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Nr. 2.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

85. Jahrgang.

Erscheinungsweise! 8 mnl wSchentl. Nnzeigepreir : Tie liemsvaltig« Zeile 80 Pik- Stet amen 1. Mk _Tchkutz der dliiirigenannadine v Uhr vormittags. nernfpreeyers.

Samstag, den 3. Januar 192V.

2 as grmsmc Spie! ycht i»cHer.

* Die auf 6. Januar angekündigte Ratifikation des Friedensvcrtrags ist wieder verschoben worden. Die En­tente spielt wieder mit Deutschland das alte Spiel. Auf er­folgte Versprechungen kommen sofort wieder Zurücknahmen. I» Deutschland jubelt man bei jedem scheinbaren Entgegen­kommen der Feinde auf und hintenher hält uns die Entente zum Narren. Co scheint es auch diesmal mit der Geneigtheit zur Ratifikation zu sein. Aus allerlei Gründen sucht die Entente den Friedensschlutz hinauszuziehen. Sie wird wahr­scheinlich Deutschland neue Erpressungen zugedacht haben und da Deutschland in allen Fragen nachgeben mutz, so kann die Daumenschraube immer von neuem angcsctzt werden. Irgend eine Demütigung wird Deutschland durch die neue Verzöge­rung zu tragen haben. Die Regierung in Berlin dagegen ist voller Optimismus und sieht alles in rosigstem Lichte. Sie glaubt nicht an besondere Hintergedanken der Entente und hofft, datz die Verhandlungen zu einem guten Abschluß ge­langen. Aber wie oft schon ist der gute deutsche Michel übers Ohr gehauen worden. Mit der Verschleppung der Friedens­unterzeichnung verzögert sich wiederum die Heimkehr unserer Kriegsgefangenen. Man mutz sagen, die Entente läßt sich für alle Fragen gründlich Zeit und- ersinnt immer wieder neue Bosheiten. Es ist tieftraurig, datz 1^ Jahre nach ab­geschlossenem Waffenstillstand noch kein Friede zustande gekom­men ist. Dieser Vorgang ist in der Weltgeschichte unerhört. Unser grimmigster Feind, der hatzcrsMte Clemenceau, hat es durch znsetzen gemutzt, datz der zunächst beschlossene Termin wieder aufgehoben wurde. Als Grund wird angegeben, es sei zweck­mäßiger, zunächst auch die noch ausstehenden Einzelfragen, wie sie namentlich durch die Rechtslage in der von uns abzutre- trctcnden Gebieten aufgeworfen werden, sämtlich aufzuarbeiten und beschlußreif Ai tnnnzeu »n ><», «, mit Unterzeichnung des Schlutzprotokolls endgültig reine und gesicherte Verhältnisse zu schaffen. Jedenfalls führte Clemenceau diesen neuen Auf schab des Friedens mit dem Hintergedanken herbei, es wür den sich bei den kommenden Beratungen noch weitere Ein­um.che gegen einen schnellen Abschluß des Friedens und da­mit eine neue Scheinbegründung der Verschleppung des un­haltbaren Zustandes ergeben. Der Berichterstatter desStuttg. N. Tagbl." teilt hierüber noch folgendes mit:

* .

Die Mitteilung der halbamtlichen Pariser Stellen, insbe­sondere der Agentur Havas. datz die Unterzeichnung des /Eens am 6. Januar, nachmittags ä Uhr. stattfinden sollte. > ..-2? eine überstürzte Jubelnachricht heraus. Die

ranzesische Agentur hat diese Mitteilung in allzu großer Eil- ertigkeit herausgegeben, um dem Pariser Publikum eine kleine oceiijahrsfreude zu bereiten nackdem^die deutschen Delegierten erklärt hotten, daß Deutschland auf der jetzt erzielten Grund w ? 2'", Unterzeichnung bereit sei. und nachdem der Oberste Rat die'e Verständigunasarnndlage auch seinerseits gebilligt hatte In Paris wünscht man nun. und der Oberste Rat hat diesen Wunsch Clemenceaus zum Beschluß erhoben, vor dem Nustausch der Ratinkationsurkundrn und des Schlutz­protokolls sämtliche praktisch« Fragen, die mit dem Inkraft­treten des Friedens .rstwen^ia verbunden sein müssten, noch vorher zu regeln, so datz der seih» womr^ich'am Tage

