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mit Erzähler vom E>chwarzwald.
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Lelelon Nr. 41.
Amtsblatt für die Stadt wildbad.
verkündigungsblatt
d« Ugl. Korstämter wildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. mit
amtlicher Fremdenliste.
Znrerate nur S 91g Hurwsrlige 10 9ljj. Sie klein, rprlligr SarmonSrelle.
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Yr. 195.
Mittwoch, den 22 August
1906.
PuudfHa«.
Pod will nicht gehen. Neuerdings erklärt Pod- bielski im „Lokalanzeiger" nach Kenntnis der Note der „Norddeutschen", er habe allerdings vor einiger Zeit schon ein Schreiben an den Reichskanzler ungefähr mit den Worten beschlossen: Ersetz» ob, um sich mitSchmutz bewerfe« zu lassen. Lieber würde er vorziehen, aus dem Staatsdienst zu scheiden. Podbielski wollte aber diese Worte nicht als Einreichung eines Entlassungsgesuches verstanden wissen. Wenn er solches beabsichtigte, würde er es direkt an den Kaiser gerichtet haben. Darens geht hervor, daß Podbielski tatsächlich nicht gewillt war oder ist, aus eigenem Entschlüsse zu gehen. Die meisten Blätter zweifeln nicht daran, daß die Entlassung genehmigt werden wird. Die „Deutsche Tageszeitung" meint, man würde sonst die Notiz der „Noidd. Mg. Zig" nicht veröffentlicht haben. Das Blatt findet etz unve stündlich, daß der Wirrster geht, denn die bekannten Gründe reichten dazu nicht aus. Daß er im Ueischnotrummel so fest geblieben, solle ihm niemals ver, xessen werden. Wer wisse, ob sein Nachfolger ebenso starknervig sein werde.
Zn amtlichen Kreisen faßt man die Sache anders auf als der Minister, hat aber doch noch keine definitive Entscheidung getroffen. Die „Norvd. Mg. Ztg." schreibt: Wie wir hören, Hai der Reichskanzler und Ministerpräsident das von uns bereits erwähnte Schreiben des Herrn Landwirtschaftsministers vom 13. August zum Gegenstände eines eingehenden Vortrages bei Seiner Majestät dem Kaiser und Könige gemacht. Seine Majestät hat daraus in Uebereinstimmung mit dem Anträge des Fürsten Bülow erklärt, daß Allerhöchst er auf Grund der Ausführungen des Herrn Ministers vom 13. August zur Zeit nicht in der Lage sei, über die Frage der Entlassung von Exzellenz Podbielski aus dem Staatsdienste eine definitive Entschließung zu fassen.
* *
Bayern und die 4. Klasse. Der bayerische Verkehrsminister Frauendorfer hat sich neulich, wie berichtet, in der Reichsratssitzung über seine Ansicht über die Eisenbahngemeinschaft ausgesprochen. Bei dieser Gelegenheit kam er auch auf die Einführung der 4. Klasse zu sprechen und hat dabei ausgeführt:
„Gegen diese Einführung sprechen vor allem betriebliche Momente. Auch andere Verwaltungen denken nicht daran, ihre Wagenklassen zu vermehren. Ich kann in der Einführung der vierten Wagenklasse keinen Kulturfortschritt erblicken. Für die Pfalz werden wir freilich wohl gezwungen werden, die vierte Wagenklasse einzuführen. Aber aus dieser Notwendigkeit kann ich nicht den Schluß ziehen, daß ich eine Sache akzeptieren muß, die ich von verschie- ? denen Gesichtspunkten aus für verfehlt erachte. Auch ^
das Beispiel Württembergs kann mich nicht zu einem „ehrenvollen Rückzug" in dieser Frage veranlassen."
Anderer Ansicht ist Reichsrat v. Auer, er verlangt:
„daß man mit allen Mitteln die Betriebsmittelgemeinschaft anstreben soll, da nur bei Einführung dieser Gemeinschaft eine entsprechende Rentabilität unserer Eisenbahnen zu erhoffen ist- Man darf sich nicht denken, daß die Wagen der vierten Klasse Viehwagen sind, sondern es sind Wagen, in denen die Existenz eines Menschen wohl möglich erscheint, auch wenn zufällig einmal eine Baßgeige darin mitbefördert wird."
