einer Petersburger Privatmeldung am letzten Freitag, als er einen Ausfall aus Port Arthur befehligte, am Oberschenkel verwundet worden sein, worauf angeblich die sofortige Amputation des Beines vorgenommen werden mußte.
Berlin, 14. Juni. Aus Tokio drahtet man dem Lok.-Anz.: Ich erfahre von zuver- lässig unterrichteter Seite, daß die Japaner damit rechnen, 10 000 Mann bei der Eroberung von Port Arthur opfern zu müssen.
Tschifu, 15. Juni. Eine Flottille von Dschunken, die Mehl und Reis nach Port Arthur bringen sollte, wurde von den Japanern beschlagnahmt. Die Japaner beschweren sich bei dem Taotai, daß auswärtige Kaufleute Waren nach Port Arthur einführen.
Petersburg, 15. Juni. Seit Beginn der Feindseligkeiten bis 26. Mai betragen die russischen Verluste 216 Offiziere und 4900 Mann tot, verwundet oder gefangen.
Unruhen iu Deutsch-Südwestafrika.
Berlin, 14. Juni. Generalleutnant v. Trotha meldet aus Swakopmund: Da großer Mangel an Etappentruppen und Reitern, wurde der Transport Lüderitz-Bucht telegraphisch angewiesen, den Bataillonsstab und eine Kompagnie in Swakopmund zu lassen, sodaß für de» Süden eine Kompagnie und eine Batterie bleibt.
Verschiedenes.
Die Gesamtbevölkeruug der Erde
beträgt gegenwärtig etwa 1670 Millionen Menschen. Die jährliche Zunahme beläuft sich auf ungefähr 16 Millionen Seelen, und die Gesamtziffer hat sich seit dem Untergang des römischen Reiches etwa um die Hälfte vermehrt. Wären sämtliche bewohnbaren Länder der Erde so dicht mit menschlichen Niederlassungen besetzt wie England und Belgien, Indien und China, so würden etwa 10 Milliarden Menschen auf der Erde Platz gefunden haben, eine Zahl, die das Menschengeschlecht vielleicht erst nach langen Jahrhunderten erreicht haben wird.
Als Blücher 1814 in Paris eingezogen war, hatte er 200 000 Franken Kontributions- gelder erhoben und diese für seine Truppen ausgegeben. Nach hergestelltem Frieden !8l6 fand
das Kriegsministerium zu Berlin diesen Posten verzeichnet, aber keinen Nachweis von Blücher dabei, wie er das Geld verwendet habe. Man fordert deshalb nachträglich die „diesbezüglichen" Belege ein. Blücher sandte dem Ministerium daraufhin fi lgende Abrechnung:
In Frankreich eingenommen 200 000 Franken
Daselbst ausgegeben . . 200 000 F ranken Bleibt 0 Franken
Wer's nicht glaubt, ist ein Esel!
Blücher
Als König Friedrich Wilhelm III. Kenntnis davon erhielt, befahl er, daß die Angelegenheit sofort Niederschlagen und obiges Dokument all aetg gelegt werden solle.
Der Juwelenschatz der Prinzessin Mathilde. Der Verkauf der Kleinodien der Prinzessin Mathilde ist, wie aus Paris berichtet wird, am Sonnabend beendet worden und hat eine Gesamtsumme von 3 181 841 Fr. ergeben, weit mehr, als man erwartet hatte. Rechnet man dazu die 1 010 Fr., die der Verkauf der Bilder und Kunstwerke gebracht hat, so ergibt sich bisher eine runde Summe von 4 192 000 Fr. Zu verkaufen sind ferner noch die Spitzen und das Mobiliar. Am letzten Tage wurde der höchste Preis für ein großes Brillantendiadem in Form einer Krone erzielt, nämlich 31 300 Fr. Zwei par Ohrgehänge, aus je zwei weißen birnenförmige Perlen gebildet, brachten 12 650 und
12 100 Fr., und eine Brosche aus einer großen weißen Perle zwischen zwei Brillantsolitären
13 000 Fr. Das prächtige, siebenreihige Perlenhalsband, das, wie schon gemeldet, für 500 000 Fr. an den Pariser Juwelier Grünberg verkauft worden war, ging noch an demselben Tage an den Juwellenhändler Altschüler über, der 225 000 Fr. mehr dafür bezahlte; das dreireihige Perlenkollier, das ursprünglich einer Königin der Niederlande gehört Zhatte und für 885 000 Frank verkauft worden war, brachte beim Wiederverkauf 150 000 Frank mehr. Altschüler erklärte, daß diese Perlen die schönsten find, die er je gesehen hat. Ein englischer Adliger hat im schon einen einen höheren Preis geboten, und von allen Teilen Europas hat er telegraphisch Anfragen erhalten.
