Zur Auflösung der Duma.

Der Ukas des Zaren, der die Auflösung der Duma einkündigt, hat nach dem, was am Freitag und Samstag vorgefallen war, nicht mehr überrascht. Die Entscheid­ung hing bei der Kommission, welche die Frage Stoly- pins nach der Verhaftung von 16 sozialdemokratischen Dumaabgeordneten wegen Aufreizung zu prüfen hatte. Stolypin glaubt Beweise für die Schuld des Abgeord­neten Ohsol zu besitzen. Statt aber die Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung dieses einzelnen zu erbitten, verlangt er von der Duma, daß sämtliche sozialdemo­kratische Abgeordnete vor ein Gericht gestellt werden sollen, das über den Umfang ihrer etwaigen Teilnahme an den Bestrebungen zur Herbeiführung einer neuen Regierungsform urteilen soll. Man weiß, was das be­deutet; keiner von den Angeklagten würde dem Ge­fängnis, mancher vielleicht auch nicht dem Henker ent­gehen. Der Versuch der Duma, die Verantwortung für die Ereignisse, die der Auflösung folgen können, aufzu- bürdeu, muß Entschieden zurückgewiesen werden. Daß die Kommission ablehnen werde, konnte vorausgesehen wer­den. Sie beschloß, daß nach dem bis jetzt vorliegenden Anklagematerial Anklage gegen 16 Sozialdemokraten ge­meinsam erhoben werde, das Material aber ge­gen jeden einzelnen der Beschuldigten ge­trennt von dem Untersuchungsrichter zu fordern sei. Auch hielt die Kommission nach einer anderen Meldung nur 7 Abgeordnetefürgenügend belastet, um sie auszuliefern. Nach Bekanntgabe dieser Be­schlüsse, war in Anbetracht der durch Stolypin gezeigten schroffen Stellung der Regierung die Auflösung der Du­ma beschlossene Sache. Der Abgeordnete Ohsol, der fein Heil in der Flucht suchte, wurde in der Nähe von Sastrovetz verhaftet. Die Neuwahlen sollen be­reits am 14. September stattfinden, so kündet der kaiser­liche Ukas an. Was er aber noch ankündet, ist ein neues Wahlgesetz. Was wird dieses bringen? Es wird gesagt, daß es eine Erhöhung des Eigentumszensus und die Entziehung der besronderen Wahlprivilegien der Bauern bringen werde. Der Kaukasus und Afghanisten sollen dabei ihre Vertretung in der Duma verlieren, die eventuell das allgemeine Wahlrecht erhalten. Hoffnun­gen daran zu knüpfen, wäre also, da es sich um eine russischeReform" handelt, schon an und für sich ver­fehlt: Heute um so mehr, da die reaktionäre Hofclique Rußlands der revolutionären Linken den Fuß in den Nacken setzen konnte. Armes Rußland.

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Heute liegen noch folgende Meldungen vor:

Petersburg, 16. Juni. Die Verschiedenheit des neuen von dem alten Wahlgesetz besteht darin, daß durch das neue Wahlgesetz jeder Bevölkerungsklasfe, näm­lich den Grundbesitzern, den Bauern, den Städtern Und den Arbeitern eine bestimmte Mindestzahl in der Volks­vertretung gesichert wird. Andererseits gibt es den in­telligenten und in sozialer Hinsicht widerstandsfähigeren« Klassen einen Vorzug bei den Wahlen, indem es die Zahl ihrer Wähler in den Wahlversammlungen im Vergleich mit den Vertretern der nicht intelligenten Klassen ver­größert. (Mit anderen Worten: die Minderbemittel­ten sollen ihrer kargen Rechte wieder beraubt werden, damit die 3. Duma ein willenloses Werkzeug in der Hand der reaktionären Regierung werde. D. Red.)

