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mit Erzähler vom Schwarzwald.
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telekon Nr. 41.
Amtsblatt für die Stadt Vildbad.
verkündigunZsblatt
der Agl. ^orstämter Wildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. mit
amtlicher Fremdenliste.
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Wr. 149
Areitag, den 29. Juni
1906.
Württ. Landtag.
Stuttgart 27. Juni. Tie heutige 185. Sitzung der Abg.-Kanuner wurde vom Präsident v. Payer um 91/4 Uhr eröffnet. Am Regierungstisch: Als Stellvertreter des erkrankten Ministers v. Soden Knltminister Dr. v. Weizsäcker, Min.-Dir. v. Stierten, Präsident Mayer.
Zur Beratung steht die Anfrage des Abg. Liesching und Gen. betr.
Erhöhung des Po st Portos im Nachbarschaftsverkehr.
In der Begründung dieser Anfrage weist der Abg. Liesching zunächst darauf hin, daß die Finanzkommission des Reichstags eine Resolution angenommen habe, in der die Erhöhung des Postportos für den Orts- und Nachbarschaftsverkehr gewünscht wurde. Durch die Verfügung, welche die Reichsregierung auf 1. Juli erlassen habe, sei die Ziffer 1 der Anfrage gegenstandslos geworden und es handle sich heute nur noch um Ziffer 2, welche lautet: Gedenkt die Kgl. Staatsregierung in der württ. Postverwaltung an den seitherigen Tarifen für Postkarten, Drucksachen, Warenproben und Geschästspapieren im Orts- und Nachbarschaftsverkehr festzuhalten." Hier müsse man sich nun fragen 1) inwieweit unsere Ausgleichsbeiträge auf Grund des Reservatrechts sich erhöhen, 2) ob der Markenvertrag von 1901 irgendwie berührt werde. Durch den Postmarkenvertrag sei unsere Tarifhoheit in keiner Weise beschränkt worden. Insbesondere seien wir durch den Vertrag in keiner Weise genötigt, irgendwelche Aenderung der Tarife in der Reichspostverwaltung mitzumachen. Als damals die Privatstadtposten aufgehoben worden seien, habe der damalige Staatssekretär das Versprechen gegeben, daß eine Erhöhung der damals verbilligten Tarife nicht eintreten werde. Das Plus, welches eine Erhöhung der Tarife vielleicht bringen würde, sei absolut unsicher, aber mit einer wachenden Unzufriedenheit weiter Kreise der Bevölkerung würde man hier zu rechnen haben. Es würde auch eine Störung in der Entwicklung des Postverkehrs eintreten und eine solche Entwicklung liege im Interesse der Bevölkerung. Die Regierung müsse dringend ersucht werden, an den jetzigen Tarifen festzuhalten.
Kultminister Dr. v. Weizsäcker: Im Bnndesrat habe die württ. Regierung einer Erhöhung der Tarife für außergewöhnliche Zeitungsbeilagen zügestimmt. Diese Erhöhung belaufe sich in Württemberg auf etwa Mk. 26000. Zu einem definitiven Beschluß haben, wie der Minister betont, die Erwägungen der württ. Regierung noch nicht geführt: Namens des Staatsministeriums sei er ermächtigt, zu sagen: Die Regierung sei der Ansicht, es könne angesichts der Aenderung der Tarife der
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Roman von Ewald August König. 25
Baron Rüdiger blickte ihr nach und blieb eine geraume Weile kn Nachdenken versunken. „Eine tüchtige Gouvernante ist nun die Hauptsache," sagte er leise; „Vera muß beschäftigt werden und mit dem Lernen beginnen, zudem darf ich sie derZofe allein nicht «„vertrauen." Er fuhr mit der Hand über seine Augen, als ob er die trüben Gedanken verbannen wollte, die seine Seele folterten, dann verließ er das Zimmer, um sich in die Wohnung des Verwalters zu begeben.
* * *
Der Trotz Emmys war noch nicht gebeugt, als sie da» HauS ihres Vaters erreichte.
Die erste Person, die ihr auf dem Hausflur begegnete, war Waldemar von Jachmann, der ihr befremdet nachschaute, als sie die Treppe hinanfstieg.
„Oben wurde sie von der Haushälterin ihres verstorbenen Vaters empfangen; die alte Frau konnte ebenfalls ihr Befremden nicht verhehlen, als ihr Blick auf das Gepäck fiel, das die Baronin mitbrachte.
