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Nr. 128 I
Dienstiltt, den 26 . Oktober ! 9 l 5
I 51. Iubraanq.
j Gegen den Kriegswucher.
' Der Kriegswucher bleibt der häßliche Fleck auf dem blanken deutschen Ehrenschilde, und die Kriegs- micherer laden die erdrückende Veranlwortung auf sich, in dem opferbereiten, ausharrenden, siegesbewußten Volke allmählich eine dumpfe verbitterte Stimmung zu erzeugen. Der Produzent, der Großhändler, der Zwischenträger auf der einen Seite, wie sie aus der Spekulation mit den un- i entbehrlichsten Lebensmitteln Reichtümer aufhäufen, wie sie in Friedenszeiten nur einmal ein glücklicher Zufall zusammenbringt, und auf der andern Seile die auf die knappe Unterstützung angewiesene ! Kriegerfrau, die mit ihren beschränkten festen Be- ^ fügen haushaltende Beamtenfamilie, gezwungen, die Rationen täglich zu verringern, nicht nur auf den letzten Luxus, nein, auch auf das Notwendige allmählich zu verzichten. Das Volk, dessen Söhne, Brüder und Väter draußen täglich Wunder an Ausdauer und Tapferkeit verrichten, hat ein Recht ! darauf, vor Leuten geschützt zu werden, die in i frevelhaftem Eigennutz das zum Leben Notwendigste,
^ das tägliche Brot, verschließen oder nur zu Wucher- Preisen herausgeben. Ermahnt, beschworen, ge- i warnt sind diese Schädlinge der Nation genug; was bisher gegen die Lebensmittelwucherer unternommen worden ist, war zaghaft gedacht und wurde ungenügend durchgeführt; die größte Strenge, das straffste Durchgreifen wird zur Wohltat für ' das Volk werden und wird die durch die Wucher- Methoden muffig gewordene Luft im Innern wieder reinigen.
Unsere Landwirte sind den Vorwürfen wohl am meisten ausgesetzt. Das ist schon von vornherein i erklärlich, weil die notwendigsten Lebensmittel eben s vom Lande kommen, und weil die Bedingungen, unter denen sie gewonnen werden, den Verbrauchern ' meistens unbekannt sind. So sind die Bauern häufig das Ziel ungerechtfertigter Angriffe geworden, schon vor diesem Kriege und auch in diesem Kriege. Das hätte sie vorsichtig machen sollen; das mußte ihnen, und vor allem ihren Vertretungen, in verdoppeltem Maße die Verpflichtung auferlegen, die Landwirtschaft vor neuem Verdacht und neuer , Feindschaft zu bewahren. Es ist ihnen nicht geglückt. Daß die Landwirtschaft diesen Krieg viel mehr als Geld einbringende Konjunktur auffaßt, als zulässig ist, das haben die Zeiten doch bewiesen, und die letzten Erfahrungen mit der neuen Kartoffelernte dringen auch alte Freunde gegen die Landwirtschaft ; auf. Die Gewißheit, daß wir in Kartoffeln eine ; Rekordernte zu verzeichnen haben, wie sie seit langen, langen Fahren nicht mehr vorgekommen s ist, die dem Volke dieses notwendigste Lebensmittel ; m überreichlicher Menge zu billigen Preisen zur Verfügung stellen könnte, hat geradezu befreiend gewirkt, weil sie an Wirkung dem größten Schlachtensiege nicht nachstand. In diesen Freudenbecher »der ist ein bitterer Tropfen gefallen. Trotz der gewaltigen Ernte und obwohl die Reichsregierung ' durchaus angemessene Richtpreise zwilchen 2,75 Mk. s »>>d 3,05 Alk. den Zentner festgesetzt hat, ist es disher weder den Kommunen, noch den Haushaltungen im volkreichen Westen (genau wie in i Württemberg. Red.) möglich gewesen, ihren Winterbedarf zu angemessenen Preisen zu decken. Freiwillig verstehen die Landwirte sich nicht dazu, Kartoffeln zu diesen Preisen, die den Produktions- «nt durchaus decken und darüber hinaus noch ünen angemessenen Gewinn lassen, abzugeben; und aus vielen Landstrichen, in denen der kleine Bauern- M heimisch ist, kommen beglaubigte Meldungen, »ß die Bauern absichtlich mit der Ware zurück- Me», weil sie für spätere Zeiten höhere Preise Zarten. Daß ein solches Verhalten eine grobe
Versündigung am Volkswohl darstellt, ist nicht zu bestreiten. Wir wissen auch, daß die landwirtschaftlichen Veriretungen und die Führer dieses gefährliche Treiben der Landwirte mißbilligen. Ob das mit dem nötigen Nachdruck und mit dem nötigen Erfolge geschehen ist, muß man bezweifeln.
