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Nl. 65

T icnstaq, den 1. Juni 19! 5

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Die Dardanellen.

Die Befestigungen an der Dardanellenstraße sind eigentlich recht jungen Datums. Im Alter­tum, als die Meerenge noch Hellespont hieß, gab es so etwas nicht. Trotzdem hatte man wohl das Bewußtsein von der Wichtigkeit der Verbindung. Die ersten phönizischen und griechischen Abenteurer, die durch die Meerengen Hellespont und Bosporus ins Schwarze Meer gelangten und von den Ein­geborenen des Kaukasus Gold eintauschten (das goldene Vlies"), erzählten Wunderdinge von den Gefahren, die dort drohten, von Amazonen und eisernen Vögeln, von Räubern und Zauberern, von Drachen und von den beiden Felsen, welche immer zusammenschlugen, wenn ein Schiff dazwi­schen hindurch fuhr. So schreckte man die Kon­kurrenz ab. Das klingt in der Geschichte vom Argonautenzug noch nach. Später bildete sich dort ein starkes Reich mit der Stadt Troja (Jlios) an der Spitze, so daß der Verkehr zwischen Griechen­land und dem Pontus unterbrochen war. Im troja­nischen Krieg wurde dieses Hindernis beseitigt und mm gab es bald eine Masse griechischer Kolonien um das Schwarze Meer herum. Die größte wurde Haler Byzanz, das heutige Konstantinopel am Bosporus.

An der Meerenge des Hellespont selbst lagen nur kleine Städte, z. B. Sestos und Abydos, wo die Geschichte von Hero und Leander gespielt haben soll. Die Orte werden auch mit Wall und Graben befestigt gewesen sein, wie damals jede Stadt; aber das hinderte weder die Durchfahrt, »och den Uebergang. Terxes baute 480 v. Chr. seine Schiffbrücke über die Meerenge, und ohne Schwierigkeiten setzte auch Alexander (334) sein Heer hinüber.

Auf der asiatischen Seite, unweit Albydos, lag auch das kleine Städtchen Dardanos. Es hatte wenig Bedeutung, aber der Name stand in hohen Ehren, denn Dardanos war ein alter Halbgott ge­wesen. Er sollte, so hieß es, am Jda-Berge die Stadt Dardania gegründet haben, von der aber längst keine Spur mehr zu sehen war. Von dem

Städtchen Dardanos am Hellespont stammt der Name der Dardanellen.

Auf die Idee, die Meerenge mit starken Fest­ungen zu besetzen, kamen erst die Türken. Das ist erklärlich, denn eine solche Befestigung bekam erst Sinn und Zweck, als man Kanonen hatte, um von den Küstenforts aus die Meerenge wirk­sam zu bestreichen. Die ersten Befestigungen hat dort Sultan Mahmud II. im Jahre 1462 ange­legt, derselbe Sultan, der 1453 Konstantinopel er­obert hatte. Er wußte, daß die seemächtigen Ve- netianer und ihre Freunde, die Rhodiser, die Lesbier u. a. sich zu vereinigen beabsichtigten, um ihn aus Konstantinopel wieder zu vertreiben, und da schien ihm mit Recht die Befestigung der wichtigen Dar­danellenstraße als die beste Abwehr. Zweihundert Jahre später, 1658, verstärkte Mahmud IV. die Anlagen. Es ist natürlich, daß die ersten Forts noch unvollkommen »sein mußten. Die Kanonen z. B. waren zwar groß, aber nicht drehbar; sie waren fest eingemaueit und schossen immer nur in derselben Richtung. Wieder gaben die Venetianer den Anstoß. Von 16451669 hatten die Türken und Venetianer schweren Krieg miteinander. Der türkische Admiral Kenaan Pascha wurde geschlagen, und flüchtete mit dem Rest der Flotte unter den Schutz der Dardanellenkanonen. Mahmud IV. ver­stärkte darum die Dardanellenbesestigungen noch mehr. Trotz dieser Anlage sind im Jahre 1770 der Engländer Elphinstone, der als Admiral in russischen Diensten stand, und dann 1807 der engl. Admiral Duckworth ungehindert durchgesegelt. Diese Fahrten hatten weiter keine Folge.

