Temperatur 3 Stunden lang ins Lebensgefahr. Erst nach mühsamer Arbeit gelang es mittels heißen Wassers ein Loch herzustellen, durch welches die Abgeschlossenen be­freit werden konnten.

Auf der Zeche .Oberhausen" Rheinland riß ein Förderseil, wodurch d-ide Körbe in drn Schacht stürjtkn. Ein Arbeiter ist t ot, einer ichw»r und ein zweiter Irian verletzt.

Im Kloster Ex-Aeten in der Provinz Limburg ex­plodierte eine Gasleitung. Fünf Klosterbrüder sind schwer verletzt, einer davon tötlich.

Aus Hamburg wird berichtet: Ein Gauner u In Hauptmann von Köpenick hat als Zahlmeister verkleidet die Zahlmeister verkleidet die Einjährigen des Husarenregi­mentsWandsbeck" heimgesucht und diese um erhebliche Beträge geprellt.

Ein entsetzlicher Unglücksfall ereignete sich in dem Dorfe Alvensen bei Harburg. Dort geriet das 19jähr. Dienstmädchen, das beim Dreschen Hilfe leisten mußte, so unglücklich mit den Kleidern in die Dreschmaschine, daß das Mädchen zermalmt wurde.

Welternachrichte«.

Aus dem Allgäu, 1. Febr. Wie schon kurz be­richtet wurde, ereignete sich gestern bei der Gemeinde M i t- telberg im kleinen Walsertal (Vorarlberg) ein furch t- bares Lawinenunglück. Nachmittags zrvci Uhr er- z schlitterte plötzlich dumpfes Donnern die Luft. In dem i Weiler Ahorn bei Mittelberg war eine kolossale Staubla- s winc von dem steilen Berghange herniedergegangen. Ein z schreckliches Bild der Zerstörung bot sich dem Auge. Die x Häuser des Oekonomen Schuster und der Oekonomens- » Witwe Keßler waren mit acht Nebengebäuden von den I Schneemassen vollständig zertrümmert. Die Trümmer 1 selbst waren mit mehrere Meter hohem Schneebedeckt. Die l Bewohner der Häuser, 15 an der Zahl, Und etwa 40 Stück l Vieh, hatte die Lawine begraben. Aus der Gemeind« ! Mittelberg und aus den umliegenden Orten eilte sofort ! die Bevölkeruua ,ru Hilfe. Rastlos wurde von Männern und Frauen gearbeitet, um wenn möglich, die eins oder andere der verschütteten Personen zu retten. Bis heuts Vormittag wurden sechs Leichen und vier Schwerverletzte geborgen. Von den Schwerverletzten sind nach kurzer Zeit zwei gestorben, auch bei den anderen besteht wenig Aus­sicht, daß sie mit dem Leben davonkommen. Fünf Per­sonen liegen noch unter den Trümmern begraben. Trotz aller Anstrengung und Aufopferung war es bisher nicht möglich, sie zu bergen. Das Vieh ist unter den Schnee- - Massen verendet. Der Materialschaden beläuft sich ans einige hunderttausend Kronen. Unter unserer Bergbevöl- lerung ist die Aufregung umso größer, als sich seit Men­schengedenken in den Allgäuer Bergen kein derartiges fürch­terliches Unglück ereignet hat.

Karlsruhe, 2. Febr. Der Verkehr im Schwarz­wald ist durch die großen Schnee müssen außeror­dentlich gehemmt. In manchen Dörfern ist der Schulun­terricht unterbrochen, da die Kinder wegen des hohen Schnees den Weg nach der Schule nicht znrücklegen kön­nen. Einzelne Häuser sind im Schnee fast vergraben und vollständig von dem Verkehr abgeschnitten. Mit Wagen r und selbst Schlitten durchzukommen, ist vielfach unmög- r ttch. Aus den Straßen befinden sich Schneewehen in Höhe ! »Mi 2 bis 3 Metern. Der Bahnverkehr in Furtwangen ist s noch nicht hergestellt. t

A«r Meichr agswM !

Nene Ttichwaht-Resullate. z

Die Stichwahlen, die am 1. mit der bereits bekannt- - gegebenen Wahl in Bremen begonnen haben, sind am ^ Samstag in einer Reihe Ost- und Norddeutscher Bezirke fortgesetzt worden. Heute folgen die pfälzischen und eine Reihe bayerischer Bezirke. Auch die Entscheidung im Quiddeschen Wahlkreis Ansbach fällt heute. Bis jetzt liegen folgende neue Resultate vor: ' !

