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gsblatt und mährend der Saison: Amtliche Fremdenlisttz.

Nr. 127

Donnerstag, den 26- Oktober t9Ll

47. Jahrgang-

zutreiben. Während dieses Kampfes griffen Araber­trupps aus der Oase, die sich hinter Bäumen verborgen hielten, ein, und gingen im Flanken­angriff gegen die italienischen Linien vor. Die Italiener machteil, ohne Verluste zu erleiden, auch gegen diese Seite durch ein schnelles Manöver Front und es gelang ihnen, einen Teil der auf­ständischen Araber zu umzingeln und ihnen große Verluste beizubringen. Dle Stimmungder italienischen Truppen ist sehr gehoben.

Tripolis, 24. Okt. Eine Fliegerpatrouille meldete gestern früh den Vormarsch feindlicher Kavallerie. In der Tat machten gegen 8 Uhr etwa hundert arabische Reiter und einige türkische Soldaten einen Frontangriff auf verschiedene Punkte. Der Angriff war gegen '/r10 Uhr überall zurück­geschlagen. Zu dieser Zeit begannen einige Araber der Oase hinterrücks auf die Vorposten zu schießen. Man hat deshalb strenge Maßnahmen zur Durch­führung der Waffenauslieferung ergriffen und zahl­reiche Verhaftungen vorgenommen. - Die Luft­schifferkapitäne Piazza und Meize unternahmen heute einen Erkuudigungsflug bis Agezia, 12 km über Bumeliana hinaus, und entdeckten 4 türkische Lager in Abständen von 1214 km vor den Vor­posten. Eines dieser Lager war sehr groß. Das 40. Jnfanteriebataillon, das eine Rekognoszierung unternahm, traf bei Buluk den Feind, der sich in beträchtlicher Entfernung hielt und zahlreiche Gewehr­schüsse abgab. Das Bataillon ging unter energischem Feuer vor. Die Türken flohen und ließen 3 Tote zurück. Die Italiener hatten keine Verluste. Zu der Meldung, daß sich 32 arabische Häuptlinge den Italienern unterworfen haben, bemerkt der Messagero, es handle sich um 5000 Araber von Nescifanna aus dem Dschebel. Einige ihrer Häupt­linge baten, die Waffen behalten zu dürfen, um sich gegen die Türken verteidigen zu können. Die Unterwerfung beweist, daß in dem Teil vom Dschebel, der von den obenerwähnten Arabern bewohnt wird, sich keine türkischen Truppen be­finden. Die Unterwerfung wird den Vormarsch der italienischen Truppen gegen das Hochland zu erleichtern.

Tripolis, 25. Okt. Der eingeborene Diener des deuschen Konsuls ist gestern nachmittag erschossen worden, weil er einem italienischen Soldaten einen Dolchstich versetzt hatte.

I Konstantinopel, 24. Okt. Die hiesige deut- jsche Botschaft beurteilt die Meldungen türkischer

Blätter über ein euglisch-türkisches Bündnis durchaus ernst. Wenn das Berliner und das Wiener Kabinet die günstige Haltung des gegenwärtigen Kabinets Said gegenüber den beiden europäischen Zentralmächten nicht rasch ausnützen, um Italien zu veranlassen, auf eine Annexion Tripolitaniens zu verzichten und sich mit einem Protektorat unter türkischer Souveränität zu begnügen, dann bestehe die Gefahr, daß Großbritannien gegen türkische Kon­zessionen im Persischen Golf alle Errungenschaften der deutschen und der österreichischen Friedenspolitik am Balkan und in Mesopotamien vernichte.

kuiukcbau.

Stuttgart, 24. Okt. J.J. M.M. der König und die Königin verließen heute vormittag mit Ge­folge Friedrichshafen, um hierher zurückzukehren.

