Generalleutnattt v. Trotha.
Der neue Kommandeur der Truppen in Süd- westafrika Generalleutnant v. Trotha ist am 3. Juli 1848 in Magdeburg geboren. 1866 wurde er Leutnant und erwarb sich 1870 das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Als Major und Oberstleutnant sührte er das Lauenburgsche Jägerbataillon Nr. 9 und ging 1894 als Stellvertreter des Gouverneurs nach Ostafrika. 1897 kehrte er nach Deutschland zurück und erhielt das 48. Regiment und 1899 die 72. Infanterie- Brigade. An der Expedition nach China nahm er als Kommandeur der 1. ostasiatischen Infanterie Brigade teil. '1903 wurde General v. Trotha Kommandeur der 16. Division in Trier. General- leutnant v. Trotha reiste am Mittwoch Abend nach Berlin und kehrt am 12. Mai nach Trier zurück. Als Tag seiner Abreise nach Südwestafrika ist der 20. Mai festgesetzt.
Verschiedenes.
Automobil-Kuren für Schwindsüchtige. Eine neue überraschende Kur für Schwindsüchtige empfiehlt Dr. Blanchet aus Lyon.- Der französische Arzt teilt aus eigenster Erfahrung mit, daß er seine Gesundheit durch tüchtige Fahrten in einem offenen Motorwagen wiedererlangt hat. Er berichtet, daß durch dieses Heilmittel der Husten tuberkulöser Patienten allmählich vertrieben oder doch sehr gemildert wird und daß gesunder Schlaf und Appetit sich einstellen. Natürlich muß man sich dabei gegen Erkältung vorsehen. Heilkräftig wirkt dabei der lange Aufenthalt im Freien und der verstärkte Atmosphärendruck infolge der raschen Bewegung, der die Lunge erweitert und stärkt. Nach einem Anfall von Influenza im April 1898 hatte Dr. Blanchet, wie das „Britisch Medical Journal" berichtet, eine Brustfellentzündung. Er nahm ab und verlor den Appetit, hatte chronischen Husten, und Tuberkelbazillen wurden bei ihm festgrstellt. Eine Freiluftkur brachte ihn aus den Weg zur Genesung, aber der Husten verlor sich erst, als er zweimal täglich gegen 75 Kilometer im Automobil zurücklegte. Auch der Appetit stellte sich wieder ein ; er nahm zu und der Brustum
fang erweiterte sich erheblich. Dr. Blanchet führt noch ähnliche Erfahrungen an, die viele seiner medizinischen Kollegen mit diesen Automobilkuren gemacht haben. Er legt freilich Gewicht darauf, daß staubige Straßen bei diesen Automobilfahrten vermieden werden.
Dem X. Internationalen Kongreß gegen den Alkoholisnrns, der im nächsten Jahre in Budapest abgehalten werden wird, darf man umsomehr mit Spannung entgegensehen, als ein rühriges Organisationskomitee, das unlängst unter dem Vorsitze des Bürgermeisters der Haupt- und Residenzstadt Budapest, Johann Halmos, seine erste Sitzung abhielt, eine besondere Vorbereitungskommission wählte, deren Präsident Hofrat Dr. Otto Schwacher de Ba- bercz und deren Sekretär Dr. Philipp Stein, ist. Die Vorbereitungskommission ist bereits mit den hervorragendsten Vertretern der Wissenschaft in Verbindung getreten. -Für das Bureau des Kongresses wurde eine geeignete Räumlichkeit im Zentral-Rathause zur Verfügung gestellt. Alle Zuschriften sind zu richten an das „Bureau des X. Internationalen Kongresses gegen den Alkoholismus, Budapest lV, Ivo/.pouti värssba/.a.
Gemeinnütziges.
Tauben auf wallonische Art. Vier
Tauben werden sorgfältig gereinigt. Dann bringt man Pfund in Würfel geschnittenen Speck in eine Kasserole und sobald er gelb ist, bringt man an seine Stelle die Tauben, die man, sobald sie auf allen Seiten angebraten sind, herausnimmt und zu dem Specke legt.
Dann verrührt man in dem Fette in der Kasserole einen Löffel Mehl und fügt etwas Weißwein und ebensoviel Auflösung von Liebigs Fleischextrakt hinzu. Nunmehr legt man die Tauben und den Speck wieder in die Kasserole, pfeffert und salzt, fügt nach Stunde noch
2 in Butter gedämpfte Zwiebeln und ebensoviel« blanchierte Champignons hinzu und läßt das Ganze noch '/? Stunde dünsten. Hierauf entfaltet man die Sauce und serviert. (l_>s 8<nr.)