Mecklenburg-Schwerin. ;

1. Kreis (Hagenow-Goevesmöhlen): bisher Ret- -

tich kons. Die Wahl des Wildliberalen Grafen Both- mer gegen Rettich ist gesichert.

2. Kreis (Schwerin-Wismar): bisher Dr. Drö­sch er kons. Wiedergewählt.

3. Kreis (Parchim-Ludwigslust): Dr. Pachnicke Freis. Vgg. gegen den Konservativen wiedergewühlt.

4. Kreis (Malchin-Waren): der konservative von Maltzan ist gegen den Sozialdemokraten wiedergc- wählt.

5. Kreis (Rostock-Doberan): seither Dr. Herz­feld Soz. Gegen diesen wurde der Nationalliberale Linck gewählt.

6. Kreis (Güstrow-Ribnitz): der konservative o n Treuenfels gegen den Sozialdemokraten wieder­gewählt.

Vraunschweig 3 (Holzminden-Gandersheim): v. Damm (wirtsch. Vgg.) mit großer Mehrheit gegen Cal- wer (Soz.) wiedergewählt.

Königsberg 1 (Memel-Heydekrug) wurde Schwa­bach (natl.) gewählt gegen den bisherigen Kandidaten Krause (kons.).

Schleswig-Holstein 6 (Pinneberg, Ottensen): Carstens (srs. Vp.) gewählt. Bisher v. Elm (Soz.)

Stettin 3 (Randow, Greisenhagen): v. Stein­äcker (kons.) mit starker Mehrheit gesichert gegen den seitherigen Vertreter Körst en (Soz.).

Es wurden also gewählt: 2 Nationalliberale, 1 frei­sinniger Volksparteiler, 1 Angehöriger der srs. Vereinig­ung, 4 Konservative, 1 Wildliberaler, 1 Angehöriger der Wirtschaft!. Vereinigung und 1 Reichsparteiler. Die Gewinne resp. Verluste sind folgende:, Konservative -j- 2, 2; Nationalliberale -s- 2, Freis. Volkspartei P- 1; Sozialdemokratie 3 (mit Bremsen 4); Wildliberale -j- 1.

Der Et chwahr-Hex«i»kesse1.

Ein überaus buntes und betrübendes Bild bie­ten die verschiedenen Stichwahlparolen. Sie stehen im großen Ganzen unter dem Zeichen der Mandatsjägerei. Das ruft einen Wirrwarr hervor, in dem die politischen Grundsätze unterzugehen drohen. Die Berliner Parole der Sozialdemokratie, die den Genossen unter dem Hinweis auf dieWürdigung der Person" ein Hintertürchen offen­läßt, wird recht fleißig so ausgelegt, wie es die lokale Situation erfordert. Wir haben gelesen, daß die So­zialdemokratie in Württemberg durch ihre Haltung die Gefahr heraufbeschwört, einigen weiteren Reaktionären den Weg in den Reichstag zu bahnen. Und wir lesen weiter: Männer wie eine Quid de sollen zu Gunsten eines Kon­servativen gestürzt werden. Das ist sogar demVor­wärts" zu bunt. Er schreibt in seiner Samstags -

sen gemeldet:Der uationalliberale Verein, der in der Hauptwahl auf seinen Kandidaten über 22 000 Stimmen vereinigte, schloß mit dem Zentrum ein Bündnis dahin ab, daß das Zentrum in Bochum-Wit­ten und Duisburg-Mülheim-Oberhausen für die Natio­nalliberalen eintritt, wogegen die letzteren in Essen und Düsseldorf das Zentrum unterstützen. Das bedeutet für die Nationalliberalen die Behauptung eines Mandats in Duisburg und die Eroberung von Bochum, für das Zentrum die Wahrung seines Besitzstandes in Essen und Düsseldorf, für die Sozialdemokraten den Verlust von Bochum."

Alles in allem: ein großer Wirrwarr, ans dem nicht viel Gescheidtes herauskommen kann. Der morgige Tag wird die Entscheidung bringen. Möge jeder liberale Mann seine Pflicht tun. damit er nachher sagen kann: meine Schuld ist es nicht, daß der Reichstag nicht anders aussieht. Darum auf zur Stichwahl!

* * *

D«s «intliche Crzebais der Reichstagswahlen für WürOewberg ist folgende«: Von 513,427 Wahlberechtigten haben 415,368 oder 8t> 9 Pro eni adgestimmt gegen nur 75,3 Prozent im Jahre 1893. E« erhielten Konservative und Bauernbund 48,635 (1903: 48,880), Notionokliberale 6S,64Z (61,403), Voikrpartei. 88,771 (63.609), Zentrum 94,335 (89,878), Sozialdemokraten 115,728 (99,743) Stim­men. Zersplittert und ungültig waren 1380 Stimmen.

