzem Tuch, dem kleinen Sammethut mit den wallen­den Straußenfedern. Ihre Wangen glühten nach dein scharfen Ritt, die Augen blitzten vor Jugendlust.

Kvnstanze!" rief der Hauptmann, ihr die Arme entgegen­streckend.

Erblassend trat sie zurück.Ah, Baron Kindler, Sie sind es. Fast hätten Sie mich erschreckt. Bitte, lassen Sie mich meinen Weg fortsetzen, ich muß meinen Anzug wechseln."

Nein, ich lasse Sie nicht, nachdem der Zufall mir so gün­stig gewesen und ich Sie hier getroffen, ich habe Wichtiges init Ihnen zu reden."

Ich wüßte nicht, was wir allein miteinander zu verhan­deln hätten," erwiderte Kvnstanze stolz.

Sie haben ein kurzes Gedächtnis, meine Teure," spottete er.

Ihr funkelnder Blick traf ihn, erhobenen Hauptes sagte sie

l Missionsantrag angenommen wurde. Bei Kapitel 34 (Ha- f gelversicherung) befürwortet v. Wöllwarty die An­legung eines größeren Reservefonds. Beim nächsten Ka­pitel werden die einzelnen Titel debattelos genehmigt. Zu Kapitel 38 kam Malermeister Schindler auf die Resolution betreffend Erhebungen über die Besteuer­ung der Warenhäuser zu sprechen. Die Warenhäuser seien keine wirtschaftliche Notwendigkeit und könnten des­halb auch eine Sondersteuer vertragen. Unsere Damen seien allerdings in Beziehung auf die Warenhäuser un­verbesserlich. Bezüglich des Beschlusses betr. Arbeitsver­mittlung äußert Frhr. v. Ow Zweifel darüber, ob es richtig sei, hier auf einen ablehnenoen Standpunkt sich zu stellen. Im Hinblick auf die Arbeitcrnot sei es zu begrüßen, daß Versuche gemacht werden, die Arbeitsver­mittlung in die Wege zu leiten. Bei Kapitel 39 gab Frhr. v. Ow seinem Bedauern darüber Ausdruck, daß Posadowsky von seinem Posten zurückgetreten sei. Es sei zu hoffen, daß sein Nachfolger das gleiche leiste. Minister v. Pischek gab seiner Freude darüber Aus­druck, daß auch in diesem Hause konstatiert werde, daß die soziale Gesetzgebung nicht stille steht. Eine Verein­heitlichung der drei Versicherungszweige werde wohl nicht zu erreichen sein. Nach kurzer Weiterberatung wurde ab­gebrochen und die nächste Sitzung auf Freitag vormittag anberaumt.

Aundschau.

Gegen die Peterskliqne. Die Köln. Zeitung fordert die Regierung angesichts des Ausgangs des Petersprozesses aus, endlich der Petersparlei energisch e ntgeg e»zutret en, uno zvar dadurch, daß sie das Verhalten ihrer Beamten und Behörden recht­fertige durch die Vorlegung der Geheimakten über Peters. Nach dem Verlauf dieses Prozesses könne die Regie ung dem Treiben der Anhänger des Dr. Peters nicht mehr ruhig zusehen. Dazu sagt das Berl. Tagebl.: Uns erscheint es unumgänglich notwendig, den Fall Peters nach allen Seiten klar zu legen. Welchen Weg dazu die Regierung einschlageu will, das muß sie selbst am besten wissen. Gegen den Vorschlag der Kölnischen Zerrung, die Peters-Akten einer ReichslagSkommisston zu überweisen, spricht aber der Umstrnd, daß der Reichstag erst wieder im November zusammentritt. Man sollte die Aufklärung nicht bis dahin verschieben, sondern sofort die Akten der Oeffentlichkeit unterbreiten. Die Vossifche Zeitung äußert sich in demselben Sinne.