Jedenfalls werden die Landwirte, wenn nicht in, so doch nach diesem Kriege die Folgen aus diesem Verhalten zu tragen haben. Man vergesse nicht, daß das deutsche Volk und gerade die Kreise, die auf eine billige Kartoffelversorgung am meisten angewiesen sind, alljährlich Millionen und Abermillionen an Zöllen für den Schutz und die Entwicklung der deutschen Landwirtschaft geopfert haben. Wir sind weit davon entfernt, diese Opfer, die die Allgemeinheit der Landwirtschaft gebrachthat, heute zu bedauern. Aber es fragt sich doch, ob es im wohlverstandenen Interesse der Landwirtschaft selbst liegt, heute in kurzsichtiger Gewinnsucht große Kriegsgewinne einheimsen zu wollen und damit weite Volkskreise, die ihr bisher wohlgesinnt waren, vor den Kopf zu stoßen. Den Führern und den Vertretungen der Landwirtschaft erwächst jetzt die wichtige Aufgabe, diese verhängnisvolle Entwicklung aufzuhalte» und die Bauern in ihrem eigensten Interesse zu bewegen, ihre Kartoffelvorrüte dem Volk zu den von der Regierung festgesetzten und von agrarischen Sachverständigen gebilligten Preisen zur Verfügung zu stellen. Die „Deutsche Tageszeitg." erhebt den Einwand, daß die Wetterverhältnisse der letzten Wochen die reichliche Zufuhr von Kartoffeln verbinden haben. Sollten aber auch die nächsten Tage und Wochen noch keine Besserung in der Versorgung der städtischen Bevölkerung mit Kartoffeln bringen, so wird die Regierung nicht zögern dürfen, mit den letzten Maßmchmen, die sie bisher zurückgehalten hat, mit der allgemeinen Beschlagnahme und der Festsetzung niedriger Höchstpreise vorzugehen.
Manches entlastet ja auch wieder die Landwirtschaft; nicht überall ist es das Streben nach überreichlichem Gewinn, das die Preise der Lebensmittel schon an der Erzeugungsstelle auf eine ungesunde Höhe treibt. Auch die Händler tragen Schuld, die um jeden Preis im Geschäft sein wollen, die zu den Bauern hinausgeheu und sich gegenseitig überlisten, in der feste» Zuversicht, daß auch beim höchsten Einkaufspreis sich im Wiederverkauf noch ein Gewinn erzielen läßt. Und letzten Endes sind es ja auch die Verbraucher und die Verzehrer, die den Preis nntbestimmen, weil sie ihn zahlen. Gewiß, viele und gerade die schwächsten Kreise sind dem einmal festgesetzten Preise willenlos ausgeliefect; sie müssen zahlen, was gefordert wird, um ihr Leben zu fristen. Andere aber — und damit kommen wir zu dem Punkte, der leider immer noch zu wenig Beachtung gefunden hat — schädigen durch überhastete, überreichliche Einkäufe, durch Bewilligen von Ueberpreisen sich selbst, was ihnen niemand verwehren darf, darüber hinaus aber auch das Volksganze, was m den Wirkungen nicht weit hinter der Kriegswucherei selbst zurücksteht. ES ist ein Eigennutz, genau so strafbar, genau so volksgefährlich, genau so unpatriotisch wie das unmittelbare Uebervorterlen selbst, wenn sich der reiche Mann, die bemittelte Hausfrau der Lebensschätze bemächtigt und sie zu Liebhaberpreisen und in verschwenderischer Menge zusammenkauft. Jeder dieser Aufkäufer ist ein Lebensmittelspekulant im schlimmsten Sinne des Wortes; jeder treibt weit über seinen Anteil am Verbrauch hinaus dauernd seinen ärmeren Mitbürgern die Preise in die Höhe.