Den Herrn Reichsrat v. Auer würden wahrscheinlich auch andere Gegenstände in den Wagen der vierten Klasse nicht genieren. Auf die Seite des Ministers stellt sich Fürst Karl zu Löwenstein, er will „alles vermieden wissen, was einer Zentralisation in Deutschland das Wort redet. Die Aeußerungen des Ministers in dieser Beziehung sind ihm sehr sympathisch."
Uns auch!
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Partei contra Gewerkschaften. Eine Artikelserie über den bekannten Zwist zwischen soziald^mo- kratischemParteivorstande und Gewerkschaften schließt der „Vorwärts" mit einem Appell an die letzteren, das Kriegsbeil zu begraben. Die Frage der Maifeier und des Massenstreiks bilde ein praktisches Exempel für den Geist der Gewerkschaften. Und es sei zu hoffen, daß der Geist des Idealismus und Sozialismus, der bisher in den Gewerkschaften gelebt hat, sich auch künftig gerade in der Stellungnahme der Gewerkschaften zu diesen Fragen bekunden wird. Gewiß hätten die Gewerkschaften ein Recht, von der Partei Rücksichten auf die „gewerkschaftlichen Bedingungen und Möglichkeiten" zu verlangen. Das sei aber in der Frage der Maifeier auch durch die Fassung der Maifeier-Resolutionen geschehen, die es in die Hand der Gewerkschaften selbst legten, sowohl in Rücksicht auf die Pflege des proletarischen Idealismus als auch in Rücksicht auf die Durchführungsmöglichkeiten der Arbeitsruhe den Umfang der Arbeitsruhe selbst zu bestimmen. Und was den Massenstreik anlange, so verlange auch hier die Partei wahrlich nichts Ungebührliches, wenn sie von den Gewerkschaften erwartet/ daß sie bei einer Bedrohung der wichtigsten politischen oder gewerkschaftlichen Existenzbedingungen den Grad proletarischer Einsicht und proletarischen Kampfesmutes beweisen werden, der von einer im sozialistischen Geiste erzogenen und zu erziehenden Arbeiterklasse unbedingt erwartet werden muß. Man will also den Riß nach Möglichkeit verkleistern.
Der Katholikentag in Essen. Die Verhandlungen der großen Zentrumsparade in Essen haben Montag ihren Anfang genommen. Vormittags gegen zehn Uhr begann im großen Saale des städtischen Saalbaues die erste geschlossene Versammlung, die von zirka 2000 Personen besucht war, darunter eine Anzahl kirchlicher Würdenträger und Zentrumsparlamentarier. In seiner Eröffnungsrede wies der Vorsitzende des Lokalkomitees, Landgerichtsrat Laarmann unter anderem darauf hin, daß die Einigkeit r^nd Geschlossenheit des Essener Katholikentags nicht darunter leide, daß einige Unzufriedene, Laue und Gleichgültige fehlten, die im vorigen Jahre in Straßburg zurückgewiesen worden seien. Redner schloß mit einem Hoch auf den Papst. Es erfolgte dann die Wahl des Präsidiums. Es wurden gewählt: zum ersten Präsidenten Abg. Gröber, zum ersten Vizepräsidenten Freiherr von Twicker-Tobern, dieser ist zweiter Vorsitzender des westfälischen Bauernvereins. Zum zweiten Vizepräsidenten wurde der Reichstagsabgeordnete für Essen, Arbeitersekretär Giesberts, gewählt. Auf Vorschlag des Vorsitzenden des Lokalkomitees würden dann Huldigungstelegramme an den Papst Und den Kaiser abgesandt. In einem Telegramm an den Kaiser heißt es: „Die Versammlung bittet Ew. Majestät, den einmütigen Ausdruck ihrer vollkommenen Ergebenheit und unerschütterlichen Treue entgegennehmen zu wollen. Ausschließlich geleitet vom Geiste der Liebe und der Gerechtigkeit wird die Versammlung im Sinne und nach dem Vorbilde Eurer Majestät der Versöhnung der konfessionellen und sozialen Gegensätze zu dienen bestrebt sein, zum Heil des geliebten deutschen Vaterlandes." Es folgt dann die Vorlegung des Antrages betreffend die römisch e F r a g e, der vom Abg. Porsch begründet wird. Porsch wies darauf hin, daß zu dem Peterspfenuig aus Frankreich gegenwärtig nur wenig Beiträge flössen. Die deutschen Katholiken hätten deshalb die Pflicht, umso eifriger dafür zu sammeln. Der dann angenommene Antrag lautet: „Die Versammlung sendet, wie alle ihre Vorgängerinnen, dem heiligen Vater in Rom, Papst Pius X., den Ausdruck ihrer innigsten Verehrung und kindlichen Treue. Dje deutschen Katholiken müssen mit den Katholiken der ganzen Welt nach wie vor den Anspruch aufrecht erhalten, daß ihr höchstes kirchliches Oberhaupt, der Papst, eine volle und wirkliche Unabhängigkeit und Freiheit genieße, welche die unerläßliche Vorbedingung für die Freiheit und Unabhängigkeit der katholischen Kirche ist, und können diese Freiheit und Unabhängigkeit erst dann als verbürgt ansehen, wenn ein Zustand hergestellt sein wird, dem auch der Papst selbst seine Zustimmung hat geben können. Inzwischen werden sie fortfahren, den Bedürfnissen des
Gefahrvolle Wege.
