und auf ihr gewannen die ersten IS Glücklichen wieder den Erdboden, um Platz zu machen für das zweite Dutzend, das es sich bald bequem machte und mit Gesichtern, auf denen sich alle möglichen Gefühle wiederspiegelten, zu den Fenstern herausschaute. Ein längerer Aufenhalt war, da für den Nachmittag Niederschläge gemeldet, nicht beabsichtigt, und schon wenige Minuten nach 12 Uhr lärmten die Signalglocken, begannen die Maybach­motoren zu knattern. Dann setzten die Propeller ein und die vordere Gondel erhob sich vom Boden als mit lautem Rufen ein älterer Herr im Luftschifferhabit dahergestürmt kam. Es war der bekannte Luftschifferkapitän Hacker, den man buch­stäblich vergessen hatte. Verzweifelt hing sich der Ausgeschiffte an eins der Halteseile, Mitleidige unterstützten ihn und so kam der Wackere noch im letzten Augenblick und unter großer Heiterkeit aller an Bord. Dann stieg das Luftschiff 12.10 Uhr leicht und sicher in die Höhe, machte eine noch­malige Schleife über Stuttgart und verschwand in der Richtung, aus der es vormittags gekommen war. Um S'/i landete es nach glücklicher Rückfahrt wieder glatt vor der Halle in Baden-Oos.

Nachm. 3 Uhr 18 Min. stieg dieSchwaben" zu ihrer hundertsten Passagierfahrt mit 12 Per­sonen an Bord auf. Das Luftschiff war aus diesem Anlaß mit Flaggen geschmückt und trug an der vorderen Gondel einen Lorbeerkranz. Die Luft­schiffhalle in Baden-Oos zeigte über dem Portal die Zahl100" und war mit blau-weißen und schwarz-weiß-roten Flaggen geschmückt.

Stuttgart, 9.Okt. Die Weinlese in Württem­berg, soweit sie bis jetzt schon beendet, hat im all­gemeinen ein recht erfreuliches Resultat ergeben. Die Käufer haben sich sehr zahlreich eingefunden und das Gewächs findet überall zu steigenden Preisen Abnehmer. Unter 200 Mark für 3 KI wird nicht verkauft; bessere Lagen ergeben bis 250 Mark und darüber. Leider ist die Freude unserer Weingärtnec nicht unvermischt, denn die Quantität schlägt vielfach zurück.

Stuttgart, 9. Okt. Der Faßroller Vogel, der vor einigen Tagen infolge einer Erkrankung an den Füßen im Heilbronner Krankenhaus lag, ist jetzt wieder hergestellt und hat Samstag nach­mittag mit seinem Faß die hiesige Friedrichstraße passiert.

Ostelsheim, 8. Okt. Anläßlich einer Hoch­zeit entstand heute früh 4 Uhr beim Gasthaus zur Sonne eine Schlägerei, bei welcher der ledige, 28 Jahre alte Goldarbeiter Jakob Maier von Merk­lingen derart zugerichtet wurde, daß er wenige Stunden nachher starb.

In Jselshausen, OA. Nagold, ist in der Nacht vom Sonntag auf Montag das Anwesen des Lammwrrts Baumann abgebrannt. Die Be­wohner, welche aus dem Schlafe geweckt werden mußten, konnten nur das nackte Leben retten. Es wird Brandstiftung vermutet.

In OberstenfeldOA. Marbach, wurde einem Weingärtner nachts in seine 2 Eimer haltende Weinbütte Erdöl gegossen. Die Flasche, in der das Erdöl aufbewahrt war, wurde in der Bütte vor­gefunden. Die Täterin ist ein 26 Jahre altes Mädchen, das bereits ein umfassendes Geständnis abgelegt hat.

Göppi'ngen, 8. Okt. Das mit einem Kostenaufwand von rund 50 000 Mark auf dem hiesigen Friedhof erbaute Krematorium ist heute mit einer schlichten, aber eindrucksvollen Feier seiner Bestimmung übergeben worden.

