Strecke ist 51 Kilometer lang und wird auf 153 Mann verteilt, somit hat jeder Läufer 333 Meter zu durchlaufen. Den letzten Läufer in Gmünd empfangen die beiden dortigen Turnvereine, denen er eine Urkunde mit Gruß und Gut Heil überbringt.
Stuttgart, 1. Nov- Die für die Volksfesttage auf dem Cannstatter Wasen errichtete Polizeiwache dient zurzeit zur Vornahme der ärztlichen Untersuchung sämtlicher schulpflichtiger Kinder von Cannstatt und der Vororte Gaisburg, Untertürkheim und Wangen. Die Untersuchung wird vom Stadtarzt Or. weck. Gasfpar unter Assistenz zweier weiterer Aerzte vorgenommen und soll 2V- Monate dauern. Zur Bedienung der Aerzte und der Kinder sind 2 Damen angestellt.
Stuttgart, 1. Nov. Wie erst jetzt bekannt wird, scheute am letzten Donnerstag in der Moltke- kaserne das Pferd des Leutnants Steiner und rannte sich an der Umfassungsmauer die Hirnschale ein, sodaß es auf der Stelle erschossen werden mußte. Leutnant Steiner wurde mit Knochenbrüchen vom Platze getragen.
Stuttgart, 3t. Okt. Beim Abgerüsten hielt sich bei einem Kaminneubau der Brauerei Wulle ein Maurer an einem im Kamin eingemauerten ^tegeisen fest. Dieses lockerte sich, der Maurer ,urzte aus einer Höhe von etwa 14 Meter ab und brach beide B ine. Er mußte nach dem Karl- Olga-Krankenhaus überführt werden.
Stuttgart, 1. Nov. Gestern kam es in der Altstadt in einer Wirtschaft am Jlgenplatz am Hellen Tage zu solchen Ausschreitungen, daß ein größeres Schutzmannsaufgebot einschreiten mußte.
Calw, 1. Nov. Für die Landtagswahl im Oberamt Calw hat die Sozialdemokratie den Landtagsabgeordneten Reichel als Kandidaten ausgestellt.
Serres, O.A. Maulbronn, 31. Okt. Das 150jährrge Bestehen des hiesigen Waldenserkirchleins wurde am letzten Sonntag in Gegenwart von Abgesandten aus >en Hochtälern von Piemont und den dortigenldensergemeinden feierlich begangen.
Tübingen, 30. Okt. In dem Steinbruch bei Mittelstadt wurde der Steinhauer Karl Lutz von Mittelstadt, r unter einem Gerüst stand, von einem Bali , oerart in ein mit Wasser gefülltes Loch gesch ert, daß er seinen Verletzungen, ohne das Bewr in wieder erlangt zu haben, nach einer Stun erlag.
Neresheim, 1. Nov. Der Vorstand des hiesigen Postamts hat sich am Samstag erschossen. Jedenfalls handelt es sich um einen Anfall nervöser Störung.
Ulm a. D., 28. Okt. Ueber den finanziellen Zusammenbruch ->e-' Bankdirektors L>ali Thal- messinger verlau». daß er sein ganzes Vermögen von mindestens einer halben Million Mark in Spekulationen verloren habe.
Pforzheim. (Der „Neue".) AufderZerrenner- straße wurde Montag früh der vollständige Anzug eines Mannes gefunden. Da man einen Selbstmord vermutete, wurde die Polizei gerufen. Beim Durchsetzen der Kleider wuroen Papiere gesunden und daraus der Name eines Mannes aus Brötzingen festgestellt, der nach den sofortigen Feststellungen heute nacht in total betrunkenem Zustande ohne alle Kleider nach Hause gekommen ist.
Pforzheim, 1. Nov. Der Stiefsohn des Glasers Bärmann, der 23jährige Ausläufer Braun, hat sich aus Gram über die Ermordung seiner Mutter in seiner Wohnung ebenfalls erschossen.