Im Jahre 1809 wurde der sogenannte Dar- danellen-Bertrag zwischen der Türkei und den West­mächten abgeschlossen. Dieser Vertrag, der 1841 und dann noch öfters erneuert wurde, verpflichtete die Türkei, die Dardanellen für fremde Kriegs­schiffe zu sperren. Selbstverständlich kümmerte sich im Krimkriege, 1853 -1856, als England, Frank­reich und die Türkei gegen Rußland standen, kein Mensch um solche Abmachungen. Die Festungs­werke waren auch dem Fortschritte der Artillerie gegenüber völlig veraltet.

Auf englische Anregung entschloß sich die Türkei, in den Jahren 18671877 einen völligen Umbau der Werke vorzunehmen. Ein englischer Festungs­baumeister, Sir Henry Bulwer, war Leiter der Arbeiten. Weitere Verbesserungen und Verstär­kungen der Werke, deren Wichtigkeit man immer mehr erkannte, besorgte im Dienste der türkischen Regierung im Jahre 1892 und später der belgische Brialmont. Aber auch in jüngerer Zeit ist daran gearbeitet worden, die Festungen stets den Erfor­dernissen der Gegenwart anzupassen.

So ist denn die Straße der Dardanellen ge­spickt mit den mannigfachsten Werken. Daß Eng­länder und Belgier den jetzigen Feinden ihre Burgen gebaut haben, und nun doch nichts dagegen aus- richten können, weil noch andere, ganz moderne, unter deutscher Leitung gefertigte Werke dazwischen liegen, darin liegt ein gewisser Humor der Geschichte.

Die Tagesberichte.

Großes Hauptquartier, 29. Mai. (WTB. Amtlich ) Westl. Kriegsschauplatz: Die Franzosen setzten gestern, nachdem wir sie bei Angres zurück­geworfen und ihnen eine Anzahl Gefangener ab­genommen hatten, mit starken Massen zu einem Gegenangriff längs der Straße bei Bethune-Sou- chez ein, wurden aber unter den empfindlichsten Verlusten auf der ganzen Front abgeschlagen. In der Nacht nahmen wir die schwache Besatzung des Ostteiles von Ablain, deren Verbleib in der dort vorgeschobenen Stellung nur unnützes Blut gekostet hätte, unbemerkt vom Feind auf die unmittelbar dahinter befindliche nächste Linie zurück. Südlich Souchez wurde gestern abend ein französischer An­griffsversuch durch unser Feuer im Keime erstickt. Das südwestlich Souchez liegende, von den Fran­zosen als von ihnen erobert erwähnte Schloß Le- Carrien ist dauernd von uns gehalten. Südöstl. Neuville wiesen wir feindliche, mit Minen und Handgranatenfeuer vorbereitete Vorstöße leicht ab.

Im Priesterwalde nordwestlich Pont-a-Mousson gingen die Franzosen wie am 27. Mai abends wieder zu einem größeren Angriff über. Unser

Der Fliegest.

Novelle von Friedrich Rorsger.

»Willibald hat sich doch auch freiwillig gestellt, »>aruin darf ich nur nicht, ich werde es schon aus- Men, bin alt genug dazu. Vater war doch auch Wzier, er hätte es sicher mit leuchtenden Augen begrüßt und nicht wie Du, liebe Mutter, immer »nt einer ernsten, unerbittlichen Miene drein­geschaut," polterte Theo ziemlich erregt heraus.

