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mit Erzähler vom Schwarzwald.
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Amtsblatt für die Stadt lvildbad.
Verkündigungsblatt
der Rgl. Zorstämter wildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. mit
amtlicher ^remdenliste.
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Nienstag, den SS. März
1907 .
Nie Asknnft der Pemokralie in Neutschkand
(Schluß.)
Die Sozialdemokratie steht den moralischen jMüe rangen grundsätzlich, sowohl was die Bildung des NolkSivillens «als auch was die Schaffung der Mittet zur OMendmachnng dieses Volkswillens betrifft, sympathisch gegenüber. Aber in der Praxis entspricht ihre Tätigkeit »leffach keineswegs ihren Grundsätzen. Die taktischer: Fraßen werden durch sie oft in einem der: freiheitlichen Bestrebungen wenig forderlichen Sinne gelöst, und insbesondere Inun ihr der Borivnrs nicht erspart werden, daß, während ffe die bürgerlichen Liberalen der Lauheit und des Ver- «res an der: Volksrechte» bezichtigt, sie selbst zur Verwirklichung der wesentlichsten politischen Freiheiten, insbesondere der Trennung von Kirche und Staat und der Laisierung des Unterrichts, sehr tvenig tut. Es berührt deshalb etwas seltsam, wenn Herr Jan res hier seinen deutschen Parteigenossen den Rat erteilt hat, die Liberalen «aff die Probe zu stellen und ihnen vorzuschlagen, „alle,Parteien des Obskurantismus" zu bekämpfen, die „Laienfrei- Keit der -aller Konfessionen ledigen Schule" und die „Trennung von Staat und Kirche" zu sichern, wogegen die Sozialdemokraten den Liberalen „mit der ganzen ungebrochenen Kraft des Proletariats" l>elfen sollten, die „Anstürme der Reaktion" Zu bestehen. Der Augenblick für dieses Exenr- M aus die Probe" ist zum mindesten nicht sehr günstig gewühlt. Die Sozialdemokratie hat das möglichste getan Um ihre eigene Kraft und die der Demokraten zugunsten der Reaktion zu mindern; sie hat den gefährlichsten Femd der politischen Freiheiten, den Klerikalisnrus, gc- Drkt -und sogar den „Antiklerikalismns" derjenigen bespöttelt, die in richtiger Erkemcknis der Zustände im Deutschen Reich aus der Kräftigung des Zentrums ein Anwachsen aller reaktionären Strömungen erwarten.
Die Liberalen könnten mit mehr Recht die Borhalte von Fanreg den Sozialdemokraten gegenüber machen und ihnen sagen: „Zeiget ihr doch selbst einnial, daß es euch ernstlich darum Zu Mn ist, „alle Parteien des Obskurantismus" zu bekämpfen, beweist durch die Tat, daß ihr die Gegner der Lehr- und Lernfreiheit, der Gewissensfreiheit und Geiftessreilxeit unschädlich machen wollt, an uns soll es' nicht fehlen, nach Mästen dazu beizutragen." Es ist mix schon oft in Versammlungen seitens sozialdemokratischer Redner bestätigt worden, daß auch die Sozialdemokratie die Schulfrage als die nächtigste erachte, und daß eine Reform auf diesem Gebiete für die Demokratisierung Deutschlands entscheidend und unerläßlich sei: und wo sich Gelegenheit bot, für die gemischte 'Schule Stellung zu nahiiien, hat sich auch die Sozialdemokratie konsequent gezeigt: sie Pflegt aber solche Gelegenheiten nicht anfzn- fuchen und überläßt es im Gegenteil den Liberalen und Demokraten wie sich speziell in Elsaß-Lothringen gezeigt hat, die Initiative zu ergreifen, ja man hat sogar den Eindruck gewonnen, daß der Sozialdemokratie das Aufwerfeu dieser Frage gar nicht bequem ist. Warum? Weil dadurch das Anbändeln mit dem Zentrum zu den gelegentlichen Koalitionen gegen die Liberalen erschwert tvürde.