Pforzheim, 30. Okt. Zu dem Familiendrama, über das wir berichteten, wird noch geschrieben : Der getöteten Frau Bürmann wird allgemein ein gutes Zeugnis ausgestellt. Sie versah nicht nur sogenannten Monatsdienst, sondern arbeitete
auch zu Hause fleißig als Bürstenmacherin. Sie hatte auch einen Korb mit Bürsten zur Ablieferung bei sich, als sie am Samstag von ihrem herabgekommenen Manne meuchlings niedergeschossen wurde. Der Grund zu der Bluttat dürfte, wie bereits erwähnt darin zu suchen sein, daß sich die Frau zur Zurücknahme der Scheidungsklage gegen ihren Mann nicht verstehen wollte. — Was wird mit dein Gattenmörder geschehen? fragt mancher. Da seine Hauptbeschäftigung seit Jahren darin bestand, sich „mildernde Umstände" anzutrinken, wird er wahrscheinlich mit einigen Jahren Gefängnis davou- kommen.
Mannheim, 31. Okt. Das Luftschiff „Schütte- Lanz" unternahm heute nachmittag trotz ungünstiger Witterung seinen zweiten erfolgreichen Aufstieg.
Berlin, 31. Okt. Der Kaiser empfing heute vormittag den Reichskanzler v. Behtmann-Hollweg.
Berlin, 1. Nov. In der gestrigen Sitzung der Kommission für das Versicherungsgesetz der Privatangestellten wurde die Beratung und Beschlußfassung über den vierten Abschnitt des Entwurfs (Schiedsgerichte und Oberschiedsgericht), die man bereits am Samstag begonnen hatte, vorläufig noch weiter zurückgestellt. Vom Abschnitt V (Ausbringung der Mittel) wurden die §8 171 bis 207 mit kleinen Aenderungen angenommen.
Berlin, 1. Nov. Wegen beispielloser Hochstapeleien wurde von der Berliner Kriminalpolizei der 34 Jahre alte Gerichtsschreiber Hans Möller verhaftet, der bei einem Berliner Gericht als Bogenschreiber' beschäftigt, aber krankheitshalber seit längerer Zeit beurlaubt war. Er verschaffte sich dadurch, daß er sich Dr. Martini nannte und für einen Gerichtsassessor, Stabsarzt oder früheren Arzt der Charitö ausgab, Eintritt in alle Gesellschaftskreise. Martini spielte den Leuten vor, daß er sehr gute Beziehungen zu einem Geheimrat vom Kaiserlichen Patentamt unterhalte. Nach dem Namen dieses Geheimrats fragte ihn selten jemand, und wenn ihn jemand darum fragte, schützte er Diskretion vor. Von seinem Gönner erhalte er die Prospekte zu den Patentanmeldungen, die bei dem Amte eingingen, setze sich mit großen Firmen in Verbindung und arbeite für diese, weil er patent-technisch ausgebildet sei, die Patente durch. Hierbei springe für ihn ein großer Gewinn heraus. Der Verdienst sei so groß, daß sich auch für die Kapitalisten nach Abzug aller Spesen das hineingesteckte Kapital immer noch mit 100 bis 300 Prozent verzinse. Merkwürdig war, daß die Leute, die sich überreden ließen, Geld herzugeben, nicht nur nicht nach dem Namen des befreundeten Geheimrats, sondern auch nicht nach der Art der Patente sich weiter erkundigten. Um seine Vorspiegelungen glaubhaft zu machen, legte er gefälschte Bescheinigungen des Patentamts vor. Auch zahlte er einigen Personen, die ihm Geld anvertraut hatten, nach einigen Monaten namhafte angebliche Gewinne heraus. Nach den bisherigen Ermittelungen hat Möller im letzten Jahre über 400 000 Mk. ergaunert, wahrscheinlich aber noch viel mehr; denn vermutlich hat er noch weit mehr Gläubiger geschädigt, als bisher die Anzeige erstatteten. Einer der Kapitalisten war mißtrauisch geworden und teilte seinen Verdacht einem Kriminalkommissar mit, der auch den Schwindel entdeckte. Möller führte ein Doppelleben. Während er zu Hause und im Kreise seiner Opfer den einfachen und soliden Mann spielte und sich recht vertrauenswürdig gab, war er außer Sichtweite dieser Kreise ein zügelloser Lebemann, der das Geld mit vollen Händen ausgab. Möller wurde in dem Augenblick verhaftet, als er ein vornehmes Weinrestaurant verlassen hatte. Man fand in seinen Westentaschen die Kleinigkeit von nur 107 000 Mark in Tausend-und Hundertmarkscheinen. Das Geld wurde ihm sofort abgenommen.
