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Amtsblatt für die ^tadt Mildbad.

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der Agl. K«Iämter Wildbad, Meistern, LnzKSsteris rc.

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1997.

Vis Krage d-r KLekrrtion.

Man schreibt uns:

Ja, wenn aber der verurteilte Staat sich dem Rich- terjpruch des Völkertribunals nicht fügt, was dann?"- Lie oft wird uns Friedensfreunden dieser Einwnrf ent- «egengehalteu! Auch Präsident Roofe velt, deraus Lerseben" den Nobelpreis empfangen hat, ist der Meinung: Solange nicht bestimmte Garantien für die Durchführung Her etwaigen Nrteilssprüche vom Haag gegeben seien, bleibe nichts anderes übrig, als das Pulver trocken zu halten, ganz wie die Braunschweigische Landeszeitung vom 6. Mr, d. I., d. h. es bliebe nichts anderes übrig, als mit ,epanzerter Faust sich selber Recht zu suche«. Das wäre mraufechtbar,. wenn nur nicht die Möglichkeit vorhanden wäre, daß der in seinem Rechte gekränkte Staat von einer noch stärkeren Faust gepackt und zu Bo - Leu geworfen werden könnte, daß er auch äengerechten" Krieg verlieren und damit seine Unab­hängigkeit, ja seine Existenz riskieren könnte! Die Po­litiker vom Schlag der Braunschweigischen Landeszeitung scheinen eben nicht zu wissen, daß das Zeitwortschlagen" such ein Passiv hat, das heißt:geschlagen werden".

Aber nehmen wir einmal an: Es würde im Haag ein Völkerrecht angenommen, wodurch die Unabhängigkeit jedes gesitteten Volkes und die Unverletzlichkeit der Gren­zen garantiert würde, und nun siele es einmal den Fran­zosen ein, ein Stück Belgien annektieren zu wollen; die Belgier beschwerten sich beim Haager Tribunal, die Fran­zosen würden verurteilt, ihren Raub herauszugeben, sie weigerten sich dessen, wer sollte sie dazu zwingen?

Diese Frage kann verschieden beantwortet werden. Wan kann versuchen, die Voraussetzung zu bestreiten. Man kann sagen: Wenn das Rechtsbewußtsein, wie es in den Friedensfreunden lebt, auch in der französischen Volks­seele zu einer Macht geworden sein wird - und es ist tatsächlich schon heute auf gutem Wege dazu, so wird Frankreich nicht daran denken, sich einen Teil eines zi­vilisierten Volks gegen dessen Willen anzugliedern; es würde aber jedenfalls einem Urteilsspruch gegenüber dä­mm verzichten, eine etwaige Annexion aufrechtzuerhalten.

Sie feiern die Auferstehung des Herrn,

Den« sie sind selber auferstanden,

XuS niedriger Häuser dumpfen Gemächern,

Aus Handwerks- und Gewerbes-Banden,

A«S dem Druck von Giebeln und Dächern,

Uuö der Straßen quetschender Enge,

Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht

Wind sie alle aus Acht gebracht." <F«>m i.)

WsKN der IrLHüng Kommt.

R»««« vs« M ärgste re Bbbme.

(Fortsetzung).

lR«chdrn«k »erch«tk!-?

FerrbM «Hm a!us dem freien Stuhl neben Liselotte Sie gab ihm dir Hand und sagte ihm, daß sie ftrüe, ihn mal wiederzusehen. Die frische Winter­te der Straße hastete noch in seinen Kleidern, Und ein AryM frischer Nacer Luft schien von seinem freundlichen Heiteren, humorvollen Wesen auszugehen.

Nie zuvor Mao es Liselotte so ausgefallen, wie, vor- EWaft der stattliche, kerngesunde Vierziger sich neben den Alberen, mit Ausnahme Sarottis, tveit jüngeren Männern «Mm.hm. Mit seinen blühenden Gesichtsfarben, den wei­hen, Munden Zähnen hinter dem schwarzen Schnurrbart, > En leuchtenden braunen AugeN und seinem vergnügten 3«Len repräsentierte er trotz des leicht ergrauten Schlä- MHaares zwischen diesen bleichen, nervösen, blasierten Mgen Leuten, von denen man nicht wußte, ob man sie «HS junge Greise oder' greise Jünglinge bezeichnen sollte eigentlich als Element der Jugend.

