teil erst dann sich bilden können, wenn die Vorlage einge­macht sei. Im Ganzen biete der Etat ein freundliches Bild, doch sei in einer gesunden Finanzpolitik Vorsicht und Gleich­mäßigkeit geboten. (Beifall.)

Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker: Das Pro­gram in der Thronrede sei ein Arbeitsprogramm. Es habe tvohl kein Anlaß Vorgelegen, der Krone vorzuschlagen, parteipolitische Saiten in einer Thronrede zu berühren. Auch die Programme der Parteien seien bei den Landtags- Wahlen auf einen praktischen und nüchternen Ton ge­stimmt gewesen. In den letzten Jahren sei eine Reihe von wichtigen politischen Gesetzen zur Verabschiedung ge­langt. Zur Zeit liegen nun für den Landtag so zahlreiche einschneidende Fragen nicht vor. Damit soll jedoch nicht gesagt sein, daß das politische Programm der Regierung, wenn loir von einem solchen sprechen wollen etwa voll­ständig erschöpft wäre. Die moderne Zeit bringe fast mit jedem Tag neue Fragen und die Regierung werde sich der Erörterung und dem Handeln diesen Fragen gegenüber keineswegs entziehen. Er bitte, das in der Thronrede gebrauchte Wortfortschreitend" im Auge zu behalten. Im übrigen werde aber nötig sein, den großen Reform­werken der letzten Jahre eine gewisse Zeit zu ihrer Ent- wicklnng zu gönnen. Ein Wechsel in der politischen Stell­ung des Staatsministeriums sei durch bie Aenderung in her Zusammensetzung des Staatsministeriums nicht ein­getreten; die neu eingetretenen Mitglieder seien auf den 'Hoden getreten, auf dem ihre Kollegen schon bisher stan­den. Es sei zu erwarten gewesen, daß der Abg. Liesching der Staatsregierung nunmehr ein reiches Programm dessen vorgeführt hätte, was sie hätte sagen sollen, was sie hätte tun sollen Die Regierung finde im Grund genommen bei den Abgeordneten dieselbe Situation vor, in der die Re­gierung sich befinde. Die drei Punkte, welche die Re­gierung in der Thronrede nicht berührt hat, sind nicht ohne Hrund unerwähnt geblieben. Bezüglich der Betriebs­am t t e l g e me i n s ch a f t wäre es erfreulich gewesen, wenn hier hätte erklärt werden können, die Frage befindet sich ui einem guten Fahrwasser, aber es müsse offen ausge­sprochen werden, daß das im Augenblick nicht der Fall sei. "Hört! Hört!). Tie Frage der Neckar sch iss ahrt befinde sich im Augenblick in einem Stadium, das eine Aeußerung hierüber in der Thronrede durchaus nicht ge­stattete. Der Voranschlag der Neckarkanalisation von Mannheim bis Heilbronn belaufe sich auf 25 Mill. Mk. ohne Hafenanlage in Heilbronn. Man fei davon ausge- gangen, daß dafür Schiffahrtsabgaben erhoben werden müs­sen und habe dafür 0,42 Pfg. für den Tonnenkilometer angesetzt) Die neuesten Vorschläge gehen von durchschnitt­lich 0,04 Pfg. aus aber für den ganzen Rhein; dabei würde die Industrie immer noch besser fahren als bei 0,42 Pfg. nur auf dem Neckar. Der dritte Punkt, den der Abg. Liesching erwähnt habe, betreffe die Schulfrage. Solange er (Redner) die Ehre habe, an der L-Pitze der Regierung zu stehen, werde die Staatsregierung auf die­sem Gebiete gewiß nicht hinter diejenigen Vorschläge zu­rücktreten, die in der Volksschulnovelle enthalten waren. Davon sej gar keine Rede (Bravo!) Wenn man diese Frage für die Thronrede noch nicht als spruchreif an­gesehen habe, so fei es deshalb geschehen, weil man erst sehen wollte, wie die parlamentarischen Verhältnisse sich gestalten. Wir wollten Fühlung nehmen, betonte der Mi­nisterpräsident weiter, wir hatten den Wunsch, diese Frage ohne zu heiße Erregung, ohne zugroße Gegensätze erledigt zw sehen. Deshalb halte er im Interesse der Sache es dringend geboten, daß man zunächst die Entwicklung der politischen Lage abwarte. Die Regierung aber werde in denjenigem Moment, den sie für die den richtigen erachte, auch auf die Schulfrage mit Entschiedenheit zurückkommen. (Beifall).

