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Nr. 236

Amts- unä Anzeigeblatt für äen Oberamlsbezirk (alw

Dienstag, den 8. Oktober 1929

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Jahrgang 102.

Die englisch-amerikanische Freundschaft

England lädt zur Seeabrüstungskonferenz ein

Macdonald über den Weltfrieden

TU London, 8. Okt. Präsident Hoover und Minister­präsident Macdonald veröffentlichten eine amtlich« Erklärung, die folgenden Wortlaut hat:

Wir haben alle Frage«, die zu einer Spannung zwische« den beide« Völkern Anlatz geben könnte«, in offener Weise erörtert. ES wurden zufriedenstellende Fortschritte erzielt. Die Verhandlungen werden fortgesetzt.

Macdonalü besuchte am Montag den Kongreß, wo er als erster englischer Staatsmann vor dem amerikanischen Senat eine Rede hielt, in der er für die

Zusammenarbeit zwischen England und Amerika eintrat und versicherte, daß sein Land niemals wieder ein Bündnis mit irgendeinem anderen Land eingehen und daß es niemals einen Krieg zwischen Amerika und England geben werde. Ein solcher Krieg sei absolut un. möglich. Bet dieser Erklärung setzte stärkster Beifall sowohl der Senatsmitglieder wie auch des auf den Tribünen ver­sammelten Publikums ein. Macdonald wies weiter darauf hin, daß alle internationalen Bündnisse Kriegsgeist in sich bergen. Dieser Geist müsse aus- gerottet werden. Weder die Amerikaner, noch die Engländer seien bereit, ein Bündnis einzugehen, das gegen die Inter­essen oder die Wohlfahrt irgend einer anderen Nation oder irgend einer Gruppe von Nationen gerichtet sei.

Seine Aufgabe in Washington bestehe darin, alle Miß­verständnisse zu beseitige«.

Die Vereinigten Staaten und Großbritannien könnten sich niemals verstehen, wenn sie die Verhandlungen auf schrift- lichem Weg über 8000 Meilen Entfernung fortsetzten. In diesen Tagen, woHerz zu Herz, Geist zu Geist und Schwei­gen zu Schweigen" spreche, seien ihm Begebenheiten wie die

Unterredung mit Präsident Hoover wichtiger als alles an­dere, da sie

die Grundlage« für den Friede« der gesamte» Welt legten. Er sei nicht nur als Arbeiterministerpräsident, son­dern als nationaler Führer des englischen Parlaments ge­kommen. Seine Reise sei eine Folge des Kclloggpaktes. E s könne niemals wieder Krieg geben, wenn die Amerikaner und Engländer es sich zur Pflicht machten, den Kelloggpakt in die Wirk­lichkeit umzusetzen. Macdonald fuhr fort:Was be­deutet all dieses Gerede über Parität? Nehmen Sie sie so, wie sie ist. Sie war die einzige Möglichkeit, um das Wett­rüsten aufzuhalten und eine öffentliche Stimmung^ zu schaffen, die auf dem erfolgreichen Weg friedlicher Unter­haltung liegt. Hier haben Sie eines der Ergebnisse dieses Besuchs, das andere liegt darin, daß wir dazu gekommen sind, einander zu verstehen."

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Die Einladung für die Fünsmächtekonserenz ansgegebe«.

Die englische Negierung hat am Montag die Einladun­gen für die Einberufung der Fünsmächtekonserenz nach London ausgegeben. Di« Vereinigten Staaten, Frankreich, Japan und Italien werden darin ersucht, für ein« Flotten­konferenz Vertreter nach London zu entsenden. Als wahr­scheinlicher Zeitpunkt des Konferenzbeginns wird die dritte Woche des Januar angesehen. Die Einladungen sind den Botschaftern in London übergeben worden. Die Einladung an Amerika war von einem langen Schreiben begleitet. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Wortlautes der Einladungen wird für Mittwoch auch eine amtliche Er- klärung über den Verlauf der Besprechungen zwischen Mac­donald und Hoover erwartet.

Um die Neubesetzung des Außenministeriums

Die voraussichtliche Dauer des Provisoriums Lurtius

Berlin, 8. Okt. In Berliner politischen Kreisen ist man der Ansicht, daß sich das Provisorium für die Wahr­nehmung der außenpolitischen Geschäfte bis nach dem end. gültigen Abschluß der Regierungsverhandlungen und der Ratifizierung des Aoungplanes hinziehcn wird. Die Be­trauung Dr. Curtius, die der Kanzler im Einverneh­men mit dem Reichspräsidenten getroffen hat, entspricht durchaus der Zwangsläufigkeit der Verhältnisse. Dr. Cur- tius hätte, wenn Dr. Stresemann nicht so jäh gestorben, son­dern durch seine Krankheit an der Weiterführung des Amts gehindert worden wäre, nach dessen Wunsch und Willen zweifellos für ihn den Kampf um das Haager Abkommen geführt. Er hat bekanntlich bereits der Konferenz der Mi­nisterpräsidenten der Länder präsidiert und vor ihnen das Haager Ergebnis vertreten. Ihm fällt jetzt die Aufgabe zu, das gleiche vor dem Auswärtigen Ausschuß zu tun, der in dieser oder in der kommenden Woche zusammentreten dürfte. Hinzu kommt, daß ohnehin der Arbeitsbereich der beiden jetzt von Herrn Curtius vertretenen Ministerien sich in den nächsten Monaten vielfach decken wird. Mit der end­gültigen Besetzung des Anßcnmiinisteriinns ist, soweit sich bisher übersehe« läßt, kann» vor Mitte Dezember zu rechne«.

