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Nr- 41
Donnerstag, den 6. April 1911
47. Jahrgang-
kuinkcvau.
Stuttgart, 3. April- Der König hat dem^ Oberbürgermeister a. D. v. Gauß das Kommentur-' kreuz des Ordens der württ. Krone verliehen. Gestern vormittag empfing der König Oberbürgermeister v. Gauß in Audienz.
Stuttgart, 4. April. Das Staatsministerium hat sich dahin geeinigt, daß am 8. April, dem Fest der silbernen Hochzeit des Königspaares, die Beamten und Bediensteten aller Departements dienstfrei und die Kanzleien der Staatsbehörden (von ^ der Erledigung dringender Geschäfte abgesehen) zu i schließen sind. -
— Nach den neuesten Meldungen wird Graf; Zeppelin mit dem Luftschiff „Deutschland" an: ! Freitag den 7. April nach Stuttgart kommen zur Huldigung über dem Kgl. Schloß. An der! Fahrt, die in Friedrichshafen beginnt, können 10 Personen teilnehmen. Am Freitag Nachmittag § wird sodann die Fahrt nach Baden-Baden aus-, geführt j
Stuttgarts. April. Bei dem gegenwärtigen! tiefen Barometerstand sind die Aussichten für die auf Freitag 7. Aprilbeabsichtigte Fahrtder „Deutschland" ; von Friedrichshafen nach Stuttgart und Baden-! Baden nicht die allerbesten. Der „Schw. M." s erfährt über das Flugprogramm von zuständiger! Stelle, jedoch nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, daß die Fahrt von einer günstigen Wetterlage abhängig ist, folgende Einzelheiten: Das Luftschiff „Deutschland" wird am Freitag gegen 8! Uhr morgens in Friedrichshafen aufsteigen. Die! Fahrt nach Stuttgart geht über Ulm-GeislingenZ wie gewöhnlich wird die Alb überfahren. Da hier, ein Steigen des Luftschiffs bis beinahe 800 m er- forderlich ist, wird die Zahl der Passagiere höchstens 10 betragen. Graf Zeppelin nimmt persönlich an der Fahrt teil. Die Ankunft in Stuttgart dürfte gegen 12 Uhr erfolgen. Das Luftschiff fährt zunächst über das Schloß, führt dort eine Schleifen-' fahrt aus und bringt dem Königspaar zur silbernen! Hochzeit seine Huldigungen dar. Bald nach 12 Uhr wird dann die Landung auf dem Wasen stattfinden. Es ist nur ein kurzer Aufenthalt für einen' Passagierwechsel in Aussicht genommen. Das Luftschiff fährt sodann nach Baden-Baden über Pforzheim, jedoch nur mit beschränkter Passagierzahl. Von Baden-Baden aus werden am Samstag und Sonntag Passagierfahrten unternommen. Zur endgültigen Ueberführung nach Düsseldorf steigt das Luftschiff am Montag auf und fährt zunächst nach Frankfurt a. M., wo wiederum eine Zwischenlandung mit Pasfagierwechsel vorgesehen ist. §
Stuttgart, 4. April. Die Liste der fürstlichen! Besuche beim Silberhochzeitstag ist nunmehr ausgegeben worden. Darnach kommen am 7. April nacbm. 2 14 der Großherzog und die Großherzogin, von Baden hier an. Prinz Johann Georg voni Sachsen trifft am 4. ds. ein. Am 6. April treffen ^ der Herzog und die Herzogin zu Sachsen-Alten- burg ein, am 5. April Fürst und Fürstin zu Waldeck und Pyrmont, am 7. April Prinz und Prinzessin Wilhelm zu Sachsen-Weimar-Eisenach, Prinz Albert zu Sachsen-Weimar-Eisenach,Prinzessin Sofia zu Sachsen-Weimar-Eisenach, Prinzessin Alexandra zuSchaumburg-Lippe,PrinzundPrinzessin Friedrich zu Schaumburg-Lippe, Prinz und Prinzessin Albrecht zu Schaumburg-Lippe; am 6. April der Fürst und die Fürstin zu Bentheim und Steinfurt; ferner Prinz und Prinzessin Leopold zu Jsenburg- Birstein; am 7. April der Erbprinz Viktor Adolf und Prinz Karl zu Bentheim und Steinfurt.
Stuttgart, 4. April. Die Prozesse wegen Vergehens gegen das Weingesetz ^nehmen ihren Fortgang. Eine interessante Entscheidung hatte
die Strafkammer in zwei Verhandlungen gegen Wirts von Tamm zu fällen. Diesen war Tammer bezw. Mundelsheimer Wein beschlagnahmt worden, weil sie ihn gezuckert und mit einem Quantum Tiroler Wein vermengt hatten. Die Angeklagten machten geltend, daß sie den inländischen Wein zwar zuckerten, dem Tirolerwein aber erst zusetