Kerner werden die neuen Fündiger schärfer gerändert und endlich soll die Aufschrift nicht mehr „50 Pfennig", sondern „ Vs Mark" lauten. Betreffs der Frage, ob 20-Pfg.» oder 25-Pfg.- Stücke ausgeprägt werden sollen, liegt zur Zeit ein Antrag. 25-Pfg.-Stücke zu prägen, im Bundesrate nicht vor; die Frage ruht zur Zeit.
Für wissenschaftlichen Unterricht in der Alkoholfrage an allen Schulen Groß, brittaniens und Irlands wurde, wie „The Alliance News" mitteilt, soeben sämtlichen Aerzten Englands eine Petition vorgelegt, die iu ganz kurzer Zeit mit 15000 Unterschriften sich bedeckte. Unter den Namen finden sich fast alle hervorragenden Professoren der Chirurgie und Medizin. Verlangt wird auch in erster Linie, daß bei der Ausbildung der Lehrer mehr Rücksicht auf die gründliche Einführung in die physiologische Hygiene genommen wird. Die Petition weist auch auf diejenigen Staaten hin, die bereits einen Temperenzunterricht aufweisen können und sagt, daß z. B. in den Vereinigten Staaten von Amerika gegenwärtig 22 Millionen Kinder einen solchen segensreich wirkenden Unterricht empfangen.
Eine neue Schutzvorrichtung gegen Zugentgleisungen ist einem Bahnbeamten namens Gehricke patentiert worden. Nach einer mit klaren Abbildungen versehenen Darstellung in der „Umschau" dürfte in der Tai durch die Erfindung in allen Fällen von Entgleisungen sowie von Brüchen an Achsen oder Radreifen, wodurch gleichfalls zum mindesten eine Senkung des. betreffenden Wagens eintritt, die Gefahr
und die Beschädigung erheblich vermindert werden. Das Prinzip ist sehr einfach, und auch dieser Umstand gibt eine Gewähr für die Brauchbarkeit der Neuheit. Parallel zu jeder Achse ist im Rahmengestell des Wagens eine Schiene so angebracht, daß sie quer zur Längsrichtung des Wagens einige Zentimeter über dem Geleise steht. Erfolgt nun eine Entgleisung der Räder, so kommen diese Schienen auf die Schienen des Geleises zu liegen, ohne daß die entgleisten Räder den Boden berühren. Der Wagen schleift also auf den Querschienen weiter und bremst so allmählich den ganzen Zug. Um den Sturz des Wagens möglichst abzuschwächen, werden die Querschienen erstens so nahe wie möglich an der Oberkante der Geleisschienen angebracht und außerdem mit einer Feder versehen, die den Sturz in seiner Gewalt ver- mindert. Es sind noch viele Einzelheiten in der Kostruktion vorgesehen, um die Vorrichtung bei allen Wagen und für alle Verhältnisse ver- wenden zu können. Außerdem haben die Quer- schienen innerhalb der Geleise Vorsprünge nach unten hin, die ein Abgleiten des Wagens vom Gleise verhindern sollen. Da die Herstellung solcher Querschienen in Stahlguß oder Walzeisen sehr wenig Kosten machen kann, so dürfte sich eine baldige Einführung der Erfindung empfehlen, wenn sie sich in der Praxis ebenso bewährt, wie man es vermuten kann. Die dadurch zu erwartende Besserung würde sich also darauf beziehen, daß ein entgleister Wagen nicht plötzlich angehalten wird, und auch nicht mit unverminderter Gewalt auf den holprigen Eisenbahn-
oberbau äufschkägt und Lernet nicht mit dett Rädern auf letzterem weiter geschleift, söndetn allmählich durch das Bremsen der Gleitschienen zum Stillstand gebracht wird.
Reklameteil.
wichse oder Creme?
Im Zweifel ist manche Hausfrau, was sie für ihr Schuhzeug verwenden soll, ob Wichse oder Creme; heute wird ihr dies, morgen jenes empfohlen. Eine praktische Hausfrau hält sich beides und läßt für ihr besseres Schuhzeug aus Chevreaux- und Box-Calf-Leder das Ledercreme „Nigrin", dagegen für die gewöhnlichen Stiefel aus Kalb, und Rindleder „Gentner's Wichse" in roten Dosen verwenden. Die letztere ist nicht nur billiger, sondern gibt auch intensiveren Glanz als die Ledercreme, diese dagegen ist bei feinerem Leder deshalb vorzuziehen, weil „Nigrin" nicht abfärbt und für feinere Lederarten geeigneter ist. Zu empfehlen ist es aber nicht, heute dies und morgen jenes für ein und dieselben Schuhe zu benützen, sondern man behandle diese immer mit dem gleichen Material,, man fährt dabei sicher am allerbestem
„Nigrin" und „Gentner's Wichse" in roten Dosen sind in den meisten Kolonialwaren-, Materialwaren- und Drogen - Handlungen zu« haben.