Die Haltung des Zentrums.

TU Köln, 8. Okt. Auf der gestern stattgchabten Herbst­tagung des Provinzialausschusses der rheinischen Zentrums- partci streifte Prälat Kaas die Frage der Nachfvlge- schaft Stresemanns nach der grundsätzlichen Seite hin. Da in der Oeffentlichkeit auch sein Name genannt worden war, ging er mit einigen Wendungen darauf ein und erinnerte an seine Worte auf der Essener Zentrumskundgevung vom Frühjahr dieses Jahres, daß er es sich zur Aufgabe gemacht habe, den Typ des an Ministerposten völlig uninteressierten Parteiführers wieder herausznbilden. Er habe damals schon mit aller Klarheit herausgestellt, daß für ihn als Par­teiführer die Uebernahme eines Ministeriums nicht in Frage komme. Trotzdem könne es aber dem Zentrum nach der sachlichen Seite hin nicht gleichgültig sein, wie dieses Ministerium besetzt werde. Die Lücke, die Stresemanns Tod geschaffen habe, sei groß «nd vielleicht sei sie inncrpolitisch größer als außenpolitisch. Deshalb müsse das Zentrum bei der endgültigen Besetzung des verwaiste« Außenministeriums mit welcher Person lasse er ebenso ganz dahingestellt wie die Frage, ob Parlamentarier oder Beamter verlange«, baß alle Mitglieder des Kabinetts die Gewähr für den inne, re« Bestand des Kabinetts in seine« innen» «nd anßenpoli»

tischen Aufgaben böte«. Diese rein sachlichen Fragen seien für das Zentrum allein ausschlaggebend. Nur von diesem Gesichtspunkt aus würde das Zentrum an die Prüfung der Vorschläge des Kanzlers herantreten, müsse aber deshalb auch den Anspruch anmeldcn, bei der endgültigen Besetzung sach- lich gehört zu werden.

In der Aussprache über den Doungplan kam zum einhelligen Ausdruck, daß ein endgültiges abschließen­des Urteil wegen der noch laufenden Verhandlungen ins­besondere wegen der noch ungeklärten Saarsrage zur Stunde noch nicht möglich sei. - .

Die ungenügende Versicherungsresorm

Berlin, 8. Okt. Der Reichsarbettsminister Wissel! hatte gestern einen Kreis von Pressevertretern geladen, »m über das Ergebnis ber in bei vorigen Woche vom Reichs­tag durchgeführten Arbeitslosenversicherungsreform im ein­zelnen Aufschluß zu geben. Bekanntlich ist die Beseitigung des Defizits der Reichsanstalt, auf die ja in erster Linie die Nmorganisierung abzielcn sollte, nicht im entfernteste» erreicht worden. Sie soll wie bereits mehrfach angekündigt, nun bei der künftigen an die Einführung des AoungplaneS sich schließenden großen Finanzresorm erfolgen. Im Reichs- arbettsministerium wird man hierbei an der Forbernng der halbprozentige« Beitragserhöhung festhalten, lehnt also den Gedanken einer Leistungsbeschränkung nach wie vor ab. Die vom Reichstag genehmigte Vorlage wird den Fehlbetrag von 279 Millionen jährlich um kaum mehr als rund 100 Millionen mindern können.

Im einzelnen erwartet man von -er Verlängerung der Antwartschaftszeit eine Ersparnis von 16 Millionen und der obligatorischen Einführung der Kriscnsätze für die Sai­sonarbeiter 21 Millionen und der Anrechnung der Neben­bezüge 8 Millionen, von der Herabsetzung der Krankenver- stcherungsbciträge 80 Millionen. Alles tu allem soll das finanzielle Plus sich auf rnnd Millionen beziffern. Die allgemeine Ausräumung der umfangreichen Mißstände bei der Inanspruchnahme ber Versicherung soll diese Zahl hält man für eine sehr minimale Schätzung 20 Millionen einbringen. Vorsichtigerweise wird aber angedeutet, daß die Möglichkeiten, auf gesetzgeberischem Wege für Abhilfe zu sorgen, numchr erschöpft seien. Alles weiter« lieg« bet der Verwaltung.

Von dem Darlehen des Reichs, das im Frühjahr dieses Jahres 278 Millionen Mark erreicht hatte, werden von den Ueberschüssen des Sommers kaum nennenswerte Rückzah. lungen geleistet werden, im Gegenteil: der nahende Winter wird diesen Ueberschuß, der übrigens hinter dem des ver­gangenen Jahres noch -urückbleibt, aufzehren.