„Das Ende ist gekommen, wie es längst vorauszusehen war," sagte Emmy mit einem gezwungenen Lächeln, „die Tyrannei meines Gatten hat mich fortgetrieben, einstweilen muß ich hier ein Asyl suchen. Wo ist mein Onkel?"
„Im Wohnzimmer," antwortete dieHaushälterin. „Gütiger Himmel, wer bätte das gedacht, als Sie damals so fröhlich an der Seite Ihres Herrn Gemahls das Haus verließen ! Das arme Kind! Haben Sie cs nicht mitgebracht?"
Emmy hörte die letzten Worte nicht mehr, sie war rasch in das Nebenzimmer eingetreten, in dem Onkel Heinrich und Arnold bei der Weinflasche saßen.
„Also doch." sagte der alte Herr, sich erhebend, und ein Schal- len des Unwillen glitt dabei über sein Antlitz. „Mußte der Bruch so ra'ch erfolgen?"
„Machmiir keine Vorwürfe," erwiderte Emmy hastig. „Nach der Unterredung, welche ich nochmals mit meinem Manne hatte, konnte ich nicht anders. In eine gerichtliche Scheidung wollte er nicht einwilligen, weil er die bösen Zungen fürchtet, ich sollte au ihn gefesselt bleiben, mich seinem Willen unterwerfen und jeden Verkehr mit Euch abbrcchen."
Reichspost an den hier in Betracht kommenden Taxen im württ. Orts-, und Nachbarschastsverkehr nicht in dem Umfang der seitherigen Erleichterung festgehalten werden. (Hört! Hört!) Für Württemberg treffe allerdings die eine oder die andere Erhöhung noch in besonderem Maße als eine Störung zu. Mit dem zwei Pfennigtarif habe man seither unter den Selbstkosten gearbeitet. Die Regierung sei zu einem definitiven Ergebnis ihrer Erwägungen deshalb noch nicht gekommen, weil man hier das Bedürfnis habe, sich zunächst mit dem Reichspostamt in Verbindung zu setzen. Niemand habe außerdem in der Staatsregierung daran gedacht, ohne Fühlung mit dem Landtag vorzugehen. (Zuruf: Hoffentlich!) Die Erhöhung der Tarife im Reich bringe für Württemberg die Notwendigkeit, einen Ausgleichungsbetrag von 500 000 Mark aufzubringen. Wie solle nun dieser Mehrbetrag gedeckt werden? Er müsse es der Würdigung des Hauses überlassen, ob unsere Finanzlage eine solche sei, daß wir ohne eine solche Deckung unsere Einnahmen um 500 000 Mark erhöhen oder unsere Ausgaben um diesen Betrag vermindern können.
Auf Antrag des Abg. Hildenbrand (Soz.) wird sodann in die Beratung des 'Gegenstands eingetreten.
Hildenbrand (Soz.): Der Minister habe insofern recht, als der Reichstag es war, d. h. dessen Mehrheitsparteien, die uns hier in eine Situation gebracht haben, die uns die Schamröte ins Gesicht treiben müsse. Seit 1894 arbeite man an einer Erleichterung des Verkehrs. Daran habe 1895 auch das Zentrum mitgearbeitet. Die Behauptung, daß der 2 Pfg.-Tarif die Selbstkosten nicht decke, sei' unbeweisbar. Es sei dies aber auch gar nicht notwendig, denn die Postverwaltung habe ja seither noch immer genügende Ueberschüsse abgewor- sen. Die billigere Tarifierung des Ortsverkehrs sei für die Postverwaltung eine logische Notwendigkeit. Die Befürchtung, daß das Reich den mit Württemberg abgeschlossenen Postmarkenvertrag kündigen werde, wenn wir die Tariferhöhung nicht mitmachen, hege er nicht. Von der Nichteinhaltung des bei der Auflösung der Stadtposten gegebenen Versprechens würde die württ. Bevölkerung ganz merkwürdig berührt werden. Die Regierung wolle zur Aufbringung der Mittel für Armee-, Kolonial- und Marinepolitik auf zweifelhaftem Wege beitragen. Solche Mittel müßten eben abgelehnt werden. Er behalte sich vor, einen Antrag auf Verweisung der Anfrage an die Kommission zu stellen.