Wenn Vikki so wäre," dachte Liselotte und blickte MH dem Bruder hinüber. Der schien das unbehagliche Hmermezzo vorhin vorläufig vergössen zu haben. Er W neben Fräulein Auguste und machte der niedlichen Witze, die ihrerseits nicht schlecht mit dem Sohn des Hall­st kokettierte, tvntend den Hof.

Nach Tisch zogen die Engländerin und der Russe sich «i ihre Zimmer zurück. Ribbeck und Viktor erklärten nM einen kleinen Verdauungsbummel längs der Fried- rWraße mach«: zu. wollen, und verabschiedeten sich. Die d Zurückbleibenden, Liselotte, Fendell und Sarotti, rück- lyr ihre Sessel an den Kamin, 'um noch ein wenig zu ftlchdern.

Ba» Gespräch drehte sich noch immer um Sarottis Er- ßMmg. KrnHM hatte, ein? gehörige Quantität seines

Man wird aber der Wahrheit näher kommen, wenn man erklärt: Die Entwicklung des Rechtsbewußtseins ist keine gleichmäßige. Das Bölkergewissen pflegt jedenfalls in den unbeteiligten Nationen viel deutlicher zu reden als in derjenigen, die da meint, ihrem nationalen In­teresse zulieb einen Rechtsbruch begehen zu müssen. Die unbeteiligten Völker sind aber das lehrt uns die neueste Geschichte wenn sie von ihren Regierungen nicht geknebelt werden, jederzeit bereit, den Rechtsbrecher in seine Schranken zurückzuweisen. Hätte man die europäischen Völker zu Zeiten des Burenkrieges machen lassen, sie hätten den Engländern ein donnern­des hands off entgegengeschleudert. Dasselbe würden sie in einer künftigen Zeit, in der man mit einer wesentlichen Verfeinerung des Rechtsgefühls wird rechnen müssen, in noch höherem Maße tun. Die realistisch Denkenden unter den Friedensfreunden rechnen nun zunächst mit diesen sehr mächtigen Imponderabilien, wie sie in der mit elemen­tarer Gewalt auftretenden Volksstimmung gegeben sind, und bauen daraus den Gedanken auf, daß sich das ge­sittete Europa um das Panier der Rechtsidee auch mit den Waffen in der Hand zusammenschließen werde. Es muß deshalb nicht notwendig zum bewaffneten Zusammen­stoß kommen, da vielmehr zu erwarten ist, daß der be­drohte Staat angesichts der gegen ihn mobilisierenden zehn­fachen Uebermacht nachgeben wird, ehe es zum Schlagen kommt. So haben die Genfer nachgegeben, als die schwei­zerischen Bundestruppen mit dem Einmarsch drohten, so würde Württemberg nachgeben, wenn das übrige Deutsch­land es einmal für nötig hielte, eine Bundesexekution gegen diesen einen Bundesstaat in Szene zu setzen. So würde künftig Frankreich nachgeben, wenn es in irgend einen Streitfall das verbündete Europa - auf der Gegenseite sehen würde.

Daß man heute leider noch mit dem verunrei­nigten Europa rechnen muß, mag der Braunschweigi­schen Landeszeitung zunächst zugegeben werden. Immer­hin unterschätzt sie die Möglichkeit der heute schon vor­handenen Unionstendenzen. Dasvereinigte" Europa hat auch in Makedonien einst nichts erreicht. Der Beherr­scher der Gläubigen hat nach einigem Widerstreben nach­

gutmütigen Humors an diegroße Sache" des Italie­ners verzapft; jetzt wurde er mit einemmal ernst.