* * *

Die Haager Friedenskonferenz. In der Sitz­ung der 2. Unterkommission der 1. Kommission, deren Vorsitz Leon Bourgeois führte, gelangten am Don­nerstag die deutschen und englischen Anträge betr. die Errichtung eines internationalen Prise n- appellationsgerichtshofs zur Beratung. Der deutsche Delegierte, Frhr. Marschall von Bieber­stein, hielt eine Rede, in der er darauf hinwies, daß das Gericht eines jeden kriegführenden Landes, welches Prisen gemacht habe, über die Gültigkeit derselben ab­zuurteilen habe. Man könne von einem solchen Gericht immer annehmen, daß es keine genügende Gewähr für Unparteilichkeit biete, weil die Prisen im allgemeinen für Rechnung des Staates gemacht würden. Der Staat sei demnach Richter in eigener Sache. Man wende ein, daß es erst der Abfassung einer Gesetzessammlung bedürfe, bevor man einen Gerichtshof errichte, der die Gesetze an­zuwenden habe. Die Herstellung einer Gesetzes­sammlung bilde aber einen Punkt des Pro­gramms der Konferenz. Der deutsche Vor­schlag wolle, daß die Berufung den Betei­ligten selbst gestattet sein solle. Es stehe den Untertanen der Kriegführenden und der Neutralen das­selbe Berufungsrecht zu, was den modernen Grundsätzen gemäß scheine, nach denen ein Krieg nicht gegen Unter­tanen, sondern gegen Staaten geführt würde. Der deut­sche Vorschlag setze die Berufung nach dem ersten Urteil fest, was das Verfahren vereinfache und abkürze und zu­gleich Empfindlichkeiten fern halten würde, die eine Kritik der Urteile eines hohen nationalen Gerichtshofes wachrufen

dann:Nicht diesen Ton, Baron Kindler, wenn ich nicht ver­gessen soll, daß Sie der Gast meines Vaters sind!"

Er legte seine Hand ans ihren Arm; sie fühlte den Druck seiner heißen Finger und zuckte unwillkürlich zusammen, wagte aber keine Bewegung zu machen, als er jetzt mit vor Leiden­schaft bebender Stimme sprach:Verschwenden wir nicht die kost­baren Minuten mit stolzen Worten und schön gedrechselten Phra­sen, mir imponiert dergleichen nicht, Kind! Sie haben die Tor­heit begangen, sich mit Kurt Bentheim zu verloben und hätten doch wissen können, daß ich nicht gewillt bin, meine Rechte ans Sie aufzilgeben."

Ihre Rechte, Sind Sie wahnsinnig, Baron Kindler?"

In der Tat, meine Rechte aus Ihre Person, Ihre Hand, und ich denke dieselben teuer genug erkaust zu haben."

Was kümmert mich Ihr Streit mit dem Prinzen Stefani," entgegnete sie trotzig,ans dem Sie übrigens unverwnndet her­vorgegangen sind!"

Weil er das Todeslos gezogen," sagte Ernst düster.

Was soll das heißen?"

Daß Stefani Venvsta mit mir ein amerikanisches Duell ein­gegangen ist und die Würfel zu meinen Gunsten gefallen sind."

Unmöglich, das wäre Wahnsinn, schlimmer noch als daS .. wäre ein Verbrechen !"

Was Sie mit zu verantworten haben, Konstanze!"

Nimmermehr!"

O, über die zarten Nerven gewisser jungen Damen! Hatten Sie mir nicht gestanden, daß Sie mich lieben, ruhten Sie nicht an meinem Herzen, von meinem Arni umschlungen, träumten Sie nicht mit offenen Augen den erste», süßen Liebestraum?"

Um schnell genug daraus zu erwachen," fiel Konstanze bit­ter ein. 139,26

Weil ich Ihnen die Wahrheit sagte und Ihnen nicht ver­hehlte, daß einer ehelichen Verbindung fast rriiübersteigliche Hin­dernisse entgegenständen. Und dann verstrickte sich der hübsche, bartlose Jüngling in Ihre Netze und der war reich und ein Prinz und wollte Ihnen den Ehering an den Finger stecken . . was Wunder, daß Sie ihm den Vorzug gaben als gute Rechnerin, die Sie waren, mein Schätzchen. Nur in einem stimmte das Konto nicht, der erste Geliebte wollte sich nicht zur Seite schieben lasse» wie eine ausgediente Schachfigur, er nahm den Spaß übel, di« Geschichte hatte schlimme Folgen, die auch Sie tragen müssen."