1. Vizepräsident Dr. v. Kiene: Er wolle auf das Gebiet der Wahlen nicht eingehen, zumal das Zentrum mit dem Ausfall der Wahlen sehr zufrieden sei. (Heiter­keit). Es sei notwendig, und er sei mit der Volkspartei darin einverstanden, daß der Etat in einem modernerem Gewand und übersichtlicher vorgelegt werden solle. Das Bisd des Etats sei diesmal erfreulich, habe aber auch dunkle Striche. Bis zum Ende der Finanzperiode werde die Staatsschuld auf 600 Millionen angewachsen sein. Im Staatshaushalt sei gewissenhafte Sparsamkeit not­wendig. Die Exigenzen zur Hebung des Klein­handwerks seien zu begrüßen. Trotz des vielfach an- gefeindetcn Zolltarifs stehe man in einer Zeit wirt­schaftlichen Aufschwungs. Auch die Landwirtschaft habe nun wieder annehmbare Erträge. Deutschland müsse asf eine starke Landwirtschaft und auf eine starke Industrie sich stützen können; es wäre geradezu ein nationales Un­glück, wenn Deutschland ein reiner Industriestaat wer­den würde. Die in Aussicht stehende Aufbesserung der Beamten sei ein Gebot d?r Notwendigkeit nicht blos für die Arbeiter und unteren Beamten, sondern auch für die mittleren und oberen Beamten. Redner äußert sodann seine Befriedigung über die Vorlage einer neuen Bauordnung und bespricht eine Reihe weiterer der in Aussicht stehenden Entwürfe. In der Frage der Land­wirtschaftskammern sei das Zentrum für Schaffung meh­rerer solcher Kammern. Das Zentrum lege hinsichtlich des Eisenbahnwesens das größte Gewicht auf die Erhalt­ung der württ. Eisenbahnhoheit, denn sonst bekäme Würt­temberg schon mehr den Charakter einer Provinz. Die Landeskarten solle man bis 1. März 1908 ausgeben. Was die Schulfrage anlange, so betone er, daß das Zentrum stets auf der Wacht sein werde, wenn an dem Grund- und Eckstein der konfessionellen Volksschule gerüttelt wer­den solle. (Beifall im Zentrum.)

Minister des Innern Dr. v. Pischek betont, daß er sich zu den Fragen äußern werde, die in sein Ressort Anschlägen. Die Kanalisierung des Neckars er­scheine wünschenswert. Die Vorarbeiten hierfür seien aber noch nicht abgeschlossen. Bezüglich der Schiffahrtsabga- bcn sei von unseren Technikern eine Abgabe von 0,42 für den Tonnenkilometer befürwortet worden zur Verzinsung der Kosten des Kanalbaues. Die Vorschläge Preußens gehen auf dem Rheingebiet auf 0,04 Pfg. für den Tonnenkilometer. Die Industrie würde bei den von Preußen vorgeschlagenen Schifsahrtsabgaben billiger fah­ren, als wie bei der in der württ. Denkschrift befürwor­teten Neckarkanalabgabe. Die neue Wegordnung stelle

t eine vollständige Umarbeitung der seitherigen dar, sie t I könne aber erst später eingebracht werden, wenn einmal I die Bauordnung in der 2. Kammer durchgebracht sei. ? Auf die Landwirtschaftskammer sei in der Thronrede nicht eingegangen worden mit Rücksicht'auf die Meinungsver­schiedenheiten über die Organisationsfragen. Es wäre üb­rigens ganz unmöglich gewesen, daß der Landtag mit all den Arbeiten hätte fertig werden können, wenn alle die in Aussicht genommenen Gesetze auf einmal vorgelegt worden wären.

