SeutMüd.

Der preußische Ministerpräsident

sür Len Einheitsstaat.

Berlin, 22. Dez. ImVorwärts" schreibt in einem Leit­artikel der preußische Ministerpräsident zur Fr-ize des deutschen Ein­heitsstaates u. a.: Kein Zweifel, daß die Gelegenheit heute weit günstiger ist, als vor Jahresfrist. Läßt man sich von Äernunst- gründen leiten, so spricht alles für, nichts gegen den Einheitsstaat. Aber gerade in dieser Frage spielt neben der Vernunft das Ge­fühl eine große Rolle. Man fürchtet, in einem Einheitsstaat von Preußen verschlungen zu werden, obwohl kein vernünftiger Mensch in Preußen daran denkt. Man übersieht, daß die Reichsvccfassung die preußische Vorherrschaft im Reich endgültig beseitigt hat und daß Preußen heute keinerlei Sonderrechte mehr besitzt. Die Zeit arbeitet für die Frage des Einheitsstaates und es wird der Tag kommen, an dem alle Widerstände überwunden sind. Preußen, das viel verkannte und vielgeschmähte, wird es an tatkräftiger Förde­rung nicht fehlen lassen.

Ans dem Reichsgesetzentwurf über die Behandlung der Arbeitslosigkeit.

* In derVoss. Htg." ward einiges über den Gcdankengang gesagt, der in einem im Reichsarbeitsministerium entstan­denen Gesetzentwurf über die Arbeitslosenversicherung enthal­ten sein soll. Wenn die Arbeitslosigkeit auf ein Mindestmaß herabgedrückt werden soll, so sei dazu auch erforderlich, daß die gesamten Arbeiter sür die wirtschaftlichen Folgen des Um­fange« der Arbeitslosigkeit in angemessener Weise mit auf- kommrn müßten.

Das neue Umsatzsteuergesetz.

Am 1. Januar tritt das- neue Ilmsatzsteuergesetz in Kraft. Für die allgemeine, jetzt 1 Prozent betragende Umsatzsteuer kommt eine Veranlagung einstweilen noch nicht in Frage; im Januar 1920 beginnt vielmehr zunächst die letzte Veranlagung der bisherigen Umsatzsteuer. Die Geschäftswelt wird sich jedoch bereits jetzt bei der Preisgestaltung auf den neuen Satz einzurichten haben. Un­mittelbar bedeutungsvoll ist, daß die auf 15 Prozent bemessene Luxusstcucr mit wenigen Ausnahmen nicht mehr im Kleinhandel, sonder» beim Hersteller zu entrichten ist. Fabrikanten und sonstige Hersteller werden sich daher so schnell als möglich mit der neuen LuxuSsteucrliste in Z 15 des Gesetzes und der für sie entstehenden Verpflichtung zur Führung eines Lager- und eines Steuerbuches zu beschäftigen haben. Für die Ladenbesitzer der jetzt beim Hersteller luxuspflichtigen Gegenstände verbleibt es übrigens wegen der Be­stände d>e sie am 1. Januar 1920 an Luxusgegenstiinden noch haben, auch im neuen Kalenderjahr bei der bisherigen Luxussteuer von 10 Prozent. Im Gesetz ist eine vorläufige Ausführungsanweisung erlassen worden Die Nummer 13 der vom Reichsfinanzministerium bcrausgegebenen amtlichen Mitteilungen für die Zuwachssteuer, die RctckSbefltz- und Perkchrssteuern < Vertrieb durch Karl Hehmanns Verlag, Berlin W 8) enthält den Text des Gesetzes und di« Aus- führungsanwelsung. Das Heft erscheint noch bis Ende des Jahres.

Gin »Mißverständnis«

* Berlin, 22. Dez. LautVoss. Ztg." zerschlugen heute Be­amte der Viktoriavrrsicherungsgesellschaft, die erfahren hatten, daß in einem Raume des Hauses zwei leichte und zwei schwere Maschinengewehre und mehrere Gewehre lagerten, di« Ge­wehre im Hofe, weil sich die Nachricht verbreitet hatte, daß die Leitung der Gesellschaft die Waffen gegebenenfalls gegen die Angestellten verwenden wolle. Die Arbeit in den Betrieben ruht fast ganz. Wie die Zeitung von der Leitung der Viktoriaversicherungsgesellschaft erfährt, handelt es sich um

^ein Mißverständnis. Einige im Verwaltungsgebäude der Ge­sellschaft wohnende Beamte hatten die Waffen nach einer Uebung bei der Einwohnerwehr, die bis in die Nacht gedauert hatte, ohne Vorwissen der Leitung im benachbarten Hause der Viktoria eingestellt. Die Erregung der Beamten soll wei­terhin auf seit längerer Zeit schwebende Tarifoerhandlungen zurückzuführen sein.

