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mit Erzähler vom Schwarzwald.
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bei eilen «Mit. p-rtenrt-lten unck Koten im Ort», n derortrverkrde viertrtj. M.I. »u«erb»Id ckerrelden M. I. dleru Srrtellgelck Zt) ?1g.
Leielon Nr. 4l.
Amtsblatt für die Stadt lvildbad.
verkündigungsblatt
der Agl. Korstämter Vildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. mit
amtlicher ^remdenliste.
Znreeslr nur S PIg. -kurwärtige 10 ?lg. ckir klein- rpsltige Sennonckreile.
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Ar. 168.
SüMStag, den 21. Juli
WuNdschau.
Rheinregulierung und Schiffahrtsabgaben.
Am Donnerstag wurde in der badischen ersten Kammer über die wichtige Frage der Regulierung des Oberrheins rerhandelt. Beim Etat des Ministeriums des Innern schnitt Fabrikdirektor Dewitz diese Frage an. Tie Schisfahrt dürfe bei Straßburg nicht aufhören. Das Oberland habe ein Anrecht auf eine schiffbare Wasserstraße. Ter Rhein müsse nicht nur bis nach Basel, sondern bis Konstanz schiffbar gemacht werden, wo ein zweites Mannheim entstehen werde. Man könnte für die notwendigdn Arbeiten zur Schiffbarmachung dieses Wasserwegs mäßige Schiffahrtsabgaben erheben. Oberbürgermeister Beck würde gleichfalls die Regulierung des Lberrheins nicht nur bis Basel, sondern auch bis Konstanz begrüßen. Mannheim werde uneigennützig genug sein, heute schon der Stadt Mannheim am Bodensee, die Schwesterhand entgegenstrecken. (Heiterkeit). Die Rheinkorrektion über Mannheim hinaus sei für die Dauer unvermeidlich. Freilich würden bei der Rheinregulierung bis Straßbnrg eine Million Ausfälle für die badischen Bahnen entstehen und Mannheim würde als Stapel- und Umschlageplatz für wichtige Gegenden einfach ausgeschaltet, sodaß allerdings schwere Nachteile für Mannheim entstünden. Ta Baden der von einer Rheinregulierung am schwersten betroffene Teil sei, so hätte man besser eine abwartende Stellung eingenommen. Jedenfalls hätte man nicht einen so hohen Beitrag zu den Kosten leisten sollen. Geh. Kommerzienrat Kölle vertritt den Standpunkt, daß neue Verkehrswege einen neuen Verkehr schaffen und wendet sich weiter gegen S ch i f f ah r ts a b g ab en. Oberbaudirektor Honsell vertritt am Ministertifch die Anschauung, dast es im Grunde genommen die Regierung nicht gern gesehen habe, daß die Schiffahrt über Mannheim hinaus geführt werde, mit Rücksicht auf Mannheim, wie auch auf den Staat selbst. Die Regierung habe aber die Auffassung, daß der Schaden für Mannheim nicht groß sein werde, denn Mannheim sei eine bedeutende Industriestadt und darin liege seine Stärke. Die Schiffbarmachung des Rheins über Basel hinaus werde große Schwierigkeiten und Kosten verursachen. Es frage sich auch sehr, ob es gelinge, bis an den Bodensee zu kommen, und ob die Schweiz ihrer: Verkehr nicht durch die Aar in das Innere ihres Landes ziehe. Freiherr v. Stotz ingen erklärt sich für Schiffahrtsabgaben. Auf dem gleichen Standpunkt steht noch eine große Anzahl von Mitgliedern des Hauses. Wer den Vorteil einer Einrichtung genieße, solle auch zur Unterhaltung derselben beitragen. Geh. Kommerzienrat Lene l, Oberbürgermeister Beck, Bürgermei
ster Weis sprechen sich gegen Schiffahrtsabgabcn aus. Die Position selbst wird genehmigt.
* * *
Wahrnehmung berechtigter Interessen. Ein
recht eifriger Pfarrer aus der Gegend von Trier benützte unlängst die Kanzel zu dem wenig christlichen Zweck die Gemeinderäte seines Ortes als Kirchenräuber zu bezeichnen. Der Gemeinderat ließ sich diese Titulatur freilich nicht gefallen und forderte den Herrn Ortspfarrer vor Gericht. Dieses kam zu einem Freispruch mit der Begründung, daß der Pfarrer nach kanonischem (!) Recht die Handlungsweise des Gemeinderats, der eine bisher für den Küster bestimmt gewesene Parzelle dem Lehrer als Dienstland zugewiesen hatte, als einen Kirchenraub bezeichnen durfte, und daß ihm daher der Schutz des ß 193 (Wahrnehmung berechtigter Interessen) zugebilligt werden müsse. — Dieses kanonische Recht scheint unter aller Kanone zu sein.