Ueber den Ausfall der Weinlese in Württemberg steht folgendes Resultat fest: Die Frage, ob der 1911er einAusstichwein" ge­worden sei, muß für die Allgemeinheit verneint werden, da das hiezu erforderliche Mostgewicht von 90 Grad nach Oechsle nur in bevorzugten Lagen und bei späterer Lese erreicht wurde. Die Ge­wichte der Hauptmasse der Weine spielten zwischen 70 und 90 Grad, und es darf nicht verhehlt werden, daß es auch Weinmoste zwischen 58 und 70 Grad gab. Allerdings sind bei Edelsorten wie Weiß­riesling, Traminer, Ruländer u. dergl- auch 100 Grad und darüber erreicht worden. In den ver­hältnismäßig niederen Mostgewichten kam die über­große Trockenheit dieses Sommers doch in einer nicht erwarteten Weise zum Ausdruck. Da die Trauben Heuer im allgemeinen gesund vom Stock genommen werden konnten und wenig Säure ent­hielten, so werden sich die Weine in Geschmack und Farbe sehr rein bauen und mild, wohlscbmeckend, reintönig und bnkettreich werden, vorausgesetzt, daß die Dutchgürung eine gründliche gewesen ist. Die Preise bewegten sich in den Weinorteil am Alb- trauf zwischen 200 und 240, in der Stuttgarter Gegend zwischen 230 und 300, im Neckartal und den Seitentälern des Unterlandes und im Remstal zwischen 200 und 250, im Kocher-, Jagst- und Taubertal zwischen 200 und 240 M. Ueberraschend hohe Preise wurden auf den Versteigerungen der Kgl. Hofkammer, der herrschaftlichen Güter und der Weingärtnergesellschaftcn erzielt: 600 M. und darüber pro Eimer winden für einige hervorragende Qualitäten, meist Weißriesling, gelöst. In Klein-

Drr türkisch-italiknischk Krieg.

Die Italiener sind infolge des unerwarteten Widerstandes, den die Türken und Araber in den letzten Kämpfen um Benghasi und Dernah und auch hinter Tripolis geleistet haben, von ihrem schönen Traum, Tripolitanien im Handumdrehen sich einzuverleiben, auf recht unsanfte Weise kuriert worden. Die Ankunft hervorragender türkischer Offiziere, wie Enver Bey, auf dem Kriegsschauplatz macht sich bereits zugunsten der Türken fühlbar. Der kundigen Führung des Genannten haben die Italiener offenbar auch die Schlappe zu verdanken, die sie gleich bei dem ersten wohlorganisierten Vor­stoß der türkischen Truppen in Tripolis erlitten haben. Um diese Schlappe zu verheimlichen, darf keinerlei private Kriegsberichterstattung mehr durch­gelassen werden. Man ist also darauf angewiesen, das, was dieAgencia Stefani", das offizielle italienische Telegraphenbureau, der Welt an Nach­richten vorsetzt, mit den aus türkischen Quellen stammenden Nachrichten zu vergleichen und dann sich sein Urteil selbst zu bilden.

Am Montag hat der schon lange vorbereitete große Angriff der Türken und Araber auf die italienischen Stellungen um Tripolis stattgefunden. Die Italiener haben ihre Stellungen nach langem Kampf unter schweren Opfern behauptet. Die Ita­liener gerieten bei dem sehr geschickt geleiteten An­griff der Türken zwischen zwei Feuer und konnten sich einer Umklammerung nur durch größte Geistes­gegenwart entziehen. Der Erfolg des heißen Ge­fechts wird wohl der Rückzug der Türken in den Dschebel sein, wo sie ja den Angriff der Italiener und den Zuzug weiterer Araber in Ruhe erwarien können. Weitere Nachrichten lauten:

Rom, 24. Okl. Auf den gestrigen Angriff auf die Vorposten der Italiener folgte bald die Erhebung der Araber der Oase, die einen Flanken­angriff auf die Italiener ausführten, der zweifel­los seit einigen Tagen vorbereitet war. Das Vor­gehen wurde eingeleitet durch Scharen arabischer Reiter, die unter den dunklen Uniformen der Türken durch ihre weißen Mäntel hervorstachen. Diese Reiter warfen sich mit großer Wucht gegen die italienischen Linien, wurden aber durch die Gewehrsalven der Italiener aufgehalten und mit Verlust zurückgetrieben. Zur selben Zeit griff die türkische reguläre Infanterie, gedeckt durch Mauern und Gärten, auf der anderen Seite an und ver­suchte die Italiener durch ein heftiges Feuer zurück-

Schuldbeladen.

