Furtwangen, 10. Juli. Von Zizenhausen berichtet die „Furkw. Gewerbehalle": Das hiesige Bürgermeisteramt erhielt dieser Tage von einem in München im Dienste stehenden Mädchen, Anna Wegmann, 100 Mk. übersandt. In dem mitfolgenden Schreiben heißt es, daß sie in früheren Jahren von der Gemeinde Unter- stühunb erhalten hat und sich bei dem Unglück, das die Gemeinde durch das Hochwasser be- troffen, durch die Geldspende erkenntlich zeigen will.
Erlenbach, 8. Juli. Gefärbte Trauben. An der Kamerz des Joseph Nachbar hier sind seit heute gefärbte Früh-Clevner zu sehen; gewiß eine Seltenheit am 8. Juli.
Von der Tauber, 10. Juli. Jugend- licher Selbstmörder. Gestern erhängte sich ein ILjähriger Volksschüler in Rothenburg. Was den Jungen zu diesem Schritt veranlaßt hat, ist unbekannt.
Blaubeuren, 9. Juli. Einer hiesigen Zementfabrik wurde heute ein größerer Geldbetrag auf eigenartige Weise entwendet. Zum Zahltag einer auswärtigen Filiale waren 1100 Mark verpackt mit der üblichen Beförderungsart auf der Drahtseilbahn an den Bestimmungsort abgesandt worden. Das Geld kam jedoch nicht an Ort und Stelle und besteht deshalb unter den vorligenden Umständen bin dringende Vermutung, daß es unterwegs von einen, mit den Einrichtungen vollständig vertrauten Diebe entwendet wurde. Da diesbezügliche Anhaltspunkte vorhanden sind, dürfte es der aufgebotenen Sicherheitsmannschaft wohl bald gelingen, den stechen Dieb zu ermitteln.
Tages-Nachrichten.
Freiburg, 9. Juli. Gestern nachmittag und heute vormittag wurden folgende Gewinne gezogen: 20000 Mk.: Nr. 25 618; 10000 Mk. Nr. 208075; 2000 Mk.: Nr. 14524, 96 609; 1000 Mk.: Nr. 93062, 87291; 500 Mk.: Nr. 71746, 56871, 210999.
Kippenheim (A. Freiburg), 10. Juli. Im Kippenheimer Walde wurde an einer Frau ein Sittlichkeitsverbrechen verübt. Der Täter konnte festgenommen werden. Man erkannte in ihm einen kürzlich aus dem Zuchthaus Entlassenen. Derselbe hatte wegen gleichen Vergehens 4 Jahre zu verbüßen, wurde aber wegen guter Führung ein Jahr früher entlassen, p
Markelsheim, 8. Juli. Unglücksfall. Der hoffnungsvolle Sohn einer Witwe fiel durch das Garbenloch auf den Leiterwagen so unglücklich auf, daß er in einer Leichse auf- gespießt wurde. Dadurch wurde die Lunge schwer verletzt; der Zustand des Bedauerns- werten ist bedenklich.
Mannheim, 11. Juli. Ein 15 Jahre alter Maurerlehrling von Virnheim stieg in die Abortgrube eines hiesigen Neubaues, um Holzstücke daraus zu entfernen, welche das Saugrohr der städtischen Abfuhrmaschine verstopften. Aber die Grube war mit giftigen Gasen gefüllt, und der Lehrling erstickte. Die herbeigerufenen Feuerwehrleute zogen den Leichnam aus der Grube.
Schlettstadt, 9. Juli. Der Geldbriefträger Mt ist heute früh halb 8 Uhr auf dem ersten Dienstgang in einer möblierten Wohnung von emem bisher unbekannten Täter, der das Zimmer erst gestern unter dem Nameu Anton Ritter gebetet hatte, überfallen und erstochen worden. Der Mörder ist entkommen. An dem Ort der Dat sind sein Hut, sein Regenschirm und seine Manschetten zurückgeblieben. Der Geldbrief- ^äger hatte ihm. eine Postanweisung über 97 Pfg- zu überbringen.
Tchlettstadt, 9. Juli. Der Mörder des Geldbriefträgers Ehret ist noch heute vormittag verhaftet worden. Der Mörder, der Böhm Mt, ist 1878 in Straßburg geboren, war zu- W in Kolmar als Bildhauer tätig und hatte vor einigen Tagen Konkurs angemeldet. Er
gestern von Kolmar nach Straßburg, gab ^ die Postsendung auf und kehrte dann nach Mettstadt zurück. Bei seiner Vernehmung gab Mm am, er habe den Briefträger nicht töten, Mdern nur unschädlich machen wollen, um ihn zu berauben.