Der Generalstreik der Berliner Gastwirte.

Am 18. Dezember sind die Berliner Gastwirte in den General­streik eingetreten. Da der Reichswirtschaftsminister Schmidt die von den Gastwirten geforderte Milderung der Schleichhandelsbestim­mungen ablehnte, waren am 18. Dezember sämtliche Gaststätten ge­schlossen. In Berlin sind zurzeit etwa 20 000 Gastwirtschaften, von denen rund 5000 Speisung an rund 250 000 Personen verabfolgen; dazu kommen etwa 100000 Fremde, die sich augenblicklich in Berlin aushaltcn und jetzt keine Gelegenheit haben, ein Frühstück oder ein Mittagessen einzuuehinen. Restlos haben die Gastwirte den Streik­beschluß durchgeführt, so daß tatsächlich von einem Generalstreik der Gastwirte gesprochen werden kann. Warme Getränke waren nicht aufzutreiben. Die ausländischen Hotesgiiste haben sich tele­graphisch an die Reichsregierung gewandt. Auch die ausländischen MilitSrmisstonen wurden nicht bewirtet Den Mitgliedern der Nationalversammlung wurden noch im letzten Augenblick 300 Por­tionen aus den Volksküchen zur Verfügung gestellt.

Naubanfall auf einen englischen Offizier in Berlin.

(WTB.) Berlin, 22. Dez. Ein Mitglied der englischen Militärmission in Berlin Leutnant Spearman, wurde am Samstag abend auf dem Bahnhof Zoologischer Garten, als er in einem unbeleuchteten Teil des Bahnhofs auf seinen Zug wartete, das Opfer eines Raubanfalles. Der Reichs­wehrminister in Begleitung seines persönlichen Adjutanten, so­wie der Polizeipräsident haken heute beim Ehef der enAlischen Mission vorgesprochen und ihm ihr Bedauern über den Zwischenfall zum Ausdruck gebracht.

Ein norwegisches Weihnachtsgeschenk.

* Berlin, 23. Dez. Ueber 4 00 kinderreichen bedürftigen Berliner Familien wurde, wie verschiedene Morgenblätjer be-

Amtliche Bekanntmachungen.

Betreff: Rücklieferung leerer Mehlsäcke.

Die Bäcker und Mehlhändler sind mit der Rücklieferung der leeren Mehlsäcke außerordentlich im Rückstand.

Es ergeht hiermit die dringende Aufforderung, sämt­liche rückständigen Mehlsäcke unverzüglich zur Ablieferung zu bringen. Gegen Säumige wird nunmehr unnachsichtlich vor­gegangen und haben solche die Folge zu tragen.

Calw, den 20. Dez. 1919. Kommunalverband Calw:

Oberamtmann Gös.

Vergütung von Kriegsleistunge».

Gemäß 8 21 Abs. 3 des Ges. über die Kriegsleisiungen vom 13. Juni 1873 (RGBl. S. 129) wird die Gemeinde Teinach aufgesordert, ihr Anerkenntnis über Vergütung für Kriegs- leistungen, und zwar für Naturalquartier und Stallung jür den Monat Dezember 1918, der Oberamtspflege Calw behufs Empfangnahme von Kapital und Zinsen vorzulegen.

Calw, den 20. Dez. 19l9. Oberamt: Gös.

Auf die im Eewerbeblatt Nr. 50 vom 13. Dezember 1919 erschienen Bekanntmachung- der Zentralstelle für Gewerbe und Handel bctr. Kurse sür Maurer und Sieinhauer werden die be­teiligten Kreise hingewiesen.

Das Eewerbeblatt kann bei den Ortsoorstehern cinge- sehen werden.

Calw, den 15. Dezember 1919.

Oberamt: Gös.

richten, eine freudige Weihnachtsüberraschung bereitet, indem an sie vom norwegischen Generalkonsulat je nach Kinderzahl und Bedürftigkeit 4 bis 9 Pfd. geräucherter Speck ausgeteilt wurden, den das Vergener Komitee zur Unterbringung deut­scher unterernährter Kinder als Weihnachtsgabe gesandt hatte. Eine gleiche Menge kommt in Leipzig und Hamburg zur Verteilung. Viele Tausend unterernährte deutsche Kinder sind im vergangenen Sommer monatelang in norwegischen Fami­lien ausgenommen worden und gerade unbemittelte Familien suchten ihren Stolz und wetteiferten darin, das Beste für die notwendige Kräftigung zu bieten. Diese Familien wenden ihren kleinen Sommergästen auch weiterhin Fürsorge zu, wie aus unzähligen Liebesgaben hervorgehk, die dankbaren Herzens entgegengenommen werden.

Hilfe für Wien.

