Der kreis
Wüvsäer Znreiger mul Isgevlstt
mit Erzähler vom Schwarzwald.
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A Wilvdad, Mittwsch de« I I. Januar t905
Drei Partei-Larrdesversammluuger,
hrb«: in dcn: letzten Tagen in Württemberg stattgefunden: Tie demokratische und die dentschparteiliche in der würt- tenünngischen Hauptstadt' Stuttgart, die zentrumliche in dc-r klerikalen „Hauptstadt" Ravensburg. Tie Landesversammlungen der Volkspartei beanspruchen, von jeher das größere Interesse. Auch die heurige denw kratisätz Vc'ranstaltung ragt hervor. Und es ist alljährlich ein besonderer Genuß, die steigende Lebensfrische der von lieben Gegnern nun seit Jahren schon totgesagten Volkspartei konstatieren zu könnerr. Tiefe zunehmende Lebens frische oer Partei hat ihren Grund nicht zuletzt in der starken Beteiligung der „jüngeren Generation" an der demokratischen Arbeit. Tie Landesversaininlungen zeugen von Jahr zu Jahr immer lauter von dem sr a r ke n Nachwuchs der Partei. Taueben demonstriert die Zusammensetzung unserer Landes Versammlungen, daß die Bolkspartei alle Schichten der Bevölkerung umfaßt, so daß selbst die gegnerische Heilbronner „Neckar-Zeitung" schreiben muß: „Noch hat die Heerschau, n>elche die schwäbische Demokratie alljährlich am Erscheinungsfest abhält, nichts von ihrer- Anziehnngs- und Werbekraft auf weite Volkskrcise eingebüßt, und noch ist das Interesse lebendig, das dieser politischen Veranstaltung auch von den Gegnern der Volkspartei entgegengevracht wird. Unter den überaus zahlreichen Teilnehmern der Landes Versammlung tauchen auch! noch immer einzelne markante Köpfe auf, welche zur alten Garde innerhalb der Demokratie gehören. Besonders stark ist der Handwerkerstand vertreten, aber auch in der bäuerlichen Bevölkerung hat es die Bewegung, welche landwirtschaft- s liche Standesinteressen in den Vordergrund ihrer Politik ! gestellt uird sich mit starken Wellen über das Land ergossen hat, (der „Bund"), nicht vermocht, die demokratischen Traditionen des schwäbischen Bauernstandes hinwegzuspülen."
Wir wollen ergänzend hinznfügen, daß neben dem gewerblichen und bäuerlichen Mittelstand auch der Arbeiter st and vertreten zu sein pflegt — ime uns schien, Heuer noch stärker als in oen Vorjahren. Ter fortge setzte Hexensabbat!) in oer Sozialdemokratie hat Viele abgestoßen; und die manchmal tolle Art, wie die „Tagwacht" und die sozialdemokratischen Agitatoren über das sinkende Ansehen der Sozialdemokratie durch rüde Anrempelungen Her Demokratie und der demokratischen Führer hinn>egzutänsch«: suchen, wirkt den sozialdemokratischen Hoffnungen direkt entgegengesetzt. Davon konnte sich der Vertreter der „Tagwacht" überzeugen, der im Liederhallesaal manch' bittere Wahrheit schlucken mußte.
! Tie Besprechungen der sozialdemokratischen Taktik und ^ ihre lebhafte Aufnahme durch die große Versammlung bedeuteten eine scharfe und wohlverdiente Zurückweisung der sozialdemokratischen Versuche, durch allerlei Ein- ' slüsterungen Mißtrauen innerhalb der Volkspartei zu säen. Und die eindrucksvolle, von stürmischem und anhaltendem Beifall der ganzen Versammlung begleitete, ausdrücklich an die Adresse des Tagwacht-Berichterstatters gerichtete Feststellung, daß sich nicht ein Angehöriger der Bolkspartei vvrsinde, der- nicht rasche, völlige Abschaffung der Erst«: Kammer wünsche, war eine wohlverdiente Brandmarkung der Kampseswei.se der „Tagwacht". Im klebrigen wird das ehrliche Bedauern darüber, daß es Kur Zeit nicht möglich ist, mit der Sozialdemokratie gemeinsam gegen die Reaktion vorzugehen, den Eindruck auf die edleren Elenrente in der Sozialdemokratie hoffentlich nicht ganz verfehlen. Tie Volkspartei hat keine Freude am fortgesetzten Zwist init der Sozialdemokratie. Aber so lange diese einen giftigen „Pesthauch" atmet, „mehr Haß, mehr Leidenschaft und mehr Galle" predigt und weder unter sich, noch mit Andern in den „landesüblichen Formen" verkehrt, ist ein Zusammenarbeiten natürlich bis zur Unmöglichkeit erschwert.
