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Nr. 118 >

Donnerstag, den 5- Oktober 1911

47. Jahrgang.

Der türkisch-italienische Krieg.

Rom, 4. Okt. Die römische Berichterstattung ist durch die von der italienischen Regierung ge­schaffenen Verhältnisse während des Kriegs in eine sehr schlimme Lage versetzt. Man kann keine authentische Meldung bekommen, die Zensur sperrt Telegraph und Telephon und man ist auf briefliche Betrachtungen angewiesen, die unter Umständen leicht überholt werden. In diesen ersten Tagen allerdings können sich die Ereignisse noch nicht so überstürzen, denn vorläufig hat die Flotte allein das Wort. Die öffentliche Meinung in Italien und auch im Ausland ist der Ansicht gewesen, daß sofort auf die Kriegserklärung die Landung der Italiener in Tripolis folgen werde. Es wird aber der 10. Oktober herankommen, ehe das Expeditions­korps von Neapel abfahren kann.

Mailand, 4. Okt. Zur Beförderung der Expedition nach Tripolis sind achtzehn größere Schiffe mit zusammen über hunderttausend Tonnen und dreizehn kleinere gechartet worden.

Mailand, 4. Okt. Die Mobilisierung des Expeditionskorps war bereits vorgestern beendet, das heißt, zwölf Tage nach Ausgabe des Befehls. Die einzelnen Abteilungen versammelten sich in den für sie bestimmten Plätzen. Die Konzentration des Gros des Korps wird heute beendet sein. Die Einschiffung soll dann sofort auf Befehl erfolgen können.

Mailand, 4. Okt. Die Abfahrt des Expe­ditionskorps findet ziemlich bestimmt noch diese Woche statt, in zwei Abteilungen mit zweitägigem Abstand.

Rom, 4. Okt. Die italienische Regierung er­klärt die Blockade der Küsten von Tripolis und Cyrenaika von der tunesischen bis zur ägyptischen Grenze.

Die Nachricht von der Beschießung von Tripolis wird jetzt in zuverlässiger Weise be­stätigt. Die Ag. Sief, meldet aus Rom: Vize­admiral Farvaelli hat von Bord des vor Tripolis gelegenen Panzerschiffes Benedetto Brin anr Diens­tag abend 7 Uhr 45 gemeldet, er habe 3 Uhr 30 nachmittags die Beschießung der Hauptbatterien von Tripolis begonnen und bis Sonnenuntergang fortgesetzt. Die türkischen Batterien hätten das Feuer erwidert, ohne jedoch eine Wirkung zu er­zielen. Die Beschießung werde heute wieder aus­genommen werden, um die Batterien vollständig zu zerstören. Man habe während der Beschießung die größte Sorgfalt angewendet, um Beschädigungen der Stabt zu vermeiden. Nur ein Leuchtturm in der Nähe einer Batterie sei zerstört worden.

Mailand, 4. Okt. In Brindisi wurden drei türkische Offiziere, ein Kavalleriemajor, ein Generalstabshauptmann und ein Jnfanterieleutnant gefangen genommen. Sie wollten von Saloniki über Brindisi nach Tripolis auf einem italienischen Poslschiff reisen.

Zwei kleine türkische SeglerKonstantinos" undBonasorte" wurden bei Livorno resp. Genua beschlagnahmt.

In Tarent wurde der Kriegszustand erklärt.

London, 4. Okt. Aus Athen: Das türkische Torpedoboot, welches in der Nähe von Prevesa auf der Flucht vor italienischen Kriegs­schiffen auf den Strand auflief, ist vollständig verloren. Der Kapitän wurde getötet, acht Mann sind ertrunken.

Vierhundert Flüchtlinge trafen auf dem Damp­ferRoma" von Benghasi in Malta ein. In Benghasi kam trotz der Unruhen kein Blutver­gießen vor.