Karlsruhe, 2. Febr. Da« Gesetzblatt veröffewltcht die Wahlordnung zur badischen Landwirt, schastskanimer, die als erste in Deutschland, großenteils auf dem Weg drö direkten geheimen Wahlrecht« der lcrnd- mirischafrlich?» Bevölkerung Badens, gebildet wird. Dis Vornahme der Wahlen ist schon tm Laufs dieser Frühjahrs zu erwarten.

Hamburg, 2. Febr. Rach den bisherigen Feststell­ungen sind bei der« gestrigen allgemeinen Wahlen zur halb schichtigen Erneuerung der Bürger­schaft gewählt: 10 Sozialdemokraten, 1 Antisemit, 6 von der Linken (dazu 2 Mitglieder de« Hammerbrookec Bezirks), 8 vom linken Zentrum, 3 von der Rechten, '7 vereinigte Liberale und 1 Wilder.

AusWärLiger Mirset Deutschs»«-«» im PezemSer und im Jahre 1986.

nummer:

Wir bedauern, daß die Genossen in Ansbach- Schwabach mit dem bauernbündlerischen Geg­ner Quid des überhaupt in Unterhandlungen eingetreten sind, ganz abgesehen davon, daß die Erklärungen des Bauernbündlers sich nur auf eine von den drei unerläßlichen Voraussetzungen beziehen.

Sollte vollends, wie gemeldet worden ist, die Stimm­enthaltung der Genossen in Ansbach-Schwabach eine Art Gegenleistung für die bauernbündlerische Stimm­enthaltung in Fürth-Erlangen darstellen, so wäre ein solch unnatürliches Wahlkompromiß im höchsten Grade zu bedauern. Wenn die Sozial­demokratie ohne konservative Hilfe nicht zu siegen ver­mag, sollte sie den Mut besitzen, in Ehren zu unter­liegen."

Und im Elsaß, wo die Demokratie im Mühlhausener Bezirk dem Sozialdemokraten im ersten Wahlgang zum Sieg verholfen hat, soll als schuldige Danksagung der Klerikale in Blumenthals Wahlkreis unterstützt werden!

Münchener katholische Universitätsprofessoren, Namen von Klang, haben sich gegen das Zusammengehen von Zentrum u. Sozialdemokratie in Bayern gewendet u. eine Gegenerklärung abgegeben. Dazu schreibt aber das B. T.: Praktisch ist diese Erklärung der Zentrumsintellektuel­len für Bayern wenigstens bedeutungslos; sie soll aber wohl im Grunde nur Frhrn. v. Hertling den Weg zum Reichstagspräsidium ebnen."

Zu all' dem kommen noch eine große Anzahl Lokalparolen, die von den Landesparolen abweichen und die sonderbarsten Bündnisse zeitigen. So wird aus Es-

Nach dem am 26. Januar zur Ausgabe gelangten, vom Kaiserlichen Statistischen Amt herausgegebenen De­zemberheft 1906 der Monatlichen Nachweise über den aus­wärtigen Handel Deutschlands betrug im Dezember 1906:

1. Die Einfuhr 4,982,080 Tonnen, 540,605 Stück Vieh und andere Tiere, 390,663 Hüte, 90 Fahrzeugs 175,764 Uhren, 104,573 Faß Salzheringe fremden Fangs, 12 Bienenstöcke. Die Einfuhr hat namentlich wegen der starken Ausfälle bei den Erzeugnissen der Forstwirtschaft, des Acker-, Garten-, und Wiesenbaus gegen den Vormonat abgenommen.

2. Die Ausführ 3,760,159 Tonnen, 10,779 Stück Vieh nsw., 384,399 Hüte, 102 Fahrzeuge, 35 349 Uhren, 383 Faß Salzheringe, 38,617 Hltr. Bier, 82,369 Fla­schen Schaumwein. Die Ausfuhr hat gegen den Vormo­nat trotz der starken Abnahme bei den Erzeugnissen dev Land- und Forstwirtschaft nsw. Angenommen, namentlich da mehr Erze und Eisen ausgeführt wurden.

3. Die Gesamteinfuhr erreichte seit März 1906: 47,645,428 Tonnen, worunter 996 Tonnen Edelmetalle, ferner 8,993,515 Stück Vieh und andere Tiere, 2,938,151 Hüte, 1486 Fahrzeuge, 1,415,800 Uhren, 811648 FaA Salzheringe fremden Fangs, 6097 Bienenstöcke.

