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mit Erzähler vom ^chwarzivald.

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Lelelon Nr. 4).

Amtsblatt für die Stadt lvildbad.

verkündigungsblatt

der Agl. Korstämter wildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. mit

amtlicher Fremdenliste.

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Mittwoch, de 2. Januar

1907.

1906 --- 1907.

-6. So oft wir auch schon die Mitternachtsstünde schlagen hörten, sei's, daß wir uns schlaflos dem Tage entgegensehnten, sei's, daß wir auf einsamen Straßen -ach Hause gewandert sind vom Stammtisch, um den M der Kreis der Freunde gesammelt hatte der Klang der Glocken hat uns nicht gerührt. Mehr wie einen Stoßseufzer:Ach, erst zwölf Uhr!" oderDonnerwet­ter, schon zwölf, das gibt eine kurze Nacht!" hat die Uhr nicht ausgelöst. Was ist es nun, das uns er­schüttert, wenn in der Sylvesternacht zwölf Glocken - schlage durch die Lüste zittern, zwölf Glockenschläge, die das Wunschgeschrei der Menge übertönen und sanft ver­klingen in einem neuen Zeitabschnitt? Der Kultus, den die Menschen mit der Sylvesternacht treiben, hat ein einfaches geschichtliches Rechenergebnis zu einem Wende­punkt im Leben gesteigert, an dem es üblich ist, inner­lich und äußerlich Bilanz zu machen. Jst's denn ein Wendepunkt? Nein! Mehr nur ein Markierpslock für den Geschichtsschreiber, der an den Jahreszahlen 1906-1907 das Niveau unseres kulturellen Lebens ab­zumessen und abzuwägen hat. lieber Jahrtausende hat sich die Erde gedreht und wie der Weg der Entwicklung gegangen ist über Berg und Tal, so ist die Kultur ge­stiegen und gesunken auf und ab mit der Völker Größe und Niedergang.

Nach rückwärts ist der Weg erhellt durch die Ge­schichte. Nach vornen ist er dunkel, denn wenige sind es, die prophetischen Geistes Streiflichter in die Zukunft zu werfen vermögen. Neuzeitliche Propheten aber sind meistens Optimisten- uns Liebe zum Vaterland. Da- -um bleibt die Frage ungelöst: geht es aufwärts oder abwärts? An der Wende dieses Jahres ruht das Schick­sal Deutschlands noch zu sehr auf der Geschicklichkeit der Diplomaten, die ihre Verantwortlichkeit nach oben höher einschätzen als gegenüber dem Volke, das die konstitutio­nelle Verfassung zur Mitbestimmung berufen hat. Das führt zu Fehlern in der Politik und zur Erweiterung sder Kluft, die ohnehin besteht zwischen Fürst und Volk. ,,Persönliches Regiment" sind ztvei Worte, die nicht vom Himmel gefallen sind und die unsere Argumente mit mehr Beweiskraft auszustatten geeignet sind. Ter Anfang knd das Ende des eben zu Ende gegangenen Jahres sind markiert durch zwei Fehler der Diplomatie. An seinem Anfang, im Januar nämlich, hat sich unsere Dip­lomatie in den Schlingen der Marokkopolitik gefangen. Am Golf von Gibraltar, am südlichen Ende Europas liegt das Städtchen Algeciras. In ihm wurde nicht das heil, wohl aber die politische Isolierung Deutschlands geboren, bei der der vierte Kanzler des neuen deutschen Reiches zu Gevatter stand. Dort liefen auch die Fäden

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ZLervegiss Keöe«.

Roman von Max von Weißenthurn. 42

EmilSwruau fuhr nach der Zusammenkunft mit seiner Toch­ter sofort nach Wien zurück. In einige» Tagen mußte es sich sa zeige», ob es zwischen ihm und dem Grafen Anlenhos zu einer Besprechung kommen werde, welche möglicherweise einen sür ihn befriedigende!! Abschluß fand, und inzwischen würde ihm auch Klarheit werde», was die Fürstin sür ihn zu. tun gedenke. Er hatte mehrere Quellen, welche ergiebig werden zu müssen ver­sprachen, wozu sie nicht als kluger Mann gehörig anSuützen?