des Urki-ildenaustai'sches in Kraft treten kann. Die Verhand- lungen über diese Dinge schreiten aber nicht so rasch vor- e man angenommen hat. denn es sind eine Menge "ledigen, alle Neberoanasbestimmungen fest­zulegen und gewisse Fragen, die einen Prestioechgrokter tragen

wel^n ^ den strittigen'Gebieten.' in

Volksabstimmung vorasnommen werden soll, zn Lvon Verwaltung und Justiz haben noch beträchtliche Meinungsverschiedenheiten zwilchen den Verhaw w/nn'bi-"!«"^kaffen und Komvromiffe bedürstn. auch d'? V/chtttchlungen in noch so korrekternd sachlicher N^ >.Lk '>!..^.?^en e,ner gewissen Zeit Es ist daher mäa- gehen kann "'"erzcichnung kaum vor Mitte Januar vor sich

.F/e fariser Presse, der die unangenehme Aufanbe zu- ge,allen ist. dre mit Erwartungen vorzeitig erftillte Devölk--- rung zn vertrösten, hilft sich mit dem altbewährten Mittel,

» Schuld auf die Deutschen schiebt. Nach der Pariser n . . k nämlich die Verzögerungen daran liegen, daß

^ i^ne Einwilligung zur Unterzeichnung des

vchlußvrotokolls noch nicht ausgesvrocben habe. Das ist for- mal richtig: den« die deutsche Regierung hat in der Tat aus o,e Nvte Clemenccavs keine Antwort gegeben. Aber, wie leoermann in den Pariser einoeweihten Kreisen weiß, haben die deutschen Delegierten in dieser Hinsicht bereits bündige . abgegeben, und wenn sich die französischen Regie­

rungsstelle an ihnen genügen lasten, dann dürften es die

, ^.Enalisten erst recht tun. Die Verzögerung hat rein »achllche Grunde und ist letzten Endes doch auf Frankreich -m-

rückzufiihren, das den Obersten Rat zu dem Beschluß be- stimmte, vor der liuicLzeichltUtlg alle anderen schwebenden fragen zu klaren. _

Zur Wem Lage.

Die ungarische Friedensdelegation.

Budapest, 30. Dez. (Wolsf. Korr-Burcau.) Die erste Gruppe der ungarischen Friedensdelegation begibt sich am 5. Januar nach Neuilly. Dieser Gruppe werden die früheren Delegierten angehörcn. Die politischen Beiräte und die wirtschaftlichen Sachverständigen werdgen zu den Beratungen erst später zugezogen werden.

Das Schiksal Ungarns.

Wien, 30. Dez. (Wolfs.) Das .Neue Wun.r Journal* bringt ein Interview mit dem Staatssekretär im ungarischen Ministerium des Aeutzern Dr.' Lovassy über das Schicksal Ungarns. Es heißt darin: Wir streben die Wiederherstellung dcS ungarischen König­tums an. In der Wahl des Herrschers befindet sich die Entente, welche die Wiederkehr der Habsburger auf das energischste unter­sagt. in vollstem Einvernehmen mit der ungarischen Nation, die sür die Habsburger nichts mehr übrig hat.

Auch ein Friedenszeichen.

Berlin, 30 Dez. Wie die .Pol.-Parl. Nachr." erfahren, fand vor der Abreise des Kardinals Bertram und der übrigen ncn- ernannten Kardinale aus Nom ein vom Kardinalstaatssekrctär Ga- sparri zu Ehren der neuen Würdenträger veranstaltetes Festesten statt, an dem außer diesen Ehrengästen auch das gesamte beim Batiken akkreditierte diplomatische Korvs teilnakm. Der vreußiicke Gesanote v. Berger ist zwar in Ront noch nicht eingetroffen, doch dürfte dies das erste amtliche Diner seit Beginn des Krieges ge­wesen sein, an dem Angehörige bisher kriegführender Staaten ge­meinsam teilgcnommcn haben.

des selbständigen Albanien.?

