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celeton Nr. 4i.

Amtsblatt füx die Ltadt Dildbad.

verkündigungsblatt

der Rgl. Lorstämter wildbad, Meistern, Lnzklösterl« rc mit

amtlicher Fremdenliste.

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Aienstag, den 15. Januar

1907.

Das Kcho.

Das Ergebnis der Landesproporz wählen veranlaß: die Presse aller Parteien und auch die partei­losen Blätter zu Bemerkungen allgemeiner und detail­lierter Art, letztere besonders in der Richtung der Stim- menvcrschiebung gegenüber den Bezirkswahlen, di« für die Bolkspartei ein so vorzügliches, für die Sozialdemo­kratie aber ein so enttäuschendes Resultat ergeben hat. DieFrankfurter Zeitung" äußert sich zunächst im allgemeinen Sinne über den Landesproporz. Sie schreibt:

Die Anwendung der Verhältniswahl war diesmal noch ein Experiment. Man war unsicher über ihren Ansgang und unsicher in ihrer Vorbereitung. Es ist von allen Parteien eifrig gearbeitet worden, um mög­lichst viel Stimmen und Mandate zu gewinnen. Teil- rveise hatte die Wahlarbeit sogar einen etwas nervö­sen Charakter angenommen und wunderliche Erschein­ungen gezeitigt. Bei einer Wiederholung wird sich die Vorbereitung und die Wahl selbst höffentlich mit dem gleichen Eifer, aber doch etwas ruhiger vollziehen. Im ganzen aber kann man doch wohl sagen, daß trotz der etwas bizarren Nebenerscheinungen die Einrichtung sich bewährt hat. Sie schafft einen gewissen Ausgleich ge- ' gen die Ungleichmäßigkeiten in der Verteilung und Größe der Wahlkreise und sie bringt die sonst teil­nahmslos abseits des öffentlichen Lebens in der po­litischen Zerstreuung lebenden Wählerminderheiten da­zu, von ihrem politischen Recht Gebrauch zu machen. Das sind ganz gewiß gewichtige ideelle Vorteile. Die Befürchtung, daß die Wiederholung des Wahlakts und das Fehlen des politischen Moments zu einer weit­gehenden Wahlabstinenz führen könnte, hat sich erfreu­licherweise nicht bewahrheitet. Es haben im Gegen­teil nahezu 12000 Wähler mehr ihr Wahlrecht aus­geübt, als im ersten Wahlgang bei den Bezirks- Wahlen.

Den Rückgang der sozialdemokratischen Stimmen (von 91000 auf 85 000),. bezw. die Wahlmüdigkeit ge­rade bei der sozialdemokratischen Partei findet die Frank­furter Zeitung auffallend. Wenn sie weiter sagt, daß es nicht ausgeschlossen ist, daß eine, wenn auch nicht gerade bedeutende Abbröckelung der sozialdemokratischen Wählermassen und Uebergang zu der am nächsten stehen­den Bolkspartei stattgefunden hat, so findet sich das Blatt in Uebereinstimmung mit der Schwab. Tag­wacht, die zugibt, daß ein Teil der sozialdemokrati­schen Wähler zur Bolkspartei abgeschwenkt ist. Die Fr. Ztg. konstatiert, daß bei derselben starken Abstimmung wie am letzten Mittwoch der Bolkspartei eine Reihe von Mandaten (Maulbronn, Schorndorf, Reutlingen Amt,

Heidenheim, Sulz) erhalten geblieben wären. Den Miß­erfolg der Deutschen Partei beurteilt das Blatt in folgenden Sätzen:

Schlimmer kann kaum die politische Herrlichkeit einer Partei zerflattern, als es hier bei der Deut­schen Partei geschehen ist. Wenn das die Erfolge der vielgerühmten Hieberschen Politik sind, daß die Wähler in Hellen Haufen zum Agrarjertnm überlau­fen, und wenn eigentlich die meisten Landtagsmandate der Deutschen Partei nur vom Bauernbund geliehen find, dann hat die Partei desZüngleins an der Wage" allerdings allen Grund, bescheiden zu sein. Wir vermuten aber, daß diese Wahrnehmungen denMer­kur" und den gegenwärtigen Leiter der Deutschen Par­tei nicht von der Verderblichkeit ihrer Politik über­zeugen, sondern noch mehr dazu treiben werden, dem Agrariertum Und den Konservativen gefällig zu sein."

