Wader Chronik

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Hir;u: Illustriertes Sonntagsblatt und während der Saigon. Amtliche Fremdenlistq.

Nr. 18 I

Samstag, den 22 April 1911

I 47. Jahrgang.

kunazebali.

Am 25. April begeht der Generaladjutant des König?, General der Inf. Frhr. v. Bilfinger sein 50jähriges Dienstjubiläum. Aus diesem An­laß begaben sich, wie demSt. Anz." zu entneh­men ist, gestern mittag die Generale a la 8uit6 des Königs, General d. Kav. Graf von Zeppelin und Generalleutnant Frhr. v. Reischach, sowie die diensttuenden Flügeladjutanten in das Residenz­schloß, um dem General im Namen sämtlicher Ge­neraladjutanten, Generale ä la suite und Flügel­adjutanten eine Jubiläumsgabe zu überreichen. Graf Zeppelin hielt hierbei eine Ansprache, für die der Jubilar gerührt dankte.

Stuttgart, 20. April. Der Stuttgarter Wirtsverein beschäftigte sich in einer gestern Nach­mittag im Konzertsaal der Liederhalle abgehaltenen Versammlung mit dem neuen Weingesetz und der Kellerbuchführung, sowie mit der Frage der Gründ­ung einer Genossenschaftsbrauerei. Ueber den elfteren Punkt referierte Redakteur Kromer, wel­cher unter Anführung der 88 3, 5, 7, 8 und 11 des neuen Weingesetzes, die die Zuckerung, den Verschnitt, den Haustrunk betreffen, die Keller­buchführung, die nach dem 8 19 vorgeschrieben ist, erläuterte und insbesondere darauf hinwies, daß die Weinkontrolleure nunmehr schärfer gegen Ver­fehlungen in der Buchführung Vorgehen, wie eine Reihe von Strafen beweisen, die deshalb schon verhängt worden seien. Die Kellerbuchführung eigne sich für unsere Verhältnisse nicht, eine Aen- derung könne aber nur durch Reichsgesetzgebung herbeigeführt werden. Bezüglich der Genossen­schaftsbrauerei bemerkte der Vorsitzende einleitend, daß die Differenzen mit den Brauereien die Wirte veranlaßt habe, diesem Gedanken näher zu treten, zur Verwirklichung desselben gehöre aber viel Geld. Herr Broll, der über die Frage der Genossen- schastsbrauerei ein kurzes Referat erstattete, erin­nerte an die Abhängigkeit vieler Wirte von den Brauereien. In der Sache selbst habe man schon einen sehr schönen Erfolg erzielt, leider stehe Stutt­gart bis jetzt noch nicht an der Spitze bezügl. der Zeichnungen. In Deutschland hätten die Wirte schon 26 Genossenschastsbrauereien gegründet, die alle gut prosperieren. Für diesen Akt der Selbst­hilfe sollte es nicht schwer sein, die nötige Unter­stützung zu finden. Von einem Göppinger Mit­glied wurde der Antrag eingebracht, daß sich aus den Zeichnern der Genossenschaftsanteile ein pro­visorischer Ausschuß bilden solle, der alle weiteren Schritte für die Ausführung bezw. Gründung der Genossenschaft unternehmen solle. Die Versamm­lung war damit einverstanden.

Wie der Schwäbische Merkur hört, steht eine englische Gesellschaft, die sich mit dem Bau großer Hotels in allen größeren Städten befaßt, in Unterhandlung mit dem Grafen Henckel-Don- nersmarck, der den Platz gekauft hat, auf dem der jetzige Stuttgarter Bahnhof steht. Geboten sind etwa 2000 Mark für den Quadratmeter, also un­gefähr das 5fache des seinerzeitigen Erwerbspreises, verlangt werden aber 3000 Mark. Das Geschäft wird aber wohl doch zustande kommen.

Stuttgart, 18. April. Wie der Staatsan­zeiger meldet, ist der Bedarf der Eisenbahnver­waltung an jüngeren Bautechnikern, die die 4. Kl. der Baugewerkschule besucht haben, noch nicht ge­deckt. Nähere Auskunft erteilt das Zentralbüro der Generaldirektion der Staatseisenbahnen, das auch etwaige Meldungen entgegennimmt.

