Die zuletzt eingelaufenen Zeugenaussagen beweisen zwar, daß Girard selbst den Mord nicht begangen hat, doch bezeugen fünf Neger, die eingestehen, die Tat ausgeführt zu haben, daß sie in direktem klarem Aufträge Girards gehandelt hätten. Zugleich stellt sich heraus, daß Girard auch andere Vergehen auf dem Gewissen hat. Es wird ihm vorgeworfen, daß er in seiner Eigenschaft als Gouverneur des Kreises Buguni durch eingeborene Träger Jautschuk gratis nach Banneko tragen ließ, von wo er nach Bordeaux expediert wurde. Der Kautschuk wurde zwar auf den Namen eines Freundes befördert, doch ist erwiesen, daß Girard diese Geschäfte auf eigene Rechnung machte. Er soll auf diese Weise einen Nebenverdienst von 250 000 Fr. erzielt haben.
Ratschläge für heiratsfähige junge Damen teilt eine Londoner Wochenschrift mit: Ein Mädchen soll einen Mann abweisen, der ihr Herz und Hand auf einem Balle anträgt. Männer sind oft andern Tags gegenteiliger Meinung und wünschen, daß das am voraufgegangenen Abend Gesagte nicht geschehen sei. Bei einem ländlichen Ausfluge kann ein Mädchen leicht ermessen, ob ihr etwaiger Zukünftiger sich beim Teller- und Tassenwaschen gut anlassen wird. Bei solcher Gelegenheit sind die Heiratsanträge am besten, die vor der Einnahme des Frühstücks gemacht werden. Kein Mädchen sollte einen Mann heiraten, der schwärmerische Briefe schreibt. In seiner Einbildung stellt er sich oft Unmögliches vor, und so ist es nicht ausgeschlossen, daß er auch das Mädchen seiner Wahl verkennt. Kein junges Mädchen sollte einen Trinker oder einen alten Mann heiraten, wenn es glaubt, jenen zu kurieren, diesen zum Liebesfrühling zurückzuführen. Auch hüte es sich vor Männern, die schwer verdauen; die sind gleich nach dem ersten Frühstück übel gelaunt. Ferner ist es ein großer Fehler, einen Mann zu einem Gatten zu erwählen, der seine Liebe brieflich gesteht. Er ist ein Feigling — So, nun wissen unsere jungen Mädchen mit einem Male, was sie zu tun haben, um glücklich zu werden.
Einer der ärgsten Singvögelmörder ist der Sperber oder Finkenhabich. Ein Förster bei Hagenau schreibt über ihn: Am Morgen des
14. Juni schoß ich ein Sperberweibchen beim Füttern der Jungen. Am nächsten Tage gegen 9 Uhr erwartete ich das Männchen am Horste vergebens. Um festzustellen, ob das Männchen die Fütterung der Jungen fortsetzte, beschloß ich, den Horst zu revidieren. Neben vier acht Tage alten Sperberjungen lagen elf unserer lieben Sänger (sechs Meisen, drei Rotkelchen und zwei Finken( als Futtervorrat für die ersteren in dem Horste. Die toten Singvögel ließ ich entfernen. Am gleichen Tage abends gelang es mir auch, das sehr schöne Männchen mit einem Vogel in den Fängen beim Füttern zu schießen. Nun mußen auch die jungen Räuber daran glauben. Zum zweitenmal wurde der Horst bestiegen, und zu meiner großen Verwunderung stellte ich fest, daß das Männchen von morgens 9 Uhr ab bis abends 5 Uhr nochmals sieben der kleinen Sänger getötet und seinen Jungeu zugetragen hatte i.3 Meisen, 2 Rotkelchen und 2 Finken). Wieviel nützliche Singvögel mögen von einer solchen Räubergesellschaft vertilgt werden.
Gemeinnütziges.
Unschädliches Fliegenpapier wird bereitet, indem man schwarzen pulverisierten Pfeffer mit Zuckerlösung zu einem eben noch streichbaren Teige anmacht und mittels eines breiten Pinsels auf Fließpapier so aufträgt, daß er davon aufgesogen wird. Bei Gebrauch wird das Papier mit Wasser befeuchtet und auf einem flachen Teller ausgebreitet.
Die Tauben sind leidenschaftliche Bader, und das Baden ist zu ihrer Gesundheit unbedingt erforderlich. Darum darf man nicht versäumen, sowohl in den Schlag ein größeres flaches Gefäß mit allezeit frischem Wasser zu stellen, als auch im Hofe für Badegelegenheit an schattiger Stelle zu sorgen.