«ebenso wurde ein Guthaben Möllers von 20000 i Mark bei einer Berliner Bank beschlagnahmt. In !der Wohnung seiner Frau fand man Brillanten, i Oelgemälde, Pelze, Teppiche und dergl. im Werte 'von 15 000 Mark. Außerdem fand man Beweise j dafür, daß Möller in nächster Zeit Berlin verlassen wollte. Er hatte schon Verbindungen in Paris angeknüpft und sich über die dortigen Verhältnisse genau unterrichtet. Demnächst wollte er den Schauplatz seiner Taten nach Paris verlegen.
Essen, 1. Nov. Aus der Zeche „König Ludwig" bei Recklingshausen gerieten 6 Arbeiter in ein Getriebe. Der eine ist tot, drei andere wurden lebensgefährlich, zwei leichter verletzt.
Hirschberg i. Schl., 31. Okt. Im Hofe des Gerichtsgefüngnisses wurde heute früh der 26 Jahre alte Schneider Johann Maatz aus Birngrütz hingerichtet. Maatz hat am 7. Februar die Handelsfrau Siebeneicher und eine Frau Wenzel in deren Wohnung in Langwasser auf bestialische Weise ermordet und beraubt.
In Leipzig wurde die erste deutsche Hoch schule für Frauen eingeweiht.
Wien, 1 Nov. In der österreichischen Ministerkrise ist gestern eine überraschende Wendung ein- i getreten, die bei der Sicherheit, mit der in den j letzten Tagen ein Neues Kabinett Gautsch erwartet j wurde, einen sensationellen Beigeschmack hat. Der Rücktritt des Ministeriums Gautsch, der gestern in einem einstimmigen Ministerratsbeschluß die Antwort auf den Bericht des Ministerpräsidenten über den Verlauf seiner Audienz beim Kaiser darstellte, ist bestätigt. Das Ministerium Gautsch ist gewesen und nickt Freiherr v. Gautsch, sondern ein anderes Mitglied seines Kabinetts, der bisherige Unterrichtsminister Graf Stürgkh, übernimmt die Neubildung.'
Wien. Herr Benedikt, der Besitzer der »Neuen Freien Presse", ist, so schreiben die „Nachr. a. Oesterr.-Ung.", aus Herrn von Kiderlen böse; denn, wie in Wiener Journalistenkreisen mit viel Behagen erzählt wird, hat die Redaktion der „Neuen Freien Presse" Herrn v. Kiderlen um eine Unterredung über die politische Lage gebeten, Herr v. Kiderlen hat ihr aber sagen lassen, sie möge sich doch an den „englischen Diplomaten in wichtiger Stellung" wenden, was sie ja bei der nächsten Gelegenheit wieder tun wird; diesmal wollte sie aber mit edler Dreistigkeit gerade eine Unterredung vom deutschen Staatssekretär haben, der ihr nun die einzig richtige Abfertigung darauf zuteil werden ließ.
Mailand, 30. Okt. Die oberttalienischen Blätter bringen folgende Aufsehen erregende Meldung aus Bologna: Heute morgen waren im Hofe der dortigen Caildini-Kaserne 300 Mann des 35. Infanterieregiments, die nach Tripolis gehen sollten, versammelt. Der Oberst richtete gerade eine patriotische Ansprache an die Soldaten, in der er sagte, sie sollten dem Vaterlande Ehre machen, als plötzlich ein Schuß krachte und der Oberstleutnant Stroppa in die Brust getroffen zu Boden stürzte. Einer der nach Tripolis bestimmten Soldaten namens Augusto Masetti hatte, die Tat vollbracht. Der betreffende Soldat ist Anarchist und wollte mit seinem Attentat gegen den Krieg protestieren. Als man ihn festnahm, erklärte er ruhig: „Ich habe die in Tripolis gefallenen Kameraden gerächt. Ich bin Anarchist und will lieber in Italien fallen."