Haug (Bbd.): Er sei mit dem Finanzminifter darin einverstanden, daß die Ausgaben in Zukunft nicht mehr in demselben Maße wachsen dürfen. In Bezug auf das Eisenbahnwesen sei eine Betriebsmittelgemeinschaft und wenn diese sich nicht erreichen lasse, eine förmliche Be­triebsgemeinschaft anzustreben. In diesen Bestrebungen dürfe man nicht Nachlassen, wenn hiedurch auch von unserer Selbständigkeit einiges geopfert werden müsse. Seine Partei stehe den Beamtenaufbesserungen freund­lich gegenüber. Man sollte dann aber eine Zeitlang mit den Aufbesserungen fertig sein, sonst petitionieren die betr. Kreise immer wieder. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die Volksschule als Konfessionsschule erhalten bleiben muß, (Bravo!) Notwendig ist der Schutz der Landwirtschaft. Unter dem Zeichen dieses Schutzes hat sich die wirtschaftliche Lage gebessert. Berücksichtigung verdienen besonders auch unsere Weingärtner. Was die Fragen der Justiz betrifft, so sollen die Einzelrichter­stellen nur von älteren Beamten mit reicher Lebenserfahr­ung besetzt werden. Von neuen Steuern sollte erst die Rede sein, wenn ihre Notwendigkeit absolut nachge­wiesen ist. Einen Rechnungshof können wir nur begrü­ßen. Eine Vertretung der Landwirtschaft ist notwendig. Es kommt darauf an, welche Befugnisse der oder den Kammern zugewiesen werden. Der Kleingrund­besitz sollte jedenfalls auch seine Vertretung finden. Hier tvird abgebrochen. Nächste Sitzung morgen Vorm.

9 Uhr mit der Tagesordnung: Fortsetzung der heutigen Beratung. Schluß der Sitzung 1 Uhr.

Stuttgart, 15. Jan. In der heutigen Sitzung der 2. Kammer wurde die Generaldebatte zum Finanzetat fort­gesetzt. Zunächst sprach Keil (Soz.), dann Hieb er (D. P.). Finanzminister v. Zeh er erwiderte auf einige Bemängelungen. Schließlich kam Ministerpräsident Weizsäcker noch einmal auf die Betriebsmittel­gemeinschaft zu sprechen und betonte: Württemberg müsse sich darauf einrichten, mit seinen Eisenbahnen aufeigenenFüßenzustehen. Morgen Fortsetzung.

Aus Württernöerg.

Bon» Landtag. Die Volksschulkommisston hat zum 1. Vorsitzenden Hieder (D.P.), zum 2. Schrempf (Bdd.), die Pettttonskommisfion zum 1. Vorsitzenden Tauscher (S>), die staatsrechtliche Komission zum 1. Vorsitzenden Elsaß (Vp,), zum 3. Rembold-Gmünd (Z.), die Bibltothekkomnüssion z« ihren Vorsitzenden Hteder gewählt. Die volk-wirtschaftliche Kommission, welche sich morgen konstituieren wird, wird vor­aussichtlich zu ihrem Vorsitzenden den Abg. Liesching wählen.

Aus der Kammer. In dem parlamentarischen Wettrennen mit Anträgen hat sich auch der Bauern­bund hervortun zu sollen geglaubt und folgenden An­trag gestellt:

Die Kammer wolle beschließen, die kgl. Staats­regierung zu ersuchen, eine Aufstellung darüber vor­zulegen, welche Mittel erforderlich sein würden, um die persönlichen Ausgaben der Gemeinden für die Volks­schule auf den Staat zu übernehmen. Diese Auf­stellung sollte ersichtlich machen, welche Ausgaben not­wendig würden für die größeren und mittleren Städte und die Gemeinden erster, zweiter und dritter Klasse."

Dieser Antrag deckt sich inhaltlich mit dem Antrag Haußmann- Gerabronn -Liesching-Hieber vom 23. Dezember 1902, der durch die Bauernbündler Ber- roth und Reichert zu Fall gebracht wurde. Der Ab­geordnete Gröber hatte beantragt, den Volks- und deutsch­parteilichen Vorschlag an die Volksschulkommission zu verweisen, was mit 38 gegen 36 Stimmen von der Ab­geordnetenkammer angenommen wurde. Diese Ueberweis- ung an die Kommission war ein Begräbnis erster Klasse. Entscheidend hiebei waren die zwei Stimmen der Par­teigenossen der jetzigen Antragsteller Hang und Kraut. Also: der Antrag, mit dem Jetzt die Konservativen Parade marschieren, ist der frühere Antrag der Linken, den der Bauernbund im Jahre 1902 geworfen hat.

Zn den Wahlanfechtungen. Die Anfechtung der Wahl des Sozialdemokratischen Landtagsabg. Seeger von seilen des Bundes der Landwirte stützt sich in der Hauptsache darauf, daß in einem Jsolierraum eines Wahllokals zu gleicher Zeit sechs Wähler anwesend gewesen sein sollen. Außerdem h«be sich ergeben, daß noch weitere Stimmen als ungtlltg zu betrachten seien. Ob es zu einem Erfolg der Wahlan­fechtung ausreicht, erscheint zunächst noch lehr zweifelhaft.

