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KieZu: Illustriertes Sonntugsblult unö während der Scnson Arntiiche Iremöenl'iste.

Nr. 67

Samstag, den 5. Juni 1915

I 51. Jahrgang.

Deutsches Kapital in feindlichem Sold

G. v. Skal schreibt unter dem 1. Mai aus New-Iork:

Während man in Deutschland mit Recht dar­über entrüstet ist, daß die Vereinigten Staaten den Feinden des Reiches Kampfmittel aller Art liefern, sollte man auch wissen, daß deutsche Fabriken in Amerika, die von Deut­schen geleitet werden, sich nicht entblöden, an diesem schmählichen Handel teilzunehmen und Material zu liefern, das gegen ihre im Kampfe für das Vaterland stehenden Brüder zur Verwendung kommt. Für heute werden zwei Beispiele genügen.

Die Allis-Chalmers Company in Milwaukee fertigt Schrapnellhülsen für die Bethlehem Steel Works an. Der Vertrag sieht eine Lieferung großer Mengen vor. Jedermann weiß, daß die Bethlehem Steel Co. ausschließlich für die Alliierten liefert. Die Allis-Chamers Co. wurde, wenigstens zum Teil, von Deutschen gegründet, und an ihrer Spitze steht als Präsident ein Herr Otto Falk, der in Deutschland geboren wurde. Ob er noch deutscher Staatsbürger ist, läßt sich nicht feststellen. Er macht keinen Hehl daraus, daß er durch Lieferung der Geschosse, durch die deutsche Sol­daten verwundet oder getötet werden, viel Geld zu verdienen hofft.

Die Bosch Magneto Company in Springfield, Massachusetts, liefert große Mengen ihrer Erzeug­nisse nach Kanada. Diese Firma arbeitet ganz mit deutschem Kapital, steht unter der Leitung von Deutschen und ist eine Filiale der bekannten deut­schen Firma gleichen Namens in Stuttgart. Sie entschuldigt sich damit, daß die Bestellungen von amerikanischen Firmen gemacht werden und aus ihnen nicht erkenntlich sei, daß das Material für Kriegszwecke gebraucht wird. Der Vorwand ist nicht stichhaltig, weil die Lieferungen viel umfang­reicher sind, als durch den normalen Bedarf aus Kanada gerechtfertigt erscheint. Daß die Firma genau weiß, worum es sich handelt, geht aus ihrer Behauptung hervor, sie habe die Bestellungen nur

angenommen, um die Lieferungen zu verzögern und dadurch die Alliierten in Verlegenheit zu bringen. (?) Diese Firma versendet gedruckte Rundschreiben, in denen geschildert wird, wie das Mutterhaus für die Angehörigen der im Felde befindlichen An­gehörigen sorgt. Auch sammelt sie non ihren hiesigen Arbeitern Beiträge für diesen Zweck, die ganz gern von ihrem Lohn abgeben, sich aber darüber ärgern, daß sie gleichzeitig an der Her­stellung von Waren arbeiten müssen, die für den Feind bestimmt sind. Der Leiter der amerikanischen Filiale ist der deutsche Staatsbürger OttoF. Heins.

(Vielleicht wäre es angebracht, diese und andere Firmen auf § 89 des deutschen Strafgesetzbuches aufmerksam zu machen. Dieser Paragraph lautet: Ein Deutscher, welcher vorsätzlich wegen eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Kriegs einer feindlichen Macht Vorschub leistet oder der Kriegsmacht des Deutschen Reiches oder der Bundes­genossen desselben Nachteil zufügt, wird wegen Landesverrat mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft." Schriftleitung.)