Der beste Brustte e ist und bleibt der „K n ö t e r i ch t e e" ä 50 Pfg., zu haben bei Anton Heinen, Drogerie.
Aus der Teufelsplatte.
Novelle von C. vom Walde.
(2 Nachdruck verboten.
Aber Arabella war darüber aufs höchste empört, sie wähnte sich nicht edel umworben, sondern unedel verkauft.
„Also verschachert hast Du mich, Papa, wie Du Dein Vieh an den Händler fortgibst, der Dir das höchste Gebot tut!" rief sie bitter.
„Arabella", antwortete aber der alte Sünder mit einer Träne in den Aügen, „sprich nicht so, Kind; Felix ist der beste Mensch der Welt! Nicht einmal darauf hingewiesen, mit keiner Silbe nur erwähnt hat er die mir geleisteten Gefälligkeiten, er hegt ohne Zweifel eine ehrliche, große Liebe zu Dir. Aber freilich, Arabella, mir bleibt nur die Kugel, wenn er infolge einer verneinenden Antwort von Dir sich von uns abwenden und das Geld verlangen sollte, das er mir hochherzig geliehen."
Sie fuhr auf:
„Soweit ließest Du es kommen, Papa? O, daß wir Mädchen weiter nichts sind als ein Spielzeug oder ein Stück Ware, welches die Väter zu vergeben verstehen!"
„So mußt Du Deine Lage nicht ausfäffen, Mädchen", jammerte der Alte, „bringe mich nicht zur Verzweiflung, sonst hast Du mich heute zum letzten Male gesehen! Denn wie soll ich vor Herrn von Letzlingen, unserem Wohltäter, daftehen, wenn ich ihm seinen heißen Herzens- Wunsch versagen muß. Das überlebe ich nicht."
Diese erregten Worte und der verzweiflungsvolle Ton ihres Vaters ließen Arabella natürlich^ keinen Zweifel; daß die Sache sehr ernst sei. Sie prüfte kühl, was zu tun sei. Wider- willen flößte ihr Felix von Letzlingen nicht ein, doch sie war gleichgültig gegen seine Bewerbung, sie siebte ihn nicht, sie achtete und schätzte ihn nur.
Einige Augenblicke sah sie der Vater starr an, dann sagte sie:
„Laß ihn kommen, er soll sich das Jawort selbst holen!"
„Arabella, Herzenskind, Du wolltest mir. Deinem alten unglücklichen Vater das Opfer bringen", rief er und suchte sie ihn seine Aride zu schließen, aber sie wandte sich kalt ab. Denn fik. fühlte, daß die Seele ihres Vaters schon lcinge von dämonischen Gewalten beherrscht tvütde.
Felix von Letzlingen kam freudig herbei geeilt und holte sich unter vier Augen das Jawort noch Arabella. Kaum lächelte sie- als sie auf sein heißes Werben ihm die Hand reichte, und
es war eine seltsame Verlobung: der Bräutigam
glückselig, die Braut eine wahre Marmorbraut!
Sollte es so den ganzen Brautstand über bleiben?
Felix hoffte: „Sie wird sich besinnen, zu sich kommen, meine Liebe wird die ihrige entzünden!", aber es geschah doch nichts von dem allen!
Er seufzte und suchte sich zu trösten. Acht Wochen darauf ward sie ihm in der alten Schloßkapelle zu Grävcningen als sein Weib angetraut.
Eine Hochzeitsreise wurde nicht angetreten, da Herr von Gräveningen sich krank, sehr krank fühlte. Der Wein, den er in letzter Zeit vor Freude zu viel getrunken, hatte bei ihm eine Herzschwäche erzeugt.
Als Felix sein junges Weib in später Nacht zum Brautgemach in Letzlingen führte, erwartete er ein freundliches Wort von ihr, aber es ertönte nicht. Da wurde auch Felix stolz, denn er wollte nicht um Liebe betteln, wo er sie verlangen konnte. Stumm wandte er sich seinen Zimmern zu und sagte nur leise: „Gute Nächt, Arabella!"
