Weise von den Bürgermeistern verabschiedete und dann nach Kiel abreiste.
Kiel, 29. Juni. Heute abend fand auf der Hohenzollern bei Ihren Majestäten eine Abschiedstafel für König Eduard statt. Wenn der König heute abend nach dem Diner die Hohenzollern verläßt, wird Abschiedssalut gefeuert. Morgen früh 6 Uhr geht die Victoria und Albert mit dem englischen Geschwader in See.
Berlin, 28. Juni. Im preußischen Abgeordnetenhause wurde heute der entscheidende § 13 b des Ansiedelungsgesetzes, der sich gegen die Polen richtet, in namentlicher Abstimmung mit 207 gegen 105 Stimmen angenommen.
Berlin, 28. Juni. Aus Dresden meldet das Berl. Tagbl.: Der Kongreß des Bundes deutscher Wirte, der heute hier tagte, beschloß, dafür einzutreten, daß der Flaschenbierhandel und alkoholfreie Schankstätten konzessionspflichtig werden.
Berlin, 28. Juni. Ein schweres Sittlichkeitsverbrechen an einem dreijährigen Mädchen wurde hier am späten Nachmittag in der Kaiser Friedrichstraße 54 zu Charlottenburg ausgeführt. Das verletzte Kind liegt schwer krank in der elterlichen Wohnung darnieder. Von dem Täter hat man noch keine Spur.
Philadelphia, 28. Juni. In einer hiesigen Feuerwerksfabrik ereignete sich eine Explosion, wodurch eine Feuersbrunst herbeigeführt wurde. Viele in der Fabrik Beschäftigte kamen um. Von 22 Arbeiterinnen werden 20 vermißt. Auch Feuerwehrleute wurden verletzt.
Neuyork. In Chicago ist der große Parteitag der amerikanischen Republikaner gehalten worden. Dieser von einigen Tausend Vertretern der Partei aus dem ganzen Gebiet der Vereinigten Staaten, von San Franziseo bis Neuyork, von Texas bis Wyoming besuchte Kongreß hat mit Einstimmigkeit den jetzigen Präsidenten der Republik Herrn Theodor Roosevelt, als seinen Kandidaten für die in wenigen Monaten stattfindende Präsidentenwahl auf den Schild gehoben.
Neuyork, 29. Juni. Das Leichenschaugericht entschied bezüglich des Unglücks des Dampfers „General Slocum," daß dasselbe auf das Verhalten der Direktoren der Dampfschiffahrtsgesellschaft zurückzuführen ist. Auch der Kapitän von Schaich des verunglückten
Rittmeister Einarms Geschichte.
Novelle von Carl Nassau.
31 Nachdruck verboten.
«Zur Großmama kam ich selten," fuhr der Rittmeister fort, „daß Alix zu einer Schönheit aufgeblüht war und daß sie mit derselben Klugheit, Herzensgüte und Charakterstärke in sich vereinigte, bemerkte ich kaum. Ich war eben der „tolle Sandow,"der verwöhnte Liebling der Frauenwelt, der das holde Röschen in seiner nächsten Nähe übersah.
Die Jahre schwanden rasch, und trotz meiner tollen Art wurde ich doch schon mit 26 Jahren Oberleutnant. Aber vernünftiger wurde ich deshalb doch nicht. Zwar wusch mir Groß. Mama, wenn ich einmal auf Urlaub zu Hause verweilte, nicht selten den Kopf, aber das war alles. Die einzige, die sich meiner annahm, war Alix; sie pflegte zu sagen: „Laß Kurt nur — der kehrt zeitig genug um."
Das machte mir das Mädchen lieb wie — rme Schwester. Und von dieser Zeit an schenkte rch ihr wenigstens wie einer solchen Beachtung und Aufmerksamkeit. Anders stand es mit memem Vetter Egon. Er war schon ein Jahr lang Professor der Philosophie an unsrer Hochschule, als ich befördert wurde. — Seine Art war still und langweilig — mir, der ich das t-aute und Entschiedene liebte, durchaus unangenehm. Ich versichere Dich, es gehörte zu meinen langweiligsten Stunden, wenn er vom »Ich" und vom „Ich als Charakter" Vortrag hielt, oder aber die „vierte Dimension" redete. Einmal predigte er in seiner langweiligen Art
dem „Traum als Nachhall deS Wachens," vaß mir es aber angst und bange wurde.
Ich gab kurz zurück!
»Ich träume nie: wenn ich zu Bett gehe, schlaft mein Herz schon."