Petersburg, 16. Juni. Bon den 16 sozialdemo­kratischen Dumaabgeordneten, deren Auslieferung Stolypin gefordert hatte, haben sich 7 der Verhaftung zu entziehen gewußt. In der vergangenen Nacht haben etwa 7 00 Be rhastungen stattgesunden. Die Garnison ist durch Kavallerie und Infanterie bedeutend verstärkt worden. Auf den Straßen sind zahlreiche Jnfanterietruppen postiert. Ein Erlaß des Stadthauptmanns verbietet die Veröffent­lichung von Artikeln Und Mitteilungen, die eine feindliche Stimmung gegen die Regierung erzeugen können, die Ver­teilung verbotener Schriften, die offene Zustimmung zu

Verbrechen, in welcher Form sie auch erfolgt, ferner den Verkauf oder die öffentliche Ausstellung von Schriften, 2 durch die Verbrechen gutgeheißen werden, des weiteren die Verbreitung lügenhafter Angaben über die Regierungs­beamten, Kommandeure und Truppen, durch die die öf­fentliche Meinung gegen diese aufgereizt wird, ferner die Verbreitung unwahrer, die öffentliche Meinung erregen­den Gerüchte über Maßnahmen der Regierung, über die angeblich unglückliche Lage der Gesellschaft Und des Mi­litärs. Die Schuldigen sollen auf administrativem Wege entweder mit 3000 Rubel oder mit Gefängnis bis zu 3 Monaten bestraft werden.

Petersburg, 16. Juni. Durch kaiserlichen Ukas wird die Session des Reichsrats bis zum 19. No­vember ds. Js. unterbrochen.

Petersburg, 16. Juni. In allen Teilen der Stadt herrscht vollkommen Ruhe. An allen Mäuer- ecken find das kaiserliche Manifest und das Auflösungsde­kret angeschlagen. Kavallerie- und JnfanteriepatrouilleU durchziehen die Straßen.

Warschau, 16. Juni. Die Nachricht von der Auf­lösung der Duma hat hier fast gar keinen Eindruck hervorgerufen., Die Stadt ist ruhig. Der Gene­ralgouverneur veröffentlicht eine Verordnung, in welcher er für regierungsfeindliche Artikel der Presse Gefängnis bis zu 3 Monaten oder eine Geldbuße bis zu 3000 Rubel androht.

WundschsN.

Die badifcherr Demokraten haben am gestrigen Sonntag ihren Parteitag in Trtberg abgehoben. Die Versammlung war zahlreicher als seit Jahren aus allen Teilen des Landes besucht. Zunächst fand am Samstag eine Delegirtenversammlung statt, die Direktor Heimburger eröffnete. In der Aussprache über die verschiedenen, zur Zeit für die praktische Politik im Vorder­grund stehenden Fragen, sowie in den Tätigkeitsberichten ans den einzelnen Lanvesteil n kam bei Alten und Jungen zuversichtliche, aktionslustige Stimmung zum Ausdruck. Die Triberger haben gastfrei für die Unterkunft der Parteige­nossen gesorgt. Am Abend fand ein Bankett statt dem dann gestern dt« öffentlichen Versammlungen folgten mit den Rednern Heimburger, Hummel und Haußmann. Wir werden morgen ausführlicher berichten.

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Die Friedenskonferenz im Haag ist a« Sams­tag in feierlicher Weise eröffnet worden. Der niederländische Minister, Dr. van Goudrtaan hielt an die Delegierten eine längere Ansprache, in der er diese im Namen der Königin willkommen hieß und die Arbeiten der ersten Konfe­renz und ihre vielfach kritische Aufnahme rekapitulierte. Dem Zaren als Anreger der Friedenskonferenz widmete der Redner Worte des Tankes, ebenso Roosevelt, dem H Förderer der Friedensidee. Der Vorschlag des Ministers, den russischen Botschafter Exzellenz Nelidow zum Vor­sitzenden der Konferenz zu bestimmen fand einmü­tige Zustimmung. Dieser nah« die Wahl an und erklärte, er werde sein Bestes tun, um die Arbeiten so zu leiten, daß sie möglichst fruchtbringend sich gestalten und alles vermeiden, was lebhafte Meinungsverschiedenheiten Hervorrufen könne. Er schlug die Absendung eines Huldigungstelegramms an Königin Wtlhelmine vor und betonte die Idee des Friedens habe die Regierungen veranlaßt, Delegierte hierherzusenden, die über die Interessen der Menschlichkeit, Versöhnlichkeit und Grrechtipkeit beraten sollen. Die Aufgabe der Konfe­renz fei eine doppelte: Mittel zur friedlichen Schlichtung von Differenzen zu suchen um Maf- senkonfltkte zu vermeiden, und die Härten des Kriegs zu mildern. Die von der ersten Konferenz eingeführten Humanitären Maßnahmen hätten das Gefühl der internatio­nalen Nachsicht erhöht. Die Anerkennung des Grundsatzes der Schiedsgerichte habe zur Geneigtheit geführt, solche anzurufen. Seit 1899 seien 3S Schiedsgerichts« ver träge abgeschlossen worden. Fünf ernste Fälle, die Verwtck-

