gezogen. Hie Kosaken patroullieren zwischen dem Jalu und Pyöngsang. 40000 Russen wurden bei Kiuliencheng zusammengezogen. Zwischen dem letzten Orte und Antung befindet sich eine Linie von Posten von je fünf Kosaken in einer Entfernung von 400 Uards von einander.
London, 19. März. Der „Standard" meldet aus Tientsin: Der russische Gesandte in Peking wiederholte den Protest gegen die Entsendung chinesischer Truppen über die große Mauer und verlangt Zurückziehung, da sonst Rußland zu der Annahme genötigt sei, daß China die Neutralitäe zu Gunsten Japans fallen lasse. Der Gesandte erneuert die Drohung, daß bei der geringsten Truppenbewegung seitens China russische Truppen nach Peking marschieren. Es verlautet, China sei im Begriff zu ant- Worten, daß es sich weigere, die Truppen zurückzuberufen.
Gebet.
Auf zum Himmelsdome steigt Brünstig mein Gebet;
Süße Hoffnung ahnungsvoll Durch die Seele weht.
Herr der Herren höre mich,
Gnade meinem Fleh'n,
Lasse mich verzweifelnd nicht Sündhaft untergeh'n.
Schütze vor Gefahren mich.
Sei mein ehern Schild,
Wenn der Kampf ums Dasein mich Drangsalsvoll erfüllt.
Trost und Balsam träufle mir Ins bedrückte Herz;
Deine Liebe lösche aus Allen, meinen Schmerz.
Verschiedenes.
Die größte Lokomotive der Welt,
wenigstens was das Gewicht anbelangt, wird auf der Weltausstellung in St. Louis zu sehen sein. Die Baltimore- und Ohioeisenbahn hat bei den amerikanischen Lokomotivwerken eine
„ Tandem-Compoundlokomotioe" bestellt. Diese Riesenmaschine wird, wenn sie fertig ist, 285000 Pfund wiegen (das englisch-amerikanische Pfund hat 453,59 Gramm). Die Lokomotive wird, bevor sie zur Verwendung kommt, auf der Weltausstellung in St. Louis ausgestellt werden. (Werkst.)
Die Tiere und die Seekrankheit. In der französischen Zeitung L'Jndöpendant Rümois werden, wie wir den Hamburger Beiträgen ent- nehmen, eine Reihe interessanter Angaben über das Verhalten größerer Tiere zur Seekrankheit gemacht. Es heißt da: „Ein Freund von uns, der Gelegenheit hatte, bei einer Reise ül/er den Atlantischen Ozean eine Menagerie an Bord seines Dampfers zu beobachten, teilt uns merkwürdige Einzelheiten über die Art und Weise mit, wie die großen Säugetiere sich während der Reise benehmen. Der Eisbär ist das einzige Tier, das mit Freuden aufs Schiff geht; alle seine gefangenen Reisegefährten wehren sich ohne Ausnahme, jeder nach seiner Fasson, da sie recht gut fühlen, daß das Wasser keine Balken hat. Sie heulen, schreien, brüllen, miauen, bis die Seekrankheit sie zum Schweigen bringt. Der Tiger leidet mehr als jedes andere Tier unter der Seekrankheit; die Bewegung des Schiffes verstimmt ihn vom ersten Augenblicke an. Er winzelt Mitleid erregend und reibt sich den Bauch mit seiner mächtigen Tatze; seine Augen tränen unaufhörlich. Die Pferde stehen Furchtbares aus; sie können sogar an der Seekrankheit sterben.