Gegenüber der zahlenmäßigen Majorität des Zen­trums sagt die Fr. Ztg. am Schluß ihrer Betrachtung:

Daß die Volkspartej ihre kampferprobten Füh­rer und eine Schar wetterharter Kämpfer in den Halbmondsaal wieder zurückbringt, wird den Geg­nern von rechts zeigen, daß sie auf eine Aera des Rückschritts jedenfalls auch in diesem Landtag nicht rechnen dürfen."

DerBeobachter" stellt fest, daß das erste grö­ßere Experiment mit der Proporzwahl im deutschen Reich vollständig gelungen ist und sagt dann über diesen Versuch:

Württemberg ist der erste deutsche Bundesstaat, der den Proporz, wenn auch nur als teilweisen Er­satz bei den allgemeinen Landtagswahlen in Anwend­ung brachte, wie es einst der erste Staat war, der das allgemeine, gleiche u. direkte Wahlrecht und später­hin die Wahlkouverts als Wahlschutz einführte. Wie andere Bundesstaaten, ja sogar das Reich diesem Vor­gehen nachgefolgt sind, so ist zu hoffen, daß auch der Proporz langsam im Deutschen Reiche als die rela­tiv gerechteste Wahlart mit der Zeit Nachfolger finden werde."

Zu dem glänzenden Resultat, das die Volkspartei erzielt hat, bemerkt der Beobachter:

Die Bolkspartei ist also immer noch die zw eit stärkste Partei des Landes und wird nur übertroffen von der rein konfessionellen Partei des Zentrums, das skrupellos auf der einen Seite allewahren Katholiken" mobil zu machen verstanden hat und auf der anderen Seite doch schein­heilig behaupten möchte, es sei keine konfessionelle Par­tei. Daß gegen das Zentrum nur die Volkspartei noch den Kanrpf führen kann, beweisen die Ergebnisse aus

der überwiegenden Mehrzahl der katholischen oder pa­ritätischen Bezirke des Landes. Sozialdemokratie und Bauernbund, wie Deutsche Partei versagen hier voll­ständig. Dieses Vorhandensein eines demokratischen Kerns in der Wählerschaft, der nur auf die Zeiten des weiteren Wurzelschlagens und Wachsens wartet, macht auch die verbissene Feindschaft des Zentrums gegen die Volkspartei begreiflich. Der Beobachter schließt dann: Wie keine andere Partei ist die Volks­partei als die Partei des Volkes aus den Proporz­wahlen hervorgegangen, die nicht auf konfessionelle Schichten beschränkt ist, die aus den landwirtschaft­lichen Bevölkerungskreisen ebensowenig zu verdrängen ist, wie aus den industriellen, eine Partei, die ihre Mitglieder und Freunde in allen Schichten und Bc- rnfsarten hat.

Die schon angeführteSchwäbische Tagwach t" ist natürlich der Ansicht, als ob der Stimmenzuwachs) der Volkspartei neben den von ihr eingestandenen sozial­demokratischen lleberläufern sich aus den Stimmen der Unterbeamten rekrutiert und sie widmet diesem Thema einen besonderen Artikel unter der SpitzmarkeDie be­trogenen Unterbeamten". Die von uns in der Besprech­ung der Wahl am Samstag geäußerte Auffassung, daß die Schw. Tagwacht durch die Illoyalität in der Agi­tation selbst mitschuldig ist an dem Stimmenrückgang der Sozialdemokraten, diese unsere Auffassung wird von meh­reren Blättern u. a. auch der Fr. Ztg. geteilt. Daß Herr Roth infolge von Umständen, die wir bereits an­geführt haben, unterlegen ist, bedauert mit uns auch derBeobachter", der an anderer Stelle über diese Kan­didatur bemerkt:

Der Kandidat hat sich im Wahlkampf und in der Parteiarbeit als eine wertvolle Stütze und schätzbare Kraft erwiesen und sich damit die Anwartschaft auf einen über Worte hinausgehenden Dank der Partei erworben. Daß die Interessen der von Roth vertre­tenen Beamtenorganisationen mit den Bestrebungen der) Volkspartei eng verwachsen sind, in einer Zeit rück­haltslosester Unterstützung, bedarf keiner Zusicherung.

