Gebrauch gesehen. Diese Kirche kostete 30 000 Rubel, also ungefähr 52 000 Mk. Gebaut wurde sie in den russischen Waggonwerken bei Petersburg; das dazu verwandte Material ist durchweg russisch. Die innere Einrichtung entspricht der religiösen Gebäude, ohne prunkvolle oder verschwenderische Ausstattung. Wenige sehr schone Bilder, die religiöse Szenen darstellen, bilden den einzigen künstlerischen Schmuck.
Nasenkorsetts. Wie erfinderisch ist doch der menschliche Geist, der Natur nachzuhelfen, sie zu verbessern! Was sind alle Schminken und Salben, all die kleinen gewöhnlichen Mittelchen, mit denen man sich schöner macht, gegen das allerneueste Kunststückchen, dessen Bedeutung uns die Annoce einer großen Pariser Frauenzeitschrift enthüllt: „Apparate, die Form der Nase beliebig zu modifizieren. Nasen werden schmaler und kleiner gemacht. Modelle auf Verlangen zur Ansicht". So wird der Toilettentisch der
Frau um einen Aparat bereichert werden, der ähnlich dem Korsett, „schmaler und dünner macht". Was für ein Unglück für den köstlichen Cyrano de Bergerac, daß zu seiner Zeit diese Erfindung noch nicht existierte.
Eine furchtbare Strafe hat in Oebisfelde einen Mann erteilt, der, wie gemeldet, dort vor kurzem wegen Leichenschändung verhaftet worden ist. Die 14jährige Tochter des dortigen Gastwirts Karl Müller war gestorben, die. Leiche war in einem oberen Zimmer des Hauses aufgebahrt, als der 26jährige Dachdecker Selznen sich spät abends aus der Gaststube, woselbst er mit andern Leuten trank, in das Zimmer begab und sich in verbrecherische Weise an dem toten Kinde verging. Der Täter wurde verhaftet und gestand die Tat ein. Jetzt nun, nachdem Selzner im Untersuchungsgefängnis seiner Aburteilung harrte, erkrankte der Mann vlöklicb stark und mußte vor einigen Tagen in
die Göttinger Universitsklinik eingeliefert werden. Dort wurde festgestellt, daß er sich eine schwere Blutvergiftung zugezogen habe und zwar durch Leichengift, womit er sich bei Ausübung seiner bestialischen Tat infiziert hat. Selzner liegt in der Universitätsklinik hoffnungslos darnieder Der größte Raum unter Dach und Fach soll der Glaspalast zu London sein. Er ist 1854 Fuß lang und 450 Fuß breit. Verwendet wurden beim Bau im Jahre 1851 neun- hunderltausend Quadratfuß Glas in großen Scheiben, jede 49 Zoll lang, 3300 Eisensäulen von 44?/- bis zwanzig Fuß Länge, 34 Meilen Abzugsröhren, 2200 Bindebalken — einige von geschmiedeten Eisen — 1128 Pfeiler zur Stühe der Galerien, 205 Meilen Fensterladen, Fuß. boden für einen Raum von 33 Millionen Kubikfuß, ungeheure Mengen von Holzgrtäfel, Luft- und Staubfängen und Scheidewänden oder Verschlagen.
M »^^Ganz unbesorgt kann jetzt die MWfürsorgltche Hausfrau bei ver- W > M^wendung von Sunlight Seife sein, MM Während sie sonst die teuren 3ier- stücke ans kostbarer Seide, di« feinen und empfindlichen Slanell- und Wollstoffe mit bangem Gefühl in die Wäsche geben mußte, wie oft er- hielt sie die ltebgewonnenen Gegenstände ihrer häuslichen Sorge durch den Gebrauch minderwertiger Seifen verdorben, befleckt und zusammengeschrumpft Wiederl Die vorsichtige Hausfrau bestehe also darauf, daß ihre Schätze nur mit Sunlight Seife gewaschen werden, wunderbarste Reinigungskraft, absolute Unschädlichkeit, Sehlen aller scharfen Bestandteile werden garantiert. Hierzu treten noch große Ausgiebigkeit, leichte Anwendung, verminderter Arbeitsaufwand. Sie ist bei richtiger Verwendung die beste und billigste Seife.
wenn's Gott will, soll sie Dem treues gelabtes Weib werden!" Ob wohl etwas in meinen Worten nachgezittert hat? Ich weiß es nicht, aber Alix wurde scheuer wie zu Anfang; Egon ging schweigend, fast finster umher; Großmama sprach von der Abreise nach einem Bade; kurz, ich fühlte, ich sei hier überflüssig. Ich ging, aber vorher sagte ich noch zu Alix:
„Teure Base, daß ich genesen bin an Leib und Seele, das danke ich Dir; aber Du sollst von mir hören, wenn Du völlig überzeugt bist, daß Kurt von Sandow ein ganz anderer geworden ist."
Wieder ein Ausdruck von Schreck auf ihrem schönen Gesicht, dann reichte sie mir aber beide Hände:
„Lebe wohl, bester Kurt! Es gehe Dir gut lieber Vetter!"
Das war der Abschied.
