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Leleton Nr. 41.

Amtsblatt für die Stadt lvildbad.

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75andesversammkung der »türtt. DoLLspartei.

Stuttgart, 6, Jan. So zahlreich wie nur je tra­fen die Mitglieder der Volkspartei am Erscheinungsfest in Stuttgart zur Landesversammlung ein. Wohl an­derthalb tausend Demokraten füllten den Saal der Lieder­halle. Alle Stände und Berufsklassen waren vertreten. Als Vertreter des engeren Ausschusses der Deutschen Volkspartei war Dr. Gold sch midt-Franksurt, von den badischen Parteigenossen Dr. Richter-Pforzheim erschienen. Dr. Elsaß, der Vorsitzende des Landes- komitees, begrüßte die Versammlung mit einem Hinweis auf die bevorstehenden Wahlen. Wir haben im letzten Jahrhundert auf versassungspolitischem Gebiet leider sehr geringe Fortschritte gemacht. Im Jpnern der Par­tei ist im letzten Jahre ein bemerkenswerter Fortschritt durch die Annahme des K o mmun alp ro g r a mms auf dem letzten allgemeinen Parteitag gemacht worden. Wenn wir nach Frankreich hinübersehen, so sehen wir dort, daß ein Volk in freier Selbstbestimmung das welthistori­sche Ereignis der Trennung der Kirche vom Staat vollzogen hat, während die Ereignisse im Osten zeigen, daß ein Regiment der Willkür und des Absolutis­mus auf die Dauer nicht haltbar ist. (Bravo).

Zum ersten Vorsitzenden der Versammlung wurde Abg. K a e ß- Backnang, zum stellvertretenden Vorsitzen­den Abg. S ch m i d - Freudenstadt, zu Schriftführern die Herren Roth- Reutlingen, Seeger - Gmünd und Dör­rt e r - Tuttlingen gewählt.

Dr. Goldschmidt überbringt hie Grüße des enge­ren Ausschusses der Deutschen Volkspartei. Den Par­teibericht erstattet Dr. Elsaß. Auf dem Gebiete der Landtagswahlen stehen der Niederlage in Eßlingen die Siege in Mergentheim, Tuttlingen und Freudenstadt ge­genüber. Unsere Abgeordneten im Reichstag haben bei verschiedenen Anlässen in wirksamer Weise in die Debatte cingegriffen. Der Parteitag der Volkspartei in Frank­furt hat eine Resolution angenommen, die der Red-^ ner verliest und der die Versammlung durch Beifall zu­stimmt. Das Hauptorgan der Partei, derBeobachter", ist vergrößert worden. Von zwei Parteigenossen sind der Partei Vermächtnisse gestiftet worden. Zum Schluß gedenkt der Redner noch der leider zahlreichen Partei­genossen, die der Tod der Partei entrissen hat. , Zu ihrem ehrenden Andenken erhebt sich die Versammlung von ihren Sitzen.