Eine harte Strafe traf letzthin einen Meister, der auf die Ausbildung des Lehrlings die nötige Sorgfalt nicht verwandt hatte. Die Prüfungskommission traf eine beachtenswerte Entscheidung. Bei dem Jnnungsmeister hatte der Lehrling eine vierjährige Lehrzeit verlebt, aber seine Gesellenprüfung vor der Prüfungs- Kommission der Innung nicht bestanden. Da vier Jahre die längste Dauer einer Lehrzeit sind, mußte der Lehrling gleichwohl freigesprochen werden. An diese Freisprechung knüpfte jedoch die Innung die Bedingung, daß der Lehrling noch ein halbes Jahr auf Kosten seines bisherigen Lehrmeisters bei einem andern Jnnungsmeister nachzulernen und der frühere Lehrmeister
dem Lehrling während der Rachtesrzeit monatlich 12 Mk. zu zahlen habe. Die Innung nahm an, daß im vorliegenden Falle den Lehrmeister die Schuld dafür treffe, daß der Lehrling die Prüfung nicht bestand; der Meister habe es bei der Ausbildung des Lehrlings an der nötigen Sorgfalt fehlen lassen. Die zuständige Hand- werkskammer erkannte diesen Beschluß als ge- rechtfertigt und gesetzlich zulässig an. (Werkst.)
Literatur.
Prof. Dr. Aug. Forel. Hygiene der Nerven und des Geistes im gesunden und kranken Zustande. Verlag von Ernst Heinrich Moritz, Stuttgart. Dieses neue und groß an- gelegte Werk des bekannten Forschers umfaßt in den einzelnen Kapiteln: 1. Psychologie. 2. Anatomie des Nervensystems. 3. Verhältnis der Seele zum Gehirn. 4. Physiologie des Nervensystems. 6. Allgemeine psycho- ueuro- pathologische Begriffe. 7. Uebersicht der Geistesund Nervenkrankheiten oder Abnormitäten.
8. Ursachen der Geistes- und Nervenstörungen.
9. Allgemeines über die Nervenhygiene.
10. Nervenhygiene der Zeugung oder der Vererbung. 11. Nervenhygiene der Entwickelung oder des Kindesalters. 12. Sexuelle Nervenhygiene der Erwachsenen.
ReklameteiL.
Die seit langer Zeit
in der öffentlichen Meinung feststehenden Vorzüge von Kathreiners Malzkaffee sind:
1. Voller, reiner Kaffee-Geschmack, der dem des Bohnenkaffees sehr nahe kommt.
2. Vollkommene Unschädlichkeit im Gegensatz zu der nervenerregenden Wirkung des Bohnenkaffees.
3. Dauernd gleichbleibende Wohlbekömmlichkeit.
Der beste Brusttee ist und bleibt der „K n ö t e r i ch t e e" L 50 Pfg., zu haben bei Anton Heimen, Drogerie.
„Gnädiges Fräulein, Sie müssen zur Probe!"
Kati seufzte und begann sich mit Hülfe Jeschka's für den Ausgang anzukleiden.
Nun verließ sie das Haus am Alexander- Prospekt und wanderte dem Theater zu.
Schon nach wenigen Schritten traf sie einen jungen Mann, der sie neugierig musterte.
„Fedor!" rief sie unwillkürlich.
Scheu sah er sich um und sagte:
„Katharina! Mein Gott, Du — und hier?"
„Ich wundere mich," gab sie zurück, „Dich hier zu sehen, Fedor! Ich denke. Du sitzest in Orsova?"
„Still!" gebot er. „Nenne mich hier nicht mit meinem Namen; hier heiße ich Fedor Borisch und bin Ingenieur."
„Du machst mich staunen!"
„Später, Katharina! Und Du, wie kommst Du hierher?"
„Ich heiße hier Kati Livland."
„Die berühmte Sängerin?"
„Bin ich, Fedor!"
Er lächelte.
„Und Du wohnst?"
„Sieh rechts hinab, das merte Haus, zweite Etage rechts!"
„Darf ich Dich besuchen?"
„Ja, abends, wenns meinNÄns Nicht auf dem Zettel steht."
„Bon!"
„Begleite mich zum Theater I Ich muß zur Probe!"
»Lieber nicht. Bist Du heute abend frei?" „Ja!"
„So komme ich dann!"
„Schön, halte Wort!"
„Ja, ja! Adieu!"
„Adieu, lieber Fedor!"
Damit schieden sie.