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lungen herbeizuführcn drohten, sind dem HaagerSchiedsgerichts- hof unterbreitet worden. Wie bei Individuen, so gebe es auch bet Völkern Fälle, wo Ehre, Würde und wesentliche Inter­esse« auf dem Spiels stehen, wo sie keine andere Autorität anerkennen wollen, als eigenes Urteil und persönliches Ge­fühl. Das dürfe die Konferenz nicht entmutigen, auf Welt­friede und Brüderlichkeit der Völker zu sinnen. Beide Reden wurden mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Nelidow bezetchnete die Sekretäre und gab bekannt, daß die nächste Sitzung Dienstag oder Mittwoch stattfinden werde. Wie derPetit Parisien" mitteilt, wird sich die Konferenz in 4 Kommissionen teilen: für das Schiedsgertchtswesen, militär­ische Fragen, Marinefragen und das Recht der Neutralen.

Jages-KyroniL.

Berlin, 15. Juni. Die von derAgence Havas" heute dementierte Meldung vom Abschluß eines Vertrag» zwischen Frankreich, England und Spanien über die Aufrechterhaltung des atntus gao im Mtttelmeer und im Atlantischen Ozean ist doch richtig. Dem hiesigen Auswärtigen Amt ist die offizielle Notifikation über den be­treffenden Notenaustausch zugegangen.

Berlin, 15. Juni. Der Kaiser richtete an den Admiral v. Ttrpitz, Staatsminister und Staatssekretär des Reichsmarineamts, folgendes Telegramm:Homburg v. d. Höhe, Schloß, den 14. Juni. Heute vor 10 Jahren habe ich Sie zum Staatssekretär des ReichsmarineamtS er­nannt. Die Hoffnungen, die ich damals auf Sie gesetzt hatte, sind in weitem Maße erfüllt, das erkenne ich wieder­um dankbarst an und knüpfe daran den Wunsch, daß Sie noch viele Jahre in gleicher Arbeitsfrische und mit gleichem Erfolge wie bisher Ihre» verantwortungsvollen Amte» walten mögen. Wilhelm I. L."

Hamburg, 16 Juni. Der Kaiser hat den Obrr- sten von Ltndevau tn Gießen beauftragt, bei der Beerdigung des verunglückten Renn- Fahrers Fab er einen Kranz ntederzulegen.

München, 15. Juni. Der Zentrumsabgeordnete Domkapitular Dr. Schädler hat gegen den langjährigen bisherigen Zentrumsabgeordneten Modschiedler, der in Amberg-Land bei den letzten Landtagswahlen durch den von Schädlec protegierten und von Dr. Heim bekämfte» Zeutrumskandivaten Freiherrn v. Malse» verdrängt wurde, Beleidigungsklage gestellt.

Wien, 15. Juni. Der sozialdemokratische Verband beschloß eine Interpellation an die Regierung zu richten, wie sie sich zur Auflösung der Duma und den hieraus entspringenden fortgesetzten Unruhen in Rußland und zu der Bedrohung Europas mit internationalen Verwick­lungen stellte, auch wie sie sich zu den neuerlichen finanziellen Ansprüchen der russischen Regierung zu verhalten gedenke.