Ueber die neuen Reichssteuern referiert Abg. Storz-Heidenheim. Der Grund der neuen Steuern liegt in dem Anwachsen der Reichsschuld auf 3,5 Mil­liarden. Insgesamt ist dem Reichstage ein Bedarf von 250 Millionen vorgerechnet worden. Von den neuen Steuern sollen vier allein dem Reich zu Gute kommen. Nur die Erbschaftssteuer soll teilweise auch den Bundes­staaten zugewiesen werden, weil sie jetzt schon in einer Reihe von Bundesstaaten erhoben wird. Die Matri- kular beitrüge, auf denen jetzt die Finanzwirtschaft des Reiches aufgebaut ist, haben in die Etats der Einzel­staaten eine große Unruhe hineingebracht. Hieraus ist der Wunsch nach einer Reform entstanden. Durch die Brausteuer hat das Reich den süddeutschen Staa­ten, die bisher bereits eine Biersteuer gehabt haben, diese Steuer weggenommen und sie in eine schwierige Lage ge­bracht. In seiner Begründung der Tabak st euer hat Staatssekretär Stengel zwar gemeint, auf die Ziga­rettenraucher brauche man ebensowenig Rücksicht zu neh­men, wie auf die schwachen Schultern der starken Bier­trinker. Aber es wird durch diese Steuer nicht nur dem Volke ein Genußmittel verteuert, sondern durch den Rückgang des Konsums auch eine Beschränkung der Produktion und damit der Arbeitsgelegenheit für die Arbeiter eintreten. Hinzu kommt, daß durch die Handelsverträge ohnehin die Lebenshaltung der arbeitenden Bevölkerung verteuert und durch Einschränkung der Produktion die Arbeitsgelegen­heit erschwert werden wird. Die Regierung erwartet von der Steuer ein Erträgnis von 43 Millionen, wäh­rend die Interessenten die Erträgnisse auf 56 Millionen beziffern und von ihr eine schwere Sch ädigung der Industrie befürchten. Die entscheidende Partei, das Zentrum, wird wohl einen Teil der Tabaksteuer anneh­men, und somit ist leider zu erwarten, daß sie teilweise Gesetz werden wird. Der bedenklichste Teil der Steuer­vorlage ist die Aenderung des Reichsstempelgesetzes durch Besteuerung der Frachtbriefe, Fahrkarten und Quittun­gen. Diese Steuer müßte gerade den Mittelstand am schwersten treffen. Die Quittungssteuer wirkt außerdem überaus lästig und vexatorisch. Die komplizierten Be­stimmungen des Gesetzes sind für den einfachen Mann schwer verständlich. Die Folgen werden Steuerhinter­ziehungen, Prozesse, Meineide sein. Die Quittungs­

steuer ist somit die verwerflichste Steuer. Die anderen sind jedoch kaum besser. Die Fahrkarten- st e uer ist in einem Lande mit Staatsbahnen ein Unding. Dann wäre es doch einfacher, wenn die Bahnverwaltung einen Teil ihrer Ueberschüsse an das Reich abliefern würde. Aber der Redner möchte das keineswegs Vorschlägen. Ausgeschlossen ist leider nicht ganz, daß diese verwerfliche Steuer angenommen wird, namentlich, da in gewissen Zentrumskreisen Sympathie dafür zu bestehen scheint. Hoffen wir, daß diese Steuer abgelehnt wird. (Bravo). Richtiger wäre es gewe­sen, wenn die Regierung zunächst einmal die Liebes­gabe der Branntweinbrenner herangezogen hätte. (Bravo.) Das Branntweinsteuergesetz enthält eine offensichtliche Begünstigung der landwirtschaftlichen Branntweinbrenner. Diese Privilegierung macht, in Geld ausgedrückt, 40 Millionen Mark, die vorwiegend einigen Großbrennern zugute kommen. Der wachsende konservative Einfluß der letzten Jahre hat es bewirkt, daß die Lasten nicht diesen Kreisen, sondern der weniger Widerstand leistenden gewerblichen Bevölkerung aufgelegt werden. Die Erbschaftssteuer bietet verhältnis­mäßig am wenigsten Anlaß zur Kritik. Eine weitere Steigerung der Progression wäre durchaus angebracht und auch die Ausdehnung auf die Deszendenten und Ehegatten bei großen Erbschaften ließe sich rechtfertigen. Die Automobil st euer ist zwar wegen der Unbeliebt­heit der Automobilfahrer populär, aber sie wird nicht viel einbringen. Auch einer Wehrsteuer, die von manchen Seiten vorgeschlagen ist, kann der Redner nicht zustimmen. Es ist überhaupt nicht Sache der Volks­vertreter, der Regierung Steuern anzubieten. (Lebhafter Beifall).

