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Nr. S1 I
Samstag, den 29 April 1911
47. Jahrgang.
klmasevau.
— Herzog Albrecht von Württtemberg ist bekanntlich schon seit längerer Zeit erkrankt und mußte sich aus diesem Grunde auch von den Feierlichkeiten aus Anlaß der silbernen Hochzeit des Königspaares fernhalten. Das Unwohlsein scheint von ziemlich hartnäckiger Natur zu sein; denn der Herzog muß auch heute noch das Zimmer hüten, wenn es ihm auch seit kurzem gestattet ist, das Bett zu verlassen. Ueber die Art der Erkrankung gehen allerlei Gerüchte. Wie wir erfahren, handelt es sich um eine kräftige Erkältung, die mit einer jetzt behobenen Venenentzündung verbunden war. Die Nachrichten über eine Nikotinvergiftung werden von eingeweihter Seite als unzutreffend bezeichnet.
— Wie der „Schw. Merk." hört, haben folgende Herren eine Bewerbung um die Stadtvorstandsstelle eingereicht: Amtmann Bazille-Stuttgart, Oberbürgermeister Dr. Hartenstein-Ludwigsburg, Oberbürgermeister Jäkle-Heidenheim, Oberbürgermeister Dr. Keck-Göppingen, Regierungsrat Lautenschlager- Stuttgart.
— Die württ. Eisenbahnverwaltung hat an Stelle des dreiachsigen Krankenwagens einen neuen vierachsigen Krankenwagen mit geschlossenen Vorbauten und Uebergängen nach Art der V-Zugwagen in den Dienst gestellt. Der Wagen kann auf Bestellung, die mindestens 24 Stunden vor der Benützung bei der nächstgelegenen württ. Eisenbahnstation anzubringen ist, soweit verfügbar, von jedermann benutzt werden. Im inneren württ. Verkehr sind 6 Fahrkarten 1. Klasse der betreffenden Zuggattung zu lösen. Zwei Begleiter werden in dem Kranken- und Begleiterraum des Krankenwagens frei befördert; weitere in diesen Räumen Mitreisende Begleiter haben Fahrkarten 2. Klasse der betreffenden Zuggattung zu lösen. Zur Beförderung von Kranken im württ. Binnenverkehr sind den Bahnstationen Heilbronn Hbf., Stuttgart Hbf., Tübingen Hbf. und Ulm Transportbetten zugewiesen. Auf den größeren Bahnstationen stehen Rollstühle und Tragbahren für die Beförderung von Kranken von den Straßenfuhrwerken zu den Eisenbahnwagen und umgekehrt, unentgeltlich zur Verfügung.
— Nach sechsjähriger Dauer konnte jetzt endlich der Konkurs der Prinzessin zu Usenburg, der ehemaligen Besitzerin des Hotels du Lac in Utlweil a. Bds. zu Ende geführt werden. Bei einer Schuldsumme von 934000 Fr. kommen 211000 Fr. zur Verteilung.
Stuttgart, 28. April. Bei der heute auf der Stadtdirekton vorgenommenen Ziehung der Stuttgarter Geld- und Pferdelotterie fiel der Hauptgewinn von 40 000 Mk. auf Nr. 30441, der zweite Gewinn von 10 000 Mk. auf Nr. 86 706, der dritte Gewinn von 2000 Mk. auf Nr. 96 014, je 1000 Mk. fielen auf Nr. 68431, 58462, je 500 Mk. auf Nr. 84662, 25 982, 104441, 114343, 107 083. — Anstatt der Pfeidegewinne werden morgen 20 Gewinne a 100 Mk. gezogen. (Ohne Gewähr.)
Stuttgart, 24. April. Die Einführun g der Durcharbeitszeit (von 8—2 Uhr) an den Samstagen macht immer mehr Fortschritte und findet Anklang bei Angestellten und Firmeninhabern. In Stuttgart ist die Einführung vor sich gegangen bei den meisten Staatsbehörden; die Städte Ulm, Heilbronn, Reutlingen, Göppingen, Ludwigsburg, Feuerbach, Aalen, Geislingen, Kirchheim, und in jüngster Zeit auch Eßlingen haben diese Neuerung bereits eingeführt.
