^ Barcelona, Mm. Gestern Abend, kurz bevor die Zöglinge einer von Jesuiten geleiteten Schule die Anstalt verließen, explodierte eine Dynamitbombe. Der Vorflur des Gebäudes wurde beschädigt. Das Dach stürzte ein. Der Pförtner der Anstalt wurde leicht verletzt. Die Urheber des Anschlages sind noch nicht ermittelt.
Himmelfahrt.
Vierzig Tage nach Ostern scheidet Jesus mit aufgehobenen Segenshänden von den Seinen. Er ging zu Gott zurück, von dem er ausgegangen, sein Segen ist bei den Seinen geblieben. Der erhöhte Heiland hält seine schützende Hand über die kleine Schar in Jerusalem, über die Christengemeinden, die in den Ländern von Jerusalem bis Rom entstehen. Der Segen Jesu war bei ihnen, darin fanden sie volle Befriedigung in einer Zeit, wo die Völker in den stärksten Genüssen ihre Lust zu befriedigen suchten, wo die Zuschauer bei Gladiatorenkämpfen und Zirkusspielen unzufrieden waren, wenn die menschliche Beute entkam, hingegen mit Händen klatschten, wenn die Menschen von den wilden Tieren ergriffen wurden, wenn sie ihr letztes Stöhnen hörten, wenn sie ihre Glieder unter dem Zahn der wilden Tiere zermalmt und zucken sahen. Den Segen Jesu hatten die Seinen nicht nur bei sich, die christlichen Gemeinden wurden auch ein Segen für die ganze alte Welt. Das morsche römische Weltreich nahm das Christentum in sich auf und war nur dadurch imstande, sich noch Jahrhunderte hindurch zu halten. Freilich, als das Christentum im römischen Reiche mit Aberglauben durchsetzt ward, da übernahmen andere Völker die Führung. Die germanischen Völker wurden durch die Reformation, in der der Segen des erhöhten Heilandes von neuem sich offenbarte, in den Stand gesetzt, die Kulturträger zu sein. Und heute! Meinen die einen, daß von Haeckel und Ladenburg weltbeglückende Gedanken ausgehen könnten, meinen die andern, daß von Rom her Heil für unser Vaterland zu erwarten wäre? Nur in der Kraft des Evangeliums, das Jesus den Seinen hinterlassen hat, ja,
das er selbst ist. wird unser deutsches Volk gesunden.
Verschiedenes.
Das lenkbare Luftschiff ist noch immer nicht erfunden worden. Der Graf Zeppelin, dem der Versuch schon einmal vor 3 Jahren arg mißglückt ist, gibt aber den Gedanken nicht auf, daß es ihm doch noch gelingen wird, ein solches Luftschiff zu bauen. Jetzund ist er wieder flott an der Arbeit. Wieder, wie bei den ersten Aufstiegen, ist bei Manzell, in nächster Nähe von Friedrichshafen am Bodensee, die große Ballonhalle errichtet, in der das Luftschiff montiert und sonst fertiggestellt werden soll; während sich aber die erste Halle direkt im See auf freischwimmender Grundlage erhob, ist sie jetzt am Ufer des Sees auf einem Fundament errichtet; bei niedrigem Wasserstand reichen die Wellen eben bis an den Unterbau, der bei hohem Stand des Bodensees von den Wogen umspült wird. Sobald die Halle ganz fertiggestellt ist, werden die mit der Eisenbahn nach Friedrichshafen gebrachten Wände des Ballons, die Motoren, Lausbrücken, Steuern usw. mit Trajektboten nach Manzell geschafft. Die Schwere der Motore, die bei dem ersten Luftschiff sich als hindernd erwies, ist bei dem jetzt zu erbauenden vermindert; dagegen haben sie größere Leistungsfähigkeit, so daß bei geringerem Eisengewicht doch die Antriebskraft gegen früher verstärkt ist. In der Form wird das neue Luftschiff dem alten, das im großen Ganzen einer an beiden Seiten zugespitzten Zigarre ähnelte, ziemlich gleich sein, nur wird es nicht die Länge des zuerst gebauten erhalten. Auch die Anbringung der Gondeln, des Steuers usw. ist gegen früher in einigen Punkten verändert. Ist das Luftschiff — von einem Ballon im gewöhnlichen Sinne kann nicht recht die Rede sein — in der Halle fertig montiert, so soll es ins Freie geschoben werden, um dann freischwebend über der Wasserfläche den Aufstieg zu versuchen, und die Lenkbarkeit nach vorher festgesetzten Grundsätzen und in vorher bestimmter Richtung darzutun. Graf Zeppelin hofft, im September dieses Ziel zu erreichen.