TieDeutsche Reichspost", das Organ der Konservativen und des Bauernbundes ist mit dem Wahl­ergebnissehr zufrieden". Sie rechnet dem Bauernbund) 15 Mandate zu, was aber unrichtig ist, da der in Schorndorf gewählte Abgeordnete Beißwanger, trotz der Bemühungen des Bauernbundes, erklärt hat, diesem un­ter keinen Umständen beitreten zu wollen. Die Befriedig­ung des konservativen Blattes über den Wahlausfall wird) auch noch durch folgende interessante Stelle begründet:

Da die gewählten Deutschpar teile r größ­tenteils zum rechten Flügel ihrer Partei gehören' (zwei derselben sind Mitglieder des Bundes der Land-

Newegles KeVe».

Roman von Max von Weißenthurn. 61

Während seines zufälligen Aufenthaltes auf dem Gute eines Ctudieugenvssen, welches an Jolowitz grenzte, hatte der junge Man» häufig Gelegenheit gehabt, Eleonore Trouve zu sehe».

Das Mädchen hatte vom ersten Augenblick an in seinen Au­gen einen so bestrickende» Zauber besessen, daß er wiederholt die Gelegenheit suchte, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und alles darum gegeben hätte, ihr vorgestellt zu werden und einen möglichst vorteilhaften Eindruck aus sie zu machen.

Als sich ihm nach und nach, zuerst durch die Enthüllungen Eternaus, daun durch die Nachforschungen, welche er selbst an­gestellt, die Ueberzeugnng anfdrängte, daß Eleonore Trouve feine Schwester fei, hatte ihm dies eine fast schmerzliche Ent­täuschung bereitet, aber zum Glück für beide Teile vielleicht, war ihm diese Erkenntnis zu einer Zeit geworden, wo er den Gefühlen, welche in seinem Herzen z» keimen begannen, noch Einhalt zu gebieten vermochte, wo er sich sagte, es sei immer­hin ein Glück, ein Mädchen, für welches, man so viel Sympathie empfinden könne, wie jene, welche Eleonore ihm einflößte, zur Schwester zu haben, wenn sie ihm schon nicht mehr sein konnte und durfte.

In Eger allgelangt, verwendete der Graf einige Tage, um sich über die täglichen Gewohnheiten der Einwohner von Jolo­witz möglichst genau zu orientieren. So erfuhr er denn, daß die Fürstin mit ihrer Gesellschaftsdame fast jeden Nachmittag eine größere Spazierfahrt unternahm, daß niemand in der Um­gebung der Blinden es bisher gewagt habe, ihr Mitteilung zu machen, daß die Gemahlin ihres Sohnes gestorben sei. Alle Welt wußte, daß diese den Bruch zwischen Mutter und Sohn hervor- gernsen, daß derselbe aber auch ein so leidenschafilicher und heftiger gewesen sei, daß der Name des Fürsten seit Jahren in Gegenwart seiner Mutter nicht genannt werden durfte.

Wer bürgte dafür, daß die im Laufe der Zeiten geschwächte Konstitution der Fürstin, ohne Schaden zu nehmen, eine Kunde enahreu könne, die immerhin geeignet war, Wandlungen im Gefolge zu habe»; wernahm die Verantwortung auf sich, wenn aus einer Gemnisaffektion eine Krankheit der alten Dame er­wuchs ? ^

Die Tage vergingen, ohne daß Walter seinem Ziele näher­gekommen wäre und es beängstigte ihn dies umsomehr, als er sich sagte, daß Zeitversäumuis auch dem Fürsten schaden könne. Längeres Zögern frommte zu nichts. Da aber Walter überzeugt war, daß, wen» er der Fürstin sein Anliegen um eine Unter­redung brieflich vortrage, oder, wenn er ihr das alles schrieb, waS er ihr zu sagen habe, nur Eleonore diejenige sein würde, welche dieses Schreiben zur Hand bekam, um es der Fürstin vorzntragen, beschloß er, den Zufall zu seinem Verbündeten zu machen und so lange im Parke von Jolowitz, welcher dem Pnbli- kum zugänglich war, umherzustreife», bis es ihm gelinge, die Fürstin zu treffen und sie mit dem, was sie wissen mußte, ge- wissermaßen zu überfallen.

Tage hindurch waren seine Bemühungen erfolglos. Entwe­der, er sah die Damen gar nicht, oder sah sie nur vereint und er hatte sich fest vorgenommen, das, was er der Fürstin Zusagen habe, nicht in Gegenwart Eleonores anszusprechen.