Grünsutter für Geflügel, Mancher Geflügelhalter würde gerne seinen Tieren mehr Grünfutter geben, wenn er solches näher zur Hand hätte. Zu diesem Zwecke empfehlen wir den glücklichen Besitzern von Hausgärten, ein Beet mit einem rasch wachsenden Salat zu besäen, das dann willkommenes Grünfutter liefert. Als geeignete Sorte nennen wir amerikanischen Pflücksalat.
Humoristisches.
(Aus den „Fliegenden Blättern".)
Falsch verstanden. „Sie bitten um die Hand meiner Tochter? Ja, sind Sie denn in der Lage eine Frau unterhalten zu können?" „Aber ich bitte Sie bei meinem Humor!"
Der Protz. „Jawohl, ich habe schon drei Reisen um die Erde gemacht, und jedesmal an der umfangreichsten Stelle."
Ein Gemütsmensch. Sie: Du warft heute wieder in der Weinstube und hast Austern gegessen! Er: Ich mußte mir zwanzig Mark wechseln lassen. Sie: Na, die hätten sie Dir auch wo anders gewechselt. Er: Aber nicht so gerne.
Eingebildet. Tenor (im Streit mit dem Bassisten): „Ach hören Sie mir doch auf! War wollen denn Sie? . . . Wenn Ich einmal ab- sage, so macht das mehr Aufsehen, als wenn ' Sie zehnmal auftreten!"
Der Weinsabrikant. „Das ist halt ein Weinerl! . . . Den soll mir amal die Natur nachmachen!" l
Rätselecke.
Auflösung des Rätsels aus Nr. 77. „Maggi".
Rätsel.
Aus folgenden Silben:
»I — berg — äc> — 6 — VN — VA — AMI
— Av — bsi — zu — ka — 1i — lickt — mv — mvn — inuu — uorll — pvu — riui
— >i — rv — »s — trsu — u
sollen zehn Hauptwörter gebildet werden. Dieselben bedeuten: 1. einen Frauennamen; 2. einen schweizerischen Kanton; 3. ein inneres Organ; 4. ein landwirtschaftliches Geräte; 5. eine noch nicht genügend erklärte atmosphärische Erscheinung; 6. einen europäischen Strom; 7. einen deutschen Schriftsteller; 8. eine Hochgebirgspflanze; 9. eine Stadt in Sachsen; 10. einen treuen Gefährten. Stellt man die aufgefundenen Wörter in der angedeuteten Reihenfolge unter einander, so ergeben ihre Anfangs- und Endbuchstaben, richtig gelesen, ein Sprichwort. Auflösung folgt in Nummer 83.
andere Richtung geleitet. Wie träumend ordnete er sein Zimmer, dachte er an sein Ziel und —. schauderte.
Pferdetritte erweckten ihn aus seiner Träumerei und als er wieder in den Park blickte, sah er den General mit einem vornehm aussehenden Herrn durch die Anlagen schreiten. Beide rauchten ihre Zigarren und unterhielten sich lebhaft und laut lachend mit einander; der Fremde mußte eben gekommen sein, denn er trug noch die Reitpeitsche in der Hand und schlug damit den Grashalmen am Wege die Spitzen ab, oder klatschte gegen die hohen Reitstiefel. Während dieser Beobachtung hörte Wladimir die Tür hinter sich gehen, blickte sich um und sah Suschu, welcher fragte: „Befehlen Sie auch ein Klavier, gnädiger Herr?"
„Wer schickt Sie?"
„Exzellenz."
„Ein gutes Klavier wäre mir lieb."
„Während Sie zu Tisch gehen, soll es besorgt werden."
Wladimir nickte und blickte wieder in den Park; dem abräumenden Suschu legte er die Frage vor: „Ich sah vorhin eine Dame im Park, ein wahres Ideal von Schönheit. Wer war das?"
Suschu lächelte:
„Es gibt nur eine Dame dieser Art hier- selbst, Fräulein Nadine von Sulkowskp, des Herrn Rittmeisters Alexei von Scheibest Verlobte."
„Also doch?"
Suschu nickte. Die Herren im Park waren inzwischen dem Schlosse wieder näher gekommen. Wladimir zeigte auf den Fremden und sagte: „Sagen Sie mir, Suschu, wer ist der Herr?"
