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mit Erzähler vom Schwarzwald.
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celekon Nr. 41.
Amtsblatt für die Stadt Mldbad.
Verkündigungsblatt
der Kgl. Forstämter wildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. mit
amtlicher Fremdenliste.
Znrerate nur S ?tg. Hurwärtige IS ?lg. <Iir kleln- rpaltige Sarmontlreilr.
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Wr. 1!6.
WationaMöerake Kegner von Industrie und Merkeßr-
Tie amtlichen stenographischen Berichte über die zweite Lesung der Steuergesetzentwürfe im Reichstag liegen nunmehr samt den Listen über die namentlichen Abstimmungen vollzählig vor. Man kann jetzt also genau ersehen, welches die Abgeordneten sind, die für die industrie- und verkehrsfeindlichen Steuern ihr Votum abgegeben haben. Das meiste Interesse wendet sich dabei den Abstimmungen der Nationalliberalen zu, einmal weil die Zustimmung zur Sonderbesteuerung einzelner Industriezweige mit den Grundsätzen der Partei schwer zu vereinbaren ist, zum anderen aber, weil die nationalliberalen Abgeordneten in der Hauptsache solche Wahlkreise vertreten, für die ein ungehindertes Blühen von Handel und Verkehr Lebensbedingung ist.
Wie wir nun aus den Listen über die namentliche Abstimmung ersehen, haben für den Z 3a Absatz 1. des Bransteuergesetzes, also für den erhöhten Ateuertarif, gestimmt oie nationalliberalen Abgg. Bartling, Bassermann, Beck-Heidelberg, Dr. Becker-Hessen, Tr. Beniner, Dr. Nötiger, Boltz, Buchfieb, Büsing, Depken, Guenter, Hagemann, Hagen, Hausmann-Hannover, Held, Tr. Hieber, Hosang, v. Kaufmann, Krämer, Lehmann, Lichtenberger, Dr. Lucas, Mattsen, Graf vr. Oriola, Dr. Paasche, Patzig, Rnnpan, Schellhorn, Schlumberger, Schmidt-Wanzleben, Wamhoff, Wessel- Gegen den Z 3a stimmten nur die Abgg. Prinz zu Schönaich-Carvlath und Dr. Semmler. Der Abstimmung enthielten sich die Abgg. Tr. Bärwinkel und Ortel.
Für die Banderolensteuer für Zigaretten stimmten die Abgg. Dr. Bärwinkel, Bahn, Bassermann, Beck-Heidelberg, Dr. Becker-Hessen, Dr. Beniner; Tr. Blankenhorn, Dr. Nötiger, Boltz, Buchsieb, Büsing, Haas- Darmstadt, Hagemann, Hagen, Hausmann-Hannover, Held, Heyligenstaedt, Dr. Hieber, Horn-Goslar, Hosang, v. Kaufmann, Kraemer, Leinenweber, Lichtenberger, Dr. Lucas, Mattsen, Müller-Baden, Neuner, Graf v. Orio- wa, Oertel, Dr. Paasche, Patzig, Rimpau, Schellhorn, Schlumberger, Schmidt-Wanzleben, Schmidt-Kaiserslau- lern, Tr. Seniler, Westermann. — Gegen das Ziga- rettenstenergesetz stimmten nur die Abgg. Günther und Dr. Wallan.
Für die Fahrkartensteuer stimmten die Abgeordneten Tr. Bärwinkel, Bartling, Bassermann, Beck- Heidelberg, Tr. Becker-Hessen, Dr. Beniner, Dr. Blan- kenhorn, Dr. Nötiger, Boltz, Buchsieb, Büsing, Prinz zu Schönaich-Carolath, Günter, Haas-Darmstadt, Hagemann, Hagen, Hausmann-Hannover, Held, Heyligenstaedt, Horn-Goslar, Hosang, v. Kaufmann, Krämer,
Auf Irrwegen.
Roman von Klara Rheinau. 67
Als der Gutsherr endlich den Kopf erhob, trug sein hageres Gesicht den Ausdruck tiefen Seelenschmerzes. Mit edler Würde wandte er sich zu seinen» Neffen: „Bruno," sagte er sehr ernst, „Du hast mir schweren Kummer bereitet, ich hatte Besseres von Dir erwartet."
„Du scheinst es für ausgemacht zu halten, daß ich schuldig bin," war die düstere Entgegnung. „Glaubst Du, wenn jener elende Anschwärzer die Wahrheit gesprochen, würde Fräulein Lvckhard sie verleugnet haben? Seine Flucht ist gewiß ein Beweis, daß er das Resultat der Untersuchung nicht abzuwar- !en wagte."
