Mannheim, das am Samstag eine imposante Ab­weh r kund g eb u n g gegenüber den Rheinzöllen gesehen hat. Hier hatten sich im Rosengarten etwa 300 Dele­gierte west- und süddeutscher Handelskammern und Städten zusammengefunden, denen sich noch eine große Anzahl sonstiger Interessenten zugesellten. Die l. württbg. Kammer war vertreten durch Geh. Hofrat Dr. v. Jobst- Stuttgart, die 2. Kammer durch B e tz - H e i l b r o n n, Dr. Elsas- Stuttgart, Schäffler-Heilbronn und Rechtsanwalt Storz - Heidenhcim. Ebenso wohnte Ober­bürgermeister Dr. Göbel-H eilbronn der Versamm­lung bei. Als Vertreter der Stadt Stuttgart war Stadlrat Matte» anwesend, der mit dem Geh. K.-R. L e n el - Mannheim und Dr. Bamberger-Mainz zu­sammen den Vorsitz der Versammlung übernahm. Neben einer Reihe anderer Parlamentarier war auch der demo­kratische Reichstagsabgeordnete O e s er-Frankfurt er­schienen.

Der erste Referent, Professor Laband - Straß­burg, erörterte die rechtliche Seite der Frage, indem er zunächst den Art. 54 Abs. 4 der Reichsverfassung einer Auslegung unterzog. Der Artikel lautet: Aus allen na­türlichen Wasserstraßen dürfen Abgaben nur für die Be­nutzung besonderer Anstalten, die zur Erleichterung des Verkehr» bestimmt sind, erhoben werden. Diese Abgaben, sowie die Abgaben für die Befahrung solcher künstlichen Wasserstraßen, welche Staatseigentum sind, dürfen die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung der Anstal­ten und Anlagen erforderlichen Kosten nicht übersteigen. Aus die Flößerei finden diese Bestimmungen insoweit Anwendung, als dieselbe auf schiffbaren Wasserstraßen betrieben wird, llm denselben richtig zu verstehen, ist sein Verhältnis zu dem vorausgehenden Satz des Abs. 3 klarzustellen. Der Gegensatz besteht nicht in einer Ge­genüberstellung der Seewasserstraßen und der Binnenge­wässer; auch ist im Abs. 3 kein entscheidendes Gewicht darauf zu legen, daß die Abgabenin den Seehäfen" erhoben werden, sondern er betrifft die von den See­schiffen und deren Ladungen zugelassenen Abgaben; folg­lich muß Abs. 4 die von der Binnenschiffahrt zu­lässigen Abgaben betreffen und zwar auch auf denjenigen Wasserstraßen, auf denen sowohl Seeschiffe als Binnen­schiffe fahren. Der Gegensatz zwischen den beiden Sä­tzen der Verf. besteht ausschließlich darin, daß von der Seeschiffahrt Abgaben für die Benützung von Schiff­fahrtsanstalten gestattet werden, ohne daß der Begriff der Schiffahrtsanstalten durch bestimmte Kriterien einge­schränkt wird, Absatz 4 dagegen nur für die Benützung besonderer Anstalten, die zur Erleichterung des Ver­kehrs bestimmt sind, Abgaben zuläßt. Der Gegensatz besteht also in der Unterscheidung von Schiffahrtsan- stalten und besonderen Schiffahrtsanstalten, und mithin muß das Wortbesondere" eine spezifische Bedeutung haben und kann kein bloßes spitRston orrmus sein. Art. 54 Abs. 4 unterscheidet ferner zwischen natürlichen und künstlichen Wasserstraßen, und es ist streitig, wie dieser Gegensatz zu verstehen ist. Für die Auslegung des Art. 54 Abs. 4 kommt es daher auf die Beantwortung der zwei Fragen an: Was sind besondere Schiffahrtsanstalten und was sind natürliche Wasserstraßen?