Erfreulicheres war darüber zu konstatieren, was sich im klebrigen in den Beziehungen unter den sonstigen Parteien der Linken entwickelt hat. Tie Einigung des deutschen Liberalismus, wenigstens von Fall zu Fall, hat in der Praxis Fortschritte gern acht und von der Halsung der Nationalliberalen wird es wesentlich abhängen, mwieweit ein Zusammengehen auch mit ihnen möglich sein wird. Wenn ihr- Anschlußbedürfnis nach links kräftig
mrd andauernd ist, wird schon viel gewonnen sein. Tie Landesversammlung der Deutschen Partei brachte weniger unzweideutige Aufklärung über Stellung und Absichten dieser Partei, als die demokratische Landesversainmlung über die Stellung der Volkspartei gebracht hat. Man hat condanernd den Eindruck, als ob die Deutsche Partei immer noch ans eine schließliche Aussöhnung mit den Agrariern und Konservativen hoffe und deshalb gewisse Rücksichten auf diese reaktionären Elemente nehme. Auch stramm hurrapatuomch-'u Elementen gegenüber glavbr mau offenbar einige Rücksichten schuldig zu sein; wenigstens geschieht es wohl ihnen zu lieb, numn jetzt schon wiederholt gewisse Widersprüche mit dem nationallioeralen Wahlaufruf nicht gescheut wurden. Im Uebrigen ließ auch die Versammlung der Deutschen Partei erkennen, daß mau bemüht war, den im Laufe des Sommers angebahnt«: Parteibeziehungcn Rechnung zu tragen. War diese Versammlung den Einigungsbcstrebungen auch nicht direkt förderlich, so war sie ihnen wenigstens auch nicht direkt hinderlich. Für's Reick wurde die Parole ausgegeben, daß die Regierung sich von der Zentrumsherrschast emanzipieren müsse. Gleichzeitig aber verlangte das Zent r u m in Ravensburg vermehrten Einfluß, namenr-- lich auf die Schule! Etwas geistig armseligeres als diesen „Part«tag des würrt. Zentrums" kann mau sich nur schwer denken. Kein einziger neuer Gedanke, der den modernen Bedürfnissen nach Fortschritt und Verbesserung gerecht würde! Mit den Redensarten und den Anschauungen vergangener Jahrhuuoerte und überlebter Zeiten will das Zentrum saue Politik des 20. Jahrhunderts begründen! Im Reichslagsreserar steht vorne« dran - das kirchenpolitisä-e Gebiet! Tie Hercinlassung der Jesuitenklöster, nicht nur der Angehörigen dieses Ordens! Das ist ja das Wichtigste, was der deutsche Bürger in der Zeit neuer Heereslasten und neuer Steuern und neuer Schulden und neuer Zolllasten in Bezug auf die Reichs- Politik geltend zu machen hat! Tann kommt der Intoleranz-, wollen sagen der „Tolcranzantrag", mrd schließlich werden agrarische Töne angeschlagen. Tann heißt's aber gleich wieder: Das Recht und sogar die Pflicht der katholischen Geistlichkeit zum Politisieren! Und Lei der Verfassungs-Revision und der Schulfrage stehen auch die klerikalen Sonderiuteressen obenan: Man bezeugt dein evangelischen Grasen Bentinck für seine Abstimmung in der Schulsrage' „hohe Ehre" und beschließt in einer Resolution eine „Verwahrung" gegen eine Ver- sassnngsrevision, die einer fortschrittlichen Schulpolitik die Wege ebnen würde! Tie durch die klerikalen Agitatoren zusämmeiigebrachte starke Versammlung wird „für eine nicht mißzuverstchende Antwort an die Gegner in der Protestbewegung und nach Stuttgart" erklärt. Hoffentlich erhält das Zentrum dadurch, daß die Verfassimgsrevision trotz seiner Gegenbestrcbnngen gemacht wird, eine noch weniger „mißzuverstehende Antwort"!
Ueber den Zusammenschluß der Linken
führte Payer auf der Stuttgarter Landesve sammlnng der Volkspartei aus:
Ter Zusammenschluß der Linken, den die Heilbronner Resolution fordert, ist zwar nick: in der Schnelligkeit ins Leben getreten, wie manche Opumisten sich vorgestellt hatten; der Gedanke selbst aber hat doch recht erfreuliche Fortschritte gemacht, ja er zeigt vielfach gesunde Ansätze und Anfänge seiner Verwirklichung. Es haben bei den verschiedenartigsten Anlässen Unterverbände und einzelne GriiMn der demokratischen, der freisinnigen und der nationalfozialen Partei von sich ans nicht nur unter einander Fühlung zum Zusammenwirken in einzelnen Fragen genommen, sondern sie haben sich hie und da auch bis ans weiteres zum Schutz und Trutz verbunden.