Suschu zog ein finsteres Gesicht und eut- gegnete wutverzerrt: „Das ist Baron Peter von Borikow, der böse Geist unsers Schlosses, der tägliche Gast an unsrer Tafel. — Glauben Sie mir, gnädiger Herr," fügte er hinzu, „Exzellenz sind von Herzen gut, etwas leiden
schaftlich und heftig, sonst jedoch grenzenlos gut; dieser Mann da aber ist sein — böser Dämon."
„Sie lieben Ihren Herrn?"
„Wie Gott und die Heiligen."
„Und das gnädige Fräulein?"
„Bah", machte Suschu, „früher war Fräulein Nadine ein Engel, aber dieser Selbest hat ihr, glaube ich, viele Raupen in den Kopf gesetzt."
Es klingelte.
„Das gilt mir", seufzte Suschu, „nun trinken sie wieder Portwein und Champagner bis zur Sinnlosigkeit."
Damit enteilte er.
Es versetzte Wladimir in Erstaunen, daß Suschu sogleich zurückkehrte und sagte: „Es ist richtig, Herr; aber Sie sollen auch Hinabkommen."
„Ich?"
„Allerdings! Vielleicht will dieser vortreff, liche Borikow Sie kennen lernen."
Suschu ging voran und führte Wladimir in einen Salon, wo die beiden Herren zechten. Sie tranken, wie der Diener schon bemerkt, Portwein; Champagner stand im Eiskühler bereit.
Der General stellte Wladimir vor, der eine steife Verbeugung machte. Borikow machte ein erstauntes Gesicht, erwiderte aber die Verbeugung ebenso steif.
Wladimir mußte Platz nehmen, trank indes sehr bescheiden.
Währenddessen trat Nadine ein. Wladimir mußte sich gestehen, daß ihre Schönheit in der Nähe geradezu blendend war. Die Herren erhoben sich. Sulkowskg stellte Wladimir vor und sagte: „Liebe Nadine, Herr Engelbrecht spricht französisch; Du kannst mit ihm Racine und Corneille lesen."
Fräulein Nadine erhob erstaunt die dunkeln Wimpern.
„Wirklich, mein Herr?" fragte sie.
Wladimir fühlte bei diesem Blick alles Blut zum Herzen strömen; er verbeugte sich stumm.
„Da sprechen Sie anch wohl englisch?"
„Ja, gnädiges Fräulein," antwortete er.
„Dann können Sie mich Shakespeare verstehen lehren!"
„Wie Sie befehlen!"
Diesmal verbeugte er sich förmlich und Nadine sagte: „Ich lasse Sie gelegentlich in die Bibliothek bitten."
Sie küßte des Vaters Hand und sagte weich: „Ich wollte Dir nur guten Morgen bieten, Papa."
„Ja, Du bist ein gutes Kind." Er küßte Sie auf die Stirn, sie warf ihm einen langen Blick zu und ging.
Eilig lief die Exzellenz ihr nach und rief: „Nadine, Nadine! Alexei speist morgen mittag mit uns."
Sie flüsterten noch zusammen, aber blitzschnell wendete sich Borikow gegen Wladimir um: „Bruderherz, gut gespielt; Du kennst mich auch ferner nicht."
Hier trat der General wieder durch den Tücvorhang zurück und nötigte zum Trinken. Wladimir konnte deshalb seinem Erstaunen keinen Ausdruck geben, besann sich aber inzwischen, daß Borikow ihn möglichenfalls mit seinem Vetter Waldemar verwechseln könne; er erinnerte sich, daß seine arme Mutter oft von der täuschenden Ähnlichkeit zwischen ihnen beiden als Kinder gesprochen.
Wer war dieser Borikow und welche Pläne verfolgte er hier?
Kurz vor Tisch hob Sulkowsky die Sitzung auf; er war etwas angetrunken und fluchte auf den Hof und auf den Zaren.
„Um solche Kleinigkeiten mich des Dienstes zu entheben!" murrte er.
„Der Zar kennt seine Freunde eben nicht", bemerkte Borikow boshaft.
„Da darf er sich nicht wundern", polterte Exzellenz, „wenn man ins feindliche Lager getrieben wird."
folgt.)
Druck und Verlag der Beruh. Hosmann'schen Buchüruckerei in EÜUdbav. Hnc oie -Uevaknon ocianlwortUH: E. Reinharvt daselbst.