* * *
Ein englisches Hetzblatt. Mit Bezug auf die Feststellung der Agence Havas, daß im französischem Ministerium des Aeutzeren eine Bestätigung der Meldung der Daily Mail nicht eingetroffen sei, wonach Deutschland bet dem von der Daily Mail im einzelnen geschilderten Vorgehen der Türkei während desTabahzwischen- falls die Hand im Spiel gehabt haben sollte, schreibt die Nordd. Allg. Ztg.: „Es ist erfreulich, daß der unglaublichen neuesten Hetzerei der Daily Mail französisch e rs et ts so prompt ein Dementi entgegengebracht wird. Wir können die Mitteilung der Agence Havas noch beifügen, daß an keiner zuständigen Stelle in Deutschland über die Expedition, von der die Daily Mail fabelt das geringste bekannt ist. Angesichts des französischen Widerspruchs wird die Daily Mail ihre reiche Erfindungsgabe von neuem anstrengen müssen, um Deutschland bei den anderen Nationen zu ver d ä cht i g e n."
'Tages-KZrsE.
Berlin, IS. Juli. Der Eisenbahnminister Bre ite n- bach beauftragte die Eisenbahndirektion Berlin, die Vorschläge zur Sich erungderReisendengegenUeb erfülle eingehend zu beraten.
Hagen, 20. Juli. Bei der gestrigen Reichstagsersatzwahl im Wahlkreis Hagen-Schwelm wurden bis Mitternacht gezählt fürKönig (Soz.) 16 302 (1903: 13 870), Hugo (freis. Vp.) 11521 (10272), Molden hau er (natlib.) 4500 (5786), Becker (Ztr.) 5108 (4526), Mumm (christl. soz.) 2212 Stimmen. Stichwahl König- Hugo sicher.
Gefahrvolle Wege.
Roman vo» Ewald August König. 44
Weshalb hatte Baron Rüdiger ihr von dieser Einladung nichts gesagt, weshalb nicht einmal die Frage an sie gerichtet, ob sie mit diesem Herrn von Weilen verwandt sei? Hegte er schon Argwohn gegen sie? Wollte er Zeuge von ihrer Ueberra- schung sein, wenn sie unvorbereitet diesem Manne plötzlich ge- geoüberstand?
Nun, diese Absicht hatte derZnfall glücklich durchkreuzt; nicht allein sie, auch ihr Mann war vorbereitet, und sie durfte mit Sicherheit erwarten, daß er sich in seine Rolle hineiufiuden werde.
Darüber, ob diese Begegnung die Ausführung ihrer Pläne unmöglich machte, dachte sie jetzt noch nicht nach; ihr blieb keine Zeit dazu, sie mußte im Speisesaal erscheinen, sobald die Glocke zur Tafel rief.
Sie dachte wohl daran, ob eS nicht besser sei, wenn sie, Unwohlsein vorschützend, sich für heute entschuldigen ließ, aber sie vmvarf diesen Gedanken sofort wieder. Diese plötzlich eiugetre- tene Unpäßlichkeit mußte zu schlimmen Vermutungen Anlaß geben, die das jetzt noch schlummernde Mißtrauen weckten, und dies um so mehr, weil Gottfried Zeuge ihrer Begegnung mit Herrn von Weilen gewesen war.
UeberdieS wollte Herta auch bei der Unterredung ihres Gatten mit dem Baron zugegen sein; es koiinte ihm ja, wenn sie abwesend war, ein unbedachtes Wort entschlüpfen, das durch ihren warnenden Blick leicht zurückgehalten wurde.
Sie trat vor den Spiegel und legte die letzte ordnende Hand an ihre Toilette; die Falten des Unmuts schwanden allmählich hon ihrer Stirn, Lächeln umspielte wieder ihre Lippen. Wie es >n ihrem Innern stürmte und tobte, das sollte niemand erraten; sie hatte auf ihrem abenteuerlichen Lebenswege die Kunst gelernt, ihre Gefühle zu beherrschen und ihre Gedanken zu verbergen.
DaS schöne Haupt hoch erhoben, trat sie bald darauf in den bpeisesaal, wo sie von den Herren bereit» erwartet wurde.
