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Donnerölaa, den 9. Dezember
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Das Leben in Mesopotamien.
Durch die schwere Niederlage der Engländer an der Irak-Front wird unser Blick nach einem Kriegsschauplatz gelenkt, der bisher nur selten erwähnt wurde, jetzt aber mehr in den Vordergrund tritt. Es ist Mesopotamien, der früheste Sitz menschlicher Kultur, die dieses Land im hohen Altertum zu einem der fruchtbarsten gemacht hatte.
Seit fast zwei Jahrtausenden ist es jedoch zur Wüste geworden und erst kurz vor dem Kriege versuchte europäischer Unternehmungsgeist es auszunutzen und zu erschließen. Der große Schienenweg, der zum Persischen Golf durch Mesopotamien als Bagdadbahn führen soll, wird dem deutschen Handel, viel mehr noch der deutschen Kolonisation ungeahnte Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Man hat bisher wenig von diesem Land gehört und die wenigsten können sich von ihm ei» Bild machen, deshalb ist es gewiß angebracht, einem Deutschen, der dort siebzehn Jahre seines Lebens verbracht hat, das Wort zu geben.
Durch den Verfall des alten Kanalsystems, der schon zur Zeit Alexanders des Großen einsetzte, ist die Versandung, um nicht zu sagen, die Verwüstung der einst unerreicht fruchtbaren Gebiete entstanden. Allein auch jetzt ist Mesopotamien nicht etwa eine '*'AHt«-wie die Sahara, eine völlig unfruchtbare Sandfläch', mau darf es vielmehr als Steppenland bezeichnen. 'Nach dem reichlichen Winterregen bevölkern Hunderttausende und Aberhunderttausende von Schafen die weiten Flächen, die in der Nähe der Wasserläufe mit Gerste, Mais und Hirse bebaut sind und überall die Dattelpalme fröhlich gedeihen lassen.
Die Sommer in Mesopotamien sind alle überaus heiß. In Bagdad beträgt die Durchschnittstemperatur indenMonatenJuli und AugnstllO —40Grad Celsius, i» Babylon (30 Grad 20 nördlicher Breite, 44 Grad 22 östlicher Länge) sind wiederholt Temperaturen im Juli und August bis 45, selten jedoch über 48 Grad Celsius gemessen worden. Vor Sonnenaufgang herrscht regelmäßig eine leichte Brise, man sagt, der Steppenwind eilt über die
Flächen, um bis zum Aufgang der Sonne das Meer zu erreichen; dann beträgt die Temperatur etwa 17—20 Grad Celsius; ist jedoch die Sonne erst aufgegangen, so steigt die Wärme schnell auf 26—28 Grad und gegen 10 Uhr vormittags ist die Wärme in den oberen Stockwerken der Häuser bereits unerträglich. Wer zu arbeiten hat, steigt in die unterirdischen, Serdab genannten Gewölbe herab, in denen die Luft 5—15 Grad niedriger als oben ist. Die Reichen errichten sich sogenannte Schardaks, Räume, die von dichtem Gehege gedörrter Oxytropen umschlossen sind, auf das fortwährend Wasser gegossen wird. Durch das schnelle Verdunsten des Wassers wird es dann für das Gefühl eiskalt. Dieser Aufenthalt ist zwar angenehm, aber nicht gesund. Nachmittags gegen 5 Uhr setzt der Steppenwind wieder ein. Er wird als Erlösung begrüßt, denn nun verläßt man die Sardabs und Schardaks und begibt sich auf die flachen Dächer, wo, leicht bekleidet, unter freiem Himmel die Abendmahlzeiten eingenommen werden. Hier schläft man auch des Nachts, in dünnen Kleidern oder nur unter einem dünnen Leintuch, dem Winde ausgesetzt, denn Tau fällt hier nie. Schon ein bis zwei Stunden nach Sonnenuntergang liegt ganz Bagdad auf den Dächern in tiefstem Schlummer.