Sie saP ihn groß und erstaunt an. „Gute Nacht, Felix!" klang es dann auch aus ihrem Munde.
So gingen die Neuvermählten jedes auf seine Zimmer. Freilich Felix fühlte sich darüber doch furchtbar unglücklich.
Als er sich endlich nach ruhelosem Hin- nnd Herwandern in seinen Zimmern schlafen legte, sagte er: „Die Heirat ist ein Unglück, Arabella hat kein Herz! O selig könnte ich sein, wenn ich dieses Herz noch zu erwecken vermöchte."
Drei Monate waren seit der Vermählung Arabellas mit Felix verflossen. Gräveningen hatte in dieser die Hilfe seines Schwiegersohnes wiederholt in Anspruch genommen, Felix hatte dem alten Lebemann auch das verlangte Geld gegeben und dieser hatte das leichtsinnige Leben fortgesetzt. Eines Tages nach einem großem Zechgelage brachte man ihn aber tot in's Haus, als Felix und Arabella eben zu Besuch nach Gräveningen gekommen. Gräveningen's Leben hatte ein Herzschlag ein jähes Ende bereitet.
Eätsetzk stand das junge Paar vor der Leiche, aber vvK einer tiefen Rührung waren weder Arabella noch Felix ergriffen. Wußten sie doch, daß ver Tote an seinem Ruine selbst Schuld war
Einfach und still wurde Arnö von Gräveningen begraben. Während dieser Zeit war Arabella, die herbe» stolze Frau, ihrem jungen Gemahl auch noch keinen Schritt Näher getreten, obwohl sie Ursache hatte, Felix zu bewundern.
Dieser griff sofort in die zerrütteten Vermögens-Verhältnisse Gräven ingens ein. er übernahm es, alle Forderungen, welche als berechtigt anerkannt wurden, sofort zu berichtigen, e< ordnete alle anderen durch den-Tod GräveningenS der Erledigung harrenden Angelegenheiten, er prüfte die Verhältnisse genau und übernahm« dann die Verwaltung des Gutes gewissermaßen für Rechnung seiner Frau, der Erbin.
Als dann alles geordnet war, sagte er eines Tages zu Arabella:
„Jetzt muß ich Dir alles sein, Bella, Du stehst sonst allein in der Welk!"
Zum rrstenmal dUrchzitterte sie da ein' wärmeres Gefühl für Felix, als sie sah, wir edel, wie gut und bescheiden er war. Aber bald hatte der alte Trotz sie wieder in seinen Schlingen. Warum hatte er sie geheiratet? Sie hatte ihn doch gar nicht heiraten wollen. Das unselige Schicksal des Vaters hatte sie ja in diese Ehe gedrängt.
Das stolze, herbe, schöne Weib wollte das wie zum Trotz noch immer nicht vergessen, obwohl sie heimlich ihren edlen Gemahl immer mehr schätzen lernte.
„Bella, jetzt könnten wir unsere Hintenangestellte Hochzeitsreise unternehmen!" sagte Felix ungefähr ein Vierteljahr nach dem Tode Grävt- niUgens. Arabella stutzte über diese Worte.
„Ja, ja, es ist mein Ernst," fuhr Felix fort. „Wir könnten beide eine Erholung gebrauchen, denn seit Monaten erlebten wir nur Trauriges."
Ein Leuchten ging jetzt durch Arabellas Antlitz, aber sie sagte noch immer kein Wort.
Aber Felix hatte schon das leuchtende Antlitz seiner jungen Frau gesehen und er sagte deshalb rasch: „Du reist also mit, ich werde den Reiseplan machen."
Sie wollte ihm, als; er ging, noch ein warmes Wort Nachrufen, aber es erstickte ihr im Munde. Dann murmelte sie:
„Nein, es geht nicht, er hat zu mir zu kommen. Ich darf mich ihm nicht zuerst in die Arme werfen."
So trat zwischen den jungen Gatten das seltsame Widerspiel einer unerklärten Liebe wie zwischen zwei noch einander nicht angehörenden Personen immer wieder zu Tage.
Aber Felix machte doch den Reiseplan zur nachträglichen Hochzeitsreise und zwar nach der Schweiz.
(Schluß folgt.)
Druck und Berlag der Brrnh. Hofmann'schen «uchdruckerei in Wildbad. Für die Redaktion verantwortlich, i. B. E. Reinhardt daselbst.