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ttr. mss. Robert Bosch in Stuttgart versendet an die Presse eine Erklärung, worin er zu der oben erhobenen Anschuldigung folgendes bemerkt:

Auf diese völlig ungerechtfertigten Angriffe habe ich zu erklären, daß nach dem mir zu Gebote stehenden Einblick in die geschäftlichen Verhältnisse der amerikanischen Firma, nach ihrer ganzen Ein­richtung und insbesondere nach der Persönlichkeit ihres Leiters keinerlei Verstoß dieser Firma gegen die deutschen Interessen in Frage kommen kann. Damit entfallen von selbst alle gegen meine hiesige Firma abgeleiteten Vorwürfe, ohne daß ich auf die Frage näher einzugehen brauche, welcher persönliche und organisatorische Zusammenhang überhaupt zwischen meiner und der amerikanischen Firma besteht. Im übrigen habe ich, um allem weiteren Gerede die Spitze abzubrechen, bereits meinerseits die zuständige Behörde angerusen, um ihr an Hand des vorliegenden Materials die völlige Grundlosigkeit der erhobenen Anschuldigung

nachzuweisen. Von dem Ergebnis dieses Ver­fahrens iverde ich seinerzeit der Oeffentlichkeit wieder Kenntnis geben.

Die Tagesberichte.

Großes Hauptquartier, 3. Juni. (WTB. Amtlich.) Westl. Kriegsschauplatz: Um den von den Engländern besetzten stark ausgebauten Ort Kooge etwa 3 Km. östlich von Dpern entwickelte sich ein Kampf, der einen günstigen Verlauf nimmt. Wir sahen uns gezwungen, den Turm der Martins­kirche in Upern, auf dem feindliche Artillerie­beobachtungsstellen erkannt waren, gestern zu be­seitigen.

In der Gegend nördlich von Arras mar die die Kampftätigkeit auf der Front Souchez-Neuville und südlich wieder sehr lebhaft. Die Franzosen setzten des Nachmittags und in der Nacht mehrfach zu größerem Angriff an, die an einzelnen Stellen zu erbitterten Nahkämpfen führten. Ueberall er­litten die Franzosen die schwersten Verluste, ohne irgendwelche Vorteile zu erringen. Um den Besitz der Zuckerfabrik bei Souchez wird noch dauernd gekämpft.

Das Feuer der französischen Artillerie auf die hinter unserer Stellung liegenden Ortschaften for­derte unter den frauz Einwohnern gestern wieder zahlreiche Opfer, so zum Beispiel in Vngres, wo 5 Männer, 15 Frauen und 10 Kinder und in Mericourt, wo 2 Frauen getötet oder verletzt wurden.

Im Priesterwalde sind die Kämpfe noch nicht abgeschlossen.

In den Vogesen bewarfen unsere Flieger den Etappenort und Eisenbahnknotenpunkt Remiremont und feindliche Truppenlager beim Hoheneck mit Bomben. Kleine örtliche Gefechte entstanden heute Nacht in der Gegend des Fechttales bei Metzeral.

Oestlicher Kriegsschauplatz.

Die Lage ist unverändert.

Südöstlicher Kriegsschauplatz.

Die Festung Przemysl ist heute früh.

Der Flieget;.

3) Novelle von Friedrich Rorsger.

Um 3 Uhr wurde Theo durch eine Ordonnanz geweckt. Er sollte um 4 Uhr zu einer Erkundigungs­fahrt aufsteigen. Er machte alles fertig, setzte noch ein paar Zeilen unter den Brief an seine Mutter, und begab sich dann eiligst zu dem Schuppen. Dort herrschte bereits reges Leben. Er fand seinen Apparat bereits fertig zum Aufstieg. Nachdem er alles noch einmal in Augenschein genommen und Seprüft hatte, meldete er sich bei seinem Vorge- setzten, um seine Befehle in Empfang zu nehmen. Theo notierte sich alles genau und dachte bei sich, sollen schon mit dir zufrieden sein. Er be- Mg den Riesenvogel, genau 4 Uhr war es, als er über den Rasen dahinfegte. Der Flugplatz wurde kleiner und kleiner.er war ver­

schwunden.