Eheglück.
Ein Heim, das ohne Weib und Kind Wenn Gold auch alle Wände schmücket Bleibt ewig ein verödet Haus Weil nur die Ehe wahr beglücket
Drum einsam bleibt auf dieser Welt Wem nicht ein braves Weib beschieden Es bleibt ihm unbekannt das Glück Des schönsten Sonnenscheins hienieden.
E. Rirser.
Wildbads warme Quellen.
Und wenn das Wasser sich bewegt Dann Hab' ich mich hineingelegt Ganz nahe beieinander Wie Hereo und Leander Zuvor schmückt man uns weiß in Linnen Dann kann das schöne Bad beginnen Wir müssen uns zusammen gesellen In den weichen Wasserwellen Und einer nahe bei dem Andern Es ist ein kommen und ein Wandern So legen Sie sich nieder Mit Ihren nackten Glieder
Da kommen Junge wie die Alten Ganz besondere Gestalten Viele sind zu dick und fett Andere wieder schön und nett
Viele Herren, weiße Haare Meistens über vierzig Jahre Und seufzen mit Beschwerden Ach möcht es besser werden
Ach lieber Gott laß es gelingen Wir möchten gerne munter springen Wir armen alten Sünder Wie die kleinen Kinder
O laß, das Wasser sich bewegen Und bring uns Menschenkinder Segen Wir legen uns im Glauben nieder Und hoffen aus gesunde Glieder
Ihr lieben Leser groß und klein Euch allen wünsch ich süßen Schlummer Ich ziehe wieder an den Rhein Der Schluß folgt in der nächsten Nummer.
bi» Klirrst vom rU'achknsrK.
Der Majoratsherr.
Roman von L. Jdler-Derelli.
30 )
Nachdruck verboten.
Der Knieende ließ Antonie keine Zeit zur Abwehr.
„Endlich, endlich habe ich Dich gefunden, Antonie!" keuchte er. „Ich habe Dich durch die ganze Welt gesucht und meine Brust konnte es schon nicht mehr aushalten, das viele Wandern im Winter! Und nun, nachdem ich Dich endlich gefunden, wollten sie mich nicht zu Dir lassen, Antonie, und ich bin doch Dein Oswald! Ich weiß doch, daß Du nur mich allein liebst, wenn Du auch den alten reichen Mann geheiratet hast!"
Der Knieende erhob sich und strich sich die wirren Haare aus der Stirn.
„Was find das für Herren?" fragte er, die erstaunten Herren starr anblickend. „Ach so, die Leute in der Dorfschenke sagten mir. Du würdest in einen Prozeß kommen, weil Du nicht des Oberförsters wirkliche Tochter bist. Sage ihnM doch die Wahrheit, Antonie. Was fragen wir beide denn nach der ganzen vornehmen Gesellschaft?"
Ein. Hustenanfall unterbrach den Redenden, dann fuhr er fort:
„Wir sind den Herrschaften ja doch nicht gut genug. Du bist Antonie Braun, des armen Tagelöhners Kind. Das paßt gerade für den einfachen Jäger Oswald Berg!"
Herr von Westen sah seine Freunde an.
„Welch ein Zufall!" sagte er leise. „Die Enthüllung kam zur rechten Zeit!"
„Säuferwahnsinn" rief die Alte schneidend.. „Der Mensch da ist eine Jugendbekanntschaft von der gnädigen Frau, sie haben als Kinder zusammen gespielt und diese Erinnerung ist in seinem verwirrten Gehirn zurückgeblieben. Im übrigen ist er ein Lump geworden, ein Tauge-
»ichts, der auf diese Weise Mitleid zu erregen sucht!"
Antonie antwortete nicht, ihre Hände waren krampfhaft in einander geschlungen, sie zitterte am ganzen Körper.