4. Die Gesamtausfnhr erreichte seit März 1906: 36,227,721 Tonnen, worunter 246 Tonnen Edelmetall«, ferner 167,688 Stück Vieh nsw., 4,285^244 Hüte, 1263 Fahrzeuge, 347,496 Uhren, 2526 Faß Salzheringe, 1313 Bienenstöcke, 481,777 Hltr. Bier, 1,070,557 Flaschen Schaumwein.

5. Die Einfuhr in den beiden ersten Monaten des Jahres 1906: 10,450,682, die Ausfuhr ,7703,049 Ton­nen. Die Edelmetalleinfuhr betrug 305, die -ausfuhr 69

Ais Schönheit von Kemörorv.

Nvman vva Bvgunül von Czartorski. 2 0

Anne, kleine Taube! Sie baite eine so Helle Stimme, so goldige Locke» mid köstliche, nachtschwarze Augen, wie ich sie nie oder doch nur einmal im Leben wiedergesimdeu. Ulrike Ver­den gedachte in ihre Heimat zuriickznlehren, da ihre Schwester das Weib eines sicher situierten Mannes geworden und dadurch in die Lage gekommen war, sich ihrer anziiiiehmeii. Sie wollte heim und säße möglicherweise jetzt zufrieden und heiter an der geschütze» Feucrstelle irgend eines friedlichen Hauses, wen» ich, wen» unsere Liebe nicht gewesen wäre! Schlummern Sie, Ehren­breit?"

Schlummern, Ruck! Was geschah mm mit jener kleinen Ul­rike?"

Ich sagte ihr, daß ich ohne sie nicht zu leben vermöge. Ich überwand ihre Befürchtungen und mädchenhaften Skrupel» schlä­ferte das Heimweh in dem Herzen des armen KindeS ducch meine wiederholten LiebcSversicherungen ein und heiratete es am Ende!"

Der Gras ließ einen Ausruf des Erstaunens hören.Siehei- rcnecen das Mädchen! Sie heirateten die Komödiantin, Ruck?"

Wirklich und wahrhaftig. Ich war kein Schurke. Und ichliebte Ulrike. Nach einer uralten, sonderbaren Famitienbestiinmmig un­seres Hauses findet der VermögenSantritt eines Nuck-Rucklingen niemats vor der Vollendung seines viernndzwanzigsten Lebens­jahres statt, im Fall nicht ganz besondere Umstände eine Umge­hung dieses traditionellen Gesetzes bedingen. Ich durfte nicht cumehmen, daß meine Verbindung mit Ulrike Verden, diese im Sinne der Wett mehr als törichte Heirat, als ein solcher beson­derer Umstand angesehen werden und zu meinen Gunsten spre­chen würde, gedachte dieselbe atso bis auf weiteres vor jeder­mann, vorzüglich vor meiner Familie geheim zu halten. Aller- dings reichcen meine Mittel nur knapp sür Ulrike und mich, aber in wenigen Jahren sollte und mußte es ja besser kommen. Die arme, kleine Seele ward des HvfsenS und Lnstichlösser- bauens nicht müde; das Leben cm'meiner Seite erschien ihr im Vergleich zu jenem, ans dem mein Ericheinen sie befreit, allerdings nicht mit Unrecht, als ci» paradiesisches."

Aber ich sehe in Ihrer Handlungsweise nichts als Edelmut mid Redlichkeit, lieber Freund! Fast ein wenig zuviel davon;

denn es scheint Ihnen damals an Weitklnghcii gemangelt zu haben "

Warten Sie ab, Ehrenbreit! So sorgsam ich mein Vor­stadt-Idyll vor Entdeckung zu schützen bemüht war, es blieb den­noch nicht lange verborgen Wie es gekommen, daß meine Mut­ter davon erfuhr, ist mir noch heute ein Rätsel. Genug, sie stand eines Tages gleich dem Enge! mit dem feurigen Schwerte ans der Schwelle unseres kleinen Paradieses, bereit wenigstens einen von uns beiden, meine unschuldige Ulrike ohne Erbarmen daraus zu vertreiben. Ulrike befand sich, wie mir damals deuchte, zum Glück nicht zu Hanse; ich mußte eine Begegnung zwischen ihr und der erzürnten Frau um jeden Preis zu verhindern suchen. In der momentanen Verwirrung meines Geistes, in der Erregung des Augenblicks tat ich das Schmachvolle, das mir jetzt Unfaß­bare: ich verlengnete die Tatsache unserer Eheschließung, deren Urkunde ich wohl versiegelt in einem Fache meines Schreibtisches aufbewahrte! Ich verlengnete mein getreues, geduldiges Weib und stellte es dadurch ans eine Stufe mit den verworfensten Ge­schöpfen der menschlichen Gesellschaft!"