Bei dem Eisenbahnviadukt bei Bietigheim hat sich die Frau des Fabrikarbeiters Fischer mit ihren drei Kindern in selbstmörderischer Absicht in die Enz gestürzt. Durch einen Passanten konnte das jüngste Kind, ein 6 Monate alter Knabe, ge­

rettet werden, während die Frau mit den beiden andern Kindern, Mädchen von 2 und 5 Jahren ertrunken ist. Die Frau soll schon oft Selbstmord­gedanken geäußert haben.

Die Handwerkskammer Reutlingen hält am 28. ds. Mts. eine Vollversammlung ab, von der u. a. die zulässige Höchstzahl von Lehrlingen fest­gesetzt und die Wahl eines Sekretärs für den aus- scheidenden bisherigen Sekretär Freytag vorge­nommen werden soll.

Calw, 20. April. Am Ende der Stadt ist am Hirsauer Fußweg das große Magazivgebäude der Schönleberschen Färberei niedergebrannt. Die im Gebäude aufgespeicherle Baumwolle ist in der Hauptsache gerettet.

Dürrmenz-Mühlacker, 19. April. Das 4jährige Mädchen des Maurermeisters Kommon fiel gestern abend in die Enz und ertrank.

Ach ern, 19. April. Das KurhausUnterst­matt" ging aus dem Eigentum des Herrn Peter in den Besitz der Familie KlumppZum Ruhe­stein" über.

Hechingen,17. April. An den Folgen eines vor wenigen Tagen erlittenen Schlaganfalls ver­starb heute vormittag im Alter von 69 Jahren Restaurateur Friedrich Berg auf Burg Hohenzollern. Seit bald 30 Jahren war er der Burgbesatzung und den vielen Touristen, die jahraus jahrein den Hohenzoller besuchen, der freundliche, joviale, bei jedermann beliebte Gastgeber. Ursprünglich diente er bei dem 6. badischen Infanterieregiment Nr. 1l4 Kaiser Friedrich III. in Konstanz, vor seiner Pensionierung (im Jahre 1883) bei der 1. Kom­pagnie als Feldwebel. Er machte den Feldzug 1866 und 1870/71 mit, erwarb sich in letzterem das Eiserne Kreuz zweiter Klasse und war außer­dem Ritter einigt,r anderer Orden.

Von der Donau, 20. April. Die warmen Quellen bei Munderkingen scheinen eine Zukunft zu haben. Die Untersuchung derselben auf Radio­aktivität hatte ein günstiges Ergebnis; besonders wurde bei der Algershofer Quelle eine ziemlich bedeutende Radioaktivität festgestellt. Die Radio­aktivität soll bei dieser Quelle stark an das Wasser gebunden sein und die Emanation lang andauern, was besonders für Badezwecke günstig wäre. Die übrigen Quellen scheinen für Inhalation geeignet. Der Geologe Prof. Fischer aus Frankfurt a. M., welcher die Untersuchung der Quellen vornahm, hat sich über deren Stärke, die durch Tiefbohrung wohl noch vergrößert werden könnte, günstig ge­äußert. Vor Einleitung weiterer Schritte soll noch das Urteil des Kgl. Medizinalkollegiums gehört werden.

Ueber das Unglück am kleinen Mythen, dem ein junger Handwerker aus Heilbronn zum Opfer fiel, berichtet die N. Zür. Ztg. aus Ein sie dein vom 18. April: Schon wieder hat der Mythen ein Opfer gefordert. Die beiden 20jährigen Touristen August Kämpf, Schlosser in Zürich, und Heinrich Stegmaier, Schreiner in der Möbelfabrik Keller in Albisrieden, beide von >' eilbronn, erklommen am Ostersonntag von Alptal aus die steilen, noch tief mit Schnee bedeckten Abhänge des kleinen Mythen. Auf dem Rückweg gelangten sie abends 5 Uhr zu einer stark abfallenden Schneehalde. Kämpf mahnte von der Traversierung ab, ging dann aber, als Stegmaier darauf bestand, diesem voraus. Plötzlich kam die vom Schmelzwasser unterwaschene Schneeschicht ins Rutschen und riß Kämpf mit sich über eine Felswand hinunter. Kämpf hatte die Geistesgegenwart, sich beim Ab­rutschen rückwärts zu werfen und so gelangte er, mit den Beinen voran, auf eine steil fortlaufende schneebedeckte Böschung, so daß er sich außer einer Verstauchung des linken Daumens nur leichte Ver­schärfungen an der Wange zuzog. So war er Zeuge,