Haag, 17. Juni. Die antimilitaristische Vereinigung von Holland hatte hier eine Versammlung als Kund­gebung für die Friedenskonferenz einberufen. Die Ver­sammlung, der ungefähr 3000 Personen beiwohnten, wurde im Freien abgehalten. 6 Redner protestierten gegen die Konferenz, von denen einer darauf hinwies, daß die russische Duma am Tage der Eröffnung der Konferenz aufgelöst worden sei. Er sprach in heftigen Worten gegen die Eröffnungsrede des russischen Bevollmächtigten Nelidoff und forderte schließlich die Arbeiter auf, während eines Krieges in den Ausstand zu treten, um den Transport von Lebensmitteln und Spirituosen zu verhindern. Die anderen Redner äußerten sich in demselben Sinne. Die Versamm­lung nahm eine Resolution an die sich für den Ausstand der in dem Transportgewerbe beschäftigten Arbeiter ausspricht.

London, 15. Juni. Im Beisein desKönigS wurde heute das Denkmal für den Herzog von Cambridge enthüllt. Kaiser Wilhelm hatte zu den Feierlichkeiten de» Generalfeldmarfchall Hahnke entsandt.

Glasgow, 17. Juni. Ein Segelkutter mit sechs Personen an Bord kenterte auf der Höhe von Cumbrae. Alle Insassen sind ertrunken.

Odessa, 15. Juni. Aus Jusowka wird gemeldet!

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Ach, daß wir doch dem reinen stillen Wink Des Herzens nachzugehen so sehr verlernen!

Ganz leise spricht ein Gott in unsrer Brust,

Ganz leise, ganz vernehmlich zeigt uns an.

Was zu ergreifen ist und was zu stiehn. Goethe.

KZZZMMKUZMMZMM

Zs«»» der Arüliling kommt.

Roman von Margarete Böhme.

(Nachdruck verboten.)

l ' (Fortsetzung).

Eine halbe Stunde hielt sie noch aus, dann war sie froh, daß fie aus dem Trubel herauskonnte. Kohen ließ es sich trotz ihres Protestes, nicht nehmen, sie zu begleiten.

Während sie durch die einsamen Wege des Tiergar­tens schritten, erzählte er ihr von seinem Entzücken, sie wieder in Berlin zu finden, und drückte den Wunsch aus, sie fortan öfter zu sehen. Liselotte schnitt seine Tiraden mit einer Frage nach seiner Schwester Ergehen ab, dann fragte sie nach Gurbar, wo er wohne, ob Frau von Fechter noch in seinem Hause sei.

Gurbar wohnt augenblicklich hier in Berlin, hat im Nordwesten in der Flensburger Straße eine Etage für den Winter gemietet. Ich traf ihn gestern; .er war recht gedrückt; die Krankheit der Kleinen nimmt ihn sehr mit."

Irmengard ist krank? Was fehlt ihr . . .?"

Ich weiß nicht. . . Scharlach, Diphteritis, Ma­sern, irgend so eine Kinderkrankheit. Er nahm sich keine Zeit, mir Auskunft zu geben. Wie gesagt, er Ivar sehr niedergeschlagen."

Liselotte antwortete nichts. Die Kehle war ihr plötz­lich wie zugeschnürt; sie hätte keinen Laut hervorbriugen können. Eilig strebte sie weiter, um möglichst rasch ans Ziel zu kommen und der ihr plötzlich unerträglich werden­den Geschwätzigkeit ihres Begleiters zu entrinnen.

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In ihrem Zimmer in derBerolina" lag ein mit der letzten .Abendpost gekommener Brief auf dem Tisch-

Der Brief war in Berlin abgestempelt, nach Schirmeck adressiert A,nd von Marius wieder an ihre Adresse in Berlin weitergeschickt.

Liselotte erkannte die Handschrift und ahnte den In­halt. Mit bebenden Fingern erbrach sie das Kuvert und las den Brief:

Meine liebe Frau Fendell!

