gestern astend äuf der Rückfahrt von Weisen-- heim a. S. nach hier samt ihrem in ihrer Begleitung befindlich gewesenen 13 Jahre alten Sohn kurz vor Heßheim von dem Knecht angefallen und tätlich angegriffen worden sei. Der Angreifer sollte es dabei auf eine Geldsumme von 200 Mk. abgesehen haben, die der Angegriffenen von ihrem in Weisenheim a. S. wohnenden Vater für den Knaben als Konfirmationsgeschenk übergeben worden war. Später ist dann der Gendarmerie gegenüber der Fall so dargestellt worden, daß nicht der Knecht die Insassen des Wagens überfallen, sondern daß dieser selbst von drei Unbekannten überfallen und bedroht worden sei. Die Sache ist noch unaufgeklärt.
Frankfurt a. M., 29. März. Die Verhöre von Groß und Stafforst, die auf kurze Zeit unterbrochen waren, find wieder ausgenommen worden. Groß hat, nach und nach in die Enge getrieben, Zugeständnisse gemacht. Zuerst wollte er Stafforst überhaupt nicht kennen. Jetzt gab er endlich zu, er sei mit Stafforst bei Lichtenstein gewesen. Bei dem Mord will er aber nur eine passive Rolle gespielt haben. Stafforst behauptet bekanntlich das Gegenteil. Die Untersuchung stand vor dem Abschluß. Sie wird sich indeß, da die Behörde eine neue Spur verfolgt, noch einige Zeit hinziehen. — Gestern meldete sich nämlich bei der Polizei ein Frauenzimmer, mit dem Groß häufig verkehrte und dem er oft von seinen Plänen erzählte. Die Zeugin gab an. Groß habe schon vor Weihnachten davon gesprochen, einen umzubringen, damit er zu Geld komme. Er werde einem Helfer eine Spur zeigen. Die Polizei sucht nun nach diesem Helfer. Man vermutet, daß der erste Komplize des Groß beizeiten zurücktrat, daß Groß dann später zufällig mit Stafforst zusammenkam und diesen für seinen Mordplan gewann. (Frkf. Ztg.)
Darinstadt, 28. März. Heute nacht gerieten zwei Brüder, der bei der Stadtkasse beschäftigte Schreibgehilfe Friedrich Hofmann und der Schlosser Heinrich Hofmann, beide ledig, und bei ihrer Mutter in der Kiesstraße wohnend, auf dem Nachhauseweg in Streit. In der Wohnung angekommen, brachte der Schreibgehilfe Friedrich H. seinem auf ihm knieenden Bruder mit dem Taschenmesser mehrere Stiche in den Unterleib mit solcher Heftigkeit bei, daß am Aufkommen des Verletzten gezweifelt wird. Der Täter ist verhaftet.
Dresden, 29. März. In der Pirnaer Duellaffäre legten die Leutnants Gerlach und
Korn, die am 16. März wegen Zweikampfes vom Kriegsgericht der 32. Division zu 2 Jahren bezw. 1 Jahr 3 Monaten Festungshaft verurteilt worden sind, Berufung ein.
Buenos Aires, 29. März. Der deutsche Vizekonsul Dufay in Salta wurde von einem italienischen Bettler aus persönlicher Rachsucht ermordet. Der Mörder wurde verhaftet.
Rom, 29. März. Das Schwurgericht in Lucera sprach die drei Mädchen, welche ihren gewissenlosen Vater ermordet hatten, frei. Das Urteil wurde vom Publikum mit Enthusiasmus augenommen.
Rußland und Japan.
Söul, 28. März. Hier verlautet: Zwischen Andschu und Tschoengdschu fand ein Gefecht statt, in welchem 50 Japaner und 100 Kosaken getötet oder verwundet worden sind.
Petersburg, 29. März. Hier wird versichert, England habe an Japan 10 Torpedoboote verkauft und bereits abgeliefert.
Unruhen in Deutsch-Südwestafrika.
Berlin, 29. März. Einem Telegramm des Gouverneurs Leutwein vom 28. März zufolge meldet Major Glasenapp vom 24. d. M. aus Onjatu, daß die Gegner von Owikokorero nach Okatumba, in größeren Trupps auch nach Okatjongeonna abgezogen sind. Owikokorero hält Glasenapp besetzt.
Verschiedenes.