Bvn der Befürchtung ausgehend, daß, wenn er plötzlich einen Moment des Alleinseins mit der alten Dame benützend, diese anspreche, eS fast wie ein Uebersall anssehe» könne, der mehr schade als nütze, beschloß er endlich, die Hilfe des Güterdirek- tvrs anznrnfen, damit dieser ihn gewissermaßen als Gewährs- mann dessen, daß er nichts Böses im Schilde habe, der Fürstin zuführe.

Nach einigem Hinnndherreden gelang es ihm endlich, den Direktor zu bewegen, in diesem Sinne für ihn einzntreten und mit klopfendem Herzen schritt er au dessen Seite in den Nach- mittagsstnnden eines schönen Sonntags aus die Laube zu, in welcher sich die Fürstin aufzuhalten pflegte.

Die beiden Herren hatten sich vorher überzeugt, daß Eleo­nore die Erlaubnis von ihrer Herrin erhalten habe, sich zurück­zuziehen, da sie sich heftiger Kopfschmerzen wegen, niederlegen wolle.

Der Direktor stellte programmmäßig Herrn Walter vor, der Ihrer Durchlaucht einige wichtige Angelegenheiten vorzntragen habe und bat um die Erlaubnis, sich znrückziehen zu dürfen, da, so viel er wisse, das, waö Herr Walter zu besprechen habe nur für die Frau Fürstin allein bestimmt sei.

Walter hatte sich kein regelrechtes Programm darüber ge­macht, wie er eigentlich vorgehe» wolle.

Nur so viel stand fest, daß er im ersten Augenblick den Na­men des Fürsten ganz aus dem Spiele zu lassen habe, daß viel­mehr es Eleonore sein müsse, nni deren willen er das Interesse der hohen Frau wachzurufen gedenke.

Verzeihung, gnädigste Fürstin/ sprach er mit tiefer, melo­discher Stimme, der man aber trotz aller Mühe, welche er sich gab, die innere Erregung ninnerkte.Verzeihung, gnädigste Für­stin, daß ich es wage, mich in einer ernsten und heiklen An­gelegenheit an Euer Dnrchiancht zu wenden, aber ich will das Gute, und von diesem Gefühle getragen, finde ich auch den Mut, mich an eine Frau zu wenden, welche, wie weit und breit be­kannt ist, sich stets bereit findet, da hilfreiche Hand zu leisten,' wo Hilfe not tut, sei es »nn durch pekuniären Beistand, sei es durch klugen Rat."

Die Fürstin hatte den Worten Walters aufmerksam zage- hört, jetzt sprach sie, zwar nicht nnfrenndlich, aber kalt und ernst 1 Sie muten mir da einen Gesnhlsreichlnm zu, den ich vielleicht einst besessen, welchen die Schicksalsschläge de? Lebens mir aber längst abgewöhnt haben. Im große» ganzen genommen ist mir daS Wohl und Wey der Menschen gleichgültig geworden. Ich halte mir dasselbe ferne und beteilige mich nicht mehr an dem, was sie freut oder bedrückt. Ich habe," fügte sie gewissermaßen erklärend hinzu,vor vielen Jahren einen schweren Schickials- schlag erfahren, der alles weiche Empfinden, dessen meine Seele je fähig gewesen, lahm > gelegt hat. Ich vegetiere seither nur und es ist mir alles gleichgültig geworden. Erwähne ich selt­samerweise dies Ihnen gegenüber, der Sie mir ein Fremder sind, lo geschiehst dies nur. weil Sie sich vertrauensvoll an mich wenden, die ich Ihnen gleichfalls fremd bin, weil Sie von mir einen Rat fordern und ich Ihnen begreiflich machen inöchne, daß der Rat einer Frau, die gewissermaßen schon zu den Abgeschie­denen gehört, die wenige oder keine Bande hat, welche sie anS Leben fesseln, für Sie kaum von Wert sein kann."

Wenig oder keine Bande," wiederholte Walter,vielleicht liegt gerade in dein Wenig der Schlüssel zu dem, was ich mit Euer Durchlaucht bespreche,', möchte. Wie man mir sagt, steht das junge Mädchen, welches seit längerer Zeit in Ihrem Hauie den Posten einer Gesellschafterin einnimmt, Ihren« Herzen nicht fern, wenigstens flößt sie Ihnen Sympathie ein und um die­ses Mädchens Zukunft handelt eS sich nun." 131,20