Nach der Herberge znrnckgekehrt, ließ er sich vor allem die Zeitungen der letzten Tage geben und fand in einer derselben Lcuvres Inserat, welches ihn im höchsten Grade befriedigte. Der Umstand, daß sie sich aus Verhandlungen einlassen zu wollen schien, muhte an sich schon als ei».äußerst günstiger Fortschritt ansgesaßt werde», sie legte damit, vielleicht ohne es zu wollen und zu ahnen, da? Geständnis ihrer Schuld ab und gab sich in die Gewalt des Mannes, der völlig geeignet war, dies in der entsprechenden Weise auSznnützen. Er versäumte denn auch keine Zeit, daraufhin wieder ein Inserat einrücken zu lassen, in dem er andeutele, daß, uni eine ersprießliche Vereinbarung zu er­zielen, eine mündliche Besprechung sich woh! als notwendig er­weisen werde und diese, um keinerlei Aufsehen z» erregen, viel­leicht am besten durch eine Begegnung beim Lnsthause im Pra­ter erzielt werden könne. Als Termin bestimmte er den glei­chen Tag, an welchen! er den Grafen Walter Aulenhof bei sich erwartete, nur nannte er erst die sechste Abendstunde, weil er darauf rechnete, daß er bis zu dieser Zeit längst über alles mit Walter ins reine komme» mußte, was es mit ihm zu verhan­deln gab und folglich auch genau wissen werde, wie weit er der Fürstin gegenüber gehen, was er von dieser zu erreichen oder zu hoffen habe.

Daß zwei Tage vergangen waren, seit da» Inserat der Für­stin in der Zeitung gestanden, war ihm ganz recht, denn der Um­stand, daß er allein Anscheine nach überlegt habe, was er wolle, steigerte den Wert dieser seiner Antwort bedeutend.

Mit Spannung sah er «un dem Tage entgegen, an welchem, Mir er keinen Augenblick zweifelte, durch seine Besprechung mit Gräfin Auleichof der erste positive pekuniäre Gewinn ihm zu­

Delcassäs auf den Spulen, Fäden, die ein blutiges Tuch gesponnen hätten, wenn sie nicht die bessere Einsicht un­serer westlichen Nachbarn hätten enizwei geschnitten. Zum Heile Deutschlands. Und es konnte die Frage aufgewor­fen werden, ob die deutsche Regierung in derselben Lage dem Frieden einen Minister opfern würde. So war Marokko" der Angelpunkt der deutschen Politik im Jahre 1906 und es gab eine Zeit in diesem Jahre, wo die Presse die übereifrigen Regierungspolitiker daran er­innern mußte, daß drüben iu Südwestafrika die Söhne deutscher Bürger bluten.

Am 13. Dez. 1906 wurde der Reichstag aufgelöst. Am 26. Dez gerade auf Weihnachten, kam die Kunde von der Unterwerfung der Bondelszwarts. Beide Tatsachen stellen im Zusammenhang den Fehler dar, den unsere Diplomatie am Ende des Jahres sich hat zu Schulden kommen lassen. Sie hat Forderungen erhob:» sür Süd­west, die sie nicht erheben durfte, wenn sie wußte, wie es drüben stand. Und die Stellung der freisinnigen Parteien wäre eine andere gewesen, wenn Regier­ung ihrer Pflicht der Aufklärung voll und ganz nach­gekommen wäre.

So sind wir an der Jahreswende plötzlich hiueiu- gestellt worden in einen Wahlkampf, zu einer Zeit, da wir inWürttemberg hofften, von einem solchen ausruhen zu dürfen. Die neue Situation in Südwest HK >ie Lage erfreulicherweise geklärt und dem eitlen Geschwätz, als seien die Konservativen und die Liberalen in diesem Kampfe gemeinsam verbunden, ein Ende gemacht. Der Kampf des entschiedenen Liberalismus richtet sich gegen jede Reaktion, er richtet seine Spitze gegen die Konser­vativen und gegen das Zentrum, geg " letzteres nicht etwa der Regierung zu Li.be, sondern .^eck wir die Treue halten unserem Programm. Und wenn, was Gott ver­hüten möge, das Zentrum auch im kommenden Jahre seine schwere Hand auf die Regierung wird legen dür­fen, so bedauern wir das nicht deshalb, weil uns dann das Jahr 1907 den fünften Reichskanzler bringen wird, sondern wir bedauern es aus Liebe zum Vaterland, das unter diesem Zeichen nicht glücklich wird sein können.

Wir Schwaben sind gerüstet zum Streit, denn die Waffen, die wir in den Kämpfen um eine volkstümliche Vertretung in Württemberg haben erprob, n können, sind noch blank. Der zahlenmäßige Erfolg, den das Zen­trum in seinen Domänen errungen hat, wird uns die Freude nicht trüben können an den parlamentarischen Erfolgen, des eben beginnenden Jahres. Und wenn die erste reine Volkskammer, die Zusammentritt, auch von einem Angehörigen jener Partei geleitet werden sollte, die den kräftigsten Widerstand der Bildung dies r Volks­kammer entgegengesetzt hat, so wird das an dem Geist nichts ändern, der dem württembergischen Parlament,

falle» sollte, und je näher dieser Termin rückte, desto mehr stei­gerte sich die Aufregung, in welcher er sich befand.