Die Sozialdemokratie übersieht bei ihrem Vorgehen, daß auch ihre sozialen Ziele nicht erreicht werden können, solange nicht durch Erkämpfung der politischen Freiheiten die Instrumente geschaffen sind, die zur Durchführung des in ihrem Sinne beeinflußten Polkswillens unentbehrlich sind: und doch muß sie selbst die Empfindung haben, daß gerade der Kampf um die vom Zentrum vorenthaltenen demokratischen Einrichtungen im Unterrichtswesen beim Volke größeren Ankkang finden würde als die klassenbe- rvußte Bectretnng der Ideale eines Zuknnftsstaates, über dessen Konstruktion sie es im allgemeinen vermeidet, nähere Angaben zu machen. Zn Wahlversammlungen nimmt sich ihre Agitation für demokratische Ziele im allgemeinen recht „bürgerlich" aus. Neben den Forderungen, die auch die denrokratffchen Programme bürgerlicher Kandidaten aufweisen, wird allenfalls von der „Bergesellschaftlichung der Produktionsmittel" gesprochen, wobei zu beachten ist, daß der überwiegende Teil der Zuhörer und oft der Redner selbst gar keine Ahnung davon haben, was eine „Vcrge- sellschäftlichung" ist, oder was man sich alles unter einem „Produktionsmittel" vorstellen soll. Zur Beschwichtug- uug ängstlicher Besitzenden wird auch in der Regel hinzu- gcfügk, daß es sich nicht um „Teilen" handelt, wie verleumderischerweise von den Gegnern behauptet werde; und doch ist die Expropriation der Produktionsmittel inhaltlich gerade ungefähr das, was die Wähler landläufig unter dem „Teilen" begreifen.
Solange die Sozialdemokratie nicht erkannt hat, daß es ihr aus eigener Kraft in absehbarer Zeit nicht gelingen uuw. die zur Erreichung ihrer Ziele notwendigen verfas- jktngsmäßigen Institutionen zu schaffen, und daß ihr eine den; Wesen, der Demokratie so entgegengesetzte Partei wie
das Zentrum nicht dazu behilflich sein kann, inuß man die Hoffnung aufgeben, daß die demokratischen Bestrebungen durch die Tätigkeit der Sozialdemokratie eine vor reaktionären Rückschlägen gesicherte Förderung erhalten könnten. Die Demokraten müssen daher ihre nächste Aufgabe darin erblicken, unter den bürgerlichen Elementen rufklärend zu wirken und insbesondere die Liberalen davon zu überzeugen, daß nur eine radikale bürgerliche Linke imstande sein wird, das Terrain zurückzugewinncn, das den Liberalen im Laufe der Jahre verloren gegangen ist, weil sie die Betonung der bürgerlichen Freiheiten und die Vertretung bürgerlicher fortschrittlicher Programmpunkte allzu oft gegnerischen Parteien überlassen haben. Die gegenwärtige politische Konstellation im Reichstage bietet den pereinigten Liberalen zweifellos Gelegenheit, liberalen Grundsätzen mehr Beachtung zu verschaffen, als es seit Gründung des deutschen Reiches jemals der Fall gewesen ist. Von der Ausnützung dieser Stellung zur Erlangung der von den liberalen Wählern ersehnten Volksrechte Und Bolkssreiheiten wird die Zukunft der Demokratie in Deutschland zum großen Teil abhängen.
Die Lage bietet aber große Gefahren, die man sich nicht verhehlen darf. Wenn der Liberalismus sich damit begnügen wollte, mir zu verhindern, daß nicht reaktionär regiert werde, ohne wus positiven, demokratischen Fortschritten zu bestehen, so würde er sich bald einen großen Teil seines jetzigen Anhanges verscherzen. Wird die von den vereinigten (Links)-Liberalen ausgestellte Forderung verantwortlicher Reichsministerien zielbewußt verfolgt, so kann darunter vernünftigerweise wohl nur die Einführung eines wirklichen parlamentarischen Regimes verstanden werden. Sollen die Minister vor dem Parlament verantwortlich sein, so hat aber das Parlament einen wenigstens mittelbaren Einfluß auf ihre Ernennung Und Entfernung aus dem Amte. Auf diese Weise ließe sich alsdann die Wirkung erzielen, daß tatsächlich im Snne der Volksvertretung regiert werden müßte. Ohne eine einschneidende Verfassungsänderung wird es aber kaum gehen; über die Verfassung ist nichts Umvandelbares, sie ist schon mehr als einmal in wichtigen Punkten geändert worden; und wenn die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung von der Volksvertretung erkannt ist, so stehen ihr auch nach der jetzigen Verfassung gesetzliche Mittel zu, dieselbe nötigenfalls auf friedlichem Wege zu erlangen. Allerdings gehört dazu der feste Entschluß, die vorhandenen Rechte auch energisch ansznüben und auch vor dem Recht der Bndgetverweigernng gegebenenfalls nicht zn- rückzuschrecken.