«Verzeihen Sie, gnädige Frau, daß ich Ihnen nicht früher meine Begegnung mit Ihrem Herrn Schwager berichtet habe," sagte Baron Rüdiger, während Herta mit einem Ausruf freudiger Ueberraschung ihrem Manne die Hand reichte, welche er Mtt einer ehrfurchtsvollen Verbeugung an seine Lippen drückte.
Gottfried stand an der Tür und beobachtete diese Szene, ohne eine Miene zu verziehen; die Zofe trat mit Vera ein, und der Baron bot der schönen Frau den Arm, um sie zur Tafel zu füh- reu.
„Seit dem Tode meines unglücklichen Gatten haben wir uns nicht wieder gesehen, "nahm Herta das Wort, nachdem die Suppe serviert war; „ich konnte nicht in England bleiben, Du weißt ja, die finanziellen Verhältnisse meines Mannes waren niemals glänzend."
„Leider," erwiderte Weilen bedauernd; „er war zu leicht- sinnig, ich habe ihm oft Vorwürfe gemacht, aber ich glaubte doch nicht, daß er so vollständig abgewirtschaftet hätte."
„Er fiel im Duell?" fragte Baron Rüdiger.
U Ein ironisches Lächeln glitt flüchtig über das Antlitz WeilenS.
Herta sah es, ein Blick des Unwillens traf ihn aus ihren schonen Augen. „Er wurde zu diesem Duell gezwungen," erwiderte sie; „em Unverschämter beleidigte meine Ehre, ich vermute, es geschah absichtlich, denn dieser Herr war ein persönlicher Feind meines Gatten."
„Und Du hattest vorher keine Kenntnis von dem Duell ?" fragte Weilen mit scheinbarer Teilnahme. „Konntest Du es nicht verhindern?"
„Wenn ich das auch gekonnt hätte, würde ich den Versuch doch nicht gemacht haben, denn es galt ja meine eigene Ehrenrettung. Lassen wir dieses Thema fallen, es weckt nur schmerzliche Erinnerungen in meiner Seele. Du bist noch immer ein unstäter Wanderer?"
„Bisher war ich eS allerdings," antwortete Weilen, „aber ich denke mm doch ernstlich daran, mich nach einem Orte umzuschauen, an dem ich mein Heim gründen kann."
„Gefällt Ihnen unsere Stadt nicht?" fragte Hellmut Klausen.
„Für einen kurzen Aufenthalt ja, aber meinen festen Wohnsitz möchte ich hier nicht aufschlagen."
„Du liebst das geräuschvolle Leben der großen Weltstädte?" warf Herta ein, die von Zeit zu Zeit mit prüfendem Blick den geräuschlos servierenden Kammerdiener beobachtete. „Es würde Dir hier auf die Dauer zu still sein."
„Deshalb überraschte eS mich. Dich bier zu finden," erwi« derte ihr Gatte mit einem sarkastischen Lächeln, dessen Bedeutung sie sehr wohl verstand. „Du warst ja auch an den sinnverwirrende» Lärm Londons gewöhnt!'
1906
Mannheim, 19. Juli. In einer außerordentlichen Sitzung beschäftigte sich der Stadtrat gestern Abend mit der Frage der kl eb er l as s u n g des städtischen Rosengartens für den sozialdemokratischen Parteitag. Der Stadtrat erklärte, vom 31. Oktober ab könne der Nibelungensaal zur Verfügung gestellt werden. Die sozialdemokratischen Vertreter erklärten hierauf, daß sie über diesen Vorschlag zuerst die zustänoigen Instanzen innerhalb der Partei zu hören hätten. Der Antrag des Stadtrats Bassermann, gegen die „Volksstimme" wegen des Vorwurfs des Wortbruchs Strafantrag zu stellen, wurde, wie die „Balksstimme" mittcilt, abgelehnt.
Straßburg i. E., 19. Juli. Die seitens der hiesigen Baugewerbeinnung beschlossene Aussperrung der Erd- und Bauhilfsarbeiter ist in sämtlichen Betrieben durchgesührt worden. Die Zahl der AuSgespeirten beläuft sich auf 1000. Jnfolgeder Aussperrung wurden auch ungefähr 1000 Maurer beschäftigungslos.
