Verschiedenes.

Vor Schreck den Verstand verloren.

Ein gräßlicher Vorfall spielte sich dieser Tage in Cosimo bei Vevenna ab. Dort saß vor ihrem Hause eine junge Mutter mit ihrem 5 Monate alten Töchterchen, als in einiger Ent- sirnung ein vorübergehender Vagabund ihrem etwas älteren Knaben mit einem Stein so un­glücklich warf, daß er sofort starb. Die entsetzte Mutter legte ihr Baby auf die Bank und eilte dem Knaben zu Hilfe. Als sie mit seiner Leiche auf dem Arme zurückkam, fand sie zu ihrem Schrecken, daß ein großes Hausschwein ihr jüngstes Kind getötet und angefressen hatte. Mit einem schrillen Wehruf sank sie zusammen, und als sie wieder zu sich kam, gebärdete sie sich so unsinnig, daß man sie sofort in das nächste Jrtenhaus überführen mußte.

Einbrecher und Philanthrop. Die Pariser Polizei hat dieser Tage auf amüsante Weise ein Diebesnest ausgehoben. Mehrere Schutzleute hörten auf einem Bauplatz mitten in der Nacht Musik kommen, sie drangen in das improvisierte Nachtlager und nahmen die ganze Gesellschaft, eine jugendliche Apachenbande von 10 Personen, gefangen. Sie hatten alle Arten von Instrumenten bei sich und blie'en darauf so gut sie konnten. Ihr Chef erklärte, er sei ein überzeugter Anhänger des Sprich­wortes: Die Musik mildert die Sitten, und er habe deshalb für 600 Frcs. Instrumente gekauft, um seine Leute zu friedlichem Zusamn e ileben heranzuziehen. Es stellte sich heraus, daß die Einbrecher tatsächlich die Jnstlumente gekault hatten; allerdings hatten sie das Geld durch Diebstahl erworben.

Einen guten Rat für verstimmte Ehemänner gibt, wie wir der Münchner Zei:° schriftWartburg" entnehmen, Dr. Johenms Mathesius, der Reformator von Ioachimslha', dessen 400jähriger Geburtstag am 24 Juni d. I. gefeiert wurde. Er sagt in seiner Predig!: In der Ehe soll eine fromme Hausfrau, wenn der Mann müde und sich in s.inem Ttn abge­mergelt und umb der Leute Undank elwc s un­lustig und verdrossen weie, ihm fein sittlich zu­

sprechen, das Kind im zutragen, an Halß hencken, jn auß seinen Gedanken bringen und irgent einer alten lieblichen und fröhlichen Hauß- oder Kammer-Historien erinnern." Der Mann aber soll nichtstetig im Hause schnurren und purren und Weib und Kind anfahren, wie ein Saw ein Bettelsack. Wenn er im ampt und zu Felde ist, da gilt sawer sehen und ersten. Im Hause soll er sich aber merken lassen, das er Vatters Hertzen und Mannes Liebe habe und daß er kein stock und steyn sei. Holtzpöck und Sawer- topf und was stetig das Kuemaul anhängt, ge­hören in wilde Klausen."

Eingesandt.

Wildbad; 25. Juli.

Die in einem Eingesandt der vorletzten Num­mer des Wildbader Anzeigers besprochenen Baugesuche für die Baustraße S. standen heute im Gemeinderat zur Beratung, wobei wir, da die Angelegenheit in hiesiger Presse erwähnt wurde, auch den Verlauf hierüber im Gemeinde­rat publizieren. Die volksparteilichen Gemeinde- r'tte standen auf dem Standpunkte des Einsenders, sie konnten aber auch das Dispensationsgesuch eines anderen Baugesuchs nicht befürworten und machten denselben geltend. Wenn eine Bau­linie in einer neu projezierten Straße festge- slellt ist mit besonderen einheitlichen Vorschriften, mit denen sich der Bauende, bevor er baut, orientieren kann, so sollen diese Verschriften auch strikte eingehakten werden, wenn die Straßen den ^Charakter erhalten sollen, der ihnen ur­sprünglich zugedacht war. Auf diesem Stand­punkte, der es ermöglicht, jeden Bauenden aus­nahmslos und nach gleichem Recht zu behan­deln, stellten sich die vrlksparteilichen Gemeinde­räte bei ihrer Begründung und ablehnenden Haltung zum betreffendcn Dispensationsgesuch, welch letzteres übrigens einstimmig abgelehnt wurde. Dem Dispeusationsgesuchsteller wurde anheimgebeben, ein den gegebenen Vorschriften entsprechend abgerundetes Baugesuch einz «reichen. Nachdem der Herr Amtsverweser das Eingesandt erwähnt und nachdem ein volksparteilicher Ge­meindernt aus te» im Eingesandt erwähnten

om Baum der Schuld.

