Amtsblatt
für die Slttdt MiLddcrd
Erscheint Dienstags, Donnerstags und Samstags
Bestellpreis vierteljährlich 1 Mk. 10 Pfg. Bei allen würt- leinbergischen Postanstalten und Boten im Orts- und Nachbarortsverkehr vierteljährlich 1 Mk. 15 Pfg.; außerhalb desselben 1 Mk. 20 Pfg.; hiezu 1b Pfg. Bestellgeld.
Anzeiger
ur Wil'dvaö u. Umgebung.
Die Einrückungsgebühr
beträgt für die einspaltige Petitzeile oder deren Raum 8 Pfg., auswärts 10 Pfg., Reklamezeile 20 Pfg. Anzeigen müssen den Tag zuvor aufgegeben werden; bei Wiederholungen entsprechender Rabatt.
Hir;u: Illustriertes Sonntagsblatt und während der Saison: Amtliche Fremdenlisty.
Sir. 141
Dienstag, den 28 . November mit
17. Jahrgang.
kunikcbau.
S 1 uttgart, 27. Nov. Wie schon in anderen deutschen Städten, hat auch hier Ingenieur Edward Richter über seine Gefangenschaft in der Türkei und in Griechenland einen Vortrag gehalten, der eine große Zuhörerschaft in den Königsbausaal geführt hat.
Altensteig, 27. Nov. Letzten Freitag früh um 3 Uhr wurde hier wieder ein Erdstoß wahrgenommen und zwar ein senkrechter, hörbarer. Das Zittern wurde deutlich verspürt. Auch von anderer Seite wird bestätigt, daß um diese Zeit ein leichtes Beben stattfand.
Herrenberg, 27. Nov. Einen frechen Diebstahl begingen in der Abenddämmerung einige sogenannte Handwerksburschen in einem Metzgerladen. Während zwei der Spießgesellen vor der Ladentüre Wache standen, schlich ein dritter durch die Hintere Haustüre in den Laden und stahl die Kasse, mit der alle drei verschwanden.
Tübingen, 25. Nov. Der verh. Schaffner Kraus von hier, der heute mittag mit dem Personenzug von Horb hier ankam, glitt beim Absteigen auf dem Wagentritt aus und wurde vom Zug erfaßt und geschleift, wobei ihm beide Beine abgefahren wurden. Der Vorgang ereignete sich vor den Augen seiner Frau, die gekommen war, um ihm das Mittagessen zu bringen. Der Verunglückte starb auf dem Transport zur Klinik.
V a i h i n g e n a. E., 25. Nov. Stadtschultheiß Wischuf ist nach kurzer Krankheit heute abend unerwartet rasch verschieden.
W e i l d er st a d t, 24. Nov. Die Diebe der hiesigen Gegend sind zurzeit strenge beschäftigt. Vor ca. 14 Tagen wurden, wie das „Neue Tagbl." berichtet, einem krüppelhaften Steinklopfer 800 Alk. gestohlen. Ein Stuttgarter Polizeihund sollte den Täter finden, aber er verbellte den Bestohlenen selbst, da er einen vom Dieb zurückgelassenen Gegenstand auf sein Bett legte. — Dem Landwirt Kappler bei der Linde wurden von seinem Enkel 6000 Mk. in Wertpapieren und barem Geld gestohlen Der lebenslustige und geldbedürftige Herr wurde letzten Herbst vom Militär entlassen und hatte bei seiner Festnahme in Stuttgart einen beträchtlichen Teil des Geldes mit Frauenzimmern verbraucht. — Der dritte Fall ereignete sich neulich in Merklingen. Dem Hirschwirt Olpp wurden 400 Mark bares Geld entwendet. Der Polizeihund Sherlock entdeckte den Täter und derselbe sieht nun seiner Bestrafung entgegen.
Urach, 25. Nov. Der zweite Mahlgang der Landtagsersatzwahl ist auf Dienstag 5. Dez. anberaumt worden.
Heilbronn, 26. Nov. Die betagte Witwe eines kürzlich hier verstorbenen Prokuristen nahm sich den Tod ihres Mannes so sehr zu Herzen, daß sie in einem Anfall von Schwermut heimlich in der Frühe vonhause wegging und den Tod im Neckar suchte.. Während sie von ihren Angehörigen am Grabe ihres Mannes, von dem sie sich nicht trennen konnte, gesucht wurde, brachte man die im Neckar aufgesundene Leiche der unglücklichen Frau ins Leichenhaus.