Ja sogar die Frage, die ursprünglich am zweifelhaftesten erschien, wieweit an eine Mitwirkung der Nationalliberalen gedacht iverden könne, hat sich praktisch rvenigstens zum Teil rascher und besser, als man erwarten dürfte, gelöst. Was in Württemberg noch nie erhört worden ist, trat beispielsweise ein: in zahlreichen Versammlungen und Erklärungen sind diesen Sommer die Vertreter der Deutschen und der Volkspartei neben einander, sich unterstützend und planmäßig dasselbe
Ziel verfolgend aufgetreten, in Baden haben sich beide Parteien für die bevorstehenden Wahlen zu gegenseitiger Unterstützung zusammengesunden, in Bayern scheint sich eine ähnliche Entwicklung vvrznbereiten. Derartiger gemeinsamer Arbeit möchte ich eine größere und dauerndere Bedeutung beimessen als Men, im voraus die Schablone für alles festzustellen versuchenden Anordnungen der Zentralleitungen. Da s Bedür fnis des Z ns a »: m en- schlnsses des ganzen liberalen Bürgertum- ist vorhanden und es wird sich von Stufe zu Stufe zu seiner Verlvirklichung so sicher durchringen, wie das auf anderen Gebieten des menschlichen Lebens geschieht: was mit Fusionen, Kartellen und Syndikaten den Industriellen und Kausleuten möglich ist, was sogar die deutschen Eisenbahnen versuchen, muß den Politikern, die doch auch nicht dümmer sein wollen als Andere, am Ende doch auch gelingen. Im übrigen haben die Nationalliberalen viel in der Hand: es ist nicht Zufall, entspricht vielmehr einer wenn auch sehr verspäteten Einsicht in die Lebensbedürfnisse ihrer Partei, wenn sie jetzt, wenigstens in Süddeutschland, init einen: hörbaren Ruck sich der Linken zuzuwenden versuchen. Von ihren: Willen und ihrer Kraft, ihre gut«: Vorsätze festzuhalten, ivird es abhängen, ob die freiheitlichen Parteien sie im Kampfe für die Bedeutung des deutschen Bürgertums als zuverlässige Bundesgenossen dauernd betrachten können oder nicht. (Leb hafte Zustimmung.)
Sehr klärend und den Gedanken des Zusammenschlusses der bürgerlichen Linken fördernd, hat, wie schon mehrfach betont wurde, die Haltung der Sozialdemokraten gewirkt. Wir waren's gewöhnt noch von dev Zeit her, da sic politisch entrechtet waren, ihnen viel durch die Finger zu sehen, wie inan Verfolgten gegenüber stets nachsichtig sein soll. Seit einigen Jahren aber ist mit ihn«: kein Auskommen mehr: ihre Erfolge — bei den Wohl«: nämlich, die anderen sollen erst kommen (Große Heiterkeit) — sind ihn«: zu Kopf gestiegen: mit dem Uebermut des Stimmprotzen tritt ihre Presse den ander«: freiheitlichen Parteien gegenüber; die Art, in der sie neuerdings sachlich berechtigte, von der übrigen Link«: vertretene Forderungei: gefährden, nur um einen dankbar«: Agitationsstoff und damit mehr Stimmen zu erhalten; die gehässige Weise, mit der sie auch da, wo sachlich- eigentlich Uebereinstimmimg herrscht, die Vertreter der bürgerlichen Linken, unbekümmert um die Folg«: für die ganze freiheitliche Entwicklung, persönlich hcrabznwürdig«: suchen, um deren Anhänger für sich zu getvinnen, macht zur Zeit ein Zusammenarbeiten mit ihnen unmöglich, soweit es sich nicht um die Erledigung bestimmter einzelner Fragen handelt. Wollen sie verhindern, daß der Zusammenschluß der Linken nicht eine, ursprünglich sickMich nicht beabsichtigte Spitze gegen sie annehme, so müßten sie mehr als bisher und allgemeiner lernen, sachlich zu arbeiten und in den landesüblichen Formen mit oen benachbarten Parteien zu verkehren. (Stürmischer Beifall.)
Doch sie ivollen dos nickt, sie wünschen gar nicht, mit ander«: zusammenzuarbeiten, sie sind sich st'.bst genug und an Anregung unter sich selbst fehlt es ihnen ja bekanntlich auch nicht (Heiterkeit).
Wir bedauern das im Interesse der Sache und müssen eben abwarten, bis die Verhältnisse und eigene Einsicht ein besseres lehren, in uns ivird sie stets überzeugte loyale Gegner finden, Todfeinde nie. Um so mehr drängt sich für uns die Sorge dafür in den Vordergrund, daß die Vertreter der bürgerlichen freiheitlichen Parteien einerseits und die Vertreter des liberalen Bürgertums andererseits sich fernerhin nicht zerfleischen, sondern sich, sotoeit möglich, in die Hand arbeiten. Kein Teil der Bevölkerung in: ganze» Reich ist politisch und nicht ohne eigene Schuld von früherer berechtigter Bedeutung so schmerzlich hcrabgesnnken, wie das deutsche Bürgertum. Raffen sich nun in tz-tzter Stunde dessen »ich: der politischen oder konfessionellen Reaktion Versalien«: Elemente ans, um durch gemeinsame Arbeit und gemeinsamen^Kampt den: Bürgertum die Stellung wieder verschaffen, die ihm gebührt und die de»: Vaterlande frommt. wohlan, die schwäbische Bolkspartei, des Kampfes und der Arbeit ge wöhnt wie kann: eine andere, sic wird dabei ib-en 'Rann zu stell«: Nüssen. lLanganhaltende'- '-ür. is . e. B ii lt)