Vom Bodensee, 9. Okt. Um dem Zuschub von Zigeunern von einem Staat zum andern zu begegnen, ist zwischen den beteiligten Dampfschiff­fahrtsverwaltungen die Vereinbarung getroffen worden, das gesamte Dienstpersonal anzuweisen,

seiner dunklen Tat, hörte sein Todesröcheln, sah den brechenden Blick und war dennoch überzeugt, daß dessen Leiden nicht entfernt den seinigen gleich­kämen. Und in einem plötzlichen Gefühl maßloser Selbstbemitleidung schossen ihm heiße Tränen in die Äugen.

Doch die schrecklichen Worte, die sich über ihn zu stürzen drohten wie die Engel des Gerichts, die blieben ungesprochen.

Während er noch langsam zurückwich vor dem drohenden Arm seines Weibes, das wie eine rachefordernde Walküre vor ihm stand, sank dieser Arm plötzlich herab. Ein heftiges Zittern fuhr durch die hoch aufgerichtete Gestalt dann sank sie mit einem ächzenden Laut in sich zu­sammen. *

Als die Abenddämmerung sich über das stille Haus am Friedhof St. Johns herniedersenkte, da lag Frau Melitta Strakeau in wilden Fieber­phantasien aus ihrem Bette. Mit strengem, fin­sterem Gesicht stand Doktor Strong neben ihrem Lager, beobachtete die Kranke und gab dem zit­ternden Dienstmädchen sein» Befehle. Dabei lauschte

künftighin Zigeuner u. dergl., die zum Zwecke der Schaustellung von Kamelen, Bären, Affen usw. herumziehen, nicht zur Beförderung auf den Schiffen zuzulassen, auch nicht gegen Bezahlung der nor­malen Taxen oder mit polizeilicher Begleitung oder auf Verlangen einer Polizeibehörde.

Pforzheim, 9. Oktbr. Am letzten Freitag wurde der frühere Straßenwart Senger von Eff- ringen, OA. Nagold, auf dem hiesigen Bahnhof überfahren und getötet.

Berlin, 7. Okt. Im Tarifausschuß der deutschen Buchdrucker wurde nach vierzehntägiger Verhandlung ein neuer Lohntarif auf die Dauer von 5 Jahren abgeschlossen. Nach dem Tarif wird der Gehilfenschaft u. a. eine Lohnerhöhung von 10°/° und eine wöchentliche Verkürzung der Arbeitszeit um eine halbe Stunde bewilligt. Lokal­zuschläge auf Orte mit besonders verteuerten Lebens­bedingungen werden nach dem Ortsklaffenprinzip des Reichsbesoldungsgesetzes geregelt. Ferner wird die allgemeine Einführung des Berechnend an Setz­maschinen zugestanden und die Arbeitszeit an Setz­maschinen für alle Systeme und für alle Betriebs­arten einheitlich geregelt. Auch über die wirksame Bekämpfung der Schleuderkonkurrenz wurde Ueber- einstimmung erzielt.

Dortmund, 7. Okt. Die Generalversamm­lung des Evangelischen Bundes wurde gestern durch einen Festgottesdienst in der dichtgefüllten Reinoldkirche eröffnet. Abends fand alsdann eine zahlreich besuchte Begrüßungsversammlung statt.

Aus Bad Kissingen wird uns mitgeteilt, daß die diesjährige Generalversammlung der Ver­einigung der Hoteliers und Restaurateure deutscher Bade- und Kurorte e. V., Sitz: Bad Kissingen, in diesem Jahre am 23,, 24. und 25. Oktober in München, Hotel Leinfelder, stattfinden wird. Die Tagesordnung enthält sehr aktuelle Fragen, u. a. Arbeitsnachweise im Gastwirtsgewerbe, Trinkgelder­frage, Konkurrenz der Privatlogierhäuser in den Bade- und Kurorten etc. Der letzte Versammlungs­tag wird voraussichtlich zu einem Ausflug in die Münchner Umgebung benutzt werden.