Was den Begriff der besonderen Schiffahrts- anst alten anlangt, so dient zur Erläuterung desselben einerseits die Reichsverf. von 1849, an deren Bestimm­ungen Art. 54 der R.-V. sich anlehnt, andererseits der Zollvereinsvertrag von 186567; in beiden werden die Anstalten einzeln aufgeführt, für deren Benützung Ge­bühren erhoben werden dürfen. In dem Ausdruckbe­sondere" Anstalten werden diese Anstalten zusammenge­faßt, wie dies bereits in einer Denkschrift des preuß. Ministeriums vom Oktober 1848 geschehen ist. Die Fass­ung des Artikels 54 lehnt sich auch sonst an diese Denk­schrift an. Begrifflich stehen die besonderen Anstalten im Gegensatz zum Fluß, zur Wasserstraße. Was zum Wesen derselben gehört, das Flußbett, die Fahrrinne, die User, die Wasserwelle, ist keine besondere Anstalt. Schleu­sen sind kein Teil des Flusses, sondern von der Wasser- Maße zu unterscheidende besondere Bauwerke. Dagegen sind Buhnen, Parallelwerke, Reinigung des Flusses von Schiffahrtshindernissen, Vertiefung der Fahrrinne nicht von dem Fluß selbst verschieden und daher auch keine besondere Anstalten, für welche Gebühren erhoben werden dürfen. Die Einteilung der Wasserstraßen in natür­liche und künstliche im Art. 54 Abs. 4 ist eine ab­solute. Es gibt kein Mittelding; denn die Verf. stellt für jede der beiden Arten einen anderen Rechtssatz auf und stellt sie dadurch in einen kontradiktorischen Gegen­satz. Die Verbesserung einer natürlichen Wasserstraße ist nicht gleichbedeutend mit einer Wasserstraße im Natur­zustände. Bei den deutschen Strömen ist trotz aller Kunstabuten kein Zweifel möglich, daß sie natürliche Wasserstraßen sind. Auch regulierte Flüsse sind na­türliche, ohne Unterschied, durch welche technischen Mittel die Regulierung erfolgt ist. Dies gilt auch von den , kanalisierten Flüssen; doch können auf denselben Gebüh­ren für die Benützung der Schleusen erhoben werden, was tatsächlich Befahrungsabgaben gleichkommt. Daher kann auch für die Benützung einer vertieften Fahrrinne eine Befahrungsabgabe nicht erhoben werden. Artikel 54 Abs. 4 beschränkt ferner die Gebühren der Höhe nach, indem sie die gewöhnlichen Herstellungskosten nicht über­steigen dürfen, und es erhebt sich daher die weitere Frage, was unter den gewöhnlichen Herstellungskosten einer Fluß­regulierung zu verstehen ist. Dafür, daß Befahrungs­abgaben durch Art. 54 Abs. 4 ausgeschlossen sind, fehlt es nicht an zahlreichen Zeugnissen aus der Zeit nach Errichtung des Nordd. Bundes und des Deutschen Reichs. Am bedeutendsten ist das Reichsgesetz vom 5. April 1886 über die Erhebung von Schiffahrtsabgaben auf der Un­terweser. Für den Rhein kommen außer dem Art. 54 der R.-V. die völkerrechtlichen Verträge in Betracht, und zwar die Friedensverträge Preußens mit Bayern, Hes­sen und Baden von 1866 und die Rheinschiffahrtsakte vom 17. Oktober 1868. Durch die Gründung des Reichs ist an der hierdurch begründeten gegenseitigen Verpflicht­ung, auf dem Rhein keine Abgaben zu erheben, welche sich lediglich auf die Tatsache der Beschiffung gründet, nichts geändert worden, weil diese Verpflichtung keiner Bestimmung der R.-V. widerspricht. Für die Elbe

schließen der Vertrag mit Oesterreich vom 11. Juni 1870 und für das Gebiet des ehemaligen Königsreichs Hannover der Vertrag vom 22. Juni 1861 Mer die Auf­hebung des Stader Zolles Befahrungsabgaben aus.

Die Frage, ob und auf welchem Wege Schiffahrts­abgaben erhoben werden können, hat, abgesehen von der Auslegung des Art. 54, eine weiterreichende staats­rechtliche Bedeutung. Nach Art. 4 Ziff. 9 erstreckt sich die Zuständigkeit des Reichs zur Beaufsichtigung und Gesetzgebung des Reichs aus die Fluß- und sonstigen Wasserzölle. Der Tendenz dieser Bestimmung läuft es zuwider, selbst wenn Art. 54 kein Hindernis bieten würde, durch partikuläre Maßnahmen eines Einzelstaates oder Vereinbarungen unter einzelnen Staaten den bestehenden Zustand abzuändern und die Organe des Reichs, Bun­desrat und Reichstag, zu umgeheu. Es wäre dies eine Verkümmerung des Reichsgedankens, ein Rückfall in die Zeiten des Staatenbundes. Da aber Art. 54 Befahr­ungsabgaben auf den natürlichen Wasserstraßen verbietet, so kann ihre Einführung erst erfolgen, nachdem durch ein Reichsgesetz Art. 54 abgeändert worden ist. Dies ist aber nicht möglich, wenn im Bundesrat 14 Stimmen dagegen sind. Allerdings kann der Bundesrat eine zwei­felhafte Bestimmung durch Majoritätsbeschluß auslegen; eine an sich klare Bestimmung der Verfassung aber für zweifelhaft zu erklären, um das Veto der 14 Stimmen auszuschließen, wäre eine Verletzung der Verfassung und müßte das Vertrauen zur Unverbrüchlichkeit derselben er­schüttern.