Briefe flogen herüber und hinüber und ich fühlte immer mehr, daß ich mein Herz dort gelassen. Alle Welt wunderte sich über meine Einfachheit und Sparsamkeit; meine Vorgesetzten wurden aufmerksam au mich. Gerade hatte ich die sechsunddreißig erreicht, da kam zu meinem Geburtstag das Rittmeisterpatent in meine Hände.
Himmel, nun konnte geheiratet werden!
Aber dann kam der Juli 1870 heran. — Durch ganz Deutschland ging ein Sturm der Entrüstung über Napoleons Anmaßung gegenüber dem ehrenhaften Benehmen König Wilhelms; ein Freudenschrei gab dann den Gefühlen des Volkes Ausdruck, als es überall hieß: „Krieg — Krieg!"
Es wurde mobilisiert. Ich reiste noch auf einen Tag nach Hause. Sollte ich mich hier noch vor der Abreise erklären § Ich konnte fallen; durfte ich Alix' Zukunft deshalb an meine eigene ketten? Nein! Ich nahm mir vor, zu schweigen, aber später, später — dann kam die Stunde des Glücks wohl!"
Der Rittmeister füllte nun die beiden Gläser
Mszenö und jagte tzann rajch zu Gusiav von Lallet:
„Morgen abend mehr, mein Junge, es ist schon spät und ich muß zu Bett, wenn ich morgen früh um neun Uhr nach Lemgo ausbrechen will. Gebe der Himmel, daß ich doch etwas für Dich erreiche."
Gustav reichte dem Vetter schweigend die Hand. Sie tranken sich zu, sagten sich gute Nacht und legten sich schlafen. — —
Als am andern Mittag Kurt von Sandow von Lemgo zurückkehrte, stand Gustav von Sallet, eben vom Felde heimgekehrt, an der Langscheune. Er half dem Vetter vom Gefährt herab und wehrte Pollux ab, der den Wagen begleitet hatte und sich nun wie toll geberdete.
Kurt von Sandow lachte, nahm Gustavs Arm und sagte:
„Junge, alles geht gut! Heut nach Tisch sollst Du kommen und Dir von Deiner Zukünftigen das Jawort holen. Komm, begleite mich in die Wohnstube und rauche eine Zigarre, mich zieht's nach der geliebten Pfeif!"
Als beide rauchten, erstattete Kurt Bericht und fuhr dann fort:
„Ich bin Dir noch einen Rest meiner Geschichte schuldig und muß mich wohl beeilen, diese Schuld zu zahlen, da Du voraussichtlich nicht sobald Zeit haben wirst, mich wieder zu hören. — Christian, ein paar Gläser Bier!" wendete er sich nun dem Diener zu.
Als sie wieder allein waren, begann der Rittmeister:
„Den Krieg von 1870—71 kennst Du zur Genüge; ich habe auch keine Veranlassung, meine Beteiligung daran weitläufig zu verfolgen; also kurz, ich tat stets meine Pflicht und darf auch wohl sagen: ich zeichnete mich aus. Alix war ein Talisman, und die Kugeln verschonten mich wunderbarerweise bei so manchem blutigen Strauß. Dann kam die Schlacht bei Mars la Tour --- ich machte den Todesritt mit. Du kennst jenes düstere Bild, wie ich weiß, genügend;
kurz, ich siet und mein Unter Arm mußte noch abends abgenommen werden."
Er blickte trübe in das Weite und fuhr dann rasch fort:
„Ich war ein Krüppel: aber ich war nicht sehr traurig darüber — ich dachte an Alix. Man brachte mich in ein Notlazaret, einige Tage darauf aber in das Hauptlazarett zu Diedenhofen, wohin eben ein Trupp transportfähiger Verwundeter abging.
Von hier aus gab ich erst die Nachricht durch eine barmherzige Schwester nach der Heimat.
Bald erhielt ich einen schwarzumrandeten Brief. Er war von Egon, meldete mir ihre Freude zu Hause, daß ich noch am Leben sei, bedauerte aber auch das Ungemach, welches mich betroffen, in den wärmsten Worten.
Zugleich teilte er mir aber mit, daß eine weder das Leid, noch die Freude mit mir teilen könne: Die liebe Großmama sei vor vier Wochen gestorben.
Dagegen schrieb Egon, Alix verfolge aus der Karte, nach meinen Briefen vor der Schlacht, lebhaft die Wegstrecke, welche mein Regiment zurücklegte; sie sei erst zur Ruhe gekommen, nachdem mein letzter Brief eingeiroffen. Wenn sie nicht schreibe, so sei die Ursache davon, daß sie selbst schwer leidend sei, nach dem Tode der Großmutter aber doppelt. Ob er kommen dürste, mich zu besuchen?
Ich ließ bejahend antworten. Liebte mich denn wirklich Alix? Hatte sie etwas an mir bemerkt? Ich war unruhig, ich mußte Gewiß« heit haben.
Aber Egon kam nicht. Er entschuldigte sich mit allerlei Ausflüchten. Da trat wieder das- wlbe Gefühl von etwas Fremdem, Gemachtem, etwas heimlichem in meinem Herzen in die Er« scheinung, was ich auch schon früher empfunden hatte.
Aber ich genas, denn ich wollte genesen.
(Schluß folgt.)
Druck und Bering der Beruh. Hsfmann'schm Buchdruckerei in Wildhw. Fnr die Redaktion verantwortlich! E- Reinhardt daselbst.