Kalbsbraten mit Buttermilch. Das
Kalbfleisch wird 2—3 Tage in Buttermilch gelegt, dann hcrnusgenommen, gewaschen, gesalzen
und in die Pfanne gelegt, mit Butter- aller^ Kräutern, Wurzeln und Zwiebeln schön gelb unter öfterem Begießen gebraten. Während des Bratens bestäubt man ihn mit Mehl und gießt von Zeit zu Zeit süßen Rahm nach.
Schwarzer Anilinlack für Metall, Holz und Leder. 100 Gramm Anilinschwarz werden mit einer kleinen Menge Spiritus durch Anreiben im Porzellanmörser aufgelöst und dann mit einer Lösung aus 150 Gramm Schellack in 2250 Gramm Spiritus gelöst.
Humoristisches.
(Aus den „Fliegenden Blättern".)
Zur Graphologie der Schreibmaschine. „Hier ist Dein letzter Brief, Schändliche! Aus ihm konnte ich Deinen ganzen Charakter er- kennen!" — „Ich habe ihn doch mit der Maschine geschrieben!" — „Jawohl! Aber in dem Briefe steht Arthur — und ich heiße Fritz!"
Auch ein Grund. „Warum haben Sie Ihr braves Dienstmädchen entlassen?" — „Mir gefiel mein Porzellan-Service nicht mehr — und die Person zerschlug ja nichts!"
Hero und Leander. Unteroffizier (der beim Posten ein Mädchen findet): „Was fällt ihm ein, zu scharmuzieren! Wie heißt er?"
— Posten: „Leander!" — Unteroffizier (zum Mädchen): „Und Sie?" — Mädchen: „Urschl!"
— Unteroffizier: „Aber zum Kuckuck — das stimmt ja nicht!"
Rätselecke.
Auflösung des Rätsels aus Nr. 51. Schlüssel.
Homonym.
Du schaust mich an dem Schießgewehr, doch oft
auch bei Maschinen; In früh'ren Zeiten mußte ich sogar als Waffe
dienen.
Und doch bin auch der Pflanzenwelt gewißlich
ich zu eigen,
Rur werde ich in letzter mich, dann vielgestaltig
zeigen.
Auflösung folgt in Nummer 57.
Der Najoratsherr.
Roman von L. Jdler-Derelli.
14 ) Nachdruck verboten.
„Ein erbärmlicher Weg, Cäcilie!" lrah endlich eine der beiden jungen Mädchen das Schweigen. „Habt Ihr hier lauter solche Wege?"
„Fch wollte, wir hätten solche Wege durch um'crc Besitzung," erwiderte die Angeredete. ..Dip!-' ist der schwere Weizenbo en von Dorf Tburin, der dem Landwirt etwas embringt. Bei i,us ist loser Sand. Darauf ;ährt es sich' wohl besser, aber was kommt es darauf an?"
„Warum werden hier nicht Chausseen gebaut?" fragte die erster? wieder.
Das junge Mädchen lachte aus.
„Wer sollte das tun? Die Bauern? Die gönnen einander das Weiße im Auge nicht, und Thurin ist ein abgelegenes Dorf, der große Verkehr hat also kein Interesse daran und so ist und bleibt alles hier umher, wie es seit Urgroßvaters Zeiten war!"
Cäcilie von Thurin wollte bei diesen Worten von der großen Landstraße ab in einen Seitenweg einlenken, als der Kutscher hinter ihr fragte:
„Gnädiges Fräulein, wollen Sie nicht lieber durch das Dorf fahren? Der Feldweg zu uns ist sehr schlecht. Wir kamen heut bei Tage kaum durch die Löcher; sin dem unsichern Mondlicht werfen wir ganz gewiß um. Außerdem ist es schon spät. Durch das Dorf können Sie schnell fahren, hier geht es nur im Schritt."
Das junge Mädchen sah nach der Uhr.
„Wirklich, es ist zwölf Uhr," sagteste. „Ich fahre sehr ungern durch das Dorf, aber heute bleibt mir nichts anderes übrig, sonst beunruhigt sich Eberhard."