Die Tagesberichte.
Großes Hauptquartier WTB. (amkl.)
Samstag, den 23. Oktober.
Westlicher Kriegsschauplatz
Nichts Neues.
Östlicher Kriegsschauplatz.
Heeresgruppe des Gen.-Feldmarschall von Hindenburg.
An der Nordspitze von Kurland erschienen russische Schiffe, beschossen Petragge, Domesnees und Gipken und landeten schwache Kräfte. Bei Domesnees wiederholte, mit starken Kräften unternommene russische Angriffe südlich von Sadewes hatten auch gestern keinen Erfolg. Sie führten bei Duki zu heftigen Nahkämpsen.
Heeresgruppe des Gen.-Feldmarschall Prinz Leopold von Bayern.
Südlich des Wygrowskoie-Sees wurde in Verbindung mit der
Heeresgruppe des Generals von Li »singen
feindliche Angriffe gegen unsere Stellung am Oginsky-Kanal abgewiesen.
Westlich von CMorysk ist unser Angriff in weiterem Fortschreiten. Kukli ist genommen; über 600 Gefangene sind eingebracht.
Balkankriegsschauplatz.
Bei Visegrad wurde der Übergang über die Drina erzwungen und der Feind von den Höhen südlich dieses Ortes vertrieben.
Die Armee des Generals von Koeveß hat die feindliche Stellung zwischen der Lukawica und dem Kosmaj-Berg gestürmt.
Die Armee des Generals von Gallwitz hat den Gegner östlich von Palanka über die Jasenica und östlich der Morawa aus seinen Stellungen in Linie Alexandrovac - Orljevo geworfen, über 6üü Serven wurden gefangen genommen.
Dem Druck von beiden Seiten nachgebend wichen die Serben aus ihren Stellungen und der Linie Kosutica-Berg-Lacina-Höhe (281).
Die bulgarischen Truppen setzten sich in den Besitz von Negotin und Roglievo. Sie stehen östlich und südöstlich von Knjazevac in fortwährenden Angriffen und wiesen südöstlich von Pirot serbische Vorstöße blutig ab.
Sonntag, den 24. Okober.
Westlicher Kriegsschauplatz.
Nordöstlich von Souchez wurden feindliche Vorstöße zurückgewiesen; in unsere Stellungen eingedrungene Abteilungen wurden sofort wieder hinausgeworfen.
Feindliche Flieger warfen erfolglos Bomben auf Ostende und Bahnhof Noyon. Ein englischer Doppeldecker wurde im Luftkampf westlich von St. Quentin zum Absturz gebracht. Führer und Beobachter (Offiziere) sind tot. Deutsche Flieger griffen mit anscheinend gutem Erfolge das englische Truppenlager Abboville an und belegten Verdun mit Bomben; es wurden Treffer beobachtet.
Östlicher Kriegsschauplatz.
Heeresgruppe des Gen.-Feldmarschall von Hindenburg.
Die bei Domesnees gelandeten russischen Kräfte gingen vor dem Anmarsch deutscher Truppen wieder auf die Schiffe. Nordwestlich von Dünaburg warfen unsere Truppen den Gegner unter großen Verlusten für ihn aus seinen Stellungen bei Schloßberg und erstürmten Jlluxl. Die Russen ließen 18 Offiziere,