„Ich glaube im Gegenteil, daß er Beweise für seine Behauptung hat," sagte der Gutsherr müde. „Es ist eine schreckliche Geschichte!"
„Aber warum willst Du Meta LockhardS Wort nicht glauben?" rief Bruno leidenschaftlich. „Es wäre doch gewiß in ihrem Interesse, Werners Aussagen zu beweisen, wenn dies möglich wäre. Doch sie leugnete seine Beschuldigungen ab, wie ich es tue. Also, wenn Dir »nein Wort nicht genügt, wirst Du sicher dem ihrigen glauben, obschvn ich mir nicht erklären kann, warum Du au mir zweifeln solltest."
„Ich habe triftige Gründe, au Deinem Worte zu zweifeln," antwortete der Gutsherr strenge. „Erft heute morgen erfuhr ich, daß DuOttilie Clements Jawort aus Deine Werbung durch eine Lüge erschlichest."
Brunos Gesichtsfarbe nahm einen grünlichen Schimmer an.
„Durch eine Lüge?" stammelte er.
„Ja, durch eine Lüge. Du sagtest ihr, daß ich, im Falle ihrer Weigerung, ihren Onkel von der Farin vertreiben würde! Du gewännest ihr Verspreche»durcheineuBetrug!"
„Dir wünschtest die Heirat," stammelte Bruno, „und Dir zu gefallen drängte ich sie. Die kleine Täuschung war unter oiesen Umstünden gerechtfertigt! Jedermann sagt, daß der alte Lvckhard die Farm nicht halten könne und .. und . . eS geschah Deinetwegen."
„Wie," rief der Gutsherr, erzürnt aufspringend, „kannst Du nicht einmal Deine Liebe für sie als Entschuldigung für Deine schamlose Lüge anführen?"
Samstag, den 18. Mai
Lehmann, Leinenweber, Dr. Lucas, Mattseu, Neuner, Graf Oriola, Ortel, Dr. Paasche, Patzig, Rimpau, Schell- horu, Schlumberger, Schmidt-Wanzleben, Dr. Semler, Dr. Wallau, Wamhoff, Westermann. — Gegen die Fahrkartensteuer stimmten lediglich die Abgg. Tr. Hieber, Müller-Baden und Schmidt-Kaiserslautern.
Wie man sieht, hat also das weit überwiegende Gros der Nationalliberalen für die Brausteuer, Zigaretteusteuer uno Fahrkartensteuer gestimmt. Und nicht nur dies: die Nationalliberaleu haben sich besonders eifrig bei der Herstellung der Kompromißanträge beteiligt, auf die sich schließlich die Mehrheit des Reichstages geeinigt hat. Beispielsweise geht der Antrag betreffs der Fahrkartensteuer, der in der zweiten Lesung des Plenums angenommen ist, unter der Firma des Abg. Dr. Becker-Hessen und Gen. Daß auch der Abg. Held einer der eifrigsten Steuermacher gewesen ist, weiß mau schon aus den Kommissionsberichten.
Dieses Verhalten der nationalliberaleu Reichstagsabgeordneten ist umso auffälliger, als fast die ganze nationalliberale Presse den Reichs-Stcuerprojekten, soweit sie eine Belastung der Industrie und des Verkehrs herbeizusühren geeignet sind, von Anfang an scharfen Widerstand geleistet hat. Wir wollen hier nur bemerken, daß die „Kölnische Zeitung" noch am letzten Montag einen Artikel veröffentlicht hat, in der sie den Antrag Becker betr. Fahrkartensteuer als eine „bedauerliche und rückschrittliche Entstellung" der Regierungsentwürfe lebhaft anfeindet. Alle solche Kritiken der eigenen Parteiorgane haben aber nicht das Geringste genützt und sind auf die Haltung der nationalliberalen Reichstagsfraktion vollständig einflußlos gewesen. Beinahe könnte man deshalb annehmen, daß sie von vornherein nur dazu bestimmt sind, um die Oeffentlichkeit über die Stellring der Nationalliberälen zu den Steuergesetze!» irre zu führen. Das wäre aber ein vergebliches Bemühen. Man weiß nunmehr, daß Handel, Gewerbe und Verkehr die neuen Belastungen wesentlich den Nationalliberalen mit verdanken, und sie wird ihre Folgerungen daraus schon zu schließen wissen.