Am 10. Oktober feiert in Innsbruck Frau Emilie Stolz, geborene Speckbacher, ihren 80. Ge­burtstag. Sie ist eine Enkelin Josef Speckbachers, des genialsten und verwegensten der Tiroler An­führer vom Jahr 1809. Ihr Vater war Andreas Speckbacher, der älteste Sohn des Helden. Seine Knabenschicksale sind mit der Geschichte jenes merk­würdigen Befreiungskampfes eng verflochten.

Der erste Jahrestag der Proklamation der Republik Portugal ist im ganzen Land mit Begeisterung gefeiert worden. In Lissabon wurde der Präsident mit jubelnden Zurufen begrüßt. Einige umstürzlerische Versuche haben in den nörd­lichen Distrikten stattgefunden, hanptsächlich in Oporto, aber mit Ausnahme der kleinen Stadt Vilhaes im Distrikt Braganza, wo die Ordnung noch nicht wiederhergestellt ist, herrscht überall dank den energischen Maßnahmen der Regierung vollkommene Ruhe.

Portugal. In Oporto sind am Samstag abend Marinetruppen eingetroffen und nach Villa Real und Mirandello weitergegangen. Das Küsten­panzerschiffVasco da Gama" warf auf der Reede von Leixoes Anker. Republikanische Truppen hiel­ten die wichtigeren strategischen Punkte besetzt Einzelne Abteilungen verfolgten Banden von Monarchisten. Bei Braganza kam es danach am Samstag mittag zum Kampf. Nachm. 3 Uhr 20 Minuten wurde nach Lissabon gemeldet. Die Royalisten wurden geschlagen; sie haben sich auf spanisches Gebiet zurückgezogen.

Sofia, 8. Okt. Die letzten Nachrichten über große militärische Vorbereitungen im Vilajet Adria­nopel haben hier große Beunruhigung Hervorge­er aufmerksam auf die wirren Reden der Fiebern­den und warf von Zeit zu Zeit einen scharfen Blick auf Strakeau, der in der dunkelsten Ecke des Zimmers in einem Sessel kauerte und mit zusam­mengekniffenen furchtsamen Augen zum Bette seines Weibes hinüberblickte.

Endlich hatten die Beruhigungsmittel des Arztes den gewünschten Erfolg. Die Kranke lag in tiefem, todähulichem Schlafe.

Der Arzt griff zu Hut und Handschuhen.

»Ihre Frau wird nun voraussichtlich ruhig bleiben bis zum Morgen," sprach er in kühlem, geschäftsmäßigem Ton.Morgen in aller Frühe werde ich wieder hier sein. Sorgen Sie nun vor allen Dingen dafür, daß sich fortwährend eine zuverlässige Person am Bette befindet. Solche Kranke machen oft viel zu schaffen und vollbringen die tollsten Streiche."

Strakeau halt« sich schwerfällig erhoben.

Sie fürchten, meine Frau könnte das Bett verlassen?"

Das wäre an sich ja nicht so schlimm. Aber sehen Sie darauf, daß Fenster und Türen ver­schlossen bleiben. Und vor allen Dingen: jede

rufen und die Regierung veranlaßt, die Gesandten Bulgariens bei den Großmächten anzuweisen, die Aufmerksamkeit der Regierungen daraufhin zu lenken, daß die unerwarteten und ungerechtfertigten mili­tärischen Maßnahmen geeignet seien, die Ruhe an der Grenze und den Frieden auf dem Balkan zu gefährden. Die Gesandten sollen an die Regie­rungen das Ersuchen stellen, bei der Pforte zur Vermeidung etwa daraus entstehender gefährlicher Folgen Vorstellungen zu erheben.

Marokko.