Hoffentlich treffen diese Zeilen Sie auf Schirmeck an. Ich habe lange nichts von Ihnen gehört, und es wäre ZU leicht möglich, daß Sie den Winter weit fort von Ber­lin an der Riviera oder in einer größeren Stadt zubrin­gen; in diesem Falle würde auch dieser Brief Wohl nichts bezwecken können. Weshalb Sie mir meinen letzten Brief nicht beantworteten, weiß ich nicht, vermute aber, daß Sie irgend ein Zerwürfnis mit Herrn von Gurbar hatten. Es war geradezu schrecklich, diese überstürzte, Unvor­bereitete Abreise im frühen Morgengrauen; Und nachher erfuhren wir erst, welch ein furchtbares Unglück Sie Tags zuvor betroffen hatte. Mit Irmengard war in der er­sten Zeit kaum auszukommen. Das arme Dingelchen hat mich manchmal gedauert, wenn es nach Ihnen jammerte und zusehends vor Heimweh dahinsiechte. Ich gab mir alle Mühe, das vertrauerte Seelchen von seiner Sehnsucht nach Schirmeck abzulenken, aber ich habe wenig Einfluß auf die Kleine. Die Natur des Kindes ist einmal gegen das Alte; mit Ihnen rivalisieren zu wollen, ist mir nie­mals eingefallen. Später verlor sich's auch mehr Und mehr; seitdem die Erzieherin und die GoUverneß da sind und sie fleißig lernen muß, hat sie nicht mehr viel Zeit zum Nachdenken. Vor vierzehn Tagen erkrankte sie plötz­lich an einer heftigen Bräune, die in kurzer Zeit in ein schweres Scharlachfieber überging. Ich fürchte, die Aerzte haben wenig Hoffnung, sie zu erhalten. Es wäre schrecklich, wenn Herr von Gurbar Irmengard verlieren müßte; in diesen Tagen merkt man erst, wie er an seinem einzigen Kind hängt. Irmengard hat in diesen Tagen nicht nach Ihnen verlangt, in den wenigen fie­berfreien Momenten liegt sie apathisch, starr und blaß, wie tot, in den Kissen, aber wie ich gestern abend neben ih­rem Bettchen saß, kam mir plötzlich der Gedanke, an Sie zu schreiben Und Sie um Ihr Herkommen zu bitten. Wenn die Kleine sterben muß, werden ja auch Sie .das ÜMbwend-

bare nicht ändern können, aber ich bilde mir ein, Ihre Nähe wird beruhigend ans das Kind wirken. Irmengard wird Sie erkennen und sich freuen, u. wenn es nur gälte, einem sterbenden Kinde eine Freude zu beeiten, ihm ein Lächeln zu entlocken, so meine ich, wäre Ihr Herkommen schon reichlich motiviert. Deshalb Litte ich Sie: Kom­men Sie zu Ihrem kleinen Liebling! Lassen Sie ihre» Groll fahren, vergessen Sie für kurze Zeit Ihren Zwisi> mit Herrn von Gurbar wenn überhaupt ein solcher existiert, und eilen Sie zu uns. Depeschieren Die, bitte, wann Sie eventuell eintreffen. Ich hoffe bestimmt auf eine Zusagende Antwort. In Eile!

Mit tausend Grüßen Ihre ergebene

Helene von Fechter."

Liselotte lsgtb das Briefblatt aus der Hand. Ihre Augen waren dunkel Und naß, und das Herz war ihr schwer vor Angst und Sorge. Aber über Angst und Bangen eo hob eine frohe Zuversicht seine lichten Schwingen, her feste Glaube an eine höhere Macht, die, unbeirrt von Zu­fälligkeiten und fremden Willen, jedem Menschenschicksa seine Bahnen vorzeichnet, aus denen es nicht heraus kann, in denen es bleiben muß, Und die unverrückbar von dem ersten Tage seines Daseins an feststehen. Deshalb hatte es sie an geheimnisvollen Fäden nach Berlin gezogen, deshalb hatte sie hier verweilen müssen, das hatte auf sie gewartet...

In der Morgenfrühe des nächsten Tages wollte sie hin. Aber Nach einer Weile besann sie sich anders. I" dieser Nacht fand sie doch keinen Schlaf, und wgs konnte in einer Nacht geschehen ? Wenn es vielleicht schon morgen zu spät wäre. . . Msch entschlossen Watt st ihren Mantel über und klingelte, um von dem Mädchen! eine Droschke besorgen zu lassen. <

Dann >als sie schon im Wagen saß und der Flensbur­ger Straße zurollte, kamen ihr wieder Bedenken. Was würde Gurbar denken, wenn sie ihm so spät in die Woh­nung fiel, aber sie zerstreute und verscheuchte die zweifelnden Fragen. In dieser Stunde sollte nur der Gedanke an das kranke Kind Raum in ihrer Seele haben.

... .. (Schluß folgt.)..