Beunruhigend empfand Emil Sternau nur das vollständige, lautlose Schweigen des Fürsten Otto Bon Graf Walter hatte er fürs erste keinerlei Antwort zu erwarten, denn er war eS gewesen, der den Tag und die Stunde der Zusammenkunft be­stimmt und bevor dieser Termin nicht abgelause», konnte er sich nicht gut dem Glauben hingeben, daß der Graf sich veranlaßt sehen werde, ihm irgend eine Mitteilung zukommen zu lassen. Daß der Fürst, wie es den Anschein hatte, keinerlei Versuch machte, den Schreiber jenes anonymen Briefes zu entdecken, das beun- ruhigte ihn mehr, als er zu zeigen für gut fand.

Wielveit er in seinen Enthüllungen Walter gegenübergehcn konnte, darüber war er selbst noch nicht im klaren, er sagte sich, eS müsse dies die Antwort des jungen Grasen bestimmen; einst- weilen handelte eS sich nur darum, die Papiere, welche gefälschte Unterschriften trugen, möglichst vorteilhaft zu verkaufen und er war überzeugt, daß Gras Walter e» nicht auf einen Prozeß au- konimen lasten könne, bei dem seine eidliche Aussage, er wisse um die Papiere, schwer in die Wagschale falle» mußte. Ein sol­cher Prozeß würde die Namen Aulenhos wie LichtenfelS in pein­licher Weisein die Oeffentlichkeit gebracht, vor Gericht gezogen haben und das konnte weder Graf Walter noch der Fürst wün­schen.

Der Morgen des Tage» brach an, an welchem Emil Sternau Walter erwartete »nd mit steigender Aufregung stellte er sich, je näher die Stunde rückte, in welcher jener kommen sollte, die Frage, ob er auch wirklich erscheinen werde. Im Gastzimmer hatte er den Befehl erteilt, daß, wenn ein Herr nach ihm fra­gen solle, derselbe sofort nach dem im rückwärtigen Teil des Hauses gelegenen Zimmer zu führen sei, welches er i»ne hatte. Und je näher die Stunde rückte, in welcher er den jungen Mann erwarten zu können glaubte, desto unruhiger wurde er. So ost er sich auch da» Programm vorgesagt, nach welchem er sich ge­nau halten wollte, so mußte er sich doch gestehen, daß unzählige Varianten desselben von dem Tone abhingen, den der Graf ein­zuschlagen für gut finden werde.

Mit jener Pünktlichkeit, welche da» Merkmal guter Erzie­hung ist, meldete gerade um drei Uhr der schmierige Pikkolo un­ten au» der Wirtsftube, daß ein Herr gekommen sei. derben

ganz im Sinne der Mehrheit des schwäbischen Volkes, den demokratischen Stempel aufgedrückt hat. Und die so glänzend bewährte parlamentarische Arb it der De» mokratie, die ihre Kraft aus diesem Geiste zieht, Wir8 es möglich machen, daß über der schwarzen Fahne auf dem Halbmondsaal auch im zukünftigen Landtag daH Banner des Fortschritts weht. Deshalb gilt auch für 1907 die Parole: Nach vorwärts!

Wundschan.

Die Auflösung des Reichstags, so führt Theo­dor Barth in derNation" aus, ist in letzter Linie nur der Ausdruck für die Unhaltbarkeit des ganzen ge­genwärtigen Regierungssystems. Nachdem es in der inneren Politik nach und nach mit und gegen fast alle politischen Parteien Verbindungen eingegangen ist und die Grundlosigkeit zum obersten Prinzip der Re­gierung erhoben hat, stellt sich heraus, daß man nicht : weiter kann. Barth führt dann weiter aus: Daß es für das Deutsche Reich eine Unmöglichkeit geworden ist, sich i der demokratischen Entwicklung zu einem wirk- j lichen Verfassungsstaat auf die Dauer zu ent­ziehen, geht auch aus der immer wachsenden Unzuläng­lichkeit unserer auswärtigen Politik hervor. Wir haben ja bei der Marokkoaffäre geffhen, daß die deutsche Re­gierung, obwohl sie alle Hände voll Trümpfe hatte, trotz-. ' dem das Spiel verlor Die. demokratischen Regierungen , Englands und Frankreichs zeigen sich heute gerade auch ! in der auswärtigen Politik den in der «onsliUlUonelsen,' j Entwicklung zurückgebliebenen alten Monarch:'-". - ? über als ungleich Erfolgreicher. Die Demokre stier» :