Stuttgart, 14. Febr. Vom Rathaus. Dem Gemeinderat lag in seiner heutigen öffentlichen S'tzung eine vom Kgl. Hauptsteueramt Stuttgart aufgestellte Abrechnung über die im Steuerjahr 1905 erhobene Gemeindeeiuks-umen- steuer vor. Dieser ist zu entnehmen, daß der Sollbetrag 3 409 530 Mk. betrug, wovon 3 3-6 506 Mk. in bar abge- beferk, 59 347 Mk. mußten auf neue Rechnung übertragen werden und der Rest entfällt -.uf Ein-ugkosten und Unein­bringliches. Die Abrechnung wurde genehmigt. Genehmigt wurde ferner die Schaffung einer n uen Zähikontrolleuistelle beim städtischen Elektrizitätswerk. Dieselbe soll in die zweite Unierbeamtenküffe etngeretht werden. Es wurde« sodann noch mehrere Bauabtcilungeaniräge, die jedoch nicht von allgemeinem Interesse sind, durch Zustimmung des Kollegiums er!e igt.

Sontheim, bei Heilbronn, 15. Febr. Der Streik in der Schuhfabrik von Wolfs u. Co. ist nach 15wöchentlicher Dauer beigelegt worden, durch gegenseitiges Entgegenkom­men. Die streikenden Arbeiter wurden alle mit Ausnahme von drei bis zum 7. März wieder eingestellt.

Göppingen, 15. Febr. Im Juni findet hier der Verbandstag der württembergischen Unter­beamten und die Generalversammlung der Sterbekasse

der württembergischen Unterbeamten statt. Man rechnet mit einem Zustrom von Auswärts an diesen Tagen.

Im Gasthaus zur Ludwigshöhe in Zuffenhausen wurde ein Geschäftsreisender, L>er sich als Detektiv anf- spielte und die Legitimationspapiere eines Gastes bean­standete, von einem telefonisch gerufenen Landjäger als Schwindler erkannt und fcstgenommen. Die beanstande­ten Papiere scheinen dagegen in guter Ordnung gewesen zu sein.

Am Neckarufer bet Cannstatt wurden gestern früh Frauenkleider, ein Portemonats mit 7 Mk. 35 Pfg. und eine Brache gefunden. Es ist zu vermuten, daß eine Frauens­person bcn Tod im Neckar gesucht und gefunden hat.

In Schwarzenberg OA. Neuenbürg fuhr der Knecht des Kaufmanns Rau von Calw äuf der Oberlengev- hardterstraße in scharfem Trab in schlittenfahrende Kinder hinein. Ein 4 jähriges Mädchen wurde getötet, et« 6 Jahre alter Kyabe am Fuß verletzt.

Durch ein Schadenfeuer in Dobel sind 7 Familien obdachlos geworden und beklagen überdies den Verlust der meiststr Fahrnis. DaS' Feuer entstand im Haus des Holz­hauers König und seiner Schwiegermutter, Witwe Pfeiffer.

In Ktrch Hausen btünnte am Donnerstag nacht die Doppelscheuer des Bauern Peter Reigrl sowie das Wohn­haus des Malers Lutz nieder. Die Feuerwehren »«» Bonfeld und BDprach waren zur, Hilfeleistung herbelgeeilt.

Durch Rauchvergiftung wurdest in eitler ^Arbeiterfamilie in Hall in Abwesenheit, der Ehern mehrere Kinder ohn­mächtig. DaS jüngste davon ist gestorben und ein weiteres Kind liegt so schwer darnieder, daß'an seinem Aufkommen gezweifelt wird.

Vom Boden fee wird berichtet: Die Zollbehörden von Friedrtchshafen nahmen Mittwoch vormittag zwei Süß- stoffjchmuggler fest, die mit dem Rorschacher-KurSschiff ange­kommen waren. Die beiden stammen angeblich aus Böhmen und wollen die weite Reise lediglich deshalb unternommen habe», um sich durch den Vertrieb des verbotswidrig einge- drachte« Süßstoffs einen Verdienst zu verschaffen. Den in Rorschach angekauften Süßstoff von zusammen rund 30 dss trugen sie tet der Zollrevision unter den Kleidern auf dem Leid und konnten so die Verzollungsstelle anstandslos passieren. Ihre Ankunft hierher war jedoch, noch so zeitig' verraten worden, daß ihre Festnahme im Wartsaal des Friedrichs - Hafener Stadtbahnhofs erfolgen konnte. Den Süßstoff hatten sie bereits in eine Handtasche und einen Rucksack eingepackt. Die beiden Schmuggler wurden an das K. Amtsgericht: Tettnang etngeltefert. Man rechnet den Verdienst beim Süßstoffschmuggel bis zu 8 Mk. für 1 Lg, also ein sehr rentables Geschäft, vorausgesetzt, daß: man dabei nicht er­wischt wird.

