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Hirzu: Illustriertes Sonnlagsblatt und während der Saison: Amtliche Fremdenlisttz.

Nr. 117 I

Dienstag, den 3. Oktober 1911

47. Jahrgang.

Der MW-italienische Krieg.

Die gestern abend durch einige Blätter ver­breitete alarmierende Meldung von der Vernichtung der türkischen Flotte bei Beirut ist bis jetzt nicht bestätigt worden. Die türkische Flotte soll sich vielmehr in völliger Sicherheit in den Dardanellen befinden.

Die Meldungen von den verschiedenen Kriegs­schauplätzen sind voller Widersprüche; die wenigen vorliegenden amtlichen Nachrichten sind auch noch mit Vorsicht aufzunehmen. Gleich die erste Nach­richt vom Bombardement von Tripolis mahnte zur Zurückhaltung, da das Bombardement der Stadt nach völkerrechtlichem Brauch nicht vor nachmittags 3 Uhr stattgefunden haben konnte. Es lies dann auch die berichtigende Meldung ein. die Beschießung habe erst am Samstag abend begonnen, nachdem dem als Parlamentär nebst einem Matrosen mit der Aufforderung zur Uebergabe der Stadt Tri­polis abgesandten italienischen Leutnant eine ab­lehnende Antwort zuteil geworden war. Die Be­schießung ist jedoch nach einigen Schüssen wieder eingestellt worden, da die Türken das Feuer nicht erwiderten und sich ins Innere des Landes zurück­zogen laut von Konstantinopel aus erhaltenem Be­fehl. Hierauf haben die Italiener ungehindert Truppen gelandet. Dies legt die Vermutung nahe, daß die Türken die Italiener in kleineren Abtei­lungen ruhig ins Land lassen wollen, um sie mit einem vernichtenden Schlag nach Sammlung aller in Tripolis verfügbaren türkischen Streitkräfte (es stehen einschließlich Reserve und Landwehr über 80 000 Mann zur Verfügung) außer Gefecht zu setzen.

Die verworrenen Nachrichten etwas gesichtet, stellt sich die Lage weiterhin folgendermaßen dar:

Die Feindseligkeiten haben am Samstag vor­mittag mit dem Zusammenstoß bei Prevesa im jonischen Meer an der Südlüste Albaniens begonnen. Nach einer römischen Meldung haben die italienischen TorpedobootszerstörerArtigliere" undCorraziere" bei Prevesa einen türkischen Torpedobootzerstörer und ein Torpedoboot in Grund geschossen. Die Nachrickt wurde von Rom und Konstantinopel aus bestätigt; in Konstantinopel wurde sie in der Form amtlich bekannt gegeben, daß die italienischen Kriegsschiffe zwei türkische Torpedoboote in der Bai von Durazzo angegriffen hätten. Daß die Feindseligkeiten, nicht in Tripolis begonnen haben, sondern an der Balkanhalbinsel, wird in Rom damit begründet, daß die türkischen Schiffe plündernd ins Adriatische Meer eindringen wollten. Ein Telegramm der offiziösen Agenzia Stefani sagt:

Aus den Nachrichten, die in den letzten Tagen im Marineministerum eingelaufen sind, ergab sich, daß die türkischen Torpedoboote bei Prevesa sich ver­sammelten, mit dem offenbaren Ziel, in das Adriatische Meer einzulaufen und italienische Handels­schiffe in Beschlag zu nehmen, die offenliegenden Städte zu beunruhigen und gegebenenfalls die Transporte zu stören. Infolgedessen wurden Maß­nahmen getroffen, um diese Absichten zu durchkreuzen. Der Herzog der Abruzzen, der Kommandant der italienischen Schiffe, meldete:Ich bin heute, am 39. September, vor Prevesa eingetroffen und nahm mit meinem Kreuzer hier Aufstellung. Um 3 Uhr meldeten die Befehlshaber der kleinen italienischen Geschwader durch Funkenspruch, daß zwei türkische Torpedoboote Prevesa nach­einander passierte». Das eine Geschwader machte Jagd auf den einen Torpedo, der gegen Norden zu entfliehen versuchte. Nachdem nur wenige Kanonenschüsse gewechselt worden waren, fuhr der türkische Torpedo auf das Land los, wo er zer­schellte. An Bord brach ein Brand aus, der ihn vollständig unbrauchbar machte. Das zweite Tor­pedoboot, gegen das sich zwei Torpedobootszerstörer wendeten, kehrte sofort nach Prevesa zurück und blieb unversehrt.

