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mit Erzähler vom Schwarzwald.

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Lelelon Ur. 41.

Amtsblatt für die Ltadt Mildbad.

verkündigungsblatt

der Kgl. Forstämter wildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. mit

amtlicher Fremdenliste.

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Yr 167.

Ireitafl, de« 19. Juki

1906.

Mer her, Mer her

und zwar Bier zu den seitherigen Normalpreisen, das ist der Ruf, der jetzt aus Tausenden von durstigen Kehlen schallt. Die Wirkungen des Zolltarifs und die Last der neuen Steuern macht auch die Herren Bierbrauerei­besitzer um ihren Verdienst bangen. Auf der anderen Seite wehren sich die Wirte mit aller Kraft gegen den Aufschlag des Bieres, den die Brauereien mit 1.20 Mk. pro Hektoliter festsetzen wollen. In Berlin haben die Bierbrauer auf diesem Aufschlag beharrt und den Gast­wirten folgenden Ukas übermittelt: Die Brauereien ver­kaufen vom 1. Sept. 1906 ab Faß-Hier nur in geeichten Gefäßen und zwar nach Litern. Vom gleichen Tage ab wird der Bi er Pr eis unter gleichzeitigem Wegfall von Benefizien. wie unentgeltliche Hergäbe von Leih Mobiliar, Gratisbier, sonstigen Geschenken, Beteiligung an Abendtischen, am Mk. 1.20 pro Hektoliter erhöht. Brauereien, die bereits nach Liter verkaufen, wie z. B. die Löwen­brauerei, sollen den Literpreis um 1,5 Pfennig erhöhen. Im Fl a sch enb ier g es ch ä ft wird die Preiserhöhung bewirkt durch Einführung einer Einheitsflasche von 35 Centiliter Raumgröße. Gleichzeitig erhöht sich der im Flaschenpfandvertrag vom 30. Januar 1905 festgesetzte Mindestpreis um 10" Pfennig pro Kasten.

In Frankfurt stehen die Wirtevereinig­ungen mit dem Verband dev Brauereien noch in Unterhandlung. Der letztere macht in einem Schrei­ben an die Wirte die Gründe geltend, die es ihm un­möglich erscheinen lassen, von einer Erhöhung des Bier­preises abzusehen. Der beabsichtigte Aufschlag von 1.50 Mark für den Hektoliter decke keineswegs die den Braue­reien durch Brausteuer, neue Zölle, Erhöhung der Löhne Und Mehrkosten für Kohlen, Materialien usw. erwachsene Belastung. Bereits im Vorjahre seien die Hektoliter­gewinne ganz erheblich zurückgegangen. Die Forder­ungen der Wirte werden ton den Brauereien zum Teil anerkannt. Ten übermäßig hohen Mieten soll in Zukunft dadurch begegnet werden, daß eine Brauerei nur ihrem Absatz entsprechend mieten darf, Zuschüsse dürfen nur in einem gleichmäßig niedrigen Satz erfolgen und Kapital unverzinslich überhaupt nicht mehr gegeben werden. Ebenso soll die unentgetliche Stellung von In­ventar verboten sein. Der Flaschenbier-Detail­preis für Originalfüllung soll in allen Fällen erhöht werden, dagegen raten die Brauereien von einer Erhöh­ung des Flaschenpreises für Lagerbier um drei Pfennig im Interesse der Arbeiterbevölkerung und der zahlreichen Händler ab. Auch die Beschränk­ung, die Bierlieferung an Spezereihändler künftig zu Unterlassen, sei gegenwärtig nicht durchführbar, jedoch

durch gleichmäßige Festsetzung der Preise die scharfe Kon­kurrenz, wie sie seither den Wirten gemacht wurde, ge­mildert werden. In eitler gemeinsamen Sitzung von Wirten und Brauereivertretern soll Donnerstag Nach­mittag über Festsetzung der Ausschankpreise beraten werden.