Neuenbürg, 26. April. Der Taglöhner Gottfried Calmbacher in Schwann wurde heute früh im Schopf des Adlerwirts Wolffiger tot gefunden. Wahrscheinlich ist er an Alkoholvergiftung
gestorben. Tags zuvor hatte er in der Wirtschaft gezecht. Als er betrunken vom Stuhl gefallen war, hatte man ihn in den Schopf gebracht.
Höfen a. E., 27. April. Ein älterer Herr von Schömberg, der sich gestern zwischen hier und Schömberg an Kindern sittlich vergangen hatte, wurde noch im Verlauf des Abends an das Amtsgericht Neuenbürg eingeliefert.
Nagold, 26. April. Zurzeit weilt eine Menagerie hier, die an das Publikum die Einladung zu einer Partie 66 im Löwenkäfig zu richten pflegt. Zu der gestrigen Vorstellung hatten sich drei tapfere Nagolder gemeldet, die sich die Sache aber anders überlegten. Da trat ein Sattler namens Martin Renz hervor, um die Ehre der Bürgerschaft zu retten. Er betrat mit dem Menageriebesitzer den Löwenzwinger und spielte mit ihm zu einer Flasche Wein zwei Runden 66. Nachdem er mit heiler Haut wieder herausgekommen war, wurde er von den Zuschauern durch ein Hoch geehrt.
Altensteig, 27. April. Die hiesige Freiwillige Feuerwehr wird am 2. Juli ds I. die Feier ihres 50jährigen Bestehens verbunden mit Fahnenweihe begehen. Schon jetzt wird mit den Vorbereitungen zu diesem Feuerwehrfest begonnen.
Herrenberg, 26. April. Die Witwe des Landtagsabgeordneten Guoth auf Schloß Roseck hat ihr Besitztum an Kinzy von Bartenstein, z. Zt. Assistent am botanischen Institut in Hohenheim, um 192 000 Mk. verkauft.
Gmünd, 24. April. Das herrlich gelegene Schloßgut Lindach, 5 km von Gmünd entfernt, kommt mit über 60 württ. Morgen Gärten, Wiesen und Wald unter den Hammer. Der einst herrschaftliche Sitz hat frohe und schöne Zeiten gekannt. Große Feste wurden in seinen Mauern und der schönen Umgebung gefeiert. Heute ist der ganze Besitz samt einer dinglichen.Wirtschaftsgerechtigkeit behördlich geschätzt zu 56 000 Mk.
Ulm, 23. April. Der Schwäbische Ueberland- flug Eßlingen-Ulm-Friedrichshafen, für den Graf Zeppelin 25 000 Mk. gestiftet hat, scheint gesichert. Für das Unternehmen sind 100000 Mk. aufzubringen, wovon 60 000 Mk. auf Preise entfallen. Als Bewerber sollen nur deutsche Führer mit deutschen Maschinen und deutschen Motoren zugelassen werden. Die Höchstzahl der Teilnehmer soll 12 betragen. Drei Hauptpreise von 25000, 15 000 und 10000 Mk. werden zur Verteilung kommen.
Pforzheim, 27. April. Ein seltsamer Unfall ereignete sich gestern nachmittag bei den Bahnhofanlagen, wo gegenwärtig Schienen für die neue Straßenbahn aufgestapelt werden. Beim Abrutschen einiger Schienen flog ein Hebeeisen davon und gerade in einen 12m entfernten Kinderwagen und traf ein darin liegendes, 2fts Jahre altes Kind einer Arbeiterin an den Kopf, sodaß es kurz darauf starb.
— (HandelsjahresschulePsorzheim.) Im Mai d. I. wird an der städtischen Handelsschule in Pforzheim erstmals die Handelsjahresschule eröffnet. Dieselbe wurde gegründet, weil man erkannte, wie wichtig es ist, daß die dem Kaufmannsstande sich widmenden jungen Leute zunächst ein gefestigtes Maß kaufmännischer Kenntnisse erwerben und erst, wenn sie durch den erfolgreichen Besuch des Jahreskurses für den gewählten Beruf gründlich verbreitet sind, in ein Geschäft ein- treten. Die Handelsjahresschule bietet für Prinzipal und Lehrling die größten Vorteile. Einem derart vorgebildeten Lehrling stehen die besten Lehrstellen offen, in denen er von Anfang an zu wirklich kaufmännischen Arbeiten verwendet werden kann. Diese erhöhte Brauchbarkeit wird ihre Anerkennung auch darin finden, daß dem Absolventen der Jahresklasse ein Teil der sonst üblichen Lehrzeit nachgelassen wird. Von ganz besonderer Bedeutung ist
die Handelsjahresschule für alle diejenigen jungen Kaufleute, die während ihrer Lehrzeit keine Gelegenheit zum Besuche einer Handelsschule fanden. Diesen ermöglicht sie, das Versäumte nachzuholen und sich das nötige handelstechnische Wissen anzueignen. (Näheres vergleiche heutiges Inserat.)