wie einige Minuten nach ihm sein Freund kopfüber zur Tiefe sauste, um auf einem Stein aufzuschlagen Stegmaier erhielt dabei eine tiefe Wunde an der Schläfe, erlitt einen Schädelbruch und trug starke Quetschungen an den Armen davon, bewahrte aber das Bewußtsein. Die Hilferufe Kämpfs wurden auf der über eine Stunde entfernten Haggenegg gehört, und um 7 Uhr konnte Stegmaier vom dortigen Wirt Tschümperlin unter Mithilfe anderer Personen nach dessen Haus getragen werden. Am Montag morgen 10 Uhr ist der Verunglückte auf dem Transport nach Alptal gestorben.

Friedberg, 15. April. Die Zarenfamilie trifft bereits im Juni hier zu längerem Aufent­halt ein. Die Zarin gebraucht wieder die Kur in Bad Nauheim.

DerLokalanzeiger" meldet aus Bad K ö se n: Der Schlossermeister Alfred Kuppi in Bad Kösen ertrank im Jahr 1907 in der Saale, nachdem er einen 12jährigen Knaben vom Tode des Ertrinkens gerettet hatte. Die Hinterbliebene Mutter verlor mit ihrem Sohn den einzigen Ernährer und mußte ins Armenhaus ausgenommen werden. Nunmehr wurde Frau Kuppi auf Betreiben einstußreicher Bewohner Kösens vom Kuratorium der Carnegie­stiftung für Lebensretter bis auf weiteres eine jährliche Rente von 600 Mark zuerkannt.

DieMünch. N. Nchr." schreiben: Im bayrischen Finanzministerium ist die Frage der Schaffung einer bayrischen Staatslotterie in Er­wägung gezogen worden. Da inzwischen Württem­berg an die bayrische Regierung herangetreten ist ist mit der Anregung, eine süddeutsche Lotteriege­meinschaft, die Bayern, Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen umfassen soll, ins Leben zu rufen, ist vor einiger Zeit schon vom bayr. Finanzministerium mit diesen Bundesstaaten Fühlung genommen worden. Gegenwärtig ruht in Bayern die Ange­legenheit, da man in München Gegenäußerungen zu den Vorschlägen für Schaffung einer Süddeut­schen Lotteriegemeinschaft abwartet. Von diesen Gegenvorschlägen wird es abhängen, ob das Finanz­ministerium an den Landtag mit einer Vorlage herantritt, die auf eine bayrische Staatslotterie ab­zielt oder mit einer solchen auf Schaffung einer süddeutschen Lotterie-Gemeinschaft. Auf alle Fälle wird aber eine Vorlage nach der einen oder anderen Richtung dem Landtag zugehen. Wozu nur zu bemerken ist, daß Elsaß Lothringen für eine süd­deutsche Lolteriegemeinschaft nicht mehr in in Be­tracht kommen kann, nachdem es sich an dir preußische Klassenlotterie angeschlossen hat.

Das Parseval-Luftschiff, das unter der Führung von Oberleutnant Stelling aufgestiegen ist, um nach Amsterdam zu fahren, hat die Fahrt aufgeben müssen, nachdem es nicht ganz ein Drittel des Weges zurückgelegt hatte. Der Lustkreuzer ist gegen '/«> Uhr zwischen Isenbüttel und Leiferde in der Nähe von Brenneckenbrück niedergegangen und hängt in einer Birke. Er wird demontiert und mit der Eisenbahn nach Bitterfeld gesandt werden.

Der Entschluß einzelner Banken, Buchfor­derungen zu diskontieren, ist von manchen Ge­schäftsleuten mit großer Freude begrüßt worden. Jetzt zeigt aber dieses Verfahren eine unangenehme Kehrseite. Die Reichsbank hat im Anschluß an eine Konferenz der Direktoren ihrer Hauptstellen eine Verfügung erlassen, wonach solche Firmen, die ihre Buchforderungen diskontieren lassen, Wechsel­kredit nur noch gegen Deckung gewährt werden dürfe. Dieses Vorgehen der Reichsbank ist ver­ständlich, wenn man bedenkt, daß im Falle eines Konkurses alle Gläubiger ins Hintertreffen geraten würden, da ja die Forderungen der salliten Firma zediert worden sind.