? Deutschlands ist deshalb durchaus eine Le- .

geworden. Bei den bevorstehenden K!eichstag-'ivahl-en kann es danach für jeden Liberal ' » die -- Kok

nicht als Mandatskrämer be reit-, nur das ei -- e Zw« geben: die reaktionären Kräfte, Kn. K wo sie st-'him, ob in der Zentrumspartei, oder bei der u a ffn veu-r-.ui. oder den Antisemiten oder sonstwo, nach Mögt: ' u-

rückz u d r ä n g en. Ein freisinniges Bürgertum, > - .. wch' zum Schleppenträger der Reaktion erniedrigte, würoe nicht nur schlechte. Wahlgeschäfte machen, sondern außer­dem, mit der allgemeinen Verachtung-beladen, nur noch ein politisches Scheindasein führen uni- alle aktiven de­mokratischen Elemente mit Gewalt ins sozialdemokratische Lager Hineintreiben. Mehr als je tue uns heute Cha­rakter in der Politik not. Denn wir stehen nicht am Ende, sondern erst am Anfang einer großen konstitutio­nellen Auseinandersetzung.

* -» *

Weihnachten in Byzanz. Ein Berliner Blatt, das ollen höfischen Vorgängen eine besonders liebevolle

Amerikaner" zu sprechen verlange, er stehe draußen auf dem Korridor.

Noch ehe Sternau ihm eutgegrngehen konnte, trat derFeemde bereits in den Rahmen der Tür, musterte er den Manu, den aufzusuchen er gekommen war, mit klarem, durchdringenden Bück.

Walter von Aulenhof war groß, schlank gewachten, hatte scharf ausgeprägte Züge und tiefblaue Augen, die aber offenbar merk­würdig ernst und streng bücken konnten, was gar nicht recht iin Einklänge stand mit dem noch jugendlichen Gesicht. Seine aauze Erscheinung bildete einen seltsamen Kontrast zu jener des Man­nes, den er aufsuchte.

Sie haben eine eigentümliche Art gewählt, meine Bekannt­schaft zu machen, mein Herr," sprach der Gras, nachd-m sich die Tür hinter dem Pikkolo geschloffen.Es kann Sie wohl kaum Wunder neymen, daß ich Ihnen mit Borcuigeuommeubeit ent­gegentrete, denn sowohl Ihre Anonymität, wie auch die An­deutungen in Jhrenr Briefe sind nicht danach angetan, mein Ver­trauen zu erwecken. Wenn ich trotzdem eS unterlassen habe, Ihr Schreiben mit jener Nichtbeachtung zu lohnen, die eS im Grunde genommen verdient haben würde, w ist die Ursach-hierfür in dem Umstande zu suchen, daß ich gewöhnt bin, den Dingen klar ins Auge zu sehen, daß ich wissen will, wornnich bin. Jchsürchte keinen Feind, und sollte ein solcher meinen Pfad kreuzen, so nehme ich den Kampf mit demselben mutig auf; wer das Licht nicht zu scheuen braucht, dem schadet die menschliche Niedrigkeit nichts."

Scheinbar unbewegt hatte Emil Sternau diesen seinen Wor­ten gelauscht, jetzt zuckte eS um seine Lippen und mit lenem Spott wiederholte er:Wer da- Licht nicht zu scheuen braucht, dem schadet die menschliche Niedrigkeit nichts, darin haben der Herr Graf sehr recht; ich zweifle auch nicht, daß eS in Ihrem lunzen Leben nichts geben mag, was Sie zu scheuen brauchen; ob Sie aber die gleiche Bürgschaft sür all diejenigen überneh­men können, welche Ihrem Herzen nahestehen, da? dürste denn doch wohl in Frage gestellt werden." Er hielt inne.

Nichts tn den Zügen de» Grafen wie» daraus hi», dass er vollkommen genau orientiert sei, auf wen diese Worte Bezug hatte»; umsomehr mußte es überraschen, daß er mit eisigkalter, aeschästsmännischer Ruhe sprach:Fasse« Sie sich kurz, ich habe keine Zeit zu verliere»,; ich vermute, Sie haben mir etwas zu verkaufen, denn zumeist sind r» nur käufliche Menschen, die den Weg der Anonymität bickret«»." 131,20

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