Der Ausbruch des Weltkrieges haHlneiMk das klein- L«nd Mbanien. das während der Regierung des deutschen Prinzen Wied und nach besten Vertreibung durch den einheimischen Bandenführer Effad Pascha im Mittelpunkt des europäischen Interesses stand, ganz auS der Weltgeschichte verschwinden lasten. Auch der Teil des Welt­krieges, der sich zwischen Oesterreichcm und Italienern hier ab­spielte. erregte kein hervorragendes Interests. Nun soll Italien einen Teil des Landes wieder einer .albanischen Regierung* über­geben haben, einer Regierung natürlich, chic, nur auS Kreaturen Italiens zusammengesetzt, die italienische Herrschaft auch über diesen Küstenstreifen der Adria sichert.

Hlnausdrörrgung der Nmerkka'rer

aus dem besetzten Gebiet.

Paris, 31. Dez. Rach , der Zeitung .Heure* haben die Eng­länder dem Fünserrat eine Note überreicht, um darauf hinzuweisen, daß die amerikanischen StreitkrSfte einen Brückenkopf am Rhein. Koblenz, beseht halten, daß aber die Vereinigten Staaten den Frie- dcnSvertrag von Versailles noch nicht ratifiziert haben, also auch keinen offiziellen Vertreter in der rheinischen interalliierten Kommis­sion haben können. Die Note drückt die Ansicht aus. um den Be­schlüssen dieser Kommission und der Verwaltung der besetzten Ge­biete keinen Abbruch zu tun, werde eS notwendig sein, daß der von den Amerikanern besetzte Bezirk in dir französischen, englischen und belgischen Bezirke einbezogen werde.

Ausland.

Bevorstehender Generalstreik im Elsaß?

Mülhausen, 2. Jon. Die Verhandlungen d«S Generalkommtf- sarS Millerand mit den Vertretern dcS Vuchdruckerekgewerbes und den Straßenbahnern sind gescheitert. Die Mülhausener Straßen­bahner streiken weiter. Der Tramverkchr in der Stadt und nach d-n Vororten ruht vollständig. Tie Ausständigen hielten einige Arbeitswillige gewaltsam von der Wiederaufnahme der Arbeit ab. Das Tramdepot Mülhausen erhielt eine starke militärische Besatzung.

(Stuttg. Tagbl.)

Straßburg, 2. Jan. Infolge des drohenden Ausbruchs eines Generalstreiks in Elsaß-Lothringen stehen die Truppen in ihren Garnisonorten alarmbereit. Die vielfach bewilligten Ofliziersurlaube wurden vorübergehend zurückgezogen. Die Straßenbahner in Straß- burg und Kalmar hielten Versammlungen ab, in denen ein Sym­pathiestreik mit den Mülhausener Straßenbahnern beschlosten wurde.

(Stuttg. Tagbl.)

Telephoniftenstreik in Dänemark.

Kopenhagen, 31. Dez Da die Lohnverhandlungcn zwischen der hiesigen Tclephongesellschaft und den Vertretern der Angestellten in der letzten Nacht als ergebnislos abgebrochen wurden, ha! der Tele­phonstreik heute begonnen. Heute vormittag 11 Uhr legten die Tele­phonarbeiter in ganz Dänemark die Arbeit nieder. Tie Telepho­nistinnen und die übrigen Angestellten treten heute Nacht 12 Uhr in den Ausstand.

Polnische Justiz.

Berlin, 2. Jan. Nach dem .Berliner Lokalanzeiger* verurteilte das Kriegsgericht in Lodz vier Chauffeure, die aus dem Militär­flugplatz Autogummireifcn gestohlen hatten, zum Tode durch Er­schießen.

Kleine MW NtichriHie».