Ueber die süddeutsch.e Eisenbahnpolitik spricht Hummel- Karlsruhe. Schon der geologische Auf­bau des deutschen Süden rechtfertigt es, von einer süd­deutschen Eisenbahnpolitik zu sprechen. Eine gleich­mäßige Leitung des deutschen Eisenbahnwesens nach den gleichen Grundsätzen wäre nicht denkbar. Von einer Ver­einheitlichung des Eisenbahnwesens allein, wenn sie nicht auch noch weitere Fortschritte bringe, ist ein großer Vor­teil nicht zu erwarten. Wenn es bei solchen Großbe­trieben nicht möglich ist, eine Rentabilität zu erzielen, so kann das nur an einer mangelhaften, mit der Zeit nicht Schritt haltenden Verwaltung liegen. Gegen die Betriebsmittelgemeinschaft äußert der Redner verschiedene technische und politische Bedenken, will sich aber für sie erklären, wenn gleichzeitig eine fort­schrittliche Personentarifreform durchgeführt wird. Der Personenverkehr kann unbegrenzt gesteigert werden. Der Güterverkehr kann nur bis zur Grenze der Produktion gesteigert werden. Eine Tarifverbilligung führt nicht immer zu einer Minderung, sondern zu einer Steigerung der Ueberschüsse, weil der Ausfall im Ein­zelnen durch die Steigerung der Zahl der Reisenden paralisiert wird. Dagegen läßt sich nicht in der gleichen Weise der Güterverkehr über eine gewisse Grenze hinaus steigern. Andererseits ist zu erkennen, daß der Güter­verkehr fast automatisch auf eine Steigerung des Per­sonenverkehrs reagiert. Es giebt nur eine Tarifreform, das ist eine Reform der Persone ntarife, aber nicht in der von Herrn Budde geplanten Weise durch eine Verteuerung, sondern durch eine Verbilligung des Verkehrs. (Bravo.) Die Tarifreform bedeutet auch in Württemberg einge Verteuerung des Rei­fens. Die Einführung der vierten Klasse wäre, ganz abgesehen von sozialen Gründen, bei uns technisch unmöglich. Wenn die drei großen süddeutschen Eisen­bahnverwaltungen sich auf eine Tarifreform mit dem Zweipfennigtarif für die dritte Klasse einigten, so könn­ten sie Preußen ein Paroli bieten. Um eine frucht­bare Eisenbahnpolitik betreiben zu können, müssen wir dem übertriebenen Pessimismus entgegentreten und be­denken, daß jede Steigerung des Eisenbahnverkehrs eine Stärkung unseres wirtschaftlichen Lebens bedeutet. So­lange in Preußen das Dreiklasse »Parlament be­steht, wird an eine volkstümliche preußische Eisenbahn­politik nicht zu denken sein und man wird allen Verein­barungen mit Preußen mit Mißtrauen entgegensehen. Wir werden daher eine nationale Pflicht erfüllen, wenn wir dafür eintreten, daß dem preußischen Volk das Recht gegeben wird, das ihm gebührt. (Lebhafter Beifall).

Abg. Liesch in g-Tübingen berichtet über den Stand der württembergischen Verfassungsreform, indem er kurz die Vorgeschichte der Revision seit dem Beginn des gegenwärtigen Landtags rekapituliert. We­sentlich gefördert worden ist das Reformwerk durch die umfassende Arbeit des Abg. v. Geß, der mit großem Eifer sich der Mühe unterzogen hat, leider aber die Vol­lendung des Werkes nicht mehr erleben durfte. Die Stell­

