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mit Erzähler vom Schwarzwald.
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Amtsblatt für die Stadt Wildbad.
verkündigungsblatt
der Rgl. Horstämter Wildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. mit
amtlicher Fremdenliste.
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Samstag. de?r lN. Jasua?
Hie ArrantWortung.
Ein Leitartikler des Berliner Tageblatts — wohl dessen früherer Pariser Korrespondent — beklagt unter obiger Ueberschrift, daß die Kandidaten zum Reichstag, trotz der erst überwundenen Krise, sich nicht mit auswärtiger Politik beschäftigen. In allen Diplomatenstuben der Welt habe man über die Fehler, die Kurzsichtigkeit und die Zerfahrenheit der auswärtigen Amtspolitik die Köpfe geschüttelt, aber die Köpfe unserer früheren und unserer zukünftigen Reichsboten hätten sich höchstens in Schlummerneigung gewiegt. „Glaubt man", so stellt der Leitartikel die Frage, daß ein Erwachen nicht zu befürchten, „und daß der Horizont wieder klar sei, oder meint man, daß die deutschen Diplomaten sich in plötzlicher Erleuchtung in lauter Genies verwandelt haben? Wenn man sich mit so angenehmen Gedanken einlullt, dann kennt man weder die Gefahren der nächsten Stunde, noch die Unwandelbarkeit unserer Talleyrands. Ein Problem, weit größer und bedrohlicher als das marokkanische, ein Problem, von dessen ungünstiger Lösung die Machtstellung, der Handel und die Industrie Deutschlands schwer betroffen werden würden, lauert im Hintergründe; das Problem der Thronfolge in der Türkei. Abdul Hamid ist seit langem kein Jüngling mehr, und selbst wenn die optimistische Auffassung seiner Aerzte zutreffen sollte, muß eine weitblickende Politik mit seinem Hinscheiden rechnen. Wird wie der Sultan zu wünschen scheint, sein jüngerer Sohn, der Prinz Buhraneddin-Effendi, den Thron der Khalifen besteigen, oder wird Rechad-Effendi, der Kandidat Englands und Frankreichs, seinen Bruder Abdul-Hamid ersetzen? Seit langer Zeit schon bereitet man sich in London und Paris auf die Entscheidungsstunde vor, und manches von dem, was in den letzten Monaten geschehen ist, war nur ein Detail dieser Vorbereitung.
Wir haben — ein seltenes Glück! — in Konstantinopel einen Botschafter, der auch schwierigen Situationen gewachsen ist: den Freiherrn v. Marsch all. Aber Fragen, wie das Thronfolgeproblem, Fragen, an denen alle Großmächte so sehr beteiligt sind, werden nicht an Ort und Stelle von einem Botschafter gelöst — sie erfordern lange Verhandlungen in allen diplomatischen Hauptquartieren. Zum hundertsten Male sei gesagt, daß der rechte Augenblick zu dieser Lösung sich für Deutschland in jenen Junitagen bot, in denen nach dem Sturze Delcassss, Rouvier zum Verhandeln bereit war. Damals mußte die deutsche Regierung auf ihre kindliche Konfcrenzidee verzichten, Frankreich freiwillig jene Rechte einräumen, die es später gegen uns gewonnen, und nach dem Beispiele des geschäftskundigen England sich
Mewegtes KsLerr.
Roman von Max von Weißenlhurn. 65
„Keine Nnhrszeneii jetzt, mein guter Alter," wehrte die Fürstin sanft ab. „Ich bedarf meiner ganzen Kraft. Führen Sie wich zn meinem Sobn."
Lautlos schritten die drei Personen über die teppichbelegte Treppe, durch den Korridor, welcher nach dem Zimmer sühne, das der Fürst nu» zumeist imie zn haben pflegte.
Laullos öffnete Jakob die Türe und die Fürstin am Arme Eleonores irnt ein
Mit verschränkten Armen, düster vor sich hinstarrend, saß Fürg Oliv in emem Schankelstnhl, bewegte denselben aber nicht. Aach dem Ausdrucke seiner Züge zn urteilen, waren es trübe, ^aurige Gedanken, welchen er nachhing und die ihn der Wirklichkeit so vollständig entrissen, daß er nicht beachtete, was um u,n vorging und er das Oeffncn der etjvas seitwärts gelegenen -i-üre mchr hörte, dw nahenden Schritte nicht vernahm.