Mannheim, 26. April. Bei einer Automobilfahrt hat eine Witwe, Inhaberin eines Zigarrengeschäfts, 5000 Mark verloren. Der Frau war geraten worden, ihr Vermögen im Betrag von 5000 Mark beim Verlassen des HanseS stets mitzunehmen. Die Witwe befolgte diesen Rat, brachte aber das Geld unglaublicherweise im Handtäschchen unter. Auf der Heimfahrt wurde die Frau ohnmächtig und wurde von ihren Freundinnen ins Haus getragen. Hierbei ist das Handtäschchen mit den 5000 Mk. auf die Straße gefallen und dann spurlos verschwunden.
— Der soz.dem. Reichstagsabg. Noske aus Chemnitz ist von der württ. Sozialdemokratie zu einer Vortregsreise durch Württemberg gewonnen worden. Die Jpf- und Jagstzeitung" veröffentlicht einen Bericht über eine Rede Noskes in Aalen, die ein wenig zu denken gibt. Darnach soll Noske in Bezug auf die kommende Reichstagswahl gesagt haben: „Das Volk müsse zur Unzufriedenheit erzogen werden, und mit elementarer Gewalt müsse dann dieser Unzufriedenheit Ausdruck gegeben werden. Auch der 13. Reichstagswahlkreis müsse durch Wühlarbeit der Sozialdemokrateu unter- minitiert werden, und Unmut, Zorn und Haß sollte selbst in die schwärzesten Köpfe hineingehämmert werden." Das eröffnet für die nächsten Wahlen hübsche Aussichten. Im übrigen ist eS nichts Neues, daß die Sozialdemokratie nicht leben kann, wenn sie nicht systematisch die Unzufriedenheit großzieht. Es sind nur nicht alle Reiseagitatoren so offen, es zu sagen.
Berlin, 27. April. Die Reichsregierung bereitet den Ankauf eines weiteren Zeppelin-Luftschiffes für das Reich vor. Verhandlungen mit der Zeppelinwerst wurden bereits vor Wochen eingeleitet.
Berlin, 27. April. Wie das „B. T." erfährt, wird der österreichische Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand, auch in diesem Jahre an den deutschen Kaisermanövern teilnehmen, deren Schauplatz der südliche Teil von Schleswig-Holstein, Mecklenburg- Schwerin und Mecklenburg-Strelitz sowie Teile von Pommern und Hannover sein werdeu. An den Kaisermanövern werden das 2., 3. und 9. Armeekorps teilnehmen.
Berlin, 25. April. Auf Grund der Tatsache, daß kürzlich die Allongen der neuen Hundertmarkscheine von einer Firma mit Reklameaufdruck versehen worden sind, warnt die Berliner Korrespondenz davor, solche oder sonst für den Umlauf untauglich gemachten Noten in Zahlung zu nehmen, da deren Einlösung seitens der Reichsanstalten erst nach einer nur in Berlin ausführbaren, mit erheblichem Zeitverlust verknüpften Nachprüfung ihrer Echtheit erfolgen kann.
London, 25. April. Der Heldentenor Caruso ist mit dem Dampfer „Kaiser Wilhelm II" hier eingetroffen. Er klagt über Stimmbänderlahwheit, die ihn angeblich 300000 Mk. koste. Er will, wie er behauptet, den ganzen Sommer über in Florenz nurderWiederherstellnngseinerStimmeleben.
Petersburg, 28. April. Die Regierung trifft umfassende Vorbereitungen für einen Chinakrieg. Minister Kokowzoff ist nach Paris abgereist zu Verhandlungen über den Abschluß einer eventuellen Kriegsanleihe. Der Kriegs- und Marineminister haben sich nach dem fernen Osten zur Inspizierung der Land- und Seetruppen begeben. Gutschkow gilt als mutmaßlicher Generalbevollmächtigter des Roten Kreuzes.