ungnahme der Ersten Kammer zur Schulnovelle hat gezeigt, daß dem Lande die Vcrsassungsreform nicht gleichgültig ist. Der Ruf nach Abschaffung der Ersten Kammer erhob sich damals allgemein, und die Volks­partei hat jetzt wie früher das Ziel der Abschaffung der Ersten Kammer im Auge gehabt, aber sie war sich auch bewußt, daß ein Weg gezeigt werden mußte, um dieses Ziel verfassungsmäßig zu erreichen. Der neue Entwurf hat eine fast vollständige Wiederholung der Beschlüsse der Abgeordnetenkammer des früheren Landtags gebracht. Im Beginn der Beratung des Gesetzes hat Konrad Hauß- mann den Standpunkt geltend gemacht, daß die Ver­ordnung, durch welche die Landesversammlung von 1849 aufgehoben wurde, ungültig sei und das Gesetz über die Einsetzung der verfassunggebenden Landesver­sammlung noch gültig sei. Aber er wurde von allen Seiten, auch von der Sozialdemokratie, angegriffen, die in ihrer Presse der Volkspartei nicht genügend Vorwürfe machen kann, weil sie angeblich nicht entschieden genug die Abschaffung der Ersten Kammer verlangt hat. Wie die Dinge heute stehen, sind ehrliche Freunde der Reform die Volkspartei, die Deutsche Partei und die Prälaten­bank. Auch Freunde, wenn auch nicht mit Beziffer­ung, sind Konservative und Bauernbündler. Die Sozial­demokratie gehört auch zu den Freunden der Reform. Sie befindet sich diesmal nicht in der angenehmen Lage, gegen das Gesetz stimmen zu können und den anderen Parteien das Odium 'für die Annahme des Ge­setzes zu überlassen. Sie weiß, daß es diesmal aus ihre Stimme ankommt. Sie muß Farbe bekennen, ob sie ihre frühere Taktik beibehalten oder ob sie das Gesetz mit zustande bringen will. Ein offener Gegner der Reform ist das Zentrum, welches kürzlich sein konservatives Herz entdeckt und aus die sozialdemokratische Gefahr hin­wies, während seine Parteigenossen in Bayern mit der Sozialdemokratie Hand in Hand gehen. Von der Ritter­bank ist ein unbedingter Anhänger Freiherr von Gem- mingen, ein sicherer Gegner Graf Bissingen, die übrigen schwanken. In der Kommission war es nicht möglich, alle Wünsche der Parteien in das Gesetz hineinzuarbeiten, so konnte einer Reihe von Wünschen nicht entsprochen werden. Der Redner geht im Einzelnen auf die Kom­missionsverhandlungen ein und fährt dann fort: In 14 Tagen etwa wird die Entscheidung über das Gesetz fallen. Sichere Stimmen für das Gesetz sind 59. Wenn alle Ritter dagegen stimmen, wird das Gesetz abgelehnt, da keine Zweidrittelmehrheit zustande käme. Es ist nicht anzunehmen, daß die Ritterschaft es auf sich nehmen wird, dem vermeintlichen Vertreter des konservativen Ge­dankens, dem Zentrum zu liebe die Reform zu werfen. Das würde die Gegensätze auch die konfessionellen nicht mindern, sondern verschärfen, und es wäre zu befürchten, daß sie auch an den Stufen des Thrones nicht Halt machen würden. (Sehr richtig, lebhafte Zu­stimmung). Es ist zu hoffen, daß sich die Ritter in letzter Stunde besinnen, dem ein­helligen Wunsche des Volkes Rechnung zu tragen und das Gesetz, wenigstens in der zweiten Kam­mer, zur Annahme zu bringen. Wenn es scheitert, so kann es übrigens allen Parteien einerlei sein. Wir werden mit Energie und Mut in die Bewegung eintreten, um das unter der Asche glimmende Feuer zur Flamme anzufachen, Heren Schein den Gegnern der Reform sehr unangenehm in die Augen stechen würde. Wir würden es aber doch bedauern müssen im Interesse des Friedens im Lande, der darunter Not leiden würde. Kein besserer Jubiläumstag für das 100jährige Bestehen Württembergs als Königreich könnte man dem württembergischen Volke bieten, als eine stärkere Mitwirkung an der Regierung des Landes durch die Annahme dieser Verfassungsreform. (Lebhafter, anhaltender Beifall).

Reichs- und Landtagsabg. K. Haußmann referierte über die auswärtige Lage. Es sei nicht wahr, be­tonte der Redner in seiner Einleitung, daß wir vor krie­gerischen Verwicklungen stehen. Die Atmosphäre sei rauch­frei. Nur da und dort durch Nebel beschwert. Die Gou- vernementalen sehen nur die Fehler, die in anderen Län­dern gemacht werden, nicht die eigenen. Aber auch die heftige Taktik der Sozialdemokratie sei falsch. Die deut­sche Armee würde in einem Kriegsfall unbedingt mar­schieren, auch wenn er durch Fehler der eigenen Regier­ung heraufbeschworen worden wäre. Aber auf solche Fehler müsse aufmerksam gemacht werden. Auch der Grundsatz der internationalen Moral müsse die Gerech­tigkeit sein. Der Redner besprach sodann eingehend die Marokko-Angelegenheit und bezeichnte die Anlehnung Frankreichs an England als eine unmittelbare Folge der deutschen Politik. Die Isolierung Deutschlands sei eine selbstverschuldete. Die deutsche Politik sei eine kaiserliche Politik. Die imperialistische Methode führe konsequenter-