Apropos, Doktor, Sie könnten uns ein Fläsch­chen von Ihrem Elexier der Humanität dedizieren, nur eine Kostprobe, wissen Sie. Muß ein hübscher Nerven­kitzel sein, das Bewußtsein, den Freund am letzten Ende, den Erlöser- aus allen Nöten irr greifbarer Nähe zu haben."

Aber, Herr Fendell, Ihnen stehen so düstere Anwand­lungen gar nicht," meinte Liselotte.

Nicht? Nun, Gott sei Dank, ich inkliniere auch nicht sehr dazu."

Können Sie überhaupt den Selbstmord begreifen und entschuldigen? Ich nicht."

O doch, es gibt Lebenslagen

Zum Beispiel?"

Zum Beispiel, ich verlöre mein Vermögen, mein Geschäft fallierte, man wagte es, mit einem Schein von Recht meine Ehre anzutastcn." Dann würden Sic mit fri­schen Kräften den Wiederaufbau beginnen"Ich danke, dazu wäre ich inzwischen zu alt geworden. Nein, in diesem Falle zöge ich es vor, geräuschlos von der Bildfläche zu verschwinden."

Das nennt man Fahnenflucht, ich hätte Ihnen mehr Kraft zugetraut," sagte Liselotte unwillig. Zum ersten­mal fand sie dis Anschauung ihres Freundes ein wenig vulgär.

Fendell lachte. Dann wandte er sich wieder Sa­rotti zu.

Ich betrachte derartige Erfindungen immer zuerst vom Standpunkt des Geschäftsmannes aus. Und, von diesem Gesichtswinkel aus gesehen, halte ich, aufrichtig j gesagt, Ihr Gift für keine berühmte Sache, lieber Dok­tor. Sie werden schwerlich viel Seide dabei spinnen. Sie hätten etwas anderes erfinden müssen, ein untrügliches Teintverbesserungsmittel, eine neue Hühneraugentinktur, ! ein hervorragendes Mundwasser, kurz, etwas, das alle ? Welt kauft, aus dem sich etwas machen läßt. So etwas !

bringt Geld; Ihr Gift dagegen-Ich habe mich l

nie an alchymistischen Träumen belauschen können", er- ! widerte der Italiener ernst,wozu rl Gold? Mir ge- l nügt es, wenn ich soviel habe, um m. ne schlichten Be- ! dürsnisse bestreiten zu können. Das Geld ist aer schlimmste ! Feind des Menschen. Leider Gottes ist viel zu v- j von ^ dem roten Metall im Umlauf. Es hat seinen Wert ver- ! koren und au Macht g«Wonne: kus dem guten necht s

gegeben und eine europäische Polizei in seinen Kernpro- vinzen zugelassen. Und daß es eben in Algeciras nicht zum Krieg aller gegen alle gekommen ist, das beweist gerade die Stärke der Verbindungsbrücken, die von einem Volke zum andern hinübersühren; sie sind einer gewalti­gen Belastungsprobe unterworfen worden und sind doch nicht gebrochen. Was aber noch nicht ist, kann werden. Was würde denn in den Vereinigten Staaten von Nord­amerika geschehen, wenn etwa der Staat Ohio einem Be­schluß des Kongresses widerstrebte? Im äußersten Not­fall würde die Gesamtheit der andern Staaten diesen ei­nen zur Raison zu bringen wissen. Ohio ist aber ge­scheit genug, es nicht zum äußersten kommen zu lassen. Dasselbe Schauspiel würde sich in unserem alten Erdteil wiederholen, wenn unsere Staaten zwar nicht zuver­einigten" sich zusammenschlößen, aber doch zu verbünde­ten Staaten Europas, und wenn sie ihre Heere zu einer das Recht schützenden Polizeimacht umwandeln würden. So wären sie jederzeit imstande, mit der Anwendung der Exekution zu drohen. Zur Anwendung brauchts darum ja noch lange nicht, vielleicht auch nie zu kommen.