* Berlin, 23. Dez. In der Provinz Sachsen würden laut B. L.-A." große Mengen Lebensmittel für Wien in den letzten Tagen verlade», so in Meisdorf 3000 Ztr. Weizenmehl.

Bezugspreis - Erhöhung.

wir sind leicker wiecker gezwungen, ckl'e Bezugspreise auf äas Lalwer Eagblatl ab s. Januar 1920 wie folgt zu erhöhen: vierteljährlicher Bezugspreis

in äer Staät Ealw Mk. 4.50, vierteljährlicher Bezugspreis

auswärts Mk. 5.10, einschließlich Zustellung.

Verlag äes Calwer üagblattes.

Vermischt«.

Der dritte Band von Bismarcks Gedanke« und Erinnerungen.

(SLB.) Stuttgart, 23. Dez. Wie kürzlich mitgeteilt wurde, ist vom hiesigen Landgericht das Erscheinen des 3. Bandes von Bismarcks Gedanken und Erinnerungen verboten worden, weil Kaiser Wilhelm durch seine Rechtsbevollmächtigten hatte Ein­spruch erheben lassen. In den ersten Tagen des neuen Jahres sollte eine Verhandlung vor dem Landgericht stattfinden, da der Cotta'sche Verlag Einspruch gegen die Sperrung der Aus­gabe des Werkes erhoben hatte. Nun ist zwischen dem Verlag und Kaiser Wilhelm ein Privat o'ergleich zustande ge­kommen. Der mit so viel Spannung erwartete 3. Band les Bismarckschen Buches wird also vorläufig nicht zur Aus­gabe kommen.

Wo im Krieg der Zucker blieb.

Mit der allmählichen Aufklärung der Geheimnisse der Kriegswirtschaft kommt es nun auch an den Tag, was aus den großen Mengen von Zucker geworden ist, die vom 2. Kriegs­jahr ab der menschlichen Ernährung entzogen wurden. Wie Dr. W. Lonnstsin und Dr. L. Lüdecke in demNaturwissen­schaften" Mitteilen, wurde die größte Menge des Zuckers in Glyzerin verwandelt, der zu Sprengstoffen gebraucht wurde. Die Glyzeringewinnung aus Zucker hat in der Kriegs­zeit eine hohe praktische Bedeutung erlangt. Das Verfahren wurde 1915 patentiert und rasch in Großbetrieb genommen, so daß die Glyzerinausbeute 1 Million Kg. im Monat überstieg. Die Frage, wo im Krieg der Zucker blieb, ist also gelöst. Nun möchten wir aber gerne wissen, wo heute der Zucker bleibt, nachdem der Krieg, der so vieles aufgefressen hat, zu Ende ist? Nach den neuesten Meldungen erhält Bayern aus der Tschechoslowakei Zucker geliefert. Als Kompensation für die nach der Tschechoslowakei gelieferten Heeresgüter wurden be­reits 81 Wagen Zucker nach Bayern eingeführt. Weitere Wag­gons werden in den nächsten Tagen in Bayern erwartet. Und Württemberg?

Ein politischer Katechismus.

ml. Es fehlt nicht an Zeichen, die bezeugen, daß die Fron- zosen heute schon nicht giehc sonderlich gut ans die. Engländer zu sprechen sind. Einen neuen Beweis für diese wachsende Abneigung erbringt eine kleine Satire, die ein Pariser Blatt in Gestalt eines politischen Glaubensbekenntnisses veröffentlicht. In diesem, d-m Zeitgeschmack angcpaßtcn politischen Katechismus wird der Verach­tung, die der Egoismus der Engländer in Frankreich ausgelöst hat, in bitteren Sarkasmen unzweideutig zum Ausdruck gebracht, wie die folgenden Fragen und Antworten zeigen:

Wie piel Arten von Imperialismus gibt es? ES gibt zwei Arten: den deutschen Imperialismus, der seine Vorherrschast über den Kontinent ausbreiten wollte, und deshalb schädlich war, und den britischen Imperialismus-, der seine Vorherrschaft über die Erde und dir Seen ausbreitet und deshalb nützlich ist.

Wer ist unser treuester Verbündeter? England: es hat freundlich unsere Unterstützung angenommen, um sich gegen Deutsch­land zu verteidigen, es hat nns im Jahre 1815 von einem Kaiser, im Jahre 1763 von unseren Kolonien und im-Jahre 1431 von einer Ketzerin (Jungfrau von Orleans) befreit. Es begünstigt unseren Handel, indem es von uns iin Kleinen Dinge kauft, die es uns dann ini Großen wieder verkauft.