Dieses Recht bildet das Korrelat zu dem den Bundesregierungen zustehenden Rechte der Auflösung des Reichstags... In seiner Ausübung läge die'Einladung^ das Volk zum Richter über die zwischen Regierung und Volksvertretung entstandenen Differenzen zu machen. Nach der großen Beliebtheit, deren sich das „Volksgericht" neuerdings auch bei dun Regierungen erfreut, würde ein Anrufen dieser höchsten Instanz jedenfalls allgemein befriedigen.
Die Liberalen dürfen nicht vergessen, daß die Regierung sich ausschließlich aus Konservativen zusammen- setzt, von denen eine liberale Politik nie ansgeübt werden kann, wenn auch ab und zu liberale Freundlichkeiten gespendet werden sollten. Daran würde auch der Umstand nichts ändern, daß der eine oder andere mehr oder weniger liberale Politiker in die Regierung berufen würde. Dieser in der Regierung isolierte Liberale würde bald reaktionärer werden als seine Kollegen und vor allem darauf bedacht sein, sich seinen liberalen Ursprung verzeihen zu lassen. Beispiele vvn solchen Wandlungen hat man schon mehrfach erlebt. Die Teilnahine des Volkes an der Regierung kann nur durch einen gründlichen Wechsel des Systems herbeigeführt werden. An dieser Umgestaltung zu arbeiten, ist die vornehmste Pflicht aller derjenigen, die der Ankunft der Demokratie auch die Zukunft der Kultur in Deutschland erblicken.
Außkaud» ..Wiedergeöurt".
Mit einem ungewöhnlichen Aufwand von großen Worten und Versprechungen ist der Ministerpräsident Stoly - p i n Unlängst vor die zweite Duma getreten. Die Verlesung seiner Erklärung nahm nicht weniger als U5 Minuten in Anspruch. Schon die Länge der Regiernngsknndgeb- ung läßt es ganz ausgeschlossen erscheinen, ' - die in ihr aufgezählten Reformen im Laufe einer Sitzung ruh nur in Angriff genommen, viel weniger durchgeführt n» eoen können. Wenn sich im deutschen Reichstage Graf Pv- sadowsky über den Lawinensturz von Am ägen beklagte, so hat die russische Duma noch viel : Grund, dem
Lawinensturz der Stolypinsche Reform, - zu miß
trauen. Die russische Regierung will zu vn ns einmal; f
sie hat von vornherein die Vernrutuug gegen sich, daß, sie nichts ernstlich will.
Es sind Schaub rote, die Stolypin der Dums zeigt; gut anzusehen, aber nicht zu essen. Und diese lockenden Gaben sind nicht zum ersten Male dem russischen Volke vor Augen geführt worden. Man kennt sie längst als die bewährten Ladenhüter der Reaktion; sie kommen immer wieder, wenn die rassische Regierung Farbe bekennen muß. Wie lange soll schon die Glcichberechtig- nng aller Bevölkerungsklassen verwirklicht werden! Wie oft ist schon die Gewissensfreiheit, die Wahrung des Briefgeheimnisses versprochen worden! Immer und immer tvie- der hat man den russischen Bauern vorgespiegelt, daß ihr Landhunger gestillt werden soll. Die Person soll unverletzlich sein, die administrative Verbannung soll abgeschafft, die Justiz soll reformiert werden. Die Arbeiter sollen volle Bewegungsfreiheit einschließlich des Streikrechts erhalten, sollen gegen Krankheit Und Invalidität versichert, ihre Frauen und Kinder sollen gegen die Ausbeutung ihrer Arbeitskraft geschützt werden. Auch die Eröffnung neuer A teu er quellen soll sich nach den Grundsätzen einer geläuterten Finanzpolitik vollziehen; man will beim Einkommen einsetzen und zugleich die Erbschaftssteuer reformieren.