Dr. Hieb er (D. P.): Er versage es sich, auf die Kritik Hildenbrands an der Reichsfinanzreform näher einzugehen. Als erfreulich müsse es bezeichnet werden, daß es der Minister als selbstverständlich bezeichnet habe, vorher Fühlung mit dem Landtag zu nehmen. Es wäre wünschenswert, wenn vom Ministertisch aus
. Scheinbar hättestDudies alles zugeben können . . /
„Ich habe Dir schon gesagt, daß ich nicht heucheln kann, und i wenn ich es dennoch versucht hätte, so würde er die Lüge in meinen Augen gelesen haben. So habe ich denn ehrlich und aufrichtig gehandelt und keine Macht der Erde soll mich in jene» Haus znrückbringen."
„Vielleicht ist es bester so, Onkel," sagte Arnold, sein Lorgnon auf die Nase klemmend; „nun wissen wir alle woran wir sind, und der Kampf kann beginnen."
Onkel Heinrich nahm sein volles Weinglas und trank e» auf einen Zug aus, doch die Falten wollten von seiner Stirn nicht weichen. „Wo ist Vera?" fragte er.
Emmy hatte Hut und Mantel abgelegt und sich in einen Sessel niedergelassen; sie nippte an dem Glase, das ihr Bruder ihr überreichte und stellte es mit zitternder Hand wieder hin. „Es war mir unmöglich, sie mitzubringen," antwortete sie, „der Baron hatte das Kind in sein Zimmer mitgenommen, er erklärte mir, daß er es nimmermehr mir anvertranen werde."
„Und damit willst Du Dich nun beruhigen?"
„Ganz gewiß nicht! Ich habe Minna instruiert; bei der ersten günstigen Gelegenheit, die sich ihr bietet, wird sie Vera in meine Arme führen."
Der alte Herr schüttelte das graue Haupt. „Auf derartige Hoffnungen und Versprechungen gebe ich nichts," sagte er. „Du hättest meinen Rat befolgen und das Kind mitbringen müssen. Es ist noch sehr fraglich, ob Deine Zofe Dir die Treue bewahrt, und tut sie es, so wird sie auf Schwierigkeiten stoßen, die sie vielleicht nicht überwinden kann. Baron Rüdiger wird Vera scharf bewachen lassen und außerdem die Scheidungsklage gegen Dich sofort anhängig machen."
„Das letztere glaube ich nicht."
„Weil er Dir erklärt hat, er wolle in die Scheidung nicht einwilligen? Die Verhältnisse haben sich nun vollständig geändert, das darfst Du nicht übersehen. „Wenn Du in Ravenberg geblieben wärest, so konnte eure gerichttiche Scheidung nur dann erfolgen, wenn Ihr beide sie verlangtet. Nun aber, nachdem Du de» Gatten verlassen hast, ist der Baron berechtigt, die Scheidung zu fordern und Dich als den schuldigen Teil erklären zu lassen.
Das Gesetz räumt in diesem Punkte dem Ehemann eine große Macht ein; ohne seine Erlaubnis darf die Frau nicht eine ein
zahlenmäßig der Nutzen des Postmarkenvertrags dargetan werde. Ein formelles Muß, den Beschlüssen der Reichspostverwaltung nachzufolgen, bestehe für Württemberg nicht. Eine völlige Gleichheit der Tarife im Reich und in Württemberg sei nicht möglich und habe auch seit 1870 nie bestanden. Wenn aber das Reich jetzt diese wesentliche Aenderung vornehme, so werde sich Württemberg auf die Tauer nicht ganz verschließen können. Tie Erhöhung der Gebühr für die Reklamezeitungsbeilagen nehme er gar nicht so schwer. Er sei damit einverstanden, daß die württ. Regierung sich zunächst aus einen abwartenden Standpunkt stelle und daß die Frage der Finanzkommission überwiesen Werve.
K. Haußmann (Vp.) stellt den Antrag, die Frage der Aenderung des Postportos an die Finanzkommission zu überweisen.
Dr. Wolfs (Bbd.): Daß der 2 Pfg.-Taris bei der Post die Selbstkosten nicht decke, müsse man den Sachverständigen glauben.