Was Brieftauben wert sind. Von den
Preisen, die gute Brieftauben besonders bei Versteigerungen erzielen, macht man sich gewöhnlich keine rechte Vorstellung. Vor einigen Wochen wurden in Frankreich für 92 Tauben des Züchters Concke 3772 Fr. gezahlt, also durchschnittlich 41 Fr. für jede Taube. Bald darauf brachten 196 Tauben von M. Hausenne, Verniers, 14000 Fr., was einen Preis von 71 Fr. für die Taube ergibt. Einzelne vielumstrittene Tauben brachten 240, 300, 400 und 550 Fr. Ein Liebhaber hat für drei Tauben eine Summe von 1485 Fr. gezahlt.
Für den 2. Deutschen Abstineuten- tag in Altona ist soeben Herr Landrichter Dr. jur. Popert ans Hamburg, der bekannte Verfasser des aufsehenerregenden Werkes „Hamburg und der Alkohol" als Redner gewonnen worden. Wegen eines zweiten hervorragenden Redners schweben noch die Verhandlungen.
Der beste Zeitungsberichterstatter ist nicht imstande, interessante und die Wahrheit mel dende Telegramme vom russisch-japanischen Kriegsschauplätze zu senden. Warum das so ist, berichtet der Korrespondent des Pariser „Matin", namens Giffard. Am 26. Februar erhielt er in Charbin die amtliche Mitteilung, daß er seine Telegramme nur einliefern dürfe, wenn sie mit der Unterschrift des Generals Wolkow versehen wären. Das sei der Befehl des Admirals Alexejew. Er begab sich also mit drei Depeschen über den letzten Angriff der Japaner auf Port Arthur nach dem Quartier des Generals am äußeren Ende der Neustadt. Der Weg durch den Schnee war lang, da sein Gasthof sich in der Altstadt befindet, die Neustadt aber drei Kilometer abliegt undjwohl auch drei Kilometer lang ist. Der General, der gerade beschäftigt war, empfing ihn nicht, ließ ihm aber durch eine französisch sprechende Dame mitteilen, er möchte sich an den General Gelinsky wenden. Da General Wolkow nicht Französisch verstehe, verlasse er sich inbetreff der Telegramme ganz auf den Chef seines Stabes. Eine Ordonanz führte unseren wackeren Giffard einen Kilometer weit zu einem großen Schuppen, wo die Bureaus untergebracht find. General Gelinsky wies ihn zu einem Obersten, der aber kein Wort Französisch verstand. Schließlich gelangte der Franzose zu dem Obersten Potapow, mit dem er sich endlich verständigen konnte. Potapow versprach Giffard alle Unterstützung, gab ihm seine Bureaustunden an, tröstete ihn mit der Versicherung, daß man aus seinen Depeschen nur die Angaben über Truppenstärke und russische Stellungen streichen werde, die den Japanern nützen könnten, und klebte schließlich einen Stempel auf das Telegramm, das ihm Giffard vorlegte. Kreuzvergnügt stampfte der Zeitungsmann nun durch den tiefen -Schnee zum Telegraphenamt und fand dort auch einen französisch sprechenden Beamten. Dieser nahm die gestempelte Depesche, sah sie an und reichte sie wieder zurück mit der Erklärung, er dürfe nur solche weitergeben, die den Namenszug des Generals Wolkow trügen; dahin laute ausdrücklich der Befehl des Admirals Alexejew. Alle guten und bösen Worte nützten nichts; der Beamte blieb unerschütterlich. Was sollte unser Giffard nun tun? Er wanderte draußen im Schnee eine Viertelstunde grübelnd hin und her; dann raffte er sich zu einem vernünftigen Entschluß auf und — ging zu Bett; die drei schonen Depeschen staken friedlich in seiner Rocktasche und schliefen mit ihm um die Wette.
außerordentlich merkwürdig verlief. Danton sprach von unschuldig Getöteten.
„Und wer sagt Dir, Bürger Danton, daß nur einer unschuldig starb?" fragte der Heuchler.
„Du hörst es," sprach Danton zu Desmou- lins, der bei ihm war, „es ist niemand unschuldig getötet worden!"
Er sagte es spöttisch, satyrisch, Demoulins lächelte.
Dieses Wort und dieses Lächeln hat Robes- pierre nie vergeben!
Am Abende kam er mit Saint-Just und Cauthon in einem kleinen Gasthofe bei Saint Cloud zusammens, wo sie damals ihre Geheim- Zusammenkünfte abhielten. Hier wurden die Verhaftungen beschlossen!