Wmröschau.
Der Reichstag erledigte am Donnerstag zunächst die dritte Lesung der Novelle zum Stempelgesetz. Die Novelle wird mit großer Mehrheit angenommen. Es folgt die Beratung der Resolution der Stener- kom Mission betr. die Erhöhung der Einnahmen der Postverwaltung durch Aufhebungder Ausnahme- tarife im Orts- und N a ch b ar o r ts v er ke h r nsw. Der Nationalliberale Patzig tritt an Stelle einer Erhöhung des Postkarten-Portos für stärkere Heranziehung
1806.
des Zeitungsreklamewesens ein. Unterstaatssekretär v. Sydow erklärt namens der Postverwallnng die Zustimmung zu den Kommissionsvorschlägen. Arendt (Rp.) stimmt der Resolution zu und begründet einen Antrag seiner Partei ausErhöhung des Po st- kartenportvs im Nachbarverkehr auf 3 Pfg. statt 5 Pfg. Staatssekretär Frhr. v. Stengel erwidert: Die Durchführung der Resolution würde höchstens 12 Millionen einbringen. Durch den Antrag Arendt würde dieser Betrag uni annähernd 6 Millionen vermindert werden. Er bitte um dessen Ablehnung. Nach weiterer Debatte wird der Antrag Arendt abge- lehnt und die Resolution der Kommission angenommen. Die 2 Pfennigpostkarte fällt also fort. Um 5 Uhr vertagt sich das Haus auf Freitag nachmittag.
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Ein gestürzter Mittelstandsretter. Aus H a n-
nover wird vom 16. gemeldet: In der heutigen Sitzung des B n r g er v o rsteh er -- K o lle g ium s, die sehr stürmisch verlief, wurde mit allen gegen drei Stimmen beschlossen, den Bürgervorsteher Küster zur Niederlegung seines Amtes anfznfordern, da durch das rechtskräftig gewordene Schöffengerichtsurteil erwiesen sei, daß er in Sub m is si o ns s a ch e n bei dem Rathausbau die finanziellen Interessen der Stadt geschädigt habe. Architekt und Baumeister Küster ist der erste Vorsitzende der deutschen Mittelstandsvereinigung und zahlte bei der Submission auf den Hannoverschen Rathausban seinen Konkurrenten ein paar tausend Mark Abstandsgeld, sodaß ihm dann die Arbeiten übertragen wurden.
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Amtticher Import russischer Juden. Die Po-
sener Landwirtschaftskammer führte 160 russische Juden für Zwecke der Landarbeit in der Provinz Posen ein. Man sieht, bemerkt dazu die Fr. Z., daß auch die preußische Regierung Ausnahmen zu machen weiß. Sonst will sie die russischen Juden am liebsten ganz sernhal- ten und bedenkt sie mit Ausweisungen. Ter Landwirtschaft werden aber auch auf diesen» Gebiete Konzessionen gemacht. Sollte die Regierung hiernach nicht zur Erkenntnis gelangen, daß ihr allgemeiner Standpunkt in der Ausweisnngssrage einer Revision bedarf?
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Frankreich und die Abrüstung. Der Marineminister Thomson, der gegenwärtig die algerischen Hafenposten besichtigt, hielt in PhiliPPeville bei einem Bankett zu Ehren des Geschwaders eine Rede, in der er unter Hinweis ans die Abrüstnngsideen des bekannten Pazisizisten d' Estournelles de Constant uir-
„Meine Liebe für sie? Ich liebe sie mit jeder Faser meines Herzens!" ries Hauptmann Esinond leidenschaftlich in einem Tone, an dessen Aufrichtigkeit unmöglich zu zweifeln war. „Wenn Dr» mir Ottilie abwendig machst, dann liegt mir nichts mehr daran, was aus mir wird!"
„Es fällt mir nicht schwer, an Deine Liebe für Ottilie zu glauben," sagte der Gutsherr nach kurzer Pause. „Sie ist ein vortreffliches Wesen; ich hoffte, als Deine Frau werde sie einen guten Einfluß auf Dich ausüben und Dich zu sich emporziehen. Aber selbst, wenn sie Deine Liebe erwiderte, wie könnten wir erwarten, daß sie einen befleckten Namen, eine zweifelhafte Vergangenheit übersehen, daß sie den» Entführer ihrer Cousine, ihrer Adoptivschwester, verzeihen würde?"