Jagst seid, 26. Nov. Dem verheirateten 41 Jahre alten Bremser Karl Müller aus Heidelberg wurde auf dem hiesigen Bahnhof der linke Arm und der linke Fuß abgefahren. Der Verletzte ist seinen Verletzungen erlegen. Er hinterläßt eine Frau und fünf unmündige Kinder.
Ellwangen, 26. Nov. In der Wohnung des städtischen Forstwarts hat der noch schulpflichtige Sohn eines hiesigen Oberförsters, der ein geladenes Gewehr aus dem Nebenzimmer holte, dem etwas über 10 Jahre alten Sohne des Forstwarts die ganze Ladung in den Mund geschossen. Der Verletzte wurde zur Operation nach Gmünd verbracht.
Berlin, 27. Novbr. , Der Reichstag erledigte heute die erste Lesung des Gesetzes betr. Eisenbahnbauten im ostafrikanischen Schutzgebiet.
Berlin, 26. Nov. Die Budgetkommission des Reichstags, die in ihrer heutigen Sitzung den Gesetzentwurf betr. Ausgabe der kleinen Aktien in Konsulargerichtsbezirken und im Schutzgebiet Kiautschou beriet, nahm mit 13 gegen 9 Stimmen einen Antrag der Reichspartei an, wonach die Ausgabe kleiner Aktien auf China beschenkt werden soll. Z 1 wurde unverändert angenommen.
Berlin, 27. Nov- Der Kreuzer „Berlin" wird, nachdem in Agadir alles ruhig und keine Gefahr für Leben und Eigentum der Deutschen mehr vorhanden ist, morgen über Casablanca und Tanger die Heimreise amreten. S. M. S. „Eber" wird die „Berlin" nach Casablanca und Tanger begleiten und sich dann wieder auf die ostafrikanische Station begeben.
Olmütz, 27. Nov. Das Dienstmädchen, das seine Schwester mit Arsenik vergiften wollte und dadurch zwei Kinder des Dienstherrn der Schwester tötete, steht in dem Verdacht, auch seine Eltern vergiftet zu haben. Der Vater war mit einigen tausend Kronen versichert. Im Herbst starb der bis dahin vollkommen gesunde Mann nach kurzer Krankheit plötzlich und bald darauf auch überraschend schnell die Mutter.
Freiburg i. B., 27. Nov. Heute morgen 4 Uhr 10 wurde in der oberrheinischen Ebene abermals ein Erdstoß, begleitet von dumpfem Rollen > und Zittern der Häuser, wahrgenommen.
Straßburg, 27. Nov. Wie wir vernehmen, ist als Tag der Eröffnung des neuen Landtags der 6. Dezember in Aussicht genommen. Die feierliche Eröffnung des neuen Landtags wird im Kaiserpalast stattfinden.
Montreuil-Bellay, 24. Nov. Das Wasser des Thonetflusses ist so weit gefallen, daß die Trümmer des verunglückten Eisenbahnzuges sichtbar sind. Ein Wagen 1. Klasse wurde einen Kilometer von der Unfallstelle entfernt gefunden. Es sind sieben Leichen geborgen worden. — Zu dem Eisenbahnunglück wird weiter gemeldet, daß eine Frau während der Rettungsarbeiten an den Folgen des Schrecks gestorben, ein Mann wahnsinnig geworden ist.
Aus London liegen vom gestrigen „kritischen Tag erster Ordnung im Parlament" bis jetzt noch keine Nachrichten vor.
Liverpool, 25. Nov. Bei einer Explosion in einer Oelkuchenfabrik ereigneten sich schreckliche Szenen. Viele der Opfer wurden nach allen Richtungen geschleudert. Sofort nach der Explosion geriet die Mühle in Brand. Die Flammen schossen bis zum Dachgestühl, das weggeschleudert wurde. Ein Hagel von Steinen und Dachziegeln mischte sich mit menschlichen Ueberresten. Aerzte, Pflegerinnen und andere eilten sofort zur Hilfe herbei. Eine Anzahl Leichen wurde bereits aus den Trümmern gezogen. Viele sind nicht zu erkem .. Nach den letzten Feststellungen beträgt die Zahl der Toten 12, die der Verletzten wenigstens hundert.
Mexiko, 25. Nov. In dem Kampf bei Santa Anna haben die Regierungstruppen in einer Stärke von 450 Mann 800 Anhänger des Generals Za- pata geschlagen. Von diesen wurden 62 Mann getötet. Zapata ist geflüchtet.