Danton kehrte zu seiner Louison zurück und warf sich dröhnend in einen Sessel, indem er stöhnte:
„Sie werden es nicht wagen!"
Louison glättete rasch die Zornesfalten auf seiner Stirn und brachte ihren George schnell wieder zur Ruhe.
Am anderen Morgen trank er mit seiner Gattin die Schokolade, als es schüchtern klopfte.
Es war Gräfin Viola.
„Madame," sagte Danton, „ich weiß, daß Sie Frankreich zu verlassen wünschen! Ich habe hier einen Paß für die Bürgerin Babette Dupin ausgestellt! Werden Sie denselben umgesäumt benutzen?"
„Jawohl, Bürger!"
Louison umgab sie mit Güte:
„Sprechen Sie auch nichts BöseS vün George!" „Niemals l"
„Begleite die Gräfin, George!"
„Sogleich!"
Sie wonderten schweigend bis zur Porte Martin, wo er von der Gräfin Abschied nahm, wobei er murmelte:
„Eine gute Tat habe ich wenigstens nunmehr vollbracht!"
An der Wache stand Cajus Louijonnais und salutierte.
Viola entging allen Nachstellungen und kam glücklich in der Vandrö an, wohin sie wollte.
An demselben Vorniittage ward Danton in seiner Wohnung verhaftet.
Er folgte den Häschern willig nach der Eon- ciergerie, aber eine Stunde schon später brachte man ihn in Geheimhaft.
„So haben sie es dennoch gewagt!" schrie er hier. „Und dieses erbärmliche Volk erhebt seine Hand nicht bei der Schande?"
Am anderen Morgen ward er verhört; die Richter zitterten, als er sagte:
„Mein Name ist George Danton! Ich bin bekannt genug und wohne im 0„»r äu Cnm- moioo; meine Wohnung wird bald das Nichts sein, mein Name aber wird im Pantheon der Geschichte thronen!"
Als man ihn Verbrechen gegen die Republik anklagte, donnerte er in seiner alten Weise gegen die Ehrsüchtigen und Tyrannen, die gegen ihn, den echten Patrioten, es wagten, von Verbrechen zu reden.
„Laßt die befreite Champagne, die Päffe der Argonnen reden! Jemand, der wie ich den 14. Juli, den 6. Oktober, den 20. Juni und 10. August gemacht hat, des Verbrechens an- klagen, es ist lächerlich!"
Die Richter zitterten, und Matt fürchtete
die Erregung des Konvents. Deshalb verurteilte man ihn ohne ihn weiter zu hören. Ebenso seine Freunde Desmoulins, Westermann, Lac- roix, Herault de Sachelles, Chabot und andere. Der elftere rief noch auf dem Karren das Volk zu seiner Rettung auf, Danton stand bei seinem Falle ehrfurchtgebietender da, als je auf der Rednertribüne. Er forderte Desmoulins auf:
„Laß doch dieses ekle Lumpengesindel!"
Vor dem Hinrichtungsakte befahl er dem Henker:
„Meinen Kopf sollst Du dem Volke zeigen, wenn alles vorüber! Er ist es wert!
Und in der Tat geschah es so! Nach Dan- tons Tode erreichte der Schrecken seine höchste Höhe, es starben in dieser Zeit während der letzten 3 Monate cher Schreckensherrschaft jeden Tag auf dem Schaffst in Paris gegen 120 bis 130 Menschen, bis die Blutmenschen zuletzt auch des ewigen Mordens satt waren. Lucile, Desmoulins Gattin, starb einige Tage nach ihrem Gatten unter dem Vorwände einer Verschwörung im Gefängnisse. Dann bildete sich eine solche wirklich gegen Robespierre, der er erlag. Das Volk tanzte um die Guillotine, der auch er.zur Beute fiel. Das Blut Dantons hatte ihn erstickt, wie jemand gesagt hatte, an dem Tage, wo das Volk seinen verlorenen Verstand wiederfand, wie Gensonnä bei seinem Tode richtig angedeutet hatte.
Es mußten aber noch unheilvolle Zeiten folgen, bis die so mühsam erkämpfte Republik Napoleon Bonaparte wie eine reife Frucht in den Schoß fiel. Aber auch dieser leuchtende Komet mußte zuletzt seinem Schicksale erliegen! — Ende. —
Dtuck und Verlag der Bernh. Hofmann'schen «uchdruckerei in Wildbad. tzür die Redaktion verantwortlich, i. V Reinhardt daselbst-