Konstantinopel, 2. Okt. Gestern mittag halb 3 Uhr wurde Prevesa nach schwerem Bombarde­ment eingenommen. Viele Gebäude sind zerstört, darunter das Mutessarifat. Eine große Anzahl Einwohner ist getötet. Gegen 1600 Italiener besetzten die Stadt. Türkischerseits sind 10 Bataillone gegen sie abgegangen.' Der Kampf hat bereits begonnen. Zum Kommandanten des Feldzuges in Albanien wurde der aus dem albanis chen Auf­stand bekannte Dschawid Pascha ernannt.

Konstantinopel, 3. Okt. Amtlich wird ^ bekannt gegeben, daß die türkische Flotte vollständig in den Dardanellen angelangt ist. Die Ankunft erfolgte gestern iVs Uhr. Zu dem Geschwader gehören auch die zwei von Deutschland gekauften Panzer. Ueber das Schicksal der Flotte hatte die größte Besorgnis geherrscht, die jetzt durch ihre vollständige Heimkehr behoben ist.

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Mailand, 4. Okt. Der ehemalige Leiter der öffentlichen Arbeiten in Tripolis, Giuseppe Parsi, der lange Jahre dort gelebt hat und daher ein gründlicher Kenner der dortigen Verhältnisse ist, wurde hier interviewt. Er ist überzeugt, die Italiener könnten nur mit größter Schwierigkeit und starken Menschenopfern landen. Die tripoli- tanischen FortsSchal Masri",Gorgoritza" und Francsi" sähen nach außen sehr verfallen aus, seien aber innen mit ganz neuen Schnellfeuer­kanonen ausgerüstet, die Deutschland erst vor einem Jahre geliefert habe. Außerdem müsse berück­sichtigt werden, daß 3050 000 Araber die re­gulären Truppen unterstützen würden, fobald der Guerillakrieg angefangen habe, und Verprovian­

tierung und Nachschub der Munition für die Ver­teidiger können ohne Küstenweg vom Hinterland auf Karawanenstraßen besorgt werden. Für Italien sei die Expedition also kein militärischer Spazier­gang, sondern ein ernster und vielleicht sehr blutiger Feldzug.

DieFrance militaire^, das Militärblatt Frank­reichs, verhöhnt Deutschland als Koloß mit tönernen Füßen und ruft der Türkei zu: Wo ist jetzt der Beschützer des Islams, euer einziger Freund? Wo ist der Beschützer aller Schwachen, Krügers, Abdul Hamids, Muley Hafids usw.? Er verspricht nur, um euch auszubeuten. Helfen will und kann er nicht, weil England, Rußland und Frankreich es nicht erlauben.

Paris, 4. Okt. Die hiesige italienische Bot­schaft hat der Agence Havas über den Standpunkt Italiens gegenüber einer Friedensvermittlung mit­geteilt, es gehe aus den Ereignissen logischerweise hervor, daß von einer Vermittlung oder von Ver­handlungen erst die Rede sein könne, wenn die Türkei die italienische Besetzung von Tripolis an­erkannt habe.

England hat, wie italienische Blätter melden, den Durchzug türkischer Truppen durch Egypten abgelehnt. England begeht damit eine Rechtsver­letzung, denn der Sultan ist noch immer Ober- ! Herr in Egypten. England verwaltet dieses Land augenblicklich nur für die Türkei und hat auch die Suveränität des Sultans nie bestritten. Zahlt doch die egyptische Regierung einen jährlichen Tribut an die türkische Staatskasse. Der Londoner Presse ist es peinlich, daß England durch die eigenartige Rechtslage Egyptens genötigt ist, aus der angeb­lichen Neutralität herauszutreten und offen für Italien Partei zu ergreifen, denn man befürchtet den üblen Eindruck auf die mohammedanischen Untertanen Englands.

London, 4. Okt. Im Hinblick auf den italienisch-türkischen Krieg veröffentlicht das Amts­blatt die britische Neutralitätserklärung und droht bei Verletzung deS Neutralitätsgesetzes durch englische Staatsangehörige Strafe an.