(Werkst,)
Uus Hutzelhausen will der Meister Kon- rad heute dem Ambrosius etwas mitteilen, was von ganz besonderer Weisheit der Hutzelhäuser zeugt. Ueber dem Tore eines Gehöftes steht in großen deutlichen Leitern folgender schone Spruch zu lesen: „Die Redlichkeit währt ani längsten! Warum? Denn sie wird wenig ab- genutzt und man gebraucht sie selten." (Werkst.)
Eine glückliche Familie. In einer Menagerie, die sich kürzlich in einer Stadt in, Norden Englands aufhielt, befand sich unter den verschiedenen Käfigen mit den ausgestellten Tieren auch einer mit der merkwürdigen Aus. schrift „Die glückliche Familie." Diese Familie setzte sich aus einem Löwen, einem Tiger, einem Wolf und einem Lamm zusammen. Auf die Frage, wie lange die Tiere denn wirklich als „glückliche Familie" es aushielten, antwortete der Besitzer: „Ungefähr 10 Monate, nur das Lamm muß von Zeit zu Zeit erneuert werden."
Eine nette Gerichtsszene. Ein Vor. fall, der in der Geschichte der Kriminaljustiz einzig dastehen dürfte, trug sich vor der Saar> gemünder Strafkammer-Verhandlung zu. Ein Bursche, welcher bereits eine ganze Serie oon Vorstrafen aufzuweisen hat, hatte sich wegen eines größeren Einbruchdiebstahls zu verantworten. Während der Verhandlung hatte er die Dreistigkeit, den Vorsitzenden ständig zu unterbrechen, und zwar durch Zwischenrufe in französischer Sprache, wie: „Halt Deinen Mund, Du weißt nichts, Gauner, Dieb!" Auch während der Rede des Staatsanwalts bediente er sich ähnlicher Ausdrücke. Als schließlich das Urteil, welches auf 4 Jahre Zuchthaus lautete, verkündet wurde, streifte er mit Blitzesschnelle seine Beinkleider ab und drehte sich um mit den Worten: „Hier, meine Herren, das ist für Euch!" Die Verblüffung im Zuhörerraum kann man sich vorstellen, zumal auch die Weiblichkeit stark vertreten war.
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geschichten gegossen! Aber wenn Ihr sie doch dafür haltet, was sie sind, nämlich: leeres Gerede, was wollt Ihr dann eigentlich erfahren?"
Cäcilie sah der Freundin voll in das Antlitz.
„Wir wollen versuchen, das immer stärker auftretende Gerücht zu erforschen, das Gerücht, welches behauptet, Frau Antonie sowohl, wie ihr Erbe seien nicht berechtigt, das Majorat der Familie Thurin zu besitzen. Die Frau meines Onkels bleibt sie freilich, auch wenn es sich bestätigen sollte, das ist gewiß, aber sie bekommt dann nur ein bedeutendes Baroermögen und nicht die Güter!"
„Wie wollt Ihr das aber herausbringen?" fragte Dora zweifelnd. „Wenn es wirklich der Fall sein sollte, ist sie doch wohl die einzige auf der ganzen Welt, die darum weiß. Ihre Eltern sind tot, und sie wird es nicht sagen."
„Es wird auch wohl nicht wahr sein?" ent- gegnete Cäcilie. „Wir haben ja auch auf das wunderliche Gerede der Leute nie Wert gelegt; aber nun, wo es immerhin zunimmt, ist es unsere Pflicht, daß wir uns endlich einmaljern- ster darum bekümmern." —
Langsam ging Baron Eberhard von Thurin durch das stattliche Dorf, das den Namen seiner Familie trug. Die Leute, die ihm begegneten, grüßten ihn resprektvoll. Er dankte, aber man sah es ihm an, daß etwas anderes seine ganzen Gedanken in Anspruch nahm.