Dampfers und der Kapitän Peasa von derselben Gesellschaft seien strafrechtlich verantwortlich. Gegen die Direktoren und Offiziere, im ganzen 11 Personen, wurde Anklage wegen Totschlags erhoben und ihre Verhaftung ange- ordnet. Doch wurden dieselben gegen Bürgschaft freigelassen.
Tanger, 29. Juli. Aus guter Quelle verlautet, Frankreich treffe Vorbereitungen, um die in Algirien stationierten Zuavenbataille für den hiesigen Polizeidienst zu reorganisieren. Das Geschwader der Vereinigten Staaten unter Konteradmiral Jewell ist in See gegangen.
Kingston (Jamaika). Ein schweres Unglück, dem zahlreiche Menschenleben zum Opfer fielen, ereignete sich auf dem Elektrizitätswerk. 67 Arbeiter waren damit beschäftigt, ein großes Wafferzuflußrohr von innen zu reinigen, als plötzlich durch ein Versehen das Wasser angelassen wurde. Die im Rohre befindlichen Arbeiter wurden in den Fluß geschwemmt. 34 ertranken.
St. Petersburg, 29. Juni. Auf der Baltischen Schiffswerft erfolgte heute auf dem Torpedoboot Delphind während eines Versuchs eine Explosion, wodurch das Schiff zum Sinken kam. 3 Offiziere und 23 Matrosen ertranken, 2 Offiere und 10 Matrosen wurden gerettet.
Rußland und Japan.
St. Petersburg, 28. Juni. Der Korrespondent der Birschewija Wjedomosti meldet aus Taschitschiao vom 27. d. M.:
Es ist bedauerlich, auf die Art und Weise Hinweisen zu müssen, wie sich die Japaner den verwundeten Russen gegenüber auf dem Schlachtfelde benehmen, vr. Stankowitsch von der Abteilung des Generals Mischtschenko hat eine Anzahl photographischer Aufnahmen gemacht von Soldaten, die den Grausamkeiten der Japner zum Opfer gefallen sind. Diese photographischen Aufnahmen sollen als Beweisstücke dem Haager Schiedsgerichtshof unterbreitet werden. Diese Opfer machen einen entsetzlichen Eindruck. Manchen ist die Zunge ausgerissen, anderen sind die Hände abgehauen und sie zeigen an zahlreichen Teilen des Körpers Bajonettstiche. Ofi- ziere, die hierüber empört waren, nahmen Protokolle über die Angelegenheit auf. General Romanoff teilte dem Roten Kreuz andere Fälle
„Hast Du denn wirklich eins?" fragte er
nun spitz.
„Zweifelst Du daran?"
Ich wendete mich ab und murmelte für mich:
„Schleicher!"
Indes ordentlich war er, wie ich unordentlich; wie meine Vermögensverhältnisfe zerrüttet waren, so zeichneten sich die seinigen durch einen Flor aus, um den ich ihn beneidete. — Ja, ich muß gestehen, daß er mir echt vetterlich bis- weilen Beihilfe aufdrängte, die ich, wollte ich nicht ungezogen sein, annehmen mußte. Manchmal dachte ich, Alix stecke dahinter; aber ich fand keinen Anhalt dafür und verwarf den törichten Gedanken. Bisweilen schien es mir auch, als bewürbe er sich um sie; dann fühlte ich etwas wie Schmerz in der Herzgegend und — lachte: „Alix und dieser unbeholfene Professor?" Ich las sein neuestes Werk: „Die Gattin als stabiler Begriff" und schlief dabei ein. Nein, nein, das war nichts mit ihm und ihr. Und wenn es gewesen wäre, was ging es mich an?
Gerade damals machte ich den dümmsten Streich meines Lebens; ich verliebte mich in die schöne Sängerin Aglaja Mowbray am Hoftheater und — wurde wiedergeliebt. Allen Ernstes erwog ich bei mir die Frage, ob ich den Dienst quittieren und sie heiraten könne; ja, ich ging auf Urlaub und redete mit meiner Großmama und — Alix davon. Die Großmama aber sagte mit kurzen Worten:
„Kurt, Kurt, Dein letzter dummer Streich! Bist Du ihrer sicher?"
„Ja, Großmama!"
Ueber Alix Gesicht ging es wie ein tiefes Erschrecken, dann aber kehrte ihr Lächeln zurück und sie fragte mich aus bis auf den Nerv des Herzens. Ich gestand auch wie ein Schulbube, dem man seine Aufgaben abhört. Dann gab sie mir guten Rat in Fülle. Ich schwamm mit dem Strom des Entzückens!