Gleichzeitig bringt dieser Katechismus noch mehrere andere Fragen und Antworten, die weniger England, als die französische Regierung, ihre Unfähigkeit gegenüber der Weltwirtschastskrisis und die geheimen Machenschaften der Entente in spöttischer Weise be­leuchten:

Weshalb muß man die Regierung achten? Weil sie un­fehlbar ist.

Was ist die Republik? DieNepüblik ist eine von einem Parlament gestützte Monarchie.

Was ist die Ursache des Kohlenmangels? der Bolschewismus.

Was ist die Ursache des Rückgangs der Francwährung? Der Bolschewismus.

Was ist der Bolschewismus? -- Der Bolschewismus ist die Ursache -des Kohlenmangels und der Entwertung des Franc.

Wieviel Sotten von Militarimus gibt es? Zwei Arten, den französischen und den preußischen Militarismus.

Warum ist der erstgenannte Militarismus nützlich? Well er den zweiten bekämpft.

Warum niuß dieser zweite Bolschewismus ausgerottet werden? Weil er sich dem ersten entgegenstellt.

Das Bieropfer.

ml. Trotz den strengen Ausführungsbestimmungen des Alko­holverbots in den Vereinigten Staaten war es kürzlich einige» Händlern gelungen, 84 000 Flaschen Bier nach Illinois hinein- zuschmuggeln. In Zion City wurde die Konterbande bemerkt und beschlagnahmt, und man beschloß, die günstige Gelegen­heit zu benutzen, um sowohl ein Exempel zu statuieren als auch eine weithin sichtbare Warnung zu geben. Man baute also eigens eine Holzrinne, die vom Marktplatz in die städtische» Kloaken'führte. üNd einem feierlichen Sonntagmorgen er­schien in vollem Ornat der Bürgermeister, der Polizeipräsident und der Vlaukreuzvorsttzende von Zion City, um vor einem großen Publikum höchsteigenhändig in dreistündiger Arbeit die 84 000 Flaschen ihres satanischen Inhalts zu berauben, der dan» in kleinen Kaskaden die Rinne entlang den Abwässern zufloß.

Der weife Kadi.

ml. Sechs türkische Fischer waren auf dem Fang gewesen. Als sie ans Land gekommen und nach Hause zurückgekehrt waren, entdeckte der Führer der Vootsmannschaft, daß man ihm ein neues, gutes Tau gestohlen hatte. Er ging denn auch so­gleich zum Kadi der Stadt, um sein Tau wiederzuerhalte». Der Kadi aber ließ die ganze Mannschaft zusammenrufen und nahm sie Mann für Mann ins Verhör. Doch alle leugneten, sie wüßten nicht das geringste von jenem Tau. Da entschied der Kadi:Ja, ich höre wohl, daß ihr euch heute durchaus an nichts erinnern könnt. Geht nun nach Hause, schlaft euch ordentlich aus und kommt morgen wieder hier her. Doch nehmt dies noch mit." Dabei gab der Richter jedem einen Zwetg eines Eranatapfelbaumes. (Die Mohamedaner glau­ben nämlich, daß dieser Baum heilig und mit Zauberwerken behaftet ist.) Alle diese Zweige waren gleich lang, und der Kadi bedeutete den Fischern, daß der Zweig, den der Schuldig« verwahre, binnen 24 Stunden wachsen werde, auf daß man so ohne Schwierigkeit den Dieb finden könne. Am nächsten Tage fanden sich die Fischer alle wieder ein und lieferten dem Kndi ihre Granatzweige ab. Dieser aber wandte sich sofort an den jüngsten von ihnen und sagte:Du bist der Schuldige, denn Du hast ein Stück von Deinem Zweig abgeschnitten, aus Furcht, in Verdacht zu geraten." Der Kadi hatte recht. Der Dieb mußte schließlich gestehen, und dank der Weisheit des Kadi» bekam der Fischer so sein Tau wieder, während der Dieb ab­geurteilt wurde.

An Stadt «ad Laad.

Calw, den 23. Dezember ISIS

Ergebnis der 2. Bolksschuldienstprüfung.

Auf Grund der im November und Dezember abgehaltene« Prüfung sind u. a. Karl Fischer von Althengstett, Eugen Reichardt von Deckenpfronn; Friedrich Veyl von Decken« pfron» zur Vorsehung ständiger Stellen an evangelische»' Volksschulen erklärt worden.

Arbeiterstiftung.

Am Sonntag vormittag fand im Eeorgenäum die Vertei­lung der Eeorgii-Georgenau'schen Arbeiterstiftung statt. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Rektor Or. Knödel, richtete an die Bewerber einige herzliche Worte der Begrüßung und der Aufmunterung zur Mitwirkung an dem Wiederaufbau des Vaterlandes. Von den Fabrikarbeitern konnten alle 10 Be­werber mit je 10 bedacht werden; von den 6 gewerbliche« Bewerbern erhielten 3 je 10