Gröber (Z.) wendet sich zunächst gegen den Abg. Hildenbrand hinsichtlich der Reichssinanzresorm. Durch die Verkehrssteuern belaste mau doch nicht etwa die Massen. Mit den billigen Tarifen könne man nicht weitermachen bis unter die Selbstkosten herunter. Die Tarifänderungen des Reiches brauche man freilich nicht mechanisch nachzumachen. Darüber sei eine Kommissionsberatung dringend notwendig. Bei den außerordentlichen Zeitungsbeilagen werde es kaum eine Differenz im Hause geben. Es sei auch ein Irrtum, als ob die Posten von allen Bevölkerungsschichten gleichmäßig benützt würden. Man müsse hier auch noch einen kleinen Gewinn für die Allgemeinheit Herauswirtschaften. Man könne die Tarife schon deshalb nicht auf dem niederen Standpunkt lassen, weil auch die Kosten des Postbetriebs sich fortgesetzt verteuern. Freilich sei es wünschenswert, möglichst billige Tarife zu haben, aber die praktische Frage sei: Wie bringen wir das Geld auf, das wir an das Reich zu zahlen haben? Hier müsse man sich entscheiden, die Rffoäus, die salta! Tie Entfernung spiele ja heutzutage gar keine Rolle mehr. Sollen wir die Matrikularbeiträge oder die Tarife erhöhen? Doch sicher die letzteren. Die Frage, wie sich der Briefmarkenvertrag zur ganzen Sache verhalte, wolle er heute nicht behandeln, er habe eine Reihe von Bedenken, die er in der Kommission besprechen wolle. Formell habe Liesching wohl recht, aber die praktischen Wirkungen müssen noch besprochen werden. Er und seine Freunde seien für die Verweisung an die Kommission und behalten sich ihre Stellung vor. (Beifall im Zentrum).
Liesching (Vp.): Die Reichssinanzresorm habe heute in den Beratungen eine so große Rolle gespielt,
zige Nacht draußen bleiben, tut sie eS, so betrachtet das Gesetz dies als einen Ehebruch. Und wird die Scheidung aus solcher Ursache ausgesprochen, so hat die geschiedene Frau keinen Anspruch auf ihre Kinder und auf das Vermögen ihres Mannes. Glaubst Du nun noch, daß Dein Gatte großmütig auf die Vorteile verzichten wird, die Dein unüberlegter Schritt ihm sichert?"
«Das sind ja sehr schlimme Aussichten," sagte Arnold mit einem erwartungsvollen Blick auf seine Schwester, deren fest auf- einandergepreßten Lippen der trotzige Zug noch immerumzuckte. „Unter diesen Verhältnissen wäre es wohl das beste. Du kehr- test noch in dieser Stunde nach Raveuberg zurück."
„Nicht um alle Schätze der Erde!" rief Emmy. „Lieber arm und elend, als in den Fesseln jenes Mannes ein Leben voll Uev- pigkeit!"
„Du kennst die Armut noch nicht," erwiderte Arnold war- nend. „Ein wenig heucheln kann jeder, wenn er nur will."
„Ich nicht, und ich sage Euch noch einmal, wenn mein Leben dabei auf dem Spiele stände, ich ginge nicht zurück. Wißt Ihr kein besseres Mittel, mich vor der Armut zu bewahren, so verschont mich mit Euren Ratschlägen."
„Ein besseres Mittel?" erwiderte der alte Herr, während er sein Glas wieder füllte. „Wir berieten eben darüber, als Du kamst, denn ich sah voraus, daß Du meinen guten Rat nicht beachten würdest. Baron Rüdiger wird nun kurzen Prozeß machen, also ist auch für uns rasches Handeln geboten. Wir müssen alles anfbieten, in den Besitz des Kindes zu gelangen und eS an einen sicheren Ort zu bringen. Das Gericht wird sich freilich in dieser Angelegenheit beschäftigen, aber es kann uns nicht zwin- ge», jenen Ort zu verraten, und der Besitz des Kindes gestattet uns, mit dem Baron über die Bedingungen der Ehescheidung zu unterhandeln. Liebt er Vera, so wird er gerne Opfer brin- gen, uni sie znrückznerhalteu. Du aber magst dann immerhin aus das Kind verzichten, welches für Dich nur eine Last wäre?"
Emmy nickte zustimmcud; kein Zug in ihrem Antlitz bekun- dete eine zärtliche Regung.
„Das märe der erste Weg, den wir gehen müßten," fuhr Onkel Heinrich fort; „nun gibt es noch einen zweiten, der rascher und sicherer zum Ziele führen würde. Setzen wir den Fall, Baron Rüdiger stürbe morgen, so wärest Du die Erbin seiner gesam- ten Hinterlassenschaft." 125.20