Am Abend erschien Fedor Bvrisow-ky bei sein« Schwester. Jeschka war bereit- unterrichtet. Sie nahm Hut und Handschuhe in Em-
psang; damit niemand einen Besuch vermutete, brachte sie dieselben in ein hinteres Zimmer.
Kati saß., im bequemen Hausrock hinter der Lampe am Tische; sie hieß Fedor herzlich willkommen und sagte:
„Nimm Platz, und dann erzähle mir von zu Hause!"
Fedor folgte der Aufforderung und erwiderte:
„ Was ist da viel zu erzählen? Du kennst den Staatsrat Borisowsky eben so gut wie ich. Nach Deiner Flucht fanden sie den Brief — ich war eben zu Beginn der Ferien eingetroffen. Der Vater nahm ihn und las, gab ihn dann Mama und sagte:
„Pah, eines Staatsrates Tochter und eine Theaterprinzeß! Lass' die. Dirne laufen!"
„Mich sah er wütend an und bemerkte sarkastisch :
„Nun fehlt nur noch, daß mein Sohn mit seinen plutonischen Ideen unter die Nihilisten geht."
Kati hob den Blick.
„Um Gotteswillen, Fedor!"
Der junge Mann zuckte die Achseln.
„Meine liebe Katharina, die Zeit gebährt die Ideen, und sie kommen über uns ohne unser Zutun, wie im Frühjahr ,die Staare kommen."
„Du bist bist doch kein Nihilist?" fragte sie angstvoll.
„Gebrauche doch nicht das dumme Wort," wich er aus, „welches die Ignoranz erfunden hat! Nihilist; es soll ein Mensch sein, der nichts für heilig hält. O, Kati, den Nihilisten sind die Rechte des Volkes heilig, denn riesengroß wächst das Unrecht gegen dasselbe empor und zentnerschwer drückt es die Armen und Elenden I"
Sie blickte ihn warm an und entgegnete:
„Der Vater hat recht, das sind plutionische Ideen! Man baut nicht von außen» sondern von innen Volkswohlfahrt auf. Man gewinnt nichts durch Zerstörung, sondern durch Erbauung."
Druck und Verlag der Beruh. Hosmann'schrn Buchdruckerei in ÄUdbad gur die Redaktion vera
Zeit ist kräftiger im Anschauen, sie hat eiserne Nerven!"
„Ach," faltete sie die Hände, „sage mir nichts mehr, ich weiß genug: Du bist Nihilist!"
Er entgegnete stolz:
„Ja ich bin's! Ich könnte mich in die nüchterne Staatsraison des Vaters nicht fügen; ich ich sollte das Jus studieren, um hernach dem Unrech, das Wort zu reden. Da warf ich die lästige Bürde von mir. und wandte mich der Technik zu. Der Vater schnaubte Verderbe«, und so mußte ich nolons volou» dem elterliche« Hause den Rücken kehren!
„Und wie trägt die Mutter das doppelte Leid?" fragte sie.
„Wie die sanfte Dulderin eben alles trägt! ßie. hofft!"
Arme Mutter!" seufzte Kati, da klopfte es!
Kati wies lautlos auf das Nebengemach! und Fedor verschwand mit einem seltsamen Blick hinter der Portiere. '
Jetzt öffnete sie selbst und vor ihr stand — Paul Apuschin. Kati errötete etwas, als et sagte:
Guten Abend, meine süße Rose ! Hattest Du Besuch ?"
„Ich? Nein, mein Lieber!"
„Mich dünkte? unten eine Männerstimme gehört zu haben."
„Du hast dich geirrt!"
„Verzeihe! Du empfängst doch nie Herrenbesuch?"
„Nie! Die einzige Ausnahme bildest TU selbst."
„O ich danke Dir!"
„Bitte, willst du Platz nehmen?"
Gr küßte ihre Hände und umfaßte sie leicht. . „Heute abend brauchst du Mich nicht fottzü- jagen» Kati»" seufzte erj, „der leidige Dienst
zwingt mich zur Eile!"
(Schluß folgt.)
ttwortlich. i. V. <S- Reinhardt daselbst.