„Antonie," rief der Fremde wieder, und seine heisere Stimme klang immer angstvoller, „hast du mich vergessen? Es kann ja nicht sein! Sprich mit mir! Sage doch den Fremden da, daß ich Dein Oswald bin!" Die eingesunkene Gestalt richtete sich hoch auf. „Sage nicht, daß Du mich nicht kennst!"
„Ich kenne Sie nicht!" klang es bebend von den Lippen der jungen Witwe; ihre Stimme schien eine ganz andere geworden zu sein.
„Sie verläßt mich! So hält sie die Treue, die sie mir geschworen hat!" schrie der Fremde auf.
Jäh griff er gleichzeitig nach seiner Brust und ein dunkler, heißer Blutstrom quoll über seine Lippen.
Erschüttert sprang Eberhard hinzu; er fing den Wankenden in seinen Armen auf und legte ihn behutsam auf ein Sofa.
Noch immer quoll das Blut in großen Tropfen über die farblosen Lippen. Ueber- wältigt von Schmerz und Reue, sank Antonie auf die Knie neben ihrem Jugendgeliebten nieder.
„Oswald," flüsterte sie, „vergieb mir! Ich war feige, ich war schlecht, ich wußte nicht, was ich sprach. Vergieb mir, sieh mich an! O, Oswald, stirb nicht!" Und sie drückte ihe Lippen auf seine abgezehrten Hände.
Frau Müller sah schweigend vor sich nieder. Sie wußte, dieser Liebe gegenüber war sie machtlos, und machte darum keinen Versuch mehr, die Täuschung noch länger aufrecht zu halten.
„Sage ihnen die Wahrheit, Antonie!" flüsterte der Kranke, dessen Augen seltsam zu leuchten begannen. „Sage ihnen, wer wir beide sind. Laß mich Nicht sterben mit dem Schmerz, daß Du etwas Besseres sein waltest, als ich bin. Sage ihnen, daß Du mich geliebt hast!"
„Ja mein Geliebter," antwortete Antonie
fest, „diesen Wunsch will ich Dir erfüllen. OS> wald Berg hat recht, meinen Herren. Im Angesicht des Todes kann ich nicht lügen. Ich bin von Geburt die Tochter des Tagelöhners Braun und diese Frau da ist meine Tante, die Schwester meiner Mutter, welch letztere bei meiner Geburt starb. Sie hat es gut mit mir gemeint, als sie die vater- und mutterlose Waise in die leergewordene Wiege des Oberförsters legte. Herr Wendt hat mich vor der Welt als sein Kind erzogen, aber ich habe es früh erfahren, daß ich das in Wirklichkeit nicht war, und zwar durch ihn selbst, denn er liebte mich nie. Die vornehmen Leute haben mich alle nicht geliebt. Das Arbeiterkind war ihnen, ohne daß sie es wußten, unsympathisch, und auch ich fühlte mich nicht zu ihnen hingezogen; ich fühlte mich stets wohler unter einfachen Leuten; die Bande des Blutes sind stärker, als man denkt. Reich und vornehm war ich vor der Welt, aber ich wußte, daß der Glanz erborgt war, daß ich von den Allernächsten tief im Herzen als ein widerwärtiger Eindringling angesehen wurde. Deshalb berauschte mich die Liebe, die mir dieser Mann entgegenbrachte; es war die erste, wirkliche Neigung, die der Waise zu Teil wurde, und sie erfüllte mein Herz. Diese Liebe zu dem einfachen Jäger, war das Glück meines Lebens, mein erstes, mein einziges Glück!" Sie hl«' inne und preßte hochatmend die Hände auf das Herz. Dann fuhr sie fort: „Ich verzichte h>er> mit auf das Majorat für mich und mein Md, den Sohn des Barons Hans von Thurin, und bitte um Verzeihung, daß ich dies Geständnis nicht gleich nach dem Tode meines Gatten abgelegt habe, aber damals konnte ich mich Ml entschließen, zu sagen, daß ich ein Kind niedriger Herkunft sei. Dennoch wäre es für mich besser gewesen."
(Fortsetzung folgt.)
Dkuck und Verlag der Vttnh. Hofmann'schen Luchdruckecei ln Mlthrd, Für dir Redaktion verantwortlich. E- Reinhardt daselbst.