Eine Hand legte sich auf seine Schulter und eine Stimme, welche er lange, lange Iabre hindurch nicbt vernommen, welche aber m seinem Herzen und in 'einer Erinnerung nie zn leben mngcl.ört hatte, iprach lene: „Otto, Deine Muster kommt zn wir als Bittende, Reumütige! Harre Worte waren es, die zwilchen uns gefallen sind, als wir einander znietzt gesehen. Ich war in, Unrecht, ich habe langer Zerr bedarf!, um eS einzn- Wben, aber die Liebe zn Dir hat trotz aller äußeren Härte nie ausgehört zu leben und diese Liebe harmicki nun hierhergebracht, »un, wo Du einsam und verlassen bist. Verzeihe mir, daß ich gefehlt, verzeihe mir auch jenes Unrecht, welches Tu noch gar uucht kennst, verzeihe mir um Deines Kindes Witten."
Tie alte Frau, welche von Eleonore gestützt an den Fürsten verangekommen war, trachtete tastend mit der Hand von der Schütter ihres Sohnes herabgleitend, dessen Rechtein die schlan- ^»Angiirdes Mädchens zu legen.
. Fürst Otto war bei dem ersten Worte, welches seine Mutter gesprochen,jählings ziljammengefahreii. Ein Zuckendurchlief seine Gestalt, ein Schleier legte sich vor seine Augen. Nun aber, wo ^ daß die Blinde entschieden bestrebt sei, ihm das Mäd- chen zuznführen, richtete er sich befremdet auf und sprach, einen Schritt znrücktretend: „Mutter, wie glücklich hätten mich Deine Worte der Liebe und Verzeihung vor kurzer Zeit noch machen
anderswo bezahle n lassen. Delcasss hatte England in H Aegypten entschädigt, Rouvier mußte Deutschland in der Türkei Konzessionen machen. Niemals war eine Gelegenheit aussichtsvoller und günstiger, und niemals wurde eine Gelegenheit so in gedankenloser Ueberhebuug versäumt.
Wird nun wenigstens versucht, die klapprige Maschine wieder einzurenken, und bemüht sich unsere Diplomatie durch planvolle und kluge Schachzüge neuen Mißerfolgen vorzubeugen? Wird dafür gesorgt, daß wir in Konstantinopel nicht eines Tages vor höchst peinlichen Tatsachen stehen, und hat man daran gedacht, die einen zu überzeugen und die Zustimmung der anderen zu erkaufen? Es ist klar, daß solche Verhandlungen nicht am breiten Lichte des Tages geführt werden könnten, aber nichts deutet darauf hin, daß sie irgendwo begonnen haben. Fürst Bülow denkt einstweilen wohl nur an die Gegenwart, und die auswärtigen Amtsleute drillen die „öffentliche Meinung". Und der große Krach unserer wichtigsten Interessen kann kommen, ehe man's ahnt.
Die Kandidaten, die das deutsche Volk vertreten wollen, täten sicherlich gut, sich um diese und einige andere Fragen der internationalen Politik ein wenig zu kümmern. Sie hätten die Pflicht, zu untersuchen, warum Deutschlands Weltstellung in den letzten beiden Jahren schwer gelitten, und sie hätten ein Recht, etwas mehr Kunst, etwas mehr Scharfblick und Feingefühl zu fordern. Indem sie nichts dergleichen tun, und indem sie heute schon zeigen, daß sie auch ferner die auswärtige Politik weder kritisieren noch kontrollieren wollen, übernehmen sie einen Teil der Verantwor tung für jeden neuen Fehler. Schwören sie auf die Berechtigung des englischen Wortes, das eines Tages Herr v. Rheinbaben im Reichstage Herrn Bebel zugerusen:
or ivronS, oountr^", und halten sie es für „national", die Auslandspolitik ihrer Regierung nicht zu tadeln? Dann muß man ihnen sagen, daß niemals ein Engländer jenes törichte Wort auch nur eine Minute lang ernst genommen, daß die englischen Liberalen sich durch die Kritik von Chamberlains Transvaal-Politik die Sympathien des Volkes erworben, und daß nur politische Unreife überall „nationale Bedenken zn erblicken pflegt."
Es giebt zweifellos auch Kandidaten die in der auswärtigen Politik beschlagen sind und ihre Kenntnisse im Wahlkampfe verwerten. Im Allgemeinen aber kann es nicht schaden, auf diese Fragen noch vor der Entscheidung hinzuweisen.