Als zweiter Redner führte Geh. Hofrat Prof. Dr. Gothein-Heidelberg sein ThemaDie Abgabenfreiheit des Rheins und die wirtschaftliche Entwicklung und Zu­kunft Südwestdeutschlands" an der Hand folgender Grund­züge aus:

1. Die nationalökonomische Frage nach den Gründen und Folgen der beabsichtigten Einführung von Schiffahrtsabgaben behauptet ihre Bedeutung neben der juristischen Entscheidung, was das geltende Recht und die Voraussetzungen seiner Abänderung sind. 2. Gründe, die zur Aufhebung der Schiffahrtsabgaben durch die Rhein­schiffahrtsakte und Reichsverfassung geführt haben: Not­lage der Schiffahrt, wünschenswerte Konkurrenz mit den Bahnen vor deren Verstaatlichung, allgemeine Ansicht von der Gemeinnützigkeit der Verkehrsmittel. 3. Erfolg der Abgabenfreiheit, Beginn einer Positionsänderung bei der preußischen Regierung seit der Eisenbahnverstaatlich­ung. G. Kohn, Ulrich, Schumacher. Die Kanalvorlage von den Freunden der Abgaben benützt. Innere Wi- sprüche in diesem Vorgehen und in den Aeußerungen der Minister. 4. Die theoretische Begründung der Abgaben auf Flüssen durch Ulrich und Schumacher als Gebühren. Die Abgabenfreiheit der Chausseen wird fälschlich aus de­ren höherer Nützlichkeit abgeleitet, während sie eher eine, allerdings berechtigte, Subvention an die Landwirtschaft ist. Falscher Vergleich der Wasserstraßen mit den Eisen­bahnen, bei denen Fahrbahn und Betrieb zugleich im Eigentum des Staates stehen. 5. Falsche Bemessung der Gebühren nach Tonnenkilometern muß sie als Binnen­schutzzölle wirken lassen. Diese Abgaben sind überhaupt keine echten Gebühren, da sie nicht von dem überwiegend erhoben werden, der den Nutzen hat, sondern von dem, den sie schädigen. 6. Erweis der Gemeinnützlichkeit der Wasserstraßen und der Berechtigung, sie als freies Nutz- gut aus dem allgemeinen Steuerfonds zu erhalten und zu verbessern. 7. Unzuträglichkeit einer Rheinschiffahrts­kasse, von der jeder sofort möglichst viel an sich zu reißen sucht: Machtlosigkeit eines Beirats der Interessenten. 8. Schumachers Hoffnung, daß die Abgaben der Wasserstra­ßen zur Ermäßigung der Wasserfrachten und zu einem allgemeinen Tariffrieden fübren werden, ist eine reine Utopie. Der Kampf der Bahn gegen die Wasserstraße bleibt vielmehr und ist sogar den kapitulierenden nieder­rheinischen Handelskammern in sichere Aussicht gestellt. In ihm fällt der Bahn die Möglichkeit zu, nach Ein­führung der Schiffahrtsabgaben zu transportieren: u) so viel sie will, b) was sie will, o) so teuer sie will. Sie kann die Wasserstraße nach Belieben zu ihrer Entlastung benützen, ohne von ihr wesentlich störende Konkurrenz befürchten zu müssen. 9. Die Trennung der Abgaben auf den verschiedenen Stromsystemen und ihre gesonderte Verwaltung kann nur vorübergehend sein. Die Ver­schmelzung der einzelnen Fonds muß bald eine Notwen­digkeit werden; dann aber hat der Rhein für alle an­deren mit gesteigerten Beiträgen aufzukommen. 10. Die Tarifhoheit des Staates, einmal festgestellt, führt not­wendig zu weiteren Erhöhungen, wie sie schon jetzt die Willkür in der Verteilung der Last auf die einzelnen Warengattungen mit sich bringen wird. 11. Einwirkung der Abgaben auf die Schiffahrt. Geringer Nutzen der­selben bei großer volkswirtschaftlicher Leistung. Die Schiff­fahrt. hat kein nennenswertes Interesse an der weiteren Vertiefung des Rheins, vielmehr bringt diese mannig­fache volkswirtschaftliche und technische Bedenken mit , sich. Verloren gehen muß der Schiffahrt sogleich der Stückgutverkehr, den die Bahnen bei ihrer bisher verun­glückten Tarifpolitik zunächst an sich zu ziehen suchen. 12. Bei welchen Waren ist eine Ueberwälzung der Ab­gaben vom Schiffer auf den Kaufmann, von diesem auf den Konsumenten möglich? 13. Den Niederrhein tref­fen die Abgaben wenig; sie gewähren als neue Binnen­zölle ihm sogar einige Vorteile vor dem Oberrhein. Diese werden aber illusorisch, sobald die Niederlande ebenfalls die Abgaben einführen. 14. Falsche Berechnung der Stell­ung Hollands seitens der Abgabenfreunde. Durch die Einführung der Schiffahrtsabgaben wird wieder alles in Frage gestellt, was Holland mühsam abgewonnen worden ist. 15. Stellung des Mittelrheins, wo die Abgaben zu­empfunden werden. Loyales und kluges Verhalten der Frankfurter. 16. Der Umfall Bayerns und seine Gründe. Falsche Rechnung seitens Baerns, dessen Interessen tat­sächlich wie die Württembergs ganz auf der Seite : der Abgabenfreiheit liegen. 17. Schwerste Schä- i digung der Volkswirtschaft des Oberrheins in allen seinen ! Teilen, Vernichtung der Reederei, schwerste Bedrohung ! seiner Industrie, ungünstige Verschiebungen in seiner Land­wirtschaft würden die Folgen der Abgaben sein. 18. Die agrarischen Interessen. Falsche Verurteilung des Ein­flusses der Abgaben im agrarischen Lager. 19. Die Be­