„Wenn es mir gelänge, das Geheimnis zu entdecken," murmelte er, „das Geheimnis, das diese Frau umgibt. O, dann könnte auch ich noch einmal auf Glück hoffen, auf ein Glück, welches einzig in der Verbindung mit Sophie besteht. Der ärmste Taglöhner hier im Dorfe kann sein Mädchen heiraten; wir aber mußten uns trennen um diese Fremde, die unser ganzes Leben zerstörte. Und doch, was habe ich vor? Es ist ein hinterlistiger Schritt gegen eine arg. lose, unbeschützte Frau! Und auf das Gerede von Dienstboten und Dorfleuten hin Unternom. Men! Was würde Onkel Hans dazu sagen,
tonnle er mein Beginnen sehen? „Wahrst Du so die Ehre des Thuriner Hauses", würde er fragen, „daß Du Dich mir den Dienstleuten gegen mein junges Weib verbündest, dessen erster »schütz und Schirm Du sein solltest gegen alle Welt, gegen Freund und Feind ? Und er hätte recht, wenn er so fragte!" Der junge Mann seufzte tief auf. „Aber die Familienehre erhalten, heißt mein Lebensglück zerstören! Und beide Augen zudrücken und die späteren Geschlechter wissentlich betrügen, das darf ich noch weniger, und deshalb ist dieser schwere Gang heute meine Pflicht!"
Der Baron blieb vor einem sauberen, strohgedeckte!! Häuschen stehen, das durch einen kleinen Vorgarten von der Dorfstraße getrennt war. Eine rüstige Frau war in dem Gärtchen beschäftig!, dle Spuren des fliehenden Winters zu vertilgen. Die emsige Arbeit färbte die Wangen der immer noch recht hübschen Frau.
„Guten Morgen, Frau Keller!" sagte Eberhard, die Mütze ziehend.
Die Angeredete sah überrascht auf.
„Ei, guten Morgen, Herr Baron," rief sie. „Wir haben sie lange nicht im Dorf gesehen!"
Eberhard lehnte sich aus den Zaun des Vorgärtchens.
„Ich wollte zu Ihnen, Frau Keller!" könnte ich einmal ein paar Worte mit ihnen allein sprechen?"
Ein prüfender Blick aus den klugen, grauen Augen überflog das unverkennbar erregte Antlitz des jungen Mannes.
„Ich habe es mir gedacht, daß Sie einnial zu mir kommen würden," sagte die Frau dann ruhig. „Bitte, Herr Baron!"
Sie öffnete dem Vorangehenden die Tür zur Wohnstube und Eberhard trat in ein zwar ein» fach, aber sehr behaglich eingerichtetes Gemach, in dem eine musterhafte Ordnung und Sauber- seit herrschte. Frau Keller trug zwei spiegelblank polierte Holzstühle herzu, die sie noch mit der Schürze abwischte, obgleich kein Stäubchen
zu sehen war. Eberhard mußte Platz nehmen,
und die Witwe setzte sich ihm gegenüber.
„Frau Keller," begann Eberhard zögernd, „ehe ich zu dem eigentlichen Zweck dieses Besuchs bei Ihnen komme, müssen Sie mir versprechen, daß Sie zu niemand Aavon reden wollen."
„Das versteht sich!" erwiderte die Witwe und sah den Baron fest an. „Sie können sich auf meine Verschwiegenheit verlassen. Wenn mich die Leute fragen, was Sie bei mir gewollt haben, so werde ich Ihnen schon Antwort stehen." Frau Keller dämpfte ihre Stimme zum leisen Flüstern: „Sie kommen ohne Frage wegen der Frau im Schloß zu mir, Herr Baron?"
Eberhard nickte.
„Und Sie haben auch gehört, was dieLeuts über sie sagen?"
Der junge Mann nickte wieder; die Kehle war ihm wie zugeschnürt; der Schatten seines toten Verwandten stieg drohend vor ihm aus
„So also schützest Du mein junges Weib?" fragte derselbe ihn wieder.
„Nun also, Herr Baron," fuhr die Lehrer- witwe fort, „die Sache mit der Schrift, die in der Kirche versteckt sein soll, ist reine Erfindung. Vorgestern kam nämlich der Herr Pfarrer zu mir und sagte, ich möchte ihn bei einer gründlichen Säuberung des Gotteshauses Unterstützen. Er weiß, daß er sich auf mich verlassen kayn, und ich verstand, was er wollte. Und da haben wir beide den Altar mit dem vielen alten Schnitz- werk genau untersucht; wäre ein Papierblatt ui irgend eine Ritze geschoben, wir hätten es finde» müssen, denn >es war Heller Tag. Und w» anders, als an den Altar, ist ja der damalige Bräutigam, Ihr seliger Herr Onkel, nicht hi»' gekommen. Außerdem ist gar kein andereren zum Verstecken in der Kjrche; es sind pur die glatten Kirchenstühle.
(Fortsetzung folgt.)
Druck und Verlag der Beruh. Hosmann'schen Buchdruckerei in Äildbad. Für dir Redakiiü» »eraiUworlUch. E- Remharvl daselbst