Kriminalerzählung von A. Nikola.

2) Nachdruck verboten.

Don Ihnen kann ich meine Enlassung nicht annehmen, Herr Alfons," antwortete Tr. Scharf.

O, doch werden Sie das!" sagte der junge Erbe.Ich bin achtzehn Jahre alt, und kein Mann, der es wagt, meiner Mutter , den Hof zu machen, darf noch 24 Stunden hier im Hause bleiben."

Ich habe ihrer Mutter nicht den Hof gemacht."

Noch nicht." unterbrach Alsous ihn:aber es würde geschehen, wenn Sie langer hier blie­be». Sie sind anmaßend gewesen und müssen das Haus verlassen."

Darauf begab Alfons sich in höchster Ent­rüstung zu seiner Mutter. Dieselbe erschien, von Blumen und Büchern umgeben, so ruhig, heiter und schön, wie der Morgen selbst.

Sie empfing den vergötterten Sohn mit Worten zärtlicher Liebe. Doch plötzlich stockte sie; denn sie gewahrte auf seinem Gesicht einen seltsamen, fremden Ausdruck.

Was ist Dir, Alfons?" fragte sie und ihre Hand strich liebkosend über sein Haar.

Mutter," versetzte er hastig,würdest Du Dich jemals wieder verheiraten?"

Sie erblaßte und ein Schauder glitt durch ihren Körper.

Ich mich wieder verheiraten?" erwiderte sie.Wo denkst Du hin, Alfons nimmer­mehr!"

Da legte er beide Hände auf ihre Schultern und schaute fest in die Augen, die stets nur Liebe für ihn gehabt hatten.

Mutter" sagte er,Dr. Scharf muß das Haus noch heute verlassen. Weißt Du. was er getan, was er gewagt hat?" fuhr er fort, als sie ihn mit erstauntem Blick betrachtete.

lluö er erzählte ihr, was norgesallen war

Mache Dir keine vorge darum," setzte er in zärtlichem Tone hinzu und schloß sie innig in die Arme.Niemand soll Dir zu nahe treten, solange ich leb."

Darauf folgte eine längere Unterredung mit Mutter und Sohn, die damit endete, daß Dr. Scharf noch an demselben Tage seinen förm- lichen Abschied erhielt.

Drittes Kapitel.

Nach Dr. Scharf's Entlassung war es, als Alfons seine Absicht, nach Heidelberg zu gehen, kund tat. Pastor Halberdinger war ganz da- m't einverstanden; nur wollte ihm durchaus die Art nicht gefallen, mit welcher sein Mündel die Angelegenheit selbst in die Hand genommen hatte.

Alfons begab sich nach Heidelberg. Zum ersten Male in ihrem Leben mußte die Mutter sich von ihm trennen.

Jn den drei Jahren, während welcher Alfons fern war, bereitete Frau Blanda sich auf seine Großjährigkeit vor. Während seiner Erziehungs- jahre war eine bedeutende Summe Geldes zu- rückgelegt worden, und der junge Erbe hatte ein Leben in Aussicht, wie es nur wenigen ge­boten ist. Nach Beendigung seiner Studien begab er sich mit seiner Mutter noch für andert­halb Jahren auf Reisen, dann ward er mündig erklärt.

Die Landleute in der Umgegend von Schloß Karbott sprechen noch heute von der Pracht jenes Tages.

Es war am einundzwanzigsten Juni. Die Rosen standen in voller Blüte; Goldregen und Hollunder waren den wärmeren Farben der Sonnenblumen gewichen. Am vorhergehenden Abend hatte Frau Blanda ihren Sohn in das Zimmer geführt, in welchem sein Vater gestor­ben war. Hier erzählte sie ihm von dem Finch, der auf der Karbott'schen Familie laste, von dem hartnäckigen Eigensinn, den so viele von