Die Spanier beginnen bei Melilla wieder eine lebhafte kriegerische Tätigkeit, wobei es alsbald zu scharfen Zusammenstößen und blutigen Kämpfen kam. Nach einer etwas mystischen amtlichen Er­klärung handelt es sich um die Vorbereitung zu den von der Regierung notwendig erachteten Operationen. Nach einer weiteren amtlichen Meldung aus Melilla sind die vorläufigen Operationen nach zehnstündigem Kampf glänzend durchgeführt worden. Die Harka wurde schwer gezüchtigt und ließ zahlreiche Tote sowie Waffen und Munition zurück. Die Division OroSzco erreichte die Höhen bei Terkemin nach hartnäckigem Kampf, wobei sie auf dem Marsche alles zerstörte. Die Verluste der Division sind beträchtlich. Privatdepeschen sprechen von mehr als hundert Mann. Die Kolonne Tomasetti ersetzte die Kolonne Rivera an den Ufern der Kert, um die Bewegung der Kolonne Oroszco zu decken. Wie die Blätter melden, unterstützte eine Landungsabteilung des Panzers Carlos V. die Operationen, indem sie die strategischen Punkte auf dem linken Flügel besetzte. Der Kriegsminister befand sich in der Feuerlinie und leitete den Kampf. Am Samstag früh setzten sich drei spanische Kolonnen nach dem Ued Kert in Bewegung. Die eine überschritt den Fluß und griff heftig die Be­festigungen der dahinter verschanzten Harka an. Die Harka flüchtete. Die Vorhut unter Oberst Rivera verlor 20 Mann. Rivera und 2 Offiziere wurden verwundet. Die Division von Oroszco überschritt den Fluß und besetzte eine Stellung 11 km landeinwärts.

Hu§ Siam lilttl Umgebung.

Wildbad, 9. Okt. Herr A. Großmann hier hat sich beim Nachbarschafts-Preisschießen in Neuen­bürg einen ersten Preis auf der Ehrenscheibe er­rungen.

Die am letzten Sonntag im Gasthaus zur alten Linde stattgehabte Geflügel-Ausstellung des Kanarien- und Geflügelzüchter-Vereins erfreute sich eines zahlreichen Besuches. Die Ausstellung lieferte den Beweis, daß der Verein bestrebt ist, die Ge­flügelzucht in jeder Art und Weise zu heben und immer rentabler zu gestalten.

Während die Jagd auf Rebhühner Heuer im Schwarzwald sehr gute Resultate auszuweisen hat, ist die Jagd auf Hasen wenig ergiebig, was aus die Futternot, welche aus das Gedeihen des Nachwuchses ungünstig einwirkte, zurückzuführen ist. Der Rehbestand ist durch die Maul- und Klauen­seuche schwer bedroht. Die Preise für Rebhühner und Hasen haben in letzter Zeit stark angezogen.

In Höfen wird anfangs November eine Dia­konissenstation vom Mutterhaus der Olgaschwestern in Stuttgart errichtet werden.

Der Neuenbürger Turner-Gesangverein ver­anstaltete am letzten Samstag aus Anlaß seines 25jährigen Bestehens einen Familienabend, welcher einen schönen, würdigen Verlauf nahm.

Neuenbürg, 7. Okt. Auf den heutigen Schweinemarkt waren 43 Stück Milchschweine zu­geführt, für welche Preise von 1320 Mk. pro Paar erzielt wurden.

Art von Gemütserregung muß völlig ferngehalten werden. Die kleinste Erregung und das gefürchtete Nervenfieber ist da."

Dann ging er.

Strakeau setzte sich wieder in das Halbdunkel und dachte nach. Das war ein schreckliches Nach­denken. Seine Gedanken waren wie Schlangen, die an seiner Seele fraßen.

Dann, nach einer Stunde etwa, kam die Magd und setzte sich lautlos mit ihrem neuen Testament an das Kopfende des Bettes.

Strakeau erhob sich und ging auf sein Zimmer. Beim Hineintreten blieb er einen Augenblick auf der Schwelle stehen und warf einen scheuen Blick durch den halbdunklen Raum. Die elektrische Lampe hing dicht über der Platte deS Schreibtisches in dem Kamin verbrannte mit träumerischer, me­lancholischer Glut ein kleines Holzscheit.

Der einsame Mann schritt quer durch das Zim­mer und warf sich mit einem qualvollen Seufzer in seinen Stuhl dicht neben dem Schreibtisch.

Ach, wie manche Stunde stiller Qual hatte er in diesem Stuhl und in diesem Zimmer durchlitten I (Fortsetzung folgt.)