AErr, 8. Juli. Der Kassier der Oranienplatz-Darlehnskaffe Mester beging erhebliche ^rschlagungen, angeblich itn Betrage von
Berlin, 8. Juli. Beim Versuch, ln einem
Droguengeschäst in der Krautstraße einzubrechen, gab der Dieb auf seine Verfolger 6 Revolverschüsse ab. 2 Personen sind schwer, eine leicht verletzt. Der Täter wurde entwaffnet und vom Publikum gezüchtigt, so daß die Polizei ihn schützen mußte.
Berlin. Die Reichstagsabgeordneten sind, wie dem Amtsblatt der Verkehrsanstalten mitgeteilt wird, berechtigt, auch während der Dauer der bis zum 29. November d. IS. eingetretenen Vertagung des Reichstags ihre Elsenbahnfreikarten zu benützen.
Kopervik, 9. Juli. Die Jacht Hohenzol- lern mit dem deutschen Kaiser an Bord ist heute nachmittag 4?/i Uhr mit Begleitschiffen hier passte«.
Paris, 9. Juli. Der Minister des Aeußern und der Gesandte von Schweden und Norwegen haben heute einen Schiedsgerichtsvertrag unterzeichnet, der dem mit England, Italien, Spanien und den Niederlanden entsprechend abgefaßt ist.
Rom. Der Lehrer Minozzi, der den Geliebten seiner Frau, einen Sergeanten, niederge- schosfen hatte, wurde gestern unter großem Beifall des Publikums von den Geschworenen freigesprochen.
St. Louis, 9. Juli. Richter Parker (der heute vom demokratischen Konvent zum Präsi- dentschaftskanditaten nominiert wurde) erhielt im ersten Wahlgang 658 Stimmen; bevor aber das Ergebnis verkündet wurde, übertrugen Jdahv und West-Virigina 9 Stimmen auf ihn, die ihm die zur Nomination erforderliche Zweidrittel-Mehrheit verschafften. Sodann wurde ein Antrag angenommen, wonach die Nomination einstimmig erfolgte.
Rußland und Japan.
St. Petersburg, 9. Juli. Wie General Schilinski dem Kriegsminister vom 5. Juli meldet, versuchten, Nachrichten aus Port Arthur zufolge, 4 japanische Torpedoboote am 2. Juli um 9 Uhr abends in den Hafen einzudringen. Das eine von ihnen sank unter dem Feuer einer Batterie beim Goldenen Berg, das zweite vor der Batterie, das dritte verlor den Schornstein und das vierte entkam unversehrt. Die Stimmung in der Garnison ist vortrefflich. Täglich finden Scharmützel statt. Am 1. Juli nahmen die Russen 50 japanische Kundschafter gefangen. In Port Arthur sind reichliche Vorräte vorhanden. Der Torpedobootszerstörer Leutnant Burakoff ist nach Port Arthur zurückgekehrt. (General Schilinski bestätigt also schon früher verbreitete Blättermeldungen aus Port Arthur.)
Berlin, 9. Juli. Aus Tokio wird dem Berl. Tagebl. gemeldet, daß das russische Port Arthur-Geschwader den Hafen verlassen hat und mit ausgehängten Torpedonetzen, umgeben von Torvedobootszerstörern, in See gegangen ist, angeblich nach Hsiaupiutau.
Unruhen in Deutsch-Südwestafrika.
Berlin, 9. Juli. General v. Trotha meldet aus Okahandja: Beim Feind südlich von Waierberg anscheinend Bewegungen. Samuel Maharero soll nach Meldung Estorff mit Großleuten bei Otjahewita eingetroffen sein. Abzug von Omuuramba-Fluß, insbesondere aus der Gegend des Okosongoho-Akahitua scheint mit Viehmasfen am 5. Juli begonnen zu haben. Feindliche Patrouillen von Oberleutnant v. Lekrow überraschten bei Orutjiwa eine Werft nahmen 30 Stück Großvieh. Beim Feind zahlreiche Tote und Verwundete. Diesseits keine Verluste. Estorff marschiert von Karupuka in der Richtung auf Dtjahewita, um sich feindlichem Abzug nach Nordosten vorzulegen. Heyda auf Okaundia am Omuramba-Fluß. Glasenapp über Otjire-Orutjuva auf Okosongoho im Vormarsch. Ich begebe mich morgen, am 9. ds., zur Abteilung Glasenapp. Reiter Jakob Frey, 2. Feldkompagnie, Regiment 1, geb. in Weinsheim bei Worms, am 5. Juli im Patrouillen-Gefecht gegen Otjahewita verwundet und beim Rückmarsch verstorben.
Die Diäten der „edelsten Volksvertreter".