Motiven sich gecfen die Erstellung eines Oeko- nomiegebäudes (Viehstall) ausgesprochen und erklärt hatte, daß es dankenswert sei, daß der Gemeinderat von einer einer vermutlich baufach- kundigen Seite was zwar Gemeinderat Kuch bezweifelte im betreffenden Eingesandt auf die Bauvorschriften und den Charakter der Straße aufmerksam gemacht worden sei, gab der Herr Gemeindeverweser zu er­kennen, daß der Herr Stadtvorstand die An­sicht des volksparteilichen Gemeinderats teile, somit also auf dem Standpunkt des Einsenders stehe, nur solle man die Ansicht des Herrn Oberbaurat Leibbrand, der s. Z. die Vorschriften entworfen habe, gutächtlich einholen. Gemeinde­rat Kuch bemühte sich aber lebhaft um das Zustandekommen der Genehmigung des Baugesnchs

wir nehmen zwar an, daß Gemeinderat Kuch kein Bauinteresse im Auge gehabt hat und stellte einen dahingehenden Antrag der mit 5 (Bott Gypsermeister, Fehleisen, Eisele, Kuch und Schreinermeister Brachhold) gegen 4 Stimmen (Gutbub, Kaufmann Brachhold, Kaufmann K. W. Bott und Riexinger) angenommen und dadurch die Einholung eines Gutachtens bei Herrn Oberbaurat Leibbrand vereitelt wurde. Der Streit drehte sich also nicht um das Wohn­gebäude, sondern lediglich um das Hinterge­bäude (sog. Viehstall). Gemeinderat Kuch hätte aber logisch richtig bei dem weiterew.vorgelegten Baugesuch, das mit einem Dispensationsgesuch versehen war und das sich um einen Neubau in unmittelbarer Nähe von dem erwähnten obigen mit 5 Stimmen genehmigten Baugesuch gleicher Straße handelte, auch den Antrag auf Genehmigung dieses Dispensationsgesuchs stellen sollen, dann wäre es wenigstens konsequent ge­wesen. Der Vorwand Kuchs, daß schon mehrere Stallungen genehmigt worden seien, Fritz Hammer, die beiden Häuser des frühren Dr. Teufel, Gebrüder Eitel, Rennbach, kann doch nicht stichhaltig sein, für Neubauten, wo die Ver­hältnisse so eigenartig liegen, wie es bei dem in Betracht kommenden Neubau der Fall ist. Daß die in der Minderheit gebliebenen Ge­meinderäte auf Befragen des Vorsitzenden wüi schien, daß ihre Haltung zu Protokoll ge­nommen werde, wollen wir nun noch erwähnen.

chnen mit einem gewaltsamen Tode hatten be­zahlen müssen.

Aufmerksam und, wie es schien, tief bewegt hörte er ihr zu.

Sie nahm ihm nicht das Versprechen des Gehorsams ab; wie hätte sie von dem jungen Mann verlangen können, was sie als Kind von ihm nicht gefordert hatte? Aber sie bat ihn, sich bei jeder Schwierigkeit Rat zu holen und nicht auf seinem eigenen Willen zu bestehen.

Mutter und Sohn knieten in dem geheiligten Raum nieder, und er gelobte, alles tun zu wollen, den Eigensinn, der so vielen seiner Vor­fahren ein vorzeitiges Ende gebracht hatte, zu bekämpfen.

Ich will Dir zur Freude, nicht zum Kum­mer leben, Mutter," sprach er, und mich be­mühen, den Fluch der Karbotls zu bannen!"

Keine Mutter in ganz Deutschland war an jenem Abend glücklicher, als Frau Blanda.

Alfons stand am Morgen seiner Groß­jährigkeit auf einem Grashügel von dem er den ganzen Park überblicken konnte. Seine Angen leuchteten, als sie auf der schönen Be­sitzung ruhten, auf den herrlichen alten Bäumen, auf dem sich anmutend dahinschlängelnden Bach und auf dem malerischen Gebäude, das inmitten dieser malerischen Landschaft stand.

Das alles war sein damit zu tun, was er wollte, es mit Ehre zu bewahren, oder mit Schande zu verlieren! Ein freudiges Gefühl der Freiheit schien plötzlich über ihn zu kommen. Alles sein! Er hatte keinen Herren; kein Mensch hatte das Recht, ihm irgend etwas zu befehlen. Er konnte tun, was ihm beliebte.

Nicht im entferntesten dachte er daran, etwas Unrechtes zu tun, oder sich jemandes Autorität zu widersetzen; aber der Gedanke, vollständig frei zu sein» war ihm unendlich süß.

Die besten Entschlüfse erfüllten ihre Brust. Nie wollte er irgend einen Schritt tun, ohne sich vorher bei seiner Mutter oder Pastor Halberdinger Rat zu erholen.

Ltuck und Verlag der Vernh. Hofwanu scheu Buchdruckerei in Wilttrd. Für die Redaktion verantwortlich! E. Reinhard daselbst.