Auch unsere Haupt- und Residenzstadt Stuttgart steht wieder einmal vor einem Bierstreik, allerdings nur vor einem partiellen, da nur das Pilsener Bier hierbei in Frage steht. Unter Hinweis auf die zu Beginn ds. Mts. in Kraft getretene Erhöhung des Zolles auf ausländisches Bier wurde vor etwa 8 Tagen den Bier­trinkern in den Wirtschaften, welche Pilsener Bier schenken, vom Bierhändlerring durch Anschlag die Mit­teilung gemacht, daß der Preis für die üblichen Vier­zehntelliter-Gläser von 22 auf 25 Pfg. erhöht worden sei. Diese Erhöhung macht also auf das Liter 71/2 Pfennig aus, während der Bierzoll nur eine Erhöhung von 6 Mark auf 7,20 Mark für den Doppelzentner er­fahren hat, was auf das Liter etwa IH2 Pfg- ansmacht. Bei einer durch die Zollerhöhung bedingten Verteuerung des Bieres um . IN/2 Pfennig, sollen also die Biertrinker 71/2 Pfg. pro Liter mehr bezahlen, sodaß es also nicht nur den Bierbrauern gelänge, die Zollerhöhung vollständig auf den Konsumenten abzu­wälzen, sondern daß auch noch die Wirte einen weiteren Nettogewinn von 10 Proz. einstreichen könnten. In den Kreisen der Biertrinker beginnt es deshalb gewaltig zu rumoren.

Im übrigen hat eine Radebeuler Glasnie­derlage ein sinnreiches Mittel ausfindig gemacht, um über die Wirkungen der Bier st euer hinwcgzutäuschen- Diese Firma versendet folgendes Zirkular an die Wirte: Achtung, Gastwirte! Bi er st euer! Infolge der Biersteuer ist von den Gastwirtsverbänden der Beschluß gefaßt worden, als Schnittgläser nicht mehr Dreizehntel­gläser wie bisher, sondern nur Einviertellitergläser zu geben. Wir haben es uns daher angelegen sein lassen und bringen sofort sechs Sorten Einviertellitergläser auf den Markt, die im Aussehen so groß sind wie Drei­zehntellitergläser, aber nur einen Viertelliter Inhalt ha­ben, sodaß der Biertrinker gar nicht merkt, daß er nur ein viertel Liter Bier vor sich hat. Biertri nker Deutschlands wahrt eure heiligsten Güter!

Mrr^LjchüK.

Erzbergers Zeugenaussagen. In der Entwick­lung unserer Kolonialaffäre hat sich eine bemerkenswerte Klärung vollzogen. Ter Abgeordnete Erzberger veröf­fentlicht in derGermania" die von ihm am 10. Juli gemachten Zeugenaussagen. Veranlassung dazu gab ihm

die vom früheren Geheimen Lcgationsrat Dr. Helsfe- rich gegen ihn erösfnete öffentliche Preßfehde. Nach mancherlei Ausfällen gegen oenfrüheren Kolonialbe­amten", kommt Erzberger aus die Bemerkung Helfferichs zu sprechen, daß er in einemStrafverfahren gegen Unbekannt" wohl als Zeuge t ernommen werde. Hiezu stellt er folgendes fest:

Nicht in einemStrafverfahren gegen Unbekannt", sondern in einem Strafverfahren gegenGötz und Genossen" bin ich am 10. Juli vernommen worden. Meine Zeugenaussage liegt mir nicht in Abschrift vor, aber ich kann mitteilen, daß ich hierbei bezüglich mei­nes 'Verkehrs mit Beamten der Kolonialabteilung fol­gendes dem Sinne nach erklärt habe:

1. Schon am 14. Dezember 1905 habe ich im Reichstage im Falle des früheren Geheimen Sekre­tariatsassistenten Pöplau erklärt:Ich gestehe of­fen, dieser Beamte kam zu mir, teilte mir seine ganze Sache mit, und ich habe aus den eingehenden Dar­legungen, die er mir mündlich wie schriftlich gegeben hat, auch nach Rücksprache mit einem hervorragenden Juristen die feste und ehrliche Ueb-erzeugung erhalten, daß dem Manne Unrecht geschieht. Wenner auch nur ein kleiner Beamter ist (!!), Unrecht soll ihm in keiner Weise geschehen, und ich habe weiter den Eindruck erhalten, daß dieses System in der Kolo­nialverwaltung dahin geht, das bekannte Sprichwort durchzuführen: Die kleinen Diebe hängt man, die gro­ßen läßt man laufen! . . Aber als ich diesen Ein­blick in die Akten und in viele Akten des Auswär­tigen Amtes erhalten habe, sagte ich mir allerdings: Es ist absolute Pflicht eines Volksvertreters, daß er gegen ein solches System mobi l macht! Auch heute noch halte ich an der Ansicht, fest, daß Pöplau Unrecht geschehen ist; er ist auch von der Anklage der Aktenentwendung freigesprochen worden. Als ich mit ihm in Verbindung trat, tat er schon 21/2 Jahre keinen Dienst mehr in der Kolonialabteilung. Alle diese Dinge habe ich im Reichstage selbst mitgeteilt, wie ich auch dem Untersuchungsrichter sagte.