Frau von Rottammer schüttelte den Kopf, sie genau, warum sie so unerbittlich war. dem Tode ihres Mannes führten sie ein sehr bescheidenes Dasein, denn die Pension war nicht ?Mhoch, und sie hatte ihre schönsten Hoffnungen c Werden Theos gesetzt. Theo war der Migste unter den Geschwistern, noch nicht ganz Wzehn Jahre, die Figur vom Vater, das Gemüt bs Mutier. Er war seinen Altersgenossen in , weit überlegen, ganz besonders im Sport Pbte er Hervorragendes und die vielen Preise b Erchenkränze in seinem Zimmer gaben beredtes <Mgms davon. Auch in der Wissenschaft stellte itan!^ nicht unter den Scheffel, denn er Mlen^ Fugend vor dem Abiturienten-

z. ging im Zimmer auf und ab, plötzlich " er die Stille:Mutter, ich habe Dir einen

Vorschlag zu machen I Wenn ich unter den drei besten Abiturienten bin, top, gib Deine Hand und damit die Einwilligung zum Eintritt in die Armee als Fahnenjunker."

Lass mir bis morgen Bedenkzeit, Theo, und nun geh' und arbeite," entgegnete die Mutter ruhig.

Schon am nächsten Morgen beim Kaffee gab sie ihre Einwilligung unter den von ihm gemachten Bedingungen. Er schlug kräftig in die dargebotene Rechte.

Hab Dank Mutter, du hast mich heute morgen glücklich gemacht," und er eilte hinaus, riß die Mütze vom Haken und stürmte der Schule zu. Es war reichlich spät geworden.

Theo arbeitete angestrengter denn je, da er seines Erfolges ganz gewiß sein wollte. Er sah seine Mutter und Irmgard nur noch zu den Mahl­zeiten, er hatte jetzt keine anderen Gedanken, als das Examen. Acht Tage von Ostern hatte er es geschafft.Cum laude" und nicht unter den drei besten, nein, er war der beste selbst, er, Theo von Rottammer. Sein unbezwinglicher Ehrgeiz hatte gesiegt. So sehr sich die Mutter darüber freute, so konnte sie doch nicht verheimlichen, daß sie es lieber gesehen hätte, wenn die Zensur dieses Jahr einmal schlechter gewesen wäre. Doch sie fügte sich darein, früher oder später hätte sie doch die Erlaubnis dazu geben müssen, das war sie ihrer Familie schuldig.

Schon vor dem Examen hatte er heimlich nach D. . . . geschrieben, ob die Garnison noch frei­willige Flieger einstellen würde. Der Bescheid war günstig ausgefallen, und so reiste er bereits am nächsten Tage nach D.. .. ab. Der Abschied war kein leichter, denn Theo verließ zum ersten Male das Elternhaus. Er hatte noch nie auf eigenen Füßen gestanden, aber er wußte genau, wenn es noch so hart für ihn werden sollte, er würde sich durchringen. Das Heimweh, das in ihm auskam, wurde sehr schuell von der inneren Begeisterung überwunden. Der neue Beruf! Die Zukunft!

Für Frau von Rottammer war es hart; ihr ältester Sohn war nun schon seit den ersten Tagen draußen, er war bereits Leutnant mit vielen Aus­zeichnungen dekoriert, aber er war ja so ganz anders wie Theo. Nun war auch er noch fort. Der einzige Trost für sie waren die begeisterten Briefe, die fast täglich von Theo eintrafen.

Theo hatte sich bald in seinem neuen Beruf eingelebt. Er arbeitete von früh bis abends spät und kam gut vorwärts. Nach drei Wochen unter­nahm er bereits den ersten Aufstieg ohne Führer und am Pfingstsonntag, genau 6 Wochen nach seinem Eintritt, legte er die Pilotenprüfung mit Erfolg ab. Durch seinen unermüdlichen Eifer nnd Fleiß hatte er sich die Liebe und Achtung seiner Vorgesetzten voll und ganz erworben. Nach der Prüfung reichte er seinen ersten Urlaub ein, um