New york, 1. Nov. Infolge falscher Weichenstellung fuhr auf der Union Pacific-Bahn ein Expreßzug auf einen Lastzug. Die Wirkung des Zusammenstoßes war furchtbar. Beide Züge waren völlig ineinander gefahren. 20 Personen wurden getötet, 30 verwundet.
Newyork, 31. Okt. Die Regierung zeigt die
Dem jungen Manne stieg die Röte des Eifers und der Ueberzeugung ins Gesicht.
„Jawohl, Herr Professor. Ich liebe Else aufrichtig, aus vollem Herzen."
Der alte Herr nickte befriedigt.
„Schön, schön! So viel ich weiß —" er heftete seinen Blick fragend auf die neben ihm sitzende Gattin — „ist auch Else Ihnen nicht abgeneigt. Aber noch mancherlei andere Umstände sind zu berücksichtigen. Auch die materielle Seite der Frage ist ins Auge zu fassen. Wir sind in der glücklichen Lage, unserer Tochter eine Mitgift von —"
„Pardon", unterbrach Viktor Lehnhard, „auf ein« Mitgabe an barem Gelds rechne ich nicht."
Der Professor sah den ihm Gegenübersitzenden überrascht, mit einer Nuance von Wohlwollen an.
„Sind Sie denn so vortrefflich gestellt, daß Sie keinerlei Beihilfe zu beanspruchen brauchen?"
„Ich hatte im letzten Jahre eine Einnahme von achttausend Mark."
„Aber da haben Sie ja mehr als ich, junger Mannl" fuhr es dem Professor heraus. Und mit der ihm gewohnten Bedächtigkeit fügte er hinzu:
„Da lägen also nach dieser Seite hin keine Bedenken mehr vor. Nun wären noch die gesellschaftlichen und persönlichen Momente zu erwägen." -
Der Professor reckte sich unwillkürlich in den Schultern und mit sichtbarer Genugtuung sagte er:
„Sie wissen, daß ich einen Sohn im Offizierskorps habe. Auch wird Ihnen nicht unbekannt sein, daß dieser Umstand mitwirkend auf die ganze Familie ist und daß man in der Armee in gewissen Dingen außerordentlich difficil ist- Ich muß mir daher ein paar Fragen bezüglich Ihrer Familienverhältnisse erlauben: Ihr Herr Vater?"
„War praktischer Arzt und ist vor einigen Jahren gestorben."
„Und Ihre Frau Mutter?"
„Stammt aus einer Predigersamilie. Ihr Großvater und Vater waren Prediger und ihre beiden Brüder gehören demselben Berufe an."
„Schön! Sehr gut!" Der Professor wiegte mit zufriedener Miene sein Haupt. „Auch das wäre erledigt. Was nun Ihre Persönlichkeit anbetrifft, Herr Lehnhard, so kenne ich Sie als einen soliden, ehrenhaften jungen Mann. Freilich, meine > Kenntnis Ihres Charakters basiert lediglich auf!
oberflächlichen Wahrnehmungen, und ich halte es für meine Pflicht, ehe ich mich in einer nicht nur für Else, sondern auch für die ganze Familie so wichtigen Angelegenheit entscheide, mit meinem Sohne Rücksprache zu nehmen, wie ich denn überhaupt mich gewöhnt habe, in jeder die Familie berührenden Sache ohne meinen Sohn keinen Entschluß zu fassen."
In Viktor Lehnhards Mienen spiegelte sich deutlich seine Enttäuschung.
„Dann darf ich also auf eine Antwort noch nicht rechnen?" fragte er bestürzt.
„Noch nicht."
Dunkle Glut flammte in dem Gesicht des jungen Mannes aus und seine Augen flirrten unruhig. Die Finger seiner rechten Hand, die lang zur Seite herunterhing, griffen nervös an dem Stuhlbein herum.
„Sie — Sie werden sich zuvor nach mir erkundigen?" fragte er tief aufatmend.
„Das überlasse ich meinem Sohn. Wenn er es für nötig findet, wird es geschehen."
Die Augen Viktor Lehnhards richteten sich starrauf die Platte des Tisches vor ihm. (Forts, folgt./