2. Den Kolonialbeamten Götz kenne ich gar

nicht.

3. Den Kolonialbeamten Schneider habe ich erst nach den Kolonialdebatten kennen ge­lernt; er hat mir nie das geringste amtliche Material in pflichtwidriger Weise mitgeteilt. Er kam zu mir, um meine Vermittlung dafür zu erbitten, daß er aus der Kolonialabteilung in das Auswärtige Amt versetzt werde, weil es ihm in elfterer nicht behage. Auf meine Veranlassung besprachen wir hie­bei auch die Möglichkeit der Verstaatlichung

' des Tippelskirchschen Betriebes, für die

Gefahrvolle Wege.

Roman von Ewald August König. 43

Baron Rüdiger wollte nach diesen Worten wieder das Zim­mer verlassen, als Gottfried eintrat und den Bildhauer Klausen anuieldete.

»Lassen Sie ihn nur eintreten, ich will ihn hier erwarten/ sagte der Baron erfreut,er bringt mir eine Marmorgruppe, gnädigeFrau, deren Schönheit Sie entzücken wird."

Herta hatte ihre Fassung wiedergefunden, sie empfing den Bildhauer, dessen stattliche Erscheinung ihr imponierte, in der liebenswürdigsten Weise. Die kleine Gruppe wurde von ihr be­wundert, und der feine Kunstsinn, den sie in ihrem Urteil be­kundete, schien auch auf den Baron einen angenehmen Eindruck zu machen.

»Und waS macht das junge Brautpaar?" fragte Rüdiger heiter, als das erste Geschäftsthema erschöpft war.Ich habe mich recht herzlich über die Verlobung meines Freundes ge­freut, er wird wohl nun gar keine Zeit mehr haben, mich zu besuchen?"

,Er hat mich gebeten, Ihnen mitzuteilen, daß er heute nach­mittag sich das Vergnügen machen würde, Ihnen seine Braut borzustellen," erwiderte Hellmut Klausen in demselben heiteren Tone.

»Das ist mir sehr lieb, wir werden einen frohen Nachmit- mg haben. Sie sind natürlich heute mein Gast, Herr Klausen; min, nein, ich nehme keine Ablehnung an, ich bedauere nur, daß Sie Ihre Frau Gemahlin nicht mitgebracht haben. Nach Tisch wollen wir über meine Wünsche sprechen; ich weiß zwar nicht, ob Sie meinen Auftrag annehmen werden, in jedem Fall darf ich wohl um Ihre» künstlerischen Rat bitten?"

»Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung," antwortete Klausen, »für einen Auftrag könnte ich Ihnen nur dankbar sein; es ist ftn angenehmes Gefühl, wenn inan weiß, daß der Arbeit so­gleich der Lohn folgt."

»Sv wollen wir nach der Tafel weiter darüberreden," sagte der Baron.Mein Freund ist wohl sehr glücklich?"

»Wie könnte es auch anders sein? Beide sind edle Natu- ksu, sie haben einander schon lange geliebt, nun stehen sie end­lich am Ziele ihrer Wünsche."

Und die Zukunft liegt ja auch hell und rosig vor ihnen, so Weit Menschenblick reicht," nickte Baron Rüdiger.

Professor Winterfeld hat ein nennenswertes Vermögen und ein gut dotiertes Amt, Nahrungssorgen müssen ihnen also fern bleiben."

Und das sind die schlimmsten Sorgen?" erwiderte Klausen.

-Sie haben sie doch nicht kennen gelernt?"

In der ersten Zeit unserer Ehe haben sie mir manche böse Stunde gemacht, Herr Baron; wir Künstler sind nicht auf Ro­sen gebettet, so lange wir keinen berühmten Namen haben."

Den werden Sie nun bekommen."