Herichtssaak.

Heilbronn, 14. Febr. Wegen Mißbrauch einer Gei­steskranken hatte sich heute der 63 Jahre alte Taglöhner Jakob Reüter von Steinsf-eld OA, W.einDberg zu ver­antworten. Die Anklage' vertrat Staatsanwalt Fisch­bach, die Verteidigung führte RA- K.östbin- Oberamts­arzt Dr. Höring- Weinsberg füngierte als Sachverstän­diger. Es sind 11 Zeugen geladen worunter auch die Verletzte, ein 18jähriges, geisteskrankes Mädchen. Die Verhandlung, die unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt­fand, endete mit der Verurteilung der, Angeklagten zu ei­ner Gefängnisstrafe von 1 Jahr abzüglich 3 Wochen Un­tersuchungshaft. Die Geschworenen hatten, die Schuldfrage, sowie auch die Frage nach mildernden Umständen bejaht.

Konstanz, 15. Febr. Vor der 'Strafkammer als Be­rufungsinstanz kam gestern die Beleidigungsklage des geist­lichen Rats Werber, früher Redakteur der Freien Stimme in Radolfzell, gegen Staatsanwalt Junghans zur Ver­handlung. Der Gerichtshof änderte das Urteil vom 15. Dezember dahin, daß Junghans 60 Mark Geldstrafe zu bezahlen hat. Junghans hatte" Widerklage erhoben auf die Artikel Werbers in der Freien Stimme. Hierauf wurde Werber zu einer gleichfalls geringen Geldstrafe verurteilt.

AimÜ und MssesfchM.

Bonn, 14. Febr. Der Kurator Üniversttät Bonn, Wtrkl. Geh. Rat Dr. v. 'Rottenburg ist plötzlich am Herzschlag gestorben.

Das Mädchen mit Ken schöne« Wade«.

Im Parktheater zu Brüssel'trat'dieser Tage Ivette Guilbert zum ersten Mal in einemabendfüllendes" Stücke auf. Ein belgisches Blatt erinnert bei dieser Ge­legenheit an die Lehrjahre der geschätzten Künstlerin Und erzählt eine amüsante Geschichte aus der Zeit, da Ivette ncjch in den Pariser Varietes als jämmerlich bezahlte Cho­ristin und Statistin mimte. Eines Abends gab man Offen­bachsBlaubart", und die Guilbert stellte eine der fünf Frauen des entsetzlichen Ritters vor. Jede dieser Frauen hat ein nichtssagendes Auftrittsliedchen zu singen und dann den Mund zu halten. Trotzdem rechnete die lange Ivette die gleich ihren Schicksalsgenossinnen ein kurzes, sehr kur­zes Kleidchen trug, auf einen besonderen Erfolg. Sie hatte ihr Liedchen mit großer Sorgfalt einstudiert und sozu­sagen ihre ganze Seele hineingelegt. Sie war mit sich sehr zufrieden und hoffte, daß die Presse ihr gewaltiges Lob spenden würde. Aber o Jammer! es nahm über­haupt nur ein einziges Blatt von ihrem Dasein Notiz; in diesem einen Blatte schrieb der gefürchtete Kritiker Vik­tor Wilder:Unter Blauharts fünf Frauen fiel mir eine große Blonde mit sehr schönen Waden auf." Das war alles! Ivette war einer Ohnmacht nahe, als sie solches las : dann aber setzte sie sich hin und richtete an Wilder ein Briefchen folgenden Inhalts:Das große, blonde Mädchen mit den schönen Waden heißt Ivette Guilbert. Merken Sie sich den Namen!" Da Wilder bald darauf gestorben ist, hat er die Triumphe dergroßen Bloirden" nicht mehr mit angesehen.

Passende Bezeichnung. Leutnant:Herr Kamerad gehen in Urlaub?"Jawohl . . . Mitgift von Schwiegervater einkassieren!"Aha! Also ge­wissermaßen Ernteurlaub!"