Weitere Nachrichten lauten:

Konstantinopel, 1. Okt. Die italienische Flotte ist vor Smyrna erschienen. Die italieni­schen Kriegsschiffe haben ebenfalls mit der Landung von Truppen bei Prevesa begonncn. Diese Nach­richt ist zuerst dementiert worden, wird jedoch nun­mehr amtlich aus römischer Quelle bestätigt. Es bewahrheitet sich ebenfalls, daß zwei italienische Barken bei Tripolis von den Türken in den Grund geschossen worden sind. Außerdem wird ans Tri­polis gemeldet, daß die dortigen türkischen Behörden es abgelehnt haben, den italienischen Forderungen nachzukommen. Es wurde beschlossen, bis auf den letzten Blutstropfen zu kämpfen.

Brindisi, 2. Sept. Der türkische Dampfer Sabah,der türkische, für Tripolis bestimmte Truppen an Bord hatte und von italienischen Kriegsschiffen aufgebracht worden war, ist hier anzekommen.

Konstantinopel, 1. Okt. Wie verlautet, ist die türkische Flotte im ägäischen Meer, in der Nähe der Dardanellen, angegriffen worden.

Paris, 1. Okt. Nach einer hier vorliegenden Athener Meldung die aber offiziell noch un­bestätigt ist, soll die griechische Regierung die Mobilisierung ihrer gesamten Armee angeordnet haben.

Konstantinopel, 1. Okt. Der italienische Gesandte und Konsul sind abgereist.

- Rom, 1. Okt. Das türkische Gesandtschafts- > gebäude und das Konsulat sind geschlossen. Sämt­liche Mitglieder der Gesandtschaft sind abgereist, j Paris, 1. Okt. Mehrere türkische Kriegs- ! schiffe verließen Beirut. Ein baldiges Recontre j mit der italienischen Flotte wird als wahrscheinlich s erachtet.

j Der MinendampferMinerva" ist gestern abend -beim Auslaufen aus dem Hafen von Tarent ? gestrandet. Die Nachricht hat in Italien sehr unangenehm überrascht.

Politisch scheint jetzt die Türkei den engsten Anschluß an England betreiben zu wollen; wird ! doch bereits die Ernennung Saids zum Großwesir i und die Kiamil Paschas zum Minister des Aeußeren l gemeldet. Beide haben während zwei Menschen­faltern stets die England freundlichste Politik be­trieben, ohne freilich die Türkei damit sonderlich /weit zu bringen. Einen Versuch damit wollen sie ! offenbar wieder machen, denn aus Wien meldet ! man bereits, daß die Türken unter Anrufung einer j englischen Vermittelung in die Besetzung von Tri- i polis willigen wollen. Kommt es noch zu einem 'solchen Ergebnis, dann hat Italien sein Ziel er­reicht, England das Spiel gewonnen und Deutsch­land hätte für Jahre hinaus sein Prestige in der I Türkei eingebüßt. Warten wir ab!

! Die Türkei setzt ausschweifende Hoffnungen saus die Intervention Deutschlands und erhebt /zugleich gegen dieses Vorwürfe, daß es durch die ! Aufrollung der Marokkofrage den Tripoliskonflikt verschuldet habe, während doch der Marokkostreit von ! Frankreich herbeigeführt wurde, welches Tripolis den ! Italienern kontraktlich vermacht hat. Diesen Zu- isammenhang wird man zum Schluß auch am ! Goldenen Horn begreifen müssen, und damit wird ! hoffentlich die in der französischen Presse zur Schau /getragene Freude über diese neue Verlegenheit, die durch den italienisch-türkischen Zwist der deut­schen Politik bereitet worden ist, sich als verfrüht / erweisen.