Ich will es hoffen, aber ich glaube nicht eher daran, bi» Ihre Behauptung eine Tatsache geworden ist, an der nicht ge­rüttelt werden kann."

Herta hatte sich erhoben, das Gespräch interessierte sie nicht. Unter dem Vorwände, sich nach dem Kinde umschauen zuwollen, verließ sie das Zimmer.

Auf der Treppe kam Gottfried ihr entgegen; sie sah, daß er eine Karte in der Hand hatte, aber sie wollte keine Frage an ihn richten, um nicht den Verdacht der Neugier auf sich zu laden, der in den Augen des mißtrauischen Kammerdieners ihr schaden könnte.

Auf der letzten Treppenstufe blieb sie plötzlich stehen; un­willkürlich beide Hände auf den stürmisch wogenden Busen pres­send, heftete sie den starren Blick auf einen Herrn, der mit der­selben Bestürzung sie anschante.

Endlich habe ich Dich gefunden!" sagte Eduard von Weilen, rasch nähertretend und die Arme ausbreitend.

Herta wich zurück, Angst und Zorn sprachen ans ihren Zü­gen.Keine Szene,wenn ich bitten darf!" zischte sie.Du weißt, was uns scheidet; ich gelte hier als Witwe, vertreibe mich nicht aus dem Asyl, das ich nach langem Ringen und Kämpfen ge­funden habe. WaS suchst Du hier? Wer hat Dir verraten, daß ich hier sei?"

Mit klarem Blick übersah der Abenteurer sofort die Situa­tion ; der erste Gedanke, der in ihm ausstieg, galt den Vorteilen, die er daraus ziehen konnte.Baron Ravenberg hat mich ein- geladen," sagte er;nur einem Zufall verdanke ich es, daß ich Dir hier begegne."

So verlaß dieses Han» wieder, ehe der Kammerdiener zu­rückkehrt!"

Was würde man dann von mir denken ? Man würde meine rätselhafte Flucht mit dieser Begegnung in Verbindung bringen, und die Schlüsse, die daraus gezogen werden könnten, dürfte» auch Dir nicht angenehm sein."

Herta sah die Richtigkeit dieser Bemerkung ein, sie fand all­mählich ihre Ruhe wieder; es war ihr rasch klar geworden, daß sie dieser Gefahr mit voller Geistesgegenwart die Stirn bieten mußte, wenn sie eine Niederlage vermeiden wollte.Bist Du zur Tafel geladen?" fragte sie, nachdem sie rasch einen for­schenden Blick die Treppe hinanfgeworfen hatte.

Nein, aber ich dar; diese Einladung wohl erwarten."

Und dann wirst Du sie annehmen?"

Sicherlich!"

Also ist es Dein Wille, mir hier Verlegenheiten zu berei­ten?"

Durchaus nicht!"

Du wirst Dich nicht beherrschen können und dadurch alle» verraten!" zürnte sie.

Und wenn ich es täte, wäre ich dabei nicht in meinem Recht? Du gehörst zu mir."

Lassen wir das jetzt," unterbrach sie ihn hastig,ich hör« den Diener kommen. Wir tragen denselben Namen, d e Ber- wandtschaft können und dürfen wir nicht leugnen, Du bist de, Bruder meines verstorbenen Mannes."

Gut," nickte er, und da er jetzt den Kammerdiener bemerkte, nahm er mit einer tiefen zeremoniellen Verbengnng von bei ebenfalls sich verneigenden Dame Abschied.

Der Herr Baron läßt bitten!" sagte Gottfried mit einem verstohlenen Blick auf Herta, die ihm den Rücken wandte und rasch von dannen eilte.

Herta eilte in ihr Zimmer; sie verschloß hinter sich die Tür. sie wollte mit ihren Gedanken allein sei».

Weshalb hat Heinrich Wallendorf das nicht verhindert ? Wenn es ihm Ernst gewesen wäre mit dem Versprechen, so hätte ihr Gatte schon längst aus der Reise nach England sein müssen. Wo war Baron Rüdiger mit diesem Manne zusammeugelroffen und aus welchem Grunde hatte er ihn eingeladen?

Eduard von Weilen hatte von dieser Begegnung mit seiner Fra« keine Ahnnug gehabt, seine Ueberraschung bewies da» ge­nügend, gleichwohl wollte Herta an da» Walten de» Zufall» nicht glauben. 12b,SS