drohung des Transits und die Verschlechterung der han­delspolitischen Lage Deutschlands durch die Abgaben. 20 Gleiches Interesse der übrigen deutschen Wasserstraßen. Einstimmigkeit im Widerstand, abgesehen von den Weser­interessen. Gründe hierfür. 21. Politische Bedenken bei Verschärfung der Interessengegensätze durch tarifarische Be­günstigung eines Teiles Deutschlands gegenüber anderen. 22. Notlage für die oberrheinischen Regierungen und den süddeutschen Handel, die sie zu äußerstem Wider­stand veranlassen muß.

Der Redner, der wie sein Vorredner demonstrativen Beifall fand schlug sodann folgende Erklärun g, die mir allen lgegen eine Stimme (OMB. Schwander-Straßbnrg) angenommen wurde vor:

Die Abgabenfreiheit der Befahrung der natür­lichen Binnerrwasscrstraßen des Deutschere Reichs ist durch die R eich s v erfa ssun g allgemein, für Rhein und Elbe im besonderen, durch die bestehenden völkerrechtlichen Verträge ausdrücklich gewährleistet, kann daher ohne Abänderung der Reichsverfassung und der Verträge schlecht­hin nicht beseitigt werden.

Die zur Verbesserung der Fahrrinne der natürlichen Wasserstraßen aufgewendeten Summen sind vorbehalt­los bewilligt worden; auf dieser Voraussetzung beruhen sämtliche mit Rücksicht auf die Schiffahrt von Gemeinden und Privaten an diesen Wasserstraßen mit Aufwendung ungezählter Millionen geschaffenen kommerziellen und ideellen Einrichtung und Unterlagen, sowie die gesamte wirtschaftliche Entwicklung der von solchen natürlichen Wasserstraßen durchflossenen Gebiete mit ihrem Hinter­lande. Die Einführung von Schiffahrtsabgaben entzieht dieser Voraussetzung den Boden nachträglich durch Ab­gaben. Diese übrigens durch die gehobene Steuerleistung und durch Beförderung des Gedeihens und der Blüte des ganzen Landes längst wettgemachten Aufwendungen wie­der einbringen zu wollen, verstößt gegen Treu e -und Glauben und ist unzulässig und verwerflich.

Jede auch noch so geringe Abgabe wird eine sch were Schädigung der Schiffahrt auf den natürlichen Bin- ! nenwasserstraßen zur Folge haben, denn in allen Ver- ; kehrsbeziehungen, wo die deutsche Binnenschiffahrt mit an- ! deren Beförderungsmitteln im Wettbewerb steht, würde sie

- der deutschen Schiffahrt Transporte entziehen uyd ihren ; Aktionsradius verkürzen.