Roman von Heinrich Tiadem.

(Nachdruck verboten

XXII.

Auf der Station der Dampferlinie Folkestone- Boulogne lag das Schiffthe Delphin" zur Ab­fahrt bereit. Auf dem Verdeck bewegten sich nur wenige Passagiere, teils gelangweilt, teils unge­duldig. Andere saßen, da bis zur Abfahrt des Dampfers noch fast eine Stunde Zeit war, mit Freunden oder Verwandten abschiednehmend bei einer Flasche Wein.

Der Steuermann stand auf der Brücke, gähnte und schielte von Zeit zu Zeit mißvergnügt zu seinem Kapitän hinüber, der mit einem Hafenbeamten rauchend und plaudernd am Fallreep stand.

Unter dem großen Sonnensegel nach der Meeres­seite zu saß einsam eine Dame in tiefer Trauer. Aus ihrem bleichen Gefickt blickten groß», müde Augen, die voll waren von trostlosester, grauer Resignation, hinaus auf die tänzelnden, um Sonnen- lichl golden leuchtenden Wellen.

Von den Vorgängen auf Deck nahm sie in ihrer düster-nachdenklichen Stimmung gar keine Notiz. Also merkte sie auch nicht, daß -ein hoch­gewachsener Herr mit hastigen Schritten das Schiff betrat und sich mit einer Frage an den Kapitän

wandte- Der machte mit seinem Besucher einige Schritte auf das Hinterdeck zu und wies auf die einsam dort sitzende Dame.

Dann stand der Fremde neben ihr. Sie zuckte zusammen, als so plötzlich vor ihr auf dem weiß­gescheuerten, sonnenüberglasten Deck der schwarze Schatten aufsprang. Als sie nun aber emporblickte, mehr erstaunt als-' erschreckt, da schoß ein tiefes, glühendes Ust m ihre Wangen. Mit einer schwer­fälligen .Bewegung erhob sie sich und stand ihm gegenüber dem Manne, mit dem sich ihre Ge­danken, diese schweren, heißen Sehnsuchtsgedanken, beschäftigten dem Manne, um den sie trauerte, mehr als um den, dessen Tod sie zur Witwe gemacht.

Edelhagen Sie-I Wie kommen Sic hierher?"

Ich erhielt Ihr Abschiedsschreiben," erwiderte Edelhagen mit tiefer Bewegung in der Stimme, und die Empfindung, daß zwischen uns ein Ab­schied für das Leben unmöglich sei, trieb mich dazu, Ihnen nachzureisen."

Woher wußten Sie, daß ich in Folkestone zu Schiffe ging?"

Die Frage klang gleichgiltig, wie Worte klingen, mit denen man ein peinliches, gefürchtetes Schweigen verscheuchen möchte.

Ich erfuhr es zufällig", antwortete Edelhagen in demselben Ton.

Dann war es da das Schweigen. Schwer

und heiß lag es auf beiden. Beide blickten auf das Wasser hinaus.

Warum kamen Sie mir nach ?" fragte sie nach einer Weile mit leiser Stimme.

Ich sagte es weil es mir nicht möglich ist, mich von Ihnen für ein ganzes, langes Leben zu trennen. Melitta warum diese Re­signation?"

Die Lippen der jungen Frau begannen zu zittern.

Ich habe vom Leben nichts mehr zu erwarten und ich will es auch nicht. Ich habe abge­schlossen."

Das sollte hart klingen, energisch und ab­weisend. Doch gegen ihren Willen bebte ihre Stimme, und die Seele, die sich durch einen harten, spröden Willen in ihre Regungen nichts drein reden läßt, legte viel tiefen, ergreifenden Klang in die Worte, die der eigensinnige unbarmherzige Verstand diktierte.

Und Edelhagen hörte neben der Abweisung die Klage, und er sah, wie es in den herben Zügen zuckte, vor verhaltenem, bitterem Herzeleid, und wie über die schmalen, bleichen Wangen zwei dicke Tränen rannen.

Sie wollen nicht, Melitta? Sie verschließen absichtlich Ihr Herz gegen das Glück, das bei Ihnen anklopft und Ihnen nach der trüben Ver-