Tokio, 26. Nov. Der bekannte japanische Staatsmann, Graf Komura, ist gestorben.
Ms SiM untl Umgebung.
Wildbad, 27. Nov. Die auf Sonntag abend zu einer Abschiedsfeier für Herrn Stadtpfarrver- weser Steim ergangene Einladung führte die kath. Gemeinde sowie sonstige Bekannte des Scheidenden in den Saal des Hotel Maisch. Im zahlreichen Besuch dieser Feier liegt ein Beweis für die Hochachtung, welche sich der Scheidende während seiner 2jährigen Wirksamkeit erworben hat. Herr Gerichtsnotar Oberdörfer brachte namen- der kath. Gemeinde den Dank zum Ausdruck für alles, was Herr Stadtpfarrverweser Steim in Kirche und Schule zum Wohl der Gemeinde getan, und versicherte ihn des freundlichen Gedenkens und der besten Wünsche für sein ferneres Wirken. Durch 'den Mund des Herrn Güthler wurde dem Be-
Herz und Ehre.
Roman von Arthur Zapp. lForts.) (Nachdruck verboten.)
„Ich deutete Ihnen bereits an," erwiderte Viktor Lehnhard, „daß meine Mutter den Grund, warum Sie sich weigern, mich in Ihre Familie aufzunehmen, und warum Sie mich zwingen, auf Else zu verzichten, nie erfahren darf."
Leutnant Wollmar machte eine Bewegung unmutigen Erstaunens.
„Wie, Ihre Mutter wüßte nicht, daß — "
„Daß ich einst schwer gefehlt und dafür im Gefängnis gesessen habe — sie weiß es nicht."
Den Mienen des Offiziers war deutlich ein so starker Unglaube ausgeprägt, daß Viktor mit tiefer Bitterkeit rief:
„Sie glauben mir nicht? Einem Manne wie mir braucht man ja nach Ihrer Anschauung nicht zu glauben. Aber ich schwöre Ihnen bei dem Heiligsten und Teuersten, was mir noch geblieben: bei der Liebe zu meiner Mutter, daß sie nicht ahnt, daß ich einst meine Ehre verloren habe."
„Aber das ist ja unmöglich!" konnte sich Claus. Wollmar doch nicht enthalten auszurufen.
„Es ist eine Tatsache, die sich mit wenigen Worten erklären läßt. Meine Eltern lebten damals in einer kleinen Stadt der Rheinprovinz. Meine Mutter war, als das Unglück geschah, leidend. Unter dem Vorwand, daß sie strengster Schonung bedürfe, hielt mein Vater allen Verkehr von ihr fern; natürlich litt er ebensowenig, daß ihr eine der Zeitungen, die über meinen Fall berichteten, vor die Augen kam. Als mein Prozeß zu Ende war, siedelte mein Vater mit meiner Mutier nach Berlin über. Von mir hieß es, ich sei in England auf einer Studienreise. — Auch mein Vater war, wie Sie, hart und unerbittlich. Er hat mir nie wieder ein freundliches Wort gesagt. Nur in Gegenwart meiner Mutter zwang er sich zu einer unbefangenen Miene, so schwer ihm die Komödie auch angekommen sein mag. Und nun überlasse ich Ihnen, ob Sie mir glauben wollen oder nicht — und ob Sie meine Mutter schonen wollen oder nicht." -
„Ich glaube Ihnen", erwiderte der Leutnant mit einem verstohlenen Blick in das vor heißer
Bewegung zuckende Gesicht seines Begleiters. „Und ich habe keine Veranlassung, Ihrer Frau Mutter einen Schmerz zuzufügen."
„Ich danke Ihnen."
Noch stand Viktor Lehnhard zögernd und seine Lippen bewegten sich, seine Brust rang heftig, als wolle noch etwas an die Oberfläche. Da tat er plötzlich einen tiefen, seufzenden Atemzug, wie jemand, der in schwerem, stillem Kampf einen drängenden Herzenswunsch überwunden hat. Dann lüftete er seinen Hut und schritt mit schnellen Schritten die Chaussee weiter.
Leutnant Wollmar aber kehrte um, um sich zu seinen Eltern zurück zu begeben, tief erschüttert wider Willen. -
VI.
Professor Wollmar ging seinem Sohn entgegen, als dieser mit fragendem Blick eintrat
„Nun? Wie erträgt sie es?" forschte der Leutnant und sah seinem Vater voll Spannung ins Gesicht.
Tiefer Kummer sprach aus den Mienen des alten Herrn.