Der Herbst äußert sich wie der Frühling in Mesopotamien lediglich durch Regen. Vom Oktober bis Mai regnet es mit geringen Unterbrechungen. Der Winter sieht diesen beiden Jahreszeiten ähnlich, nur bringt er noch heftige aus der Steppe Persiens kommende Stürme mit, die dann Tem- peraiurabkühlungen bis zu 18 Grad zur Folge haben. Die eigentlich kalten Monate sind Dezember und Januar. Es ist wiederholt vorgekommen, daß anfangs Januar bei schrecklichen Schneestürmen die Temperatur bis auf 20- 22 Grad Celsius sank und längere Zeit andauerle. Dabei ist der Himmel immer heiter und sehr klar, wenn eben nicht die gefürchteten Sturmwolkcn ihn unheilvoll verdunkeln und so dem Reisenden anraten, schleunigst ein schützendes Dach zu suchen.
Die Tagesberichte.
Groszes Hauptquartier MTV. (amtl.)
Dienstag, 7. Dezember.
Westlicher Krieg-schauplatz.
Bei Berry aüBac glückte eine größere Sprengung, der französische Graben ist mit seiner Bejahung verschüttet. Eine fast vollendete Minenanlage ist zerstört.
Östlich von Auberive fin der Champagne) wurden etwa 250 m des vordersten französischen Grabens genominen. Über 60 Mann sielen gefangen in unsere Hand.
Östlicher Kriegsschauplatz.
Die Lage ist unverändert.
Balkankriegsschauplatz.
Jbec ist erreicht. Etwa 1250 Gefangene wurden eingebracht. Die Franzosen haben vor der drohenden Umfassung ihre Stellung im Lerne- (Karasu) Vardar- Bogen aufgeben müssen.
Oberste Heeresleitung.
Mittwoch, 8. Dezember.
Westlicher Kriegsschauplatz.
Versuche der Franzosen, uns den Erfolg von Auberive streitig zu machen, scheiterten. Außer den Gefangenen sind 3 Maschinengewehre in unsere Hand gefallen.
Nördlich von Louain wurde den Franzosen die Stellung auf der Höhe 193 in einer Ausdehnung von etwa 500 Nietern entrissen. Vier Gegenangriffe wurden abgeschlagen. 1 Offizier, 120 Mann sind gefangen genommen, 2 Maschinengewehre erbeutet.
Oestlicher Kriegsschauplatz.
An der Front der
Heeresgruppe des Gen.-Feldinarschall von Hindenburg
wurden vereinzelte Vorstöße schwacher russischer Abteilungen zurückgeschlagen.
Peters Brautfahrt.
Eine Geschichte aus den steirischen Bergen
von Ernst R. von D o in b r o w ski. (Fortsetzung.)