Wien, 19. Juli. Die deutsch-böhmischen Abgeordneten l e h n t e u einstimmig die Kompromißvorschläge der Regierung ab, nach denen die Deutschen und Tschechen je drei neue Mandate in Böhmen erhalten sollen. Durch diesen Beschluß ist die Situation überaus kritisch. Die Verhandlungen werden nachmittags forlgesetzt. Man spricht von derDemision der d eu t s ch e n Mi n i st e r.
Die Meldung des Heidelberger Tagblatts, ein Angehöriger des Corps . Saxo - Borussia" habe sich erschossen, weil sein Bruder, der ebenfalls dem Corps angehört, relegiert werden solle, bestätigt sich nicht. Von dem Vater der beiden Brüder ist bei einem Verwandten ein Telegramm etngegangen, daß sich seine Söhne Wohlbefinden.
In Aidhauseu, Bezirksamt Hofheim (Franken) starb der katholische Pfarrer Ambros Lümmel inr Alter von 41 Jahren. Wie dem „Würzb^ Journal" geschrieben wird, hinterließ er Mk. 75 000 schulden, aber keinen Pfennig Vermögen. Amtskollegen, reiche, aber auch ganza rme Leute, welche ihre Sparpfennige opferten, sind Gläubiger. In einer von Lümmel verwalteten Kasss fehlen einige tausend Mark, an den Pfandbriefen der Pfarreistiftuug die Kupons bis zum Jahre 1911. Der Pfarrer soll das Opfer von Erpressungen geworden sein.
Bei dem am Mittwoch abend utedergegangenen Gewitter schlug der Blitz in die Scheunen der Bauern Mangold und Haug in Elpersheim und zündete. Diese brannten vollständig nieder.
In Breiten sind vorgestern Abend 3 Häuser und 4 Scheunen abgebrannt. Ueber die Entstehungsursache ist noch nichts Näheres bekannt.
„Das wohl, aber ich kann nicht behaupten, daß dieser Lärm mir sonderlich zugesagt hätte."
„Eine Schwester der gnädigen Frau wohnt hier," sagte Baron Rüdiger, „das erklärt wohl am einfachsten Ihre Ueberraschung."
„So, so, da» wußte ich noch nicht."
„Es war ja natürlich, daß ich nach dein Tode meines Gatten zu meiner Familie zurückkehr»," erwiderte Herta achselzuckend; „von meiner ganzen Familie lebt nur noch diese Schwester."
„Fräulein Therese Grashof, wen» ich mich recht erinnere?" fragte Weilen, und Herta sah deutlich die boshafte Freude, die bei dieser Frageansseinen dunklen Angen blitzte.
„Eine sehr geachtete junge Dame," nickte Klausen; „fielst verlobt mit einem Herrn von Fachmann."
„Und dieser Herr v. Jachmann ist Geschäftsführer des Bankhauses Wallendorf?" forschte Eduard von Weilen.
„Du scheinst Dich über die Verhältnisse in dieser Stadt schon sehr genau unterrichtet zu haben," sagte Herta, einen scherzenden To» aisschlagend. „Weilst Du schon so lange hier?"
„Doch nicht, aber in allen Städten besuche ich vorzugsweise die Cafes ; man knüpft dort sehr rasch interessante Bekanntschaften an und erfährt manches, ohne daß man nötig hätte, sich danach zu erkundigen. Wenn ich mir eine Ahnung davon gehabt hätte, daß Du hier weilest, so würde ich mir gleich nach meiner Ankunft das Vergnügen gemacht haben, Dich aufzusuchen."
„Und hätte ich Sie nicht um die Ehre Ihres Besuche- gebeten, so würden Sie wahrscheinlich keine Kenntnis davon erhalten haben, daß Ihre Frau Schwägerin hier weilte," erwiderte Baron Rüdiger. „Ich verstand Ihren Namen nicht deutlich, alS mein Freund, der Herr Professor Winterseld, ihn inir nannte, und später vergaß ich, die gnädige Frau zu fragen, ob sie mit Ihne» verwandt sei. Sie gedenken also nicht lange mehr hier zu blWben?"
„Ich weiß es noch nicht, Herr Baron, cS ist möglich, daß ich einen plötzlichen Entschluß fasse und dann sofort abreise, diese raschen Entschlüsse ziehe ich langem Ueberlege» vor. Wahrscheinlich werde ich mich in Paris dauernd niederlassen, das ruhelos« Reisen von Land zu Land macht mir durchaus keine Freude mehr."
„Paris ist entzückend schön," sagte Herta, „aber auch diese Stadt wird Dich auf die Dauer nicht fesseln, ich kenne Deinen unruhigen Geist besser." 1LS.2Ü