Unter ihm schien noch alles im tiefsten Schlafe M liegen. Der Höhenmesser zeigte 1800 Meter; "befand sich über dem Meere. Näher und "uher kam er seinem Ziel. Er zeichnete und photo­graphierte, ^«unterbrochen. Jetzt befand sich Theo 8"ade über der Stadt. Ein Druck auf den rechten Hebel und zischend durchfuhr die erste Bombe die drei. Er beobachtete die Wirkung U)ch das Glas. Gut hatten diese drei schwarzen arger ihre Sache gemacht. Gerade als er einen

neuen Film einsetzen wollte, platzte unter ihm eine feindliche Granate. Höher I Der Motor arbeitete, aber er stieg nicht mehr. Was war das? Jetzt setzte der Motor aus. Sollte er getroffen sein? Theo bog sich vor; er erblaßte. Ein Granat, splitter hätte die Kühlung zerschlagen und der Ver­gaser war dadurch undicht geworden. Nur Ruhe. Aber er sank. Im Notfälle konnte er die rettende Küste noch erreichen. In einer Höhe von 1500 m stoppte er den Motor ab und ging zum Gleitflug über. Es war auf Leben und Tod. Die Küste rückte näher und näher. Auf einmal arbeitete der Motor wieder ein wenig, und glücklich erreichte er die erste Vorpostenlinie. Es war 8 Uhr 15 Min., als er hart mit dem Apparat aufschlug, eine schwere Landung, doch immer noch besser als auf See. Theo begab sich sofort zu Hauptmann Pilsach, um ihm Meldung zu erstatten. Hauptmann Pilsach hörte gespannt zu, dann sagte er, ihm die Hand drückend:Sehr gut haben Sie das gemacht, ich werde Sie zum Leutnant vorschlagen, und wenn die Aufnahmen auch noch gilt gelungen und wert­voll für die Artillerie sind, dann ist Ihnen das Eiserne Kreuz erster und zweiter Klaffe gewiß. Guten Morgen!" Theo vergaß ganz, den Gruß zu erwiedern, alles um ihn herum drehte sich. Er Leutnant Theo v. Rottammer, er vermochte es nicht zu sagen. Den ganzen Nachmittag schwelgte er in dem übergroßen Glücke. Bevor er jedoch etwas Näheres nach Hause berichtete, wollte er

erst den Bescheid von Hauptmann Pilsach ab- warten. Am Abend erfuhr er im Casino, daß er zum Leutnant eingegeben und zur Dekoration vorgeschlagen sei. Wie würde sich seine Mutter freuen, Theo mit solchen Ehren überhäuft zu wissen. Er schrieb noch einen Brief an Willibald, dann ging er zu Bett.

Der Apparat war von Mannschaften eingebracht worden, und die Monteure arbeiteten schon eifrig an der Wiederherstellung, als Theo am nächsten Morgen erschien. Der Schaden war nicht allzu ernster Natur gewesen, und um die Mittagszeit unternahm er bereits einen Probeflug, welcher zu seiner vollen Befriedigung ausfiel.

Bei seiner Rückkehr fand er einen Brief vvr, der ihn sofort zu Hauptmann Pilsach berief. Dieser teilte ihm mit, daß er sich für heute abend um 7 tthr bereit halten möchte, es handle sich um einen Aufklärungsflug auf See.

Es war ziemlich bewölkt, aber windstill. Theo war über eine Karte gebeugt und studierte eifrig die Küste. Er befand sich nur 900 m hoch, aber er konnte nicht viel sehen. Das Meer lag still und träge unter ihm, und nur hin und wieder sah er ein kleines Fischerboot, welches zum Nacht­fang ausfuhr. Theo ging noch tiefer. An der Küste bemerkte er verschiedene wichtige militärische Punkte und war gerade bemüht, dieselben in seine Karten einzuzeichnen, als es unter ihm plötzlich lebendig wurde. Pfeifend fuhren die Geschosse