Anm. der Red.: Die hier erörterte Frage ist u. E. viel weniger konrpliziert, als manche Gegner der Frie­densbewegung meinen. Es gibt ja Herren, die meinen, diese ganze Bewegung mit der Frage:Wer verschafft dem Spruch des Haager Schiedsgerichts Geltung?" von oben- herab abtun zu können. Die Frage setzt die Annahme einer allgemeinen und völligen Abrüstung voraus. Bis dahin hat es aber noch gute Wege; und die Sitten und Auffassungen, die fortgeschritten und stark genug sein wer­den, die allgemeine Abrüstung herbeizuführen, werden dann wohl auch eine allgemeine Anerkennung des internatio­nalen Schiedsgerichts und seiner Urteilssprüche herbeifüh­ren können. Abgesehen davon, daß der Anreiz zu Er­oberungen wegfallen wird, wenn keinen Eroberungsar­meen da sind und davon, daß angesichts der zahllos verästelten Weltwirtschaft und der von ihr bedingten in­ternationalen Beziehungen und Zusammenhänge, die bis dahin noch viel intensiver und zahlreicher sein werden, kein Staat ungestraft die allgemeine Stimmung gegen sich herausfordern könnte.

ist ein scheußlicher Despot geworden, der die Knute übe« seine Kreaturen schwingt, die da vor ihm rutschen und katz- buckeln. Alles Elend der Gegenrüart, die ganze trau­rige Dekadenz unserer Zeit rührt von dem Üeberfluß an Geld her. Mir ist es gerade, als stünde die Welt lwut- zutage im Zeichen eines ewigen Herbstes. Neberall Ver­fall, Niedergang, Entnervung, Schlafffheit, Mangel an sittlicher Kraft u nd Charakter. Es gibt gar keinen richti­gen Frühling mehr. Selbst die Kinder sind schon Opfers des allgemeinen geistigen und körperlichen Verfalls. Dass macht die weichliche Erziehung und das Beispiel der Al­ten. Und das Grundübel all dieser unerfreulichen Zeit- erscheinnngen? Man will nicht mehr arbeiten. Dia Bitte ums tägliche Brot und das Genügenlasscn am täg­lichen Brot sind aus der Mode gekommen. Auf der ei­nen Seite die atemlose Hetzjagd nach Gewinn und auf des anderen die ebenso unermüdliche Sucht, das Gewonnene

zerrinnen zu lassen. --Doch verzeihen Sie, ich

bin weit von unserem Gesprächsthema abgeschwenkt, ich muß noch arbeiten. . . Tie gewünschte Kostprobe können Sie sich gelegentlich in meinem Laboratorium holen, Her» Fendell. Gute Nacht, meine Herrschaften."

Die beiden am Kamin blickten eine Weile stumm! ins Feuer. Liselotte seufzte leise.

So ein Ätachtwächter. So'n alter Tropf. Sanzk sich selber voll misanthropischer Galle zwischen seinen Giftigeln . . . Wie geht's der Frau Mama, Fräulein Li­selotte?" Das Mädchen seufzte wieder.Immer das­selbe Lied Tic Aerzte wissen nichts mit der Krankheit anz'usangen und suchen die Mängel und Uebel in einer vollständigen Nervenzerrüttung. Dabei siecht sie zusehends hin. Seit vorgestern liegt sic ganz zu Bett. Und dann das Heimweh, die Sehnsucht nach der Heimat, nach dem- Rhein. Wen man nur bestimmt wüßte, daß die schmerz­lichen Gefühle, welche ein Aufenthalt in der Heimat in ihr erregen müssen, nicht sin der beabsichtigten Wirkleng ganz entgegengesetztes Resultat zeitigten. . ." Liselotte sah sehr bekümmert ans. lind da sie einmal daran war, ihr Herz zu : .leichtern, vertraute sie dem Freund alle Sor­gen an, deren größte neben der Mutter Leiden Viktors Leichtsinn und seine Verschwendungssucht tvar. Vor Zelt­bett hatte sie keine Geheimnisse. Sie kannte seine auf­richtige Gesinnung >nd schätzte seine Ratschläge. Kopf­schüttelnd hört« et- zu.

(Fortsetzung folgt.)