Roman von Ewald August König 71
„Es mag sein, daß ich aus diesem Grunde sie zu verteidigen suche, iu keinem Falle hat meine Braut von diesen Plänen Kenntnis gehabt."
„Wußte sie nicht, daß der Gatte der Fran von Weilen noch lebt?"
Waldemar blickte den Baron bestürzt an. „Das weiß sie heute noch nickst," erwiderte er. „Frau von Weilen hat stets behauptet, ihr Gatte sei im Duell gefallen, und an der Wahrheit dieser Behauptung haben wir nie gezweifelt."
„Und doch war sie eine Lüge," sagte Baron Rüdiger, in dessen Augen Zornesglnt aufloderte. „Ich habe diesen Herrn von Weilen als Gast in meinem Hause gesehen, Frau von Weilen »cmnte ihn ihren Schwager. Diese beiden sollen min das Kind entführt haben, um eine große Geldsumme vou nur zu erpressen."
„Wenn diese Vermutung begründet wäre, Herr Baron .. .*
' „Ich kann kaum noch zweifeln, daß sie es ist!"
„Dann bitte ich Sie dringend, werfen Sie keinen Verdacht suf meine Braut."
„Nein, nein, aber darf ich hoffen, daß sie mich in nieinen Nachsvrschnngen nach ihrer Schwester unterstützen wird?"
»Wenn sie es vermag."
„Ich glaube, daß sie es kann. Frau von Weilen hat vor ihrer "brcise heute morgen Abschied von ihr genommen, es ist mög- llch, daß sie ihr Ziel nannte. Sie werden eS mir nicht übel nehme», wenn ich Ihrer Fräulein Braut einen Besuch mache."
„Durchaus nicht," erwiderte Waldemar, noch immer erregt. „So peinlich und unangenehm es mir auch sein muß, diesen dunklen Flecken auf der Schwester meiner Braut zu wissen, bin sch doch z„ allem bereit, was i» meinen Kräfte» steht, um Sie w Ihren Bemühungen zu unterstützen. Sie sagten vorhin, Sie halten mit Herrn Heinrich Wallendorf geredet, Sie dürfen nicht alles glauben, was er Ihnen gesagt hat."
, »Ich weiß das wohl," unterbrach ihn der Baron, „er war Mir stets feindlich gesinnt, indessen scheint es mir, als ob sein Haß gegen Fran von Weilen die Feindschaft gegen mich in den Hintergrund gedrängt habe. Ich bitte nochmals, die Störung
zu entschuldigen, und ich danke Ihnen zugleich für Ihre Teilnahme."
* «
*
Eine halbe Stunde später betrat Baron Rüdiger die Wohnung Thereses.
*Das Dienstmädchen führte ihn in den kleinen Salon, der durch einen Wandosen mit dem Wohnzimmer in Verbindung stand. .
Das erste, was er vernahm, war die Stimme Hildegards, diese schöne sympathische Stimme, die mit ihrem süßen Klang ihn so oft bezaubert hatte.
„Du mußt Rüdiger alles sagen, was Du weißt und was Du vermutest," sagte sie, „Deine eigene Ehre verlangt daS von Dir."