Solche Und ähnliche Pläne hegte Herr Stolypin in seiner Seele. Auch ist er sich klar darüber, daß nur auf dem Wege der Verwirklichung der neuen Prinzipien die „Wiedergeburt des großen Rußlands" möglich ist. Das -mlles hat Klang, auch heute noch, wa die „neuen Prinzipien" durch -etwas zu häufigen Gebrauch bedenklich abgenutzt worden sind. Aber es ist ein leerer Schall, nichts weiter. Das weiß Herr Stolypin selbst; und vollends weiß es die Duma.
Vielleicht hätte trotzdem die programmatische Erklärung der russischen Regierung besser gewirkt, wenn sie schon, wie ursprünglich geplant war, Freitags zuvor hätte abgegeben werden können. Aber damals stürzte die Decke des Dumasaales im Taurischen Palais ein. Mochte es sich immer nur um einen bösen Zufall handeln, so demonstrierte doch dieser peinliche Zwischenfall aller Welt die grenzenlose Leichtfertigkeit der russischen Beamtenschaft vor Augen. Die Decke stürzte zu einer Zeit ein, als niemand inr Saale !var; aber hätte sich das Unglück wenige Stunden später ereignet, daun wäre mehr als die Hälfte der Mitglieder der Duma erschlagen worden. Es hat schon geringfügigere Ursachen gegeben, die große Wirkungen im Gefolge hatten. Der Deckenstnrz hat das ohnehin gespannte Verhältnis der Duma zur Regierung unheilvoll verschlimmert. Die Versammlung, die im Saale der Adelsvcrsammlung die Erklärungen Stolypins entgegennahm, war nicht mehr dieselbe, die am Freitag zuvor auf das Programm der Regierung wartete. Sie war geladen mit Mißtrauen und .Haß.
In den Worten des sozialdemokratischen Abgeordneten Zereteli brach sich dieser Haß mit elementarer Mast Bahn. Er stellte der Regierung, wie sie sein möchte, die Regierung gegenüber, wie sic ist. Er geißelte ihr Verleiten während der dumalosen Zeit, er warf ihr mit dürren Worten ihr Zusammengehen mit der Bande der Pogro- misten vor und er beantragte schließlich eine Resolution, die in der: schärfsten Ausdrücken das Mißtrauen gegen die Regierung ausdrückt.
Nun ging auch Stolypin aus seiner Reserve heraus. Er warf dir Opposition die Grobheit ins Gesicht, daß die Minister im Besitze der Macht seien. Wenn man der Regierung zurufe: „Hände hoch!", so antworte sie „Sie können uns keine Furcht einjagen!"
So wäre der Krach dagewesen, wenn nicht die Kadetten Partei kühles Blut bewahrt hätte. Diese Partei hat ans dem Schicksal der crgen Duma gelernt; sie will nicht reden, sondern arbeiten. Deshalb verzichtete sic ans den billigen Triumph, der Regierung die Wahrheit ins Gesicht zu schlendern. Sie biß die Zähne zusammen und schwieg. Kein Wort kam aus ihren Reihen über das Regierungsprogramm. Sie begnügte sich mit den: Anträge aus einfachen Uebergang zur Tagesordnung. Sie tadelt nicht, sie lobt nicht, aber sie geht mit dem Schwamm über die geschwollenen Tiraden der Regierungserklärung hinweg, als wären sie nie gewesen. Und sie hatte die Duma hinter sich. Mit großer Mehrheit wurde die einfache Tagesordnung angenommen.
Herr Stolypin mtte gesagt, was er angeblich will; jetzt muß er zeigen, was er wirklich kann. Die Lka- dcuen wollen sprechen, wenn er nicht mit allgemeinen Redensarten, sondern mit wirklichen Gesetzentwürfen kommt. Dann werden sie G > Kritik nicht schuldig blei- n. Mit einer solchen Mehrheu. wird die russische Regierung nicht so leicht fertig wcroen wie mit der ersten Duma.
ie muß jetzt (,a ?e bekennen. Ob die Wiedergeburt Pes roßen Rußland ars redlichem Wege möglich ist, das .veiß heute niemand; aber wenn sie kommen sollte, daun