- Zum schärfsten Widerspruch würde auch die Form ? der geplanten Abgabeerhebung nach Tonnenkilometer he- ' rausfordern, da sie das Schwergewicht der Belastung dem

- oberen Stromgebiete aufbürden und dadurch ein­seitig Handel und Industrie dieser Gebiete und ihres na­türlichen Hinterlandes in ihrer Wettbewerbs- Und Aus- suhrfähigkeit auf das empfindlichste schädigen würde.

; Gegen die Einführung von Abgaben überhaupt ist um so entschiedener Einspruch zu erheben, als diese ausge­sprochenermaßen zur Durchführung a g ra risch-sch utz- zölln erischer Md anderer wirtschaftspolitischer Ab­sichten mißbraucht und der Verwaltung der maßgebliche Einfluß auf die Entwicklung des Gütertransportwesens nicht nur auf den Eisenbahnen, sondern auch auf dm Wasserstraßen eingeräumt werden soll.

Die Versammlung erhebt deshalb gegen die geplante Erhebung von Schiffahrtsabgaben laut Protest und rich­tet an die verbündeten Negierungen das dringende Ersu­chen, dem Antrag auf Einführung von Schiffahrtsabgaben auf den natürlichen Wasserstraßen ihre Zustimmung zu versagen.

In der anschließenden Diskussion gab Stadtrat Tr. Koch-Dresden seiner besonderen Befriedigung über die Kundgebung Ausdruck und erklärte, die sächsisch« Staatsregierung werde sich in ihrem Widerstande nicht einfchüchtern lassen, ungeachtet der starken diploma­tischen und auch juristischen Einwirkungsversuche.

Direktor Knecht-Mannheim kommt auf die bisher schwankende Haltung der niederrheinischen Handels­kammer Duisburg zu sprechen und deutet an, daß man von der Kammer demnächst eine bestimmte Erklär­ung gegen die Schiffahrtsabgabe erwarten dürfe.

Aehulich bekundet Dr. Behrend- Magdeburg seine Sympathie; das Werk von Peters liege durch die heuti­gen Ausführungen Labend's zerpflückt am Boden. Man möge aber auch der po litis ch e n Seite der Frage sein Augenmerk zuwenden und vielleicht an den Reichstag appellieren, der in seiner heutigen Zusammensetzung mehr Aussicht als früher auf ein erfolgreiches Einwirken bietet.

Weiter sprechen noch zustimmend der frühere Stroin- buudirektor Geheimrat Berring-Koblenz und die Ver­treter der Handelskammern von Dresden und Mainz.

Der Wucht dieser Protestkundgebung werden sich auch die Abgabefreunde, die auf der Versammlung ebenfalls durch führende Persönlichkeiten vertreten waren, nicht ent­ziehen können.

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! Der Zeuge von Pöplarrs Gnaden. Matthias Erzberger, der am Samstag in dem Prozesse tz- lau in Berlin als Zeuge vorgeladen war, hat dort eine schlechte Figur gespielt. Er verweigerte zunächst die Aus­sage, indem er sich auf den Jmmunitätsschutz, auf das verfassungsmäßig verbriefte Recht des Reichstags berief. Er stellte sich in Positur und sprach wie ehedem der Mönch von Wittenberg: Hier stehe ich, ich kann nicht anders! Und er blieb dabei, als man ihn mit 100 Mark Geld- strafe belegte und er blieb sogar standhaft, als man ihn . mit Zeugniszwangshaft drohte. Als aber der Ge­richtsdiener den Befehl erhielt, den Zeugen abzuführen, da begann der Verteidiger des Reichstagsrechtes zu wan- , ken und wie einer, der aus einer großen Not errettet ist,

; griff er zu dem Strohhalm, den ihm der Angeklagte Pöplau reichte. Dieser entband ihn der Schweige­pflicht und Herr Erzberger redete nun und redete: Hier stehe ich, ich kann auch anders! Das Gericht nahm nun den Haftbefehl zurück, es vereidigte Erzber­ger aber nicht, da es ihn der Mittäterschaft für verdächtig hielt. Die Ordnungsstrafe von 100 Mark bleibt bestehen. Das ist das klägliche Ende des Liedes, schreibt die Nationalzeitung: Aus der Tragödie ist plötzlich das Satyrspiel geworden. Wir hatten bisher noch ge- ' glaubt, daß Herr Erzberger um das Prinzip der Im-