„Meine Ehre weniger, als Deine Liebe," erwiderte Therese, „denn die Ehre meiner Schwester, ist ja auch meine Ehre."
„In diesem Falle nicht, nur rückhaltlose Offenheit kann Deine Ehre vor der Schmach bewahren, die Herta so leichtsinnig ans sich geladen hat."
,sWie ganz anders würdest Du reden, wenn die Liebein Deinem Herzen erloschen, wenn Baron Ravenberg Dir gleichgültig wäre."
„Ich will das nicht bestreiten, aber . . .*
Das Gespräch verstummte, Baron Rüdiger, dem das Blut heiß in die Stirne gestiegen war, hörte das Dienstmädchen ein- treten und seinen Namen nennen.
Die Besorgnis, daß Hildegard sich entfernen könne, um der Begegnung mit ihm anszuweichen, reifte in seiner Seele einen raschen Entschluß, er klopfte an und trat in das Wohnzimmer, ohne die Einladung abznwarten.
Einige Sekunden lang standen die beiden, einst so eng vereinten und »nn schon so lange getrennten Menschen schweigend gegenüber, es war kein freudiges Wiedersehen, tiefe Trauer sprach aus ihren Blicken.
„Verzeihen Sie, daß ich unangemeldet eintrcte," sagte der Baron, sich zu Therese wendend, „Sie werden, da Sie wissen, was in meinem Hause vorgefallen ist, meine Ungeduld begreifen."
„Und was führt Sie zu mir?" fragte Therese, indem sie ihn durch einen Wink einlud, sich niederzulassen.
„Frau vou Weilen hat vor ihrer Abreise Abschied von Ihnen genommen, vielleicht sagte sie Ihne», wohin sie zu reisen beabsichtigte," erwiderte er, der Geliebten nachblickend, die sich in die Fensternische zurückzog.
„So glauben auch Sie, daß meine Schwester das Kind entführt haben könne?"
„Wenn ihr Gatte es tat, so unterliegt cs Wohl keinem Zweifel, daß sie mit ihm im Bunde war."
„So behauptet Herr Walleudorf," sagte Therese, „aber ich kann nicht daran glauben."
„Umsomehr muß Ihnen daran liegen, die Schuldlosigkeit Ihrer Frau Schwester bewiesen zu sehen." -
„Wie kann ich dazu beitragen?"
„Dadurch, daß Sie meine Nachforschungen unterstützen," antwortete er. „Wenn Sie mir sagen wo ich Fran von Weilen finden kann, so werde ich unverzüglich ihr nach reisen, um die Wahrheit zu erforschen."
Therese schüttelte mit zweifelnder Miene da? Haupt, ihrBlick schweifte wie Hilfe suchend, hinüber zu der Fensternische. „Sie werden sie dort sicherlich nicht finden," sagte sie, „sie müssen sie bei der Familie Walleudorf suchen."
„Sei vor allen Dingen gerecht," klang es aus der Nische heraus. „Die Familie Wallendorf würde sich ruhiger verhalten, wenn sie sich schuldig wüßte. Herta hat Dir das Ziel ihrer Reise genannt, und unter den obwaltenden Umständen darfst Du eS nicht verheimlichen, wenn Du nicht den Verdacht der Mitschuld ans Dich laden willst."
„Ich danke Ihnen," sagte der Baron mit bebender Stimme, während er sich langsam der Nische näherte, „segne der Himmel Sie für Ihre Teilnahme, die ich nicht verdiene."
Sie schlug die tiefblauen Augen zu ihm auf, er sah Tränen in ihnen schimmern, und cs drängte ihn, sich zu ihren Füßen niederznwersen und sie zu fragen, ob sie ihm vergeben habe, aber eine abwehrcnde Handbewegung gebot ihm sernznüleiben.
Therese hatte die beiden beobachtet, sie schuigdie Angen nieder, als der Baron sich wieder zu ihr wandte
„Wollen Sie mir das Ziel der Reise verraten?" fragte der Baron.
„Ich brauche cs nicht zu verheimlichen, denn sie hat es offen in Gegenwart des Herrn Wallendorf ausgesprochen," erwiderte Therese, „sie sagte mir, sie werde von London au» an mich schreiben und sich vor mir rechtfertigen."
„Herr Wallendorf hat daraufhin erklärt, daß er an diese» Reiseziel nicht glaube," sagte Hildegard. 125,20