Aundschas.
Im preußisch«« Laudtag kam nun auch der „Haupt- «arm »on Köpenick" auf das Tapet und zwar in der Bud- gelkommiffion. Bei cicsrr Gelegenheit teilte der Minister des Innern von Bethrnann-Hollweg hinsichtlich deS SLusters Voigt die bisher unbekannte Tatsache mit, daß dessen Kondutticrung non der Strafanstalt in Rowitz sehr ungünstig gewesen sei. Die AuSweisungSbesugniS und die Aufenthaltsbeschränkung früherer Strafgefangener seien unentbehrlich. Der Minister stellte einen Erlaß in Aussicht, wodurch die Handhabung der Polizeiaufsicht gegen die betreffenden Personen leichter erträglich
würde. — Mehr nicht?
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Vom Fleischmarkt. Der Minister für Landwirtschaft hat in der Budgetkommission die Mitteilung gemacht, daß die Zahl der Schweine seit 1904 um 19,9, die der Rinder um 6 Proz. zugenommen habe. Das ist wie die „Deutsche Fleischer-Zeitung" bemerkt, ein überaus klägliches Resultat, denn das Jahr 1904 hatte gegen die vorgehende Zählung im Jahre 1902 einen sehr großen Rückgang der Schweinezucht aufgewiesen. Zieht man die Vermehrung der Bevölkerung und den Umstand in Betracht, daß am 1. Dezember sehr viel Schweine mitgezählt wurden, die kurz darauf für den häuslichen Bedarf geschlachtet wurden, so sei das Ergebnis für die deutsche Landwirtschaft geradezu beschämend.
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Die kleine Wahlarbeit. Unter diesem Titel veröffentlicht die Freisinnige Zeitung einen Leitartikel, in dem auch an einige bemerkenswerte Worte Engen Richters erinnert ist, die dieser über die Parteiorganisation geäußert. Er sagte einmal: „Man soll oie politische Meinung von jedermann achten und ehren, aber man soll in allen Parteien denjenigen mißachten und meiden, der am Wahltage nicht dazu gelangt, seiner politischen Meinung Ausdruck zu geben. „Parteilosigkeit ist entweder Charakterlosigkeit oder dumpfe Gleichgiltigkeit gegen die vaterländischen Interessen." Die Organisierung der Wahlbeteiligung in den einzelnen Abstimnrungsbe- zirken bietet die beste Gewähr für die Beteiligung der Säumigen an der Wahl. Diese Arbeit ist für die größeren Orte noch notwendiger als für die kleinen, weil im Gewühl und Gedränge des Tages in der Stadt manches vergessen wird, was sich den Sinnen nicht aufdrängt. Hätte ich zu sagen, so erklärte Eugen Richter wiederholt, so würde ich am Wahltage zn Beginn und vor dem Ende der Wahlzeit mit allen Glocken läuten lassen und die Wahllokale durch Fahnen iveithin sichtbar machen.
können, damals als sie noch lebte, die mir alles galt und die Du mit an Dein Herz hättest ziehen müssen, nm den Sohn wieder zn erlangen. Jetzt. . jetzt ist eS zn allem zn spät."
„'Nein, das ist es nicht. Ich kann ihr allerdings nicht mehr sagen, daß ich ihr verzeihe, aber ich habe, was ich an ihr gefehlt, an ihrem Kinde gnr gemacht, an ihrem und an Deinem Kinde! Dieses ist es, ^as ich Dir jetzt, in der Stunde, in welcher Du alles verloren zn haben glaubst, znführe und um dieses Kindes willen, das der Segen meines Alters geworden, laß alles vergebe», vergessen und begraben sein, was einen Mißklang bilden könnte i» der Harmonie, die uns beglückend vereinen soll. Forsche, frage, klügle nicht viel. Demütige Deine Mutter nicht in» Staube vor Dir. Ich habe der Frau, die ich gehaßt, ihr Kind weggenvmmen, weil ich sie für unfähig hielt, dasselbe io zu erziehen, wie Deine Tochter erzogen werde» sollte. Ich habe ihr einen Schwur abgerungen, das Geheimnis zu wah- re» und Dich in dem Glauben zu lassen, das Kind sei tot, ihr aber dagegen versprochen, wenn eS erwachsen und nach meinem Sinne gebildet sei, das Mädchen Euch beiden zuznführen, geseiht gegen Einflüsse seiner Mutier, der ich nicht vertraute. Weltabgeschieden, wie ich gelebt, habe ich erst vor kurzem von dem Tode jener Frau erfahre», der ich in manchem unrecht getan haben mag. Ich beklage es. daß ich nicht mehr Dir und ihr, der Dahingeschiedenen, Euer Kind zurückgeben kann. Ich sehe ein, daß ich gefehlt, daß ich zu schroff, zu hart gewesen, aber ich irrte aus Liebe, und wer viel geliebt, dem soll auch viel vergeben werden. Verzeih' mir meine Schuld."