Da wirklich vielseitig die Frage aufgeworfen wird „haben die Standesherren bezw. die Geisterstimmen auch Diäten trotz ihrer Abwesenheit in der Kammer" so bringen wir anbei einen Artikel des „Neuen Albboten" welcher schreibt:
Während der Präsident der Zweiten Kammer sich mit einem Jahresgehalt von 5000 Gulden 8571,43 Mark begnügen muß, bezieht der Präsident der Ersten Kammer 7500 Gulden ----- 12857,14 Mk., also den anderthalbfachen Betrag des Gehalts seines zehnfach mehr beschäftigten Kollegen vom Unterhaus! Natürlich läuft dieses Gehalt, gleichviel ob die Erste Kammer versammelt ist oder nicht, ob der Präsident in Stuttgart anwesend ist oder nicht.
Das Taggeld für die Mitglieder beider Kammern beträgt 5 Gulden 30 Kreuzer — 9,43 Mark. Bezugsberechtigt sind von der Kammer der Standesherren die standesherrlichen, die erblichen und die nicht in Stuttgart wohnenden lebenslänglichen Mitglieder des königl. Hauses und die in Stuttgart wohnenden lebenslänglichen Mitglieder. Da nun zurzeit sämtliche lebenslänglichen Mitglieder der Ersten Kammer in Stuttgart wohnen, so ist die Folge, daß diese Herren, die den Standesherren in der Hauptsache die Arbeit besorgen, auf die Diäten verzichten müssen, während die Standesherren Anspruch darauf haben.
In den „Grundsätzen" ist jedoch die Bestimmung vorgesehen, daß nur diejenigen Mit- glieder der Ersten Kammer Diäten bekommen, „welche ihre Absicht erklären", von dieser Befugnis Gebrauch zu machen. Die StandeS- herren erklären aber ausnahmslos ihre Absicht, dieselben zu erheben. Die Erste Kammer hält nun aber nur den fünften bis sechsten Teil der Sitzungen ab wie die Zweite. Seit den letzten Wahlen hat die Kammer der Abgeordneten 235, die Kammer der Standesherren nur 62 Sitzungen abgehalten. Die Standesherren beziehen jedoch für die vollständige Dauer der Tagungsperioden der Abgeordneten die Diäten. Sie erhalten also beispielsweise für 62 Sitzungen ebensoviel Diäten wie die Mitglieder der Abgeordnetenkammer für 235 Sitzungen! Der Diätenbezug der Standesherren läuft in diesen Fällen nicht vom Tage ihres Arbeitsbeginns, sondern vom Beginn der Tagung der Kammer der Abgeordneten an. Die Standesherren beziehen also für eine beträchtliche Zeit Diäten, während welchen sie nicht im entferntesten an parlamentarische Geschäfte denken. Mitglieder der Zweiten Kammer, die bei Beginn der Tagung fehlen, beziehen, auch wenn sie krank sind, keine Diäten; ebenso ruht der Diätenbezug bei solchen Abgeordneten, die an den ersten Sitzungen zwar teilgenommen haben, dann aber an der Teilnahme verhindert werden. Die Standesherren beziehen jedoch für dieselbe Zeit ihre Diäten, auch wenn sie ihren Sitzungssaal während der fraglichen Periode noch gar nicht betreten haben.
Auf diese Weise erwuchs den württem- bergischen Steuerzahlern in den Jahren 1897 und 1898, in denen die Verwaltungs- und die Steuerreform von der Ersten Kammer vereitelt wurden, an Prästdentengehalt und Diäten für die Erste Kammer eine Kostenrechnung von 5755S3S Mk.
Im Etatsjahr 1901/02 hielt die Zweite Nnnmer 70 Plenarsitzungen, die Erste 17; die Standesherren bezogen ihre Diäten für die Dauer der 70 Sitzungen der Zweiten Kammer im Gesamtbetrag von 11702,63 Mk.
Im Etatsjahr 1902/03 hielt die Zweite Kammer 72 Plenarsitzungen; die Erst» IS; die Standes Herren aber bezogen für die Dauer der 72 Sitzungen der Zweiten Kammer Diäten im Gesamtbetrag von rund lOSOO Mk.
Im Etatsjahr 1903/04 hielt die Zweite Kammer 47 Plenarsitzungen, die Erste 17; die Standesherren aber bezogen für die Dauer der 47 Sitzungen der Zweiten Kammer Diäten im Gesamtbetrag von 6000 Mk.
Zu beachten ist dabei, daß diese Summen sich auf einzelne wenige Fürsten und Grafen verteilen.
Zu den für die einzelnen Jahre genannten Summen kommt noch der Präsidentengehalt und der erhebliche Aufwand für die Kanzleien, Aufwärter, Drucksachen usw.
Und da sage noch Jemand, die Erste Kammer sei den Württembergern nicht teuer!!
Die Berfassungskommission der badischer« Kammer
beschäftigte sich gestern mit den abweichenden Beschlüssen der Ersten Kammer. Abg. Fehren-