Berlin, 3. Jan. Zum Schutze der in den polnischen Staats­dienst dauernd oder vorübergehend eintretenden deutschen Barnten wendet sich der Delegierte der polnischen Regierung. Czarn:zki. in Danzig im Aufträge seiner Regierung, an die polnische Bevölkerung mit einer Kundgebung, in der es heißt: Wer sich den deutschen Beamten gegenüber, die gemäß dem deutsch polnischen Vertrag auf dem Posten bleiben, Ausschreitungen zu Schulden kommen läßt, wird zur Verantwortung gezogen. Die persönliche Einmischung in die Dienstobliegenheiten dieser Beamten ist verboten. Besonders wird vor Eingriffen in den Eisenbahnverkehr gewarnt. Die polnische Regierung erwartet bedingungslose Jnnehaltung dieser Verordnung. Die polnische Regierung hat die Verpflichtung übernommen, die vemschcn Beamten zu schützen und ihnen kille bürgerlichen Rechte elnzuräumen.

Berlin, 3 Jan Eine aus 15 Damen und Herren bestehende amerikanische Quäker-Mission nimmt mit dem heutigen Tage, dem .Berliner Lokalanzeiger* zufolge, auf einige Zeit ihren Wohnsitz in Berlin, um ein großzügiges amerikanisches Hilfswerk für Deutschland durchzuführen. Die Mission stellt eine Ergänzung der Tätigkeit deS amerikanischen Lebensmittelkontrolleurs Haover dar. Sie wird einen aus mehreren Millionen Dollar bestehenden Geldbetrag, der in Amerika durch freiwillige Gaben aufgebracht wurde zur Beschaf­fung von Nahrungsmitteln und Bekleidung zur Verfügung stellen. Die Mission wird heute vom Reichspräsidenten empfangen werden.

Berlin, 3. Jan. Ter .Berliner Lokalanzeiger' meldet, daß nach Blättermeldungen aus Buenos Aires ein großes deutsches Unternehmen mit einem Kapital von zehn Millionen Pelos ins Leben gerufen worden ist, das sich die Verproviantierung Deutsch­lands als Ziel gesteckt hat.

Die Kohlenversorgung Großbcrlins hat sich in den letzten Tagen derartig verschlechtert, daß man für die Industrie das Schlimmste befürchten muß.

Die Preise aller Waren auf dem Weltmarkt sind fast ausnahms­los höher als ln Deutschland. Wer also einem Ausländer ver­kauft, sollte um eine Verschleuderung deutschen Vermögens zu verhindern einen entsprechenden Prcisaufschlag machen. Dabei ist unbedingt die Unterwertigkeit der deutschen Valuta zu berück­sichtigen. Für hindert Mark bekommt man heute in der Schweiz nur 11,25 Franken statt 123 Franken, während man kür hundert Franken statt 81 Mark 890 Mark bezahlen muß. Das ist elfmal so viel wie früher.

Der Papst hat In einer Weihnachksansprache an dir Kurdinali- tät den Bolschewismus als eine der schlimmsten Folgen des Krie­ges bezeichnet.

IklllschlMd.

Protest gegen die Steuermitzrvirtschaft.

Berlin, 11. Dez. Der Reichsverband der deut­schen Industrie hat in der heutigen Sitzung seines kaurft- aussckmstes einhellig folgende Entschließung angenommen: Der Hauptausschutz des Rcichsverbandes der deutschen Industrie verwahrt sich nachdrücklich gegen die übereilte und planlose Art, in der die Regierung versucht, die ersorderiichen Steuer­lasten des deutschen Volkes zu erheben. Die deutsche Industrie ist von der Notwendigkeit größter Opfer für die Erhaltung der Zahlungsfähigkeit des Reichs und für die Erfüllung der ,zriedensbedingungen überzeugt und durchaus bereit, auch schwere Abgaben von Besitz und Einkommen zu leisten Sie mutz aber nochmals eindringlich davor warnen daß bie'e Ab­gaben, wie es im Neicbsnotopfer und in den neuen Slcucr- gesetzesentwiir.en der Fall ist, die ganze deutsche Wirtschaft blut­leer und die Gesundung unserer Produktionskräfte unmöglich machen. Es ist völlig unrichtig, datz sich die Vertreter der