Bald waren die ersten Häuser des großen Dorfes erreicht- das der Länge nach passiert werden mußte. So spät, wie es war, schimmerte
doch noch au- einzelnen Häusern Licht und ab und zu schlug e n Hund an. Kein Mensch aber war sichtbar, hm scharfem Trope liefen die Pferde den besseren Dorsdamm emlang; mitunter sprühte ein Funke auf, den der Rosse Huf dem harten Stein entlockt hatte.
„Welch ein großes Dorf!" bemerkte Dora Blank eine Pensionsfreundin der jüngsten Tochter des Thurin'schen Hauses, die sich seit einiger Zeit bei ihrer zärtlich geliebten Cäcilie zum Besuch aufhielt. „So groß habe ich mir Thurin niemals gedacht. Wo stiegt denn nun Euer Schloß?"
Cäcilie wies mit der Peitschenspitze auf den in tiefes Schweigen gehüllten Gutshof, tan dem sie eben vorüberfuhren.g
„Es ist nicht unser Schloß," antwortete sie ernst, und niemals wird es das unsere werden."
Dora drückte voll warmer Teilnahme die Hand lu c Freundin.
„Höre, Cilly, Du mußt mir einmal die Sache ganz genau erzählen. Mir ist noch so vieles unklar geblieben. Wie kommt es eigentlich, daß Ihr Eure Verwandte gar nicht seht? Ihr wäret doch sonst immer zu vornehm, um Euch mit anderen zu Überwerfen."
„Wir tragen auch diesmal keine Schuld, die Frau Baronin hat es nicht anders wollen. Ich will Dir alles erzählen, wenn wir zu Hause find," setzte sie mit einem Seitenblick. auf den Kutscher hinzu.
Dora war es zufrieden und sah interessiert nach allen Seiten umher. Die Pferde gingen jetzt im Schritt und langsam näherte sich der Wagen der Mitte des Dorfes. Die Kirche ragte düster in die stille Nacht hinein. Das tiefe Wasserloch neben der Kirchhofsmauer war bis zum Ueberlaufen durch Schnee und Regen gefüllt und das Eis auf demselben blinkte hell im Mondenstrahl. Aus dem Fenster des gegenüberliegenden Bauernhauses schimmerte Helles Licht; es brannte offenbar noch Feuer im Kamin, für eine Lampe war das Licht zu bedeutend. Ge-
rade, als der Wagen die erste Ecke der Kirchhofsmauer erreichte, begann die alte Turmuhr die zwölfte Stunde zu schlagen. Langsam und gewichtig hallten die Töne über das schweigende Dorf hin, um dann in der Nachtluft zu verklingen.
Plötzlich legte Dora die Hand auf den Arm ihrer Freundin.
„Sie doch, in der Kirche ist ja Licht!" sagte sie erstaunt. „Was geht da vor?"
Cäcilie hielt mit einem Ruck die Pferde an, denn ein lauter Ausruf des Schreckens, von dem hinter ihr sitzenden Kutscher ausgestoßen, drang ay ihr Ohr.
„Fehlt Ihnen etwas, Karl?" fragte sie, sich umwendend.
Der Mann zeigte ein totenblasses Gesicht.
„Ach, gnädiges Fräulein, es geht ja wieder um! Das Licht in der Kirche, da ist es! Nun haben die Fräuleins es doch selber gesehen! Alle Leute sagen es ! Fahren Sie schnell, sonst kommt der Spuk auch noch über uns!"
„Schämen Sie sich!" verwies das junge Mädchen den Feigling ernst. „Die ganze Sache beruhte einfach auf einer Täuschung. Das Kaminfeuer dort in dem Bauernhause spiegelt sich in den Scheiben der Kircheafenster, ebenso, wie es sich hier in dem blanken Eise spiegelt. Auf den ersten Augenblick kann man sich ja darüber täuschen. Wenn man aber genau zusieht, so kann man sich den Zusammenhang der Dinge sich sehr leicht erklären!"
„Wirklich, Du hast recht!" stimmte Dora ihr zu. „Jetzt sehe ich es auch und begreife nicht, wie ich mich so täuschen konnte!"
(Fortsetzung folgt.)
S i n n s p r « ch.
Gleich wie der Mondenschein Erhellt die sinst're Nacht, Hat oft ein Wahrheitsmund Jn's Dunkel Licht gebracht.
Druck und Verlag der Beruh. Hofmann'schcn Buchdrucker« ü, VLildbad Für die Redaktion Verantwortlich. Reinhardt daselbst.