Die Politik ist niemals ein sonderlich sauberes Handwerk gewesen. Politik und Moral haben sich von jeher fast ebensosehr geflohen wie nach dem bekannten Dichterwort Natur und Kunst. Gilt schon im gewöhnlichen Kampf ums Dasein meist das Recht des Stärkeren, so noch weit mehr im politischen Kampfe. Wer die Macht zu haben glaubt, fühlt sich auch im Recht, das, was seine Habgier reizt, dem Schwächeren ohne weiteres zu entreißen. So tat Großbritannien, als es sich in den Besitz der Goldminen von Transvaal setzen wollte. So hat sich vorher unzählig oft in der Weltgeschichte dasselbe ^Gewalldrama abgespielt

Schuldbeladen.

Roman von Heinrich Tiadem.

(Nachdruck verboten)

Nein," erklärte dieser nach flüchtiger Betrach­tung des Bildes.

Bestimmt nicht?"

Es ist ein Gesicht, das man nicht vergißt. Ich weiß bestimmt, diesen Mann nie gesehen zu haben."

Gut, dieser Mann also ist ein Musiker, der vor ungefähr sechs Jahren vorübergehend in irgend einer Kapelle Karlsbads als Geiger spielte. Ich habe ein Interesse daran, zu erfahren, welchen Namen dieser Mann damals führte, wie sein Lebens­wandel, seine Gewohnheiten, sein Karakter war, und vor allen Dingen, wohin er sich von Karls­bad aus gewandt hat. Alles das sollen Sie zu erfahren suchen. Haben Sie mich verstanden?" Sehr wohl, Sir."

Nun und?"

«Ja, Sir, ich werde es zu erfahren suchen."

Aber ich kann Ihnen kein weiteres Material in die Hand geben als dieses Bild, nicht einmal den Namen des Mannes, denn der Name, den er jetzt führt, ist angenommen."

Wield verharrte einige Augenblicke in tiefem Nachsinnen. Sein intelligentes, energisches Ge­sicht blieb dabei völlig unbewegt, nur seine Augenbrauen hatten sich ein wenig zusammenbe­zogen.

Karlsbad ist keine große Stadt, und sechs Jahre ist keine lange Zeit," sprach er dann.Ich werde erfahren, was Sie über diesen Herrn zu er­fahren wünschen, und reise sofort ab. Heute abend gehe ich noch zu Schiff."

Gut, wann werden Sie wieder zurück sein?"

Wield rechnete nach.

Heute über zehn Tage werde ich Ihnen meinen Bericht vorlegen."

Gut, tun Sie also Ihr Möglichstes. Ich er­warte Sie heute über zehn Tage zu dieser Stunde."

Ich werde pünktlich sein, Sir," sprach Wield aufstehend und verließ mit einer doppelten Ver­beugung das Zimmer.

Wozu das?" fragte Edelhagen, als sich die Türe hinter dem Agenten geschlossen hatte.

Es gilt, unumstößliche Beweise zu erlangen, daß Strakeau wirklich derjenige ist, der dich in Karlsbad überfallen hat."

Jeder Zweifel daran ist für mich ausgeschlossen."

Sehr gnt; deine Ueberzeugung gilt jedoch nicht als Beweis im juristischen Sinne. Auch ich bin von der Schuld Strakeaus überzeugt seit dem Augenblick, da ich mit ihm sprach und aus seinem eigenen Munde hörte, daß er tatsächlich in Karlsbad engagiert war."

Edelhagen blickte mit finsterem Gesicht vor sich nieder auf das Buch, das geschlossen auf seinen Knieen lag.

Nach einigen Augenblicken des Schweigens sagte er, ohne seine Augen zu Tarleton zu erheben:

Ich erwarte von dir eine Aeußerung über Frau Strakeau ihr Verhältnis zu ihrem Mann und"

Sekundenlang wandte sich nun sein Blick auf das Antlitz seines Freundes. Als er aber hier nichts sah, als kühle Zurückweisung jeglicher milden Regung, wandte er den Kopf zur Seite.