„Nicht, wenn sie an mir ziveifelte, wie Du es tust!" rief Bruno erregt. „Aber die Geschichten eines entlassenen Polizisten fallen bei ihr vielleicht weniger schwer ins Gewicht als bei Dir."
„Meinst Du dem», daß ich gern daran glaube?" fragte der Gutsherr mit großer Bitterkeit. „Ich würde meine rechte Hand darum geben, wenn ich Dich für unschuldig halten könnte!"
Solch tiefer Schmerz sprach aus seiner Stimme, daß Bruno Esinond verstummte.
Nach kurzem Schweigen begann der Gutsherr von neuein: „Wenn Herr Werner, wie Du behauptest, die Unwahrheit gesprochen, so kannst Du keinen Einwand machen, wenn ich Fräulein Lockhard, sobald sie sich ein wenig erholt hat, noch auf eine letzte Probe stelle." Er hielt inne, um seinen nächsten Worten mehr Nachdruck zu verleihen.
Bruno glaubte sein Todesurteil zu vernehmen, als sie an sein eifrig lauschendes Ohr drangen.
„In Deiner und Herrn CliffordS Anwesenheit," fuhr der alte Herr fort, „werde ich Fräulein Lvckhard Deine Verlobung mit ihrer Cousine mitteilen. Wenn Ihr einander gleichgültig seid, kann ihr diese Ankündigung keinen Schmerz und keine Aufregung bereite»."
Wieder hielt er inne, als ob er eine Antwort von Bruno erwarte, aber dieser verhielt sich schweigend; die Zunge klebte ihm am Gaume», seine Lippen waren förmlich vertrocknet. Einmal hatte Meta ihr Wort gehalten, würde sie ihn nochmals schonen, jetzt, wo das Glück ihrer Cousine ans dein Spiele
stand? Seine Lage war eine verzweifelte, und wie ein Ertrinkender, der den sicheren Tod vor Augen sieht, sich an einem Strohhalm anklammert, so klammerte er sich an die Hoffnung, daß Metas Gewissenhaftigkeit über die Liebe zi» ihrer Cousine den Sieg davontragen tverde. Aber selbst dieser letzte, winzige Trost schwand dahin, wenn Werner dem Gutsherrn Beweiseseiner Behauptung vorzulegen hatte. War es denkbar, daß er dieselben mitznbringen vergessen und auf dem Wege war, sein Versäumnis nachznholen?
Ein kalter Schweiß brach ihm ans allen Poren, es schien, als ob im nächsten Augenblick die Wogen über seinem Haupte schließen würden. Aber selbst in dieser furchtbaren Lage ver« leugnete sich nicht völlig seine Abstammung von einem edlen Geschlecht. Wie ein Mann wollte er seinem Geschick entgegentreten ; moralisch verkommen, wie er war, dazu besaß er noch hinreichenden Mut.
„Also Du willigst ein?" fragte der Gutsherr nach einer langen Panse, während welcher Frank Clifford das bleiche, verzerrt« Gesicht des jungen Mannes niit einem Gemisch von Verachtung und Mitleid beobachtet hatte.
Bruno verneigte sich mit einem Anflug von Würde. „ES sei, wie Du wünschest," sagte er in leisem Tone.
Noch einmal trat ein schwacher Hoffnungsschimmer in deS Onkels traurige Angen. Er wandte sich zu Herrn Clifford: „Wollen Sie Fräulein Ottilie bitten, ihre Cousine hierher zu führen, wenn diese sich hinreichend erholt hat, uns eine kurz« Unterredung zu gewähren; einige Minuten werden genügen."
Bruno schrak zusammen und trat einen Schritt vor.
„Nicht Ottilie," bat er in ersticktein Tone. „Warum sollte sie..." 130,20
„Nein, Du hast recht," fiel ihm der Gutsherr ins Wort. „Vielleicht wird Herr Talbot so gütig sein," fügte er, zu Herrn Clifford gewendet, bei, und dieser verließ langsam das Zimmer.
Während seiner Abwesenheit herrschte vollkommenes Schweigen zwischen Onkel und Neffe. Wenn Bruno ein plötzliches, verzweifeltes Verlangen fühlte, sich seinein Onkel zu Füßen zu werfen, seine Schuld zu bekennen und Verzeihung zu erbitten, so verging dieses, wenn er in des Gutsherrn strenges Antlitz blickte. Er fühlte, daß sein Onkel es leichter finden würde, sein« Schuld gegen Meta zu vergeben, als die lang fortgesetzte Lüg« und Täuschung und das Unrecht« das er Ottilie zugefügt.