Der Mirl sab -'s niemand mehr an, daß sie einmal das schönste Mädel auf Meilenrnnde gewesen wa,. Hände und Gesicht mahnten in Form und Tarbe an die Rinde des Hartriegels, die gebückte Haltung ließ die Alte höckerig erscheinen, vorn am Halse hing ihr ein langer Kropf und die triefenden, graugrünen Augen konnten nur gmsig, seelenlos vor sich Hinstarren oder in teuflischer Bosheit aufglühen. Aber einmal war die Mirl schön gewesen, und sie zählte kaum siebzehn Jahre, als sie ein junger Hilfsjäger ins Unglück brachte. Darüber und über den bald nach der Geburt erfolgten Tod ihres Rindes war sie verrückt geworden; anfangs nur trübsinnig und menschenscheu, aber mit zunelnnen- dcm Alter bildete sich eine Bosheit bei ihr aus. die so gefürchtet war, daß man sie auch weiterhin litt, unijomehr als ihr der Volksmund wie w vielen ihresgleichen geheimer Kräfte und Fähigkeiten zu- jchrieb. Sie betrieb verstohlene Wunderkurcn an Mensch und Vieh und gegen den sie schirmenden Aberglauben war der Pfarrer ebenso machtlos wieder Doktor. Von den übrigen Gcineiudemitgliedern hütete sich ein jeder, selbst nur im Geheimen liebles über sie zu sagen, und kam sie betteln, so gab man
gern und reichlich, um sie rasch wieder loszuwerden und sich, die Seinen und das Vieh vor ihrem bösen Blick und ihren sonstigen Zauberkünsten zu schützen; denn krähte irgendwo der rote Hahn auf oder gab es Wafstrnot, Mißernte, Krankheit und Tod, so schrdieb man der Felbermirl ebenso sicher die Schuld zu, wie wenn ein Kranker oder eine Kalbin von schwerem Sicchtum genasen. Ganz frei war niemand im Dorf von abergläubischer Scheu vor ihr, und so konnte sie ungestört ihr Wesen treiben, das übrigens bis auf allerlei Schabernack in Wahrheit ganz harmlos blieb. Der armen Blödsinnigen genügte wie manchem Erleuchteten der Schein ihrer Macht.
„Der Peter! Der Peter!" schrie sie dem Entgegenkommenden zu. „Gehst epper die Lisl suchen? Ja, such's nur, aber net auf der Langalm, die iS verhext, weil mi die Langhofüäuerin weggjagt hat wie an Hund! Der Teirel hat s' gholt, die Lisl, und hat s' aufigsetzt auf'n Schoderspitz, daß sie die Alte gist, sixt es net, ganz droben auf der .Höh?"
„Was weißt denn Du von der Lisl!"
„Was i waaß? Mehr wie Tu! Daß s' durchgangen is gestern auf d' Nacht! Sic wird schon wissen, warum, und Du aa! Jetzt-hat s der Teixel gholt und ausgsetzt auf'n Schoderspitz, sixt es ntt? lind da wird ihr Kindl im Eis ganz kalt und ganz still, und dann kommt s' scho von selber wieder runter, die Lisl, und dann gehn wir zwa miteinand, 'S Kindl suchen — weggnommen Ham s' es mir und eingscharrt — aber i find's, i find's!" Und sie kniete
aus dem Boden nieder und begann Moos und Gras auszureißen und mit den Händen den Boden aus- znwühlen.
Die Felbermirl war heute gänzlich unzurech?- nungssähig wie immer, wenn man sie irgendwo rauh avwies, aber Peters bemächtigte sich doch eine bange Sorge und in langen Sätzen eilte er zu der nicht mehr fernen Langalm hinan. Dort erfuhr er von einem Knecht, daß dkc Lisl tatsächlich seit gestern abend verschwunden sei, niemand wisse wohin. Die Langhofbäuerin selbst maß ihn nur mit einem verächtlichen Blick und schlug ihm die Tür vor der Nase zu, während die Knechte und Mägde, die der nicht grün waren, unter einander kicherten.
„Ta, Peter!" rief einer der Burschen herüber, indem er ein dralles, junges Ding vorschob, „nimm Dir die Kathl, bei der hast es besser!"
Aber Peter kehrte sich nicht an den Spott und eilte zurück nach der Stelle, an welcher er die Felbermirl getroffen, um vielleicht von dieser Näheres zu erfahren, doch grub sie immer noch, leise wehklagend, weiter und es war kein Wort aus ihr leranszubringen.
Nach ein paar Tagen hatten die Langhofbäuerin und der Gemeindevorsteher mit Hilfe der Polizei erfahren, wo sich List befand, aber sonst wußte das niemand, denn über die Bitte der Bäuerin hielt der Vorsteher reinen Mund. Es war ihr lieber, wenn man die Ltsl für verunglückt hielt, als wenn man erfahren hätte, daß sie ihr bei Nacht und Nebel