In grenzenloser Erschütterung hatte der Fürst seiner Mutter gelauscht. Er ahnte nicht die Größe des Opfers, welches sie ihm brachte, ahnte nicht, daß sie ans Mutterliebe eine Schuld auf sich nahm, die sie nie begangen, um ihm, indem sie ihm sein Kind zuführte, den Glauben an die Frau zu erhalten, die er so heiß geliebt.
Zum erstenmal seit Lenore von Lichtenfels die Angen zum ewigen Schlafe geschloffen, tauchte ein Glücksempfinden in der Seele des Mannes auf, welcher bisher am liebsten im dunkeln Schoß der Erde an ihrer Seite gebettet gewesen wäre.
„Ihr Kind," flüsterte er bewegt, „ein Engel vom Himmel gesandt, um mir Trost zu spenden. Mutter, ein Tropfen Balsam in den Kelch meines Leidens ist das Bewußtsein, daß Du eingestehst ihr unrecht getan zu haben. Auch ich habe gefehlt, schwer
gefehlt gegen Dich, gegen sie, die ich von der ersten Stunde an, an meine Seite hätte stellen sollen, anstatt sie Jahre hindurch den Blicken der Welt zu verbergen und in ihrer Seele den Glauben wachznrnfen, daß anderes mir mehr gelte, als sie. Ich danke Dir, Mutter, daß Du gekommen bist, ccm Worte der Liebe und Versöhnung zu mir zn sprechen. Ich danke Dir aus voller Seele und nm ihretwillen, die von lichten Höhen Hernie- derblicken kann ans uns, lassen ivirvergessen sein, ivas gewesen, leben wir, die wir zurückgeblieben, in friedlicher Bereinigung weiter, ihr Andenken ehrend und segnend."
Der Fürst hatte seine Tochter in die Arme gezogen und neigte sich min, nm die Hand der Mutter zn küssen. Sie konnte den friedlich-frohen Ansdruck seiner Züge nicht sehen, aber sie Hörle es an dem Klange seiner Stimme, daß das Leben neuen Reiz für ihn gewonnen, sie fühlte, daß ihr Opfer kein vergebliches gewesen sei und das war ihr Lohn.
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Wenige Tage später reiste der Fürst in Begleitung ;einer Mutter und seiner Tochter nach Jvlowitz zurück. Die Fürstin hatte der Welt gegenüber das Märchen aufrecht erhnlttn, das sw cmS Liebe zu ihrem Sohne dessen Tochter bei sich gehalten hatte, um sie zu erziehen.
Wer de» herrschsüchtigen Charakter jener Frau kannte, hielt eS nicht für unmöglich und ahnte nicht die Grüße des OvserS, welches sie ans mütterlicher Liebe gebracht, indem sie sich eine Schuld auflud, die sie nie begangen.
Als der Fürst nach einiger Zeit eine herzliche Einladung an seinen Stiefsohn, den Grasen Anlenhof Riedenfiirst, ergehen ließ, in welcher er ihn aufforderte, nach Jolvwitz zu kommen, um seine Stiefschwester kenne» zu lernen, erhielt er Hingehende Antwort, worin er wärmsteus dankte, lebhaft bedauernd, die Einladung nicht annehmen zu können, da er sich verpflichtet hätte, ans die Dauer von drei Jahren sich einer wissenschaftlichen Expedition anznschließen.
„Ich hoffe," hieß es am Schluffe seines Schreibens, „daß ich noch rechtzeitig znrnckkehre. um der schönen und lieben Schwester, welche ich bisher nur stachlig gesehen, ohne zu ahnen, welches nahe verwandtschaftliche Band uns eint, als Trauzeuge zn dienen, der des Himmels Segen für ihr ganzes ferneres Leben innig erwünscht."
— Ende. — 131,80