Aber der hinkende Bote kam hintennach.
von Grausamkeiten mit. Insbesondere hätten die Japaner es gewagt, auf die Krankenwagen und auf ärztliche Personen zu schießen. Mehrere Krankenträger und Lazarettgehilfen seien getötet worden. Der Kampf am 26. d. M. war sehr vorteilhaft für uns. Die Japaner zogen sich bis auf 27 Werst zurück.
Berlin, 28. Juni. Ueber Tschifu erhält die Voss. Ztg. von ihrem Berichterstatter im japanischen Hauptquartier die Meldung, daß man neue Angiffe der Russen auf Gensau erwartet, da von dort größere Ansammlungen russischer Truppen gemeldet werden.
Tokio, 29. Juni. Eine anderweitig nicht bestätigte Nachricht besagt, die Japaner hätten am Sonntag drei Forts im südöstlichen Teile der Verteidigungswerke von Port Arthur angegriffen und eingenommen.
Unruhen in Deutsch-Südwestafrika.
Hamburg, 28. Juni. Neue Verstärkungen für Deutsch-Südwestaftika gehen von hier ab am 23. Juli mit der „Getrude Woermann," am 6. August mit der „Montevideo," am 20. August mit der „Sylvia" und am 3. September mit der „Alexandra."
Verschiedenes.
Fürstliche Honorare für altgriechifche Virtuosen. In den „Good Woods" werden einige Angaben über die fabelhaften Preise gemacht, die die Flötenspieler im alten Griechenland verlangten. Die beliebten Flötenspieler standen im Altertum weit über den vergötterten Pianisten der Neuzeit, sie wurden den Fürsten gleichgestellt. Die Summe, die diese Virtuosen für ihr Spiel verlangten, waren sehr groß. Es wird z. B. berichtet, daß der Flötenspieler Jsmenisa, der im dritten Jahrhundert v. Chr. in Athen und Korinth spielte, in der Regel 4000 Mark für ein Auftreten verlangte. Diese Summe würde in unsere jetzigen Verhältnisse versetzt 12 000 bis 16 000 Mk. bedeuten.
Eine Kirche auf Rädern. Es ist be- merkenswert, schreibt die Zeitschrift „Household Words", daß Rußland beim Transport seiner großen Armee durch Sibirien, trotz der Hast und den Unruhen des Krieges, das geistige Wohl seines Volkes nicht ganz vergißt. Wohl jeder, der auf der sibirischen Eisenbahn gereist ist, hat den eleganten „Kirchenwagen" unterwegs im
Ich wollte eben meinen großen Urlaub nach daheim antreten und bei dieser Gelegenheit Aglaja der Großmutter zuführen, da überraschte mich die Kunde, daß meine Verlobte sich habe von einem leichtsinnigen Menschen — entführen lassen! Ich raste, ich wütete gegen mich selbst, aber da war es Alix, die mich wieder auf den rechten Weg brachte. Liebevoll tröstete sie mich und redete mir zu, und wenn ich — ich schäme mich jetzt, es zu gestehen — weinte wie ein kleines Kind, welches die Rute bekommen, richtete sie mich hoheitsvoll auf. O, Alix, damals wurde es mir klar, welchen reinen Edelstein ich an Dir gehabt hätte und als Scherben beiseite geworfen. — Verzweiflung ergriff mich, und ich tollte nunmehr erst recht wie ein Verwegener. Da kam das große Wettrennen. Auf der Höhe des Ruhmes stand damals meines Kameraden von Zechmayer Fuchsstute; ich wollte, — ja ich mußte sie mit meinem Rappen „Ajax" schlagen. Aber ich brach fast den Hals dabei; arg gequetscht und geschunden brachte man mich heim.
Alix telegraphierte sofort nach erhaltener Nachricht, ich möge meine vollständige Genesung drüben abwarten. Ich trat den großen Urlaub an und reifte nach Hause.
Kam es mir nur so vor, oder war es Wirklichkeit? Alix, Großmama, Egon — sie kamen mir alle so verändert vor, so scheu! Oder war es die Folge meiner Kränklichkeit?
Gepflegt und unterhalten hat mich damals Alix, das edle Mädchen, wie eine barmherzige Schwester. Sie erweckte meine Vorliebe für die Litteratur, sie musstzierte mir vor, wenn ich träumen wollte, sie schrieb für mich an Freunde und Bekannte und entfaltete dabei eine solche Fülle von Liebenswürdigkeit, daß ich mich bei dem Gedanken ertappte, Alix müsse mein eigen werden! Aber jetzt — nach dem Vorgang mit der Schauspielerin? „Nein," sagte ich mir, „erst mußt Du wieder gesund sein, Kurt; dann mußt Du vernünftig werden und dann --