Konstantinopel, 4. Okt. In amtlichen türkischen Kreisen wird behauptet, daß Kaiser Wil­helm seine Bemühungen zur Beilegung des türkisch­italienischen Krieges durch vermittelnde Einwirkung fortsetze und daß Anzeichen vorliegen, die einen Erfolg dieser Schritte erwarten lassen.

Konstantinopel,4.Okt. Der Sultan empfind et in höchstem Maße die der Türkei angetane Schmach. Wahre Zornesausbrüche dieses friedfertigen und gutmütigen Herrschers entluden sich über den Großvezir Hakki Pascha, als dieser dem Sultan

Schuldbeladen.

Roman von Heinrich Tiadem.

(Nachdruck verboten)

Bah, diese Leute haben immer, wenn ihre Kunst zu Ende ist, ein weises Sprüchlein bei der Hand," entgegnete er finster.Er sprach und ver­mutete allerlei und kam am Schluß zu dem Re­sultat, meine Frau lebe zu einsam und außerdem sei die Londoner Luft ihr schädlich."

Caree schüttelte den Kopf.

Auf letztere Diagnose meines Freundes Streng gebe ich nicht viel, doch scheint die erstere einige Berechtigung zu haben."

Unsere Wohnung liegt freilich etwas abgelegen."

Umso schärfer ist der Kontrast zwischen der jetzigen und der früheren Lebensweise Ihrer Gattin."

Strakeau hob den Kopf. Seine Brauen zogen sich zusammen.

Wie meinen Sie das, mein Herr?"

Nun, so viel mir bekannt, war Ihre Frau vor ihrer Verheiratung ebenfalls Künstlerin."

Darf ich fragen, woher Ihnen da? be­kannt ist?"

Die Blicke der beiden Männer begegneten sich, beide gleich scharf und forschend.

Waren Sie es nicht selbst, der diese Tat­sache heute morgen im Laufe des Gesprächs er­wähnte ?"

Das ist sicher nicht der Fall"

Sie sagen das mit einer solchen Bestimmt­heit spricht daraus Ihre Absicht, zu verheim­lichen, daß Ihre Gattin früher der Bühne ange­hörte ?"

Strakeau wich den mit undefinierbarem Aus­druck auf seinem Gesicht ruhenden Augen Carees verwirrt aus und blickte vor sich nieder.

O nein, gewiß nicht," entgegnete er.Es fällt mir nur auf, daß Ihnen die Vergangenheit meiner Frau bekannt ist. Doch darüber wollte ich nicht mit Ihnen reden. Ich komme mit einer Bitte zu Ihnen."

Verfügen Sie über mich," sagte Caree höflich und ein wenig neugierig.

»Ich sagte Ihnen schon, daß der Arzt äußerte, meine Frau litte unter dem Mangel an Gesellschaft.

Und ich ich weiß, daß er recht hat es ist meine Pflicht, hier Wandel zu schaffen. Ich muß meine Frau mit Leben umgeben wenn ich selbst auch darunter leide. Wissen Sie, ich bin so gar nicht gesellschaftlich veranlagt und außerdem

nun, gleichviel. Und nun ja, ich wäre Ihnen sehr zu Dank verpflichtet, wenn Sie mich mit Ihrem Rat unterstützen wollten."

Der Journalist lächelte leise in sich hinein.

Mit Vergnügen bin ich dazu bereit, indes

ich weiß nicht recht, wie ich

»Ja, ja, ich verstehe Sie," unterbrach ihn Strakeau ein wenig errötend, wobei seine Augen unsicher und verlegen auf dem Boden umher suchten. Ich vermute, daß der Weg, den ich beschreite, ungewöhnlich ist und Sie können versichert sein, ich würde es nicht tun, wenn nicht ganz unge­wöhnliche Verhältnisse mich dazu trieben. Ich habe nun folgendes geplant. Meine Gattin feiert heute über vierzehn Tagen ihren Geburtstag. Ich möchte den Tag gern etwas festlich begehen und eine kleine Gesellschaft bei uns versammeln. Vor allen möchte ich Sie zu uns bitten."

Gewiß, ich werde mit Vergnügen kommen."