Tages-Spiegel

Die Nenbesetznng des Außenministeriums dürste definitiv nicht vor Dezember erfolge«. Während das Zentrum Zurückhaltung übt, scheint die Volkspartei das Außen- ministerim« gegen das Finanzministerium eintansche« zu «olle«.

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Die vom Reichstag beschlossene Versicherungsresorm erweist sich bereits jetzt schon wieder als ungenügend.

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Macdonald hielt gestern vor dem amerikanische« Senat eine Rede über die englisch-amerikanische« Beziehungen «nd die Sicherung des Weltfriedens.

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Die Einladungen zur Flottenabrüstungskonferenz an die Vereinigte« Staaten, Frankreich, Italien und Japan sind gestern von der englische« Negierung ergangen.

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An der norwegische« Küste ist der DampferHaakon Vll" gesunken. Dabei sind etwa LS Personen ertrunken.

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Im Gaargebiet, Frankreich, Italien «nd an der englische« Güdküfte habe« Unwetter schwere Sturmschäden verursacht.

Zwischenfall im besetzten Gebiet

Von eine« französische« Wachposten erschossen.

TU Mainz, 8. Okt. Vergangene Nacht hat sich auf dem Festungsgelärrde zwischen Mainz und Gonsenheim ein vor» läufig noch nicht ganz aufgeklärter Vorfall abgespielt. Der dort aufgestellte französische Wachposten bemerkte auf dem Gelände, das zur Aufbewahrung von Munition dient, einen Mann, den er mehrmals vergeblich anrief. Als keine Ant­wort erfolgte, schoß er und verwundete den Mann so schwer, daß dieser auf dem Wege zum Krankenhaus starb. Da der Tote keine Papiere bei sich trug, konnte seine Persönlichkeit noch nicht festgestellt werden. Die Aufklärung wird von der deutschen und der französchen StaatSamvaltschaft zusammen betrieben.

Das Reichsdankhaus in Schneidemühl

TU Gchnetdcmühl, .8. Okt. Als Dank für den Deutsch- tumskampf des Ostens hat das Reich in Schneibemühl ein Neichsdankhaus errichtet, das den Mittelpunkt des kultu­rellen Lebens der neugeschaffenen Grenzmark Posen-West- preußen bilden soll. Denn der Provinz fehlen sämtliche kul­turellen Einrichtungen, die alle an Polen gefallen waren. Am Sonntag wurde nunmehr die Weihe des Neichsdank- hauses vorgenommen. Das Reichsdankhaus enthält das neue Landesthcater, Las im Stile des Berliner Blüthner« saales erbaut ist. Hinzu kommt eine große, aufs modernste anSgestattete Bühn«. Neben zahlreichen Klubräumen, einigen Sälen und Eastränmen enthält bas ReichsdankhauS außerdem Räume für die Stadtbibliothek und für die Grenz­markbibliothek.

Schiffskalastrophe an der norwegischen Küste

TU Oslo» 8. Okt. An der norwegischen Westküste hat sich in der Nacht zum Montag ein schweres Schiffsunglück er­eignet, bei dem etwa W Menschen «ms Leben gekommen sind. Der Küstendampfer Haakon VII stieß am Sonntag un: 28 Uhr bei Florö (zwischen Bergen «nd Aalesund) auf Grund und ging wenige Miinrtcn später unter. Ungefähr 70 Fahrgäste befanden sich an Bord. In wilder, durch Ver­löschen der Beleuchtung gesteigerter Panik stürzten sich die Passagiere, nur mit Nachtzeug bekleidet, an Bord und dann ins Meer. Etwa 3 Minuten, nachdem sich das Unglück er­eignet hatte, war das Schiff bis zur obersten Brück« gesun­ken. Es sank mit dem Achterdeck zuerst. Ein großer Teil der Passagiere und der Besatzung, insgesamt 57 Personen, konnte sich schwimmend auf «ine etwa 10 Meter von der Unglücksstelle entfernte Insel retten.

Die Verfaffungssroge in Rumänien

Negentschaftsrat Bnzdnga» s.

TU. Bukarest, 8. Okt. Am Montag früh ist der Ne- gentschaftsrat Vnzdugan an den Folgen einer Blutver­giftung gestorben. Die Regierung hat umfassende Maß­nahmen getroffen, um dte Ordnung im Lande aufrecht zu erhalten. In Bukarest ist die Polizei seit 2 Tagen in Alarm­bereitschaft. Dte Entwicklung der Berfassungsfrage in Nn- mänien wird «ach dem Tode Buzdugans den Hauptgegeu- stand der politischen Beratungen bilden. Der rumänisch' Mtnisterrat hat beschlossen, bis zur Wahl des neuen Mit­glieds der Regentschaft sämtliche königlichen Machtbefug­nisse zu übernehmen. Die Nationalversammlung wird heut« zur Wahl des dritten Mitglieds des Ncaewtl<k»»ttL«aiL zu­sammen treten^