O, Ruck! Das taten Sie?"

Ja, ja, JhreEntrüstnng ist vollkommen gerechtfertigt! Aber wie hart war auch meine Strafe. Lassen Sie mich kurz sein. Nachdem meine Mutter mich, beruhigt durch den Glaube», das Geschehene sei »och einmal gut zu machen, verlassen hatte und inein Blut sich einigermaßen abzukühlen begann, fiel mir das Ehrlose meiner Handlungsweise sofort schwer ans die Seele, doch suchte ich mich durch allerlei Trugschlüsse zu trösten. Ich hatte ja im Grunde zum besten Ulrikes so gehandelt und nachdem ich in den Besitz meines Vermögens gelaugt sein würde, mußte es natürlich meine erste Pflicht sein, diesen gut gemeinten Betrug anfzndecken und meine Gattin in ihre Rechte eiuznsetzen. Vor- derhand war eS für uns beide sicherlich so am vorteilhaftesten. Alle diese Beschwichtigungen und schönen Vorsätze erleichterten mein Gewissen tin Grunde herzlich wenig.

Ich bangte davor, den ehrlichen, dunkle» Angen meiner Ul- rike entgegenzntreten. Sie blieb auch lange ans! Sie kehrte nie­mals wieder. . ."

Die Geister der Vergangenheit schienen alle Macht über Rucks Seele gewonnen zu haben; er vermochte nicht sogleich fortzn- sahren, er barg sein Antlitz in die Hände und atmete schwer.

Der Graf hatte sich vollends emporgerichtet und blickte aus

seiner rotdämmerigen Ecke mit ernsten teilnahmsvollen Angen auf die zusammeiigesuukene Gestalt am Kamin. Rede» Sie doch, Ruck! Fassen Sie sich! Warum kehrt Ulrike nicht wieder?"

Weil sic, heimkehrend an der Tür den nicht allzu leisen Wortwechsel mit meiner Mutter znm Teil mit angehört hatte, und so gerade dasjenige, was ich für ewig vor ihr zu verber­gen wünscht» Spät abends brachte ein fremder, kleiner Knabe ihr Abjchiedswort:Lebe wohl, Geliebter! Ich habe kein Recht ans de» Platz an Deiner Seite, wenn ich nicht in Wahrheit Dein Weib bin, wie Du mich all diese Zeit glauben ließest, und keine Kraft zum Weiterlebe», nachdem Du mich verraten. Suche mich nicht, denn es wäre umsonst. Der Himmel vergebe Dir, wie ich es tue! Ulrike." . . Das; ich trotzdem ans alle Weise mein verlorenes Kleinod wiederzufinden trachtete, werden Sie mir glauben. Es war in der Tat umsonst. Nach einigen Wochen brachte man mir ein am Spreenfer gefundenes, blaues Halstuch, das einer der meiiieNachfvrschiuigen unterstützenden Polizeilente als Ulrikes Eigentum zu erkennen meinte. Er hatte sich nicht getäuscht Das ist mein Roman, Ehrenbreit."

Das traurigste Stück Lebensgeschichte, das ich je vernahm, armerFreund! Ich kann mir denken, daß Sie ewig daran zu tra­gen haben. Wie geht schon mir, dem Unbeteiligten Ihr Schicksal und das des armen, blonden Kindes zu Herzen."

Und wie würde es Ihnen erst zu Herzen gehen, wenn Sie Ulrike gekannt halten!"

Während Ruck diese Worte mit tonloser, zitternder Stimme sprach, erhob er sich ans dem Schankelstuhl und trat an das Ruhebett des Grafen, ein rundes, kleines Etwas in dessen Hand legend, das sich als Taschenetni von abgegriffenem, roten Saf­fian entpuppte und, nachdem Ehrenbreit es begierig geöffnet, einen lieblichen Mädchenkvps in Pastellmalerei zeigte. Die Far­ben waren so frisch, die Züge so anmutig, aber das konnte es nicht sein, was den Blicken des Grafen diese plötzliche Starrheit gab, was ein so heftiges Erschrecken über sein schönes, blasses Gesicht gleiten ließ Dieses Porträt glich ans das wunderbarste derSchönheit von Rembrow", nur daß das Antlitz der armen Ulrike an Rnndniig und gesunder Frische demjenigen der Gärt- nerstochter weit nachstand, und ihr schöner, kleiner Mund ein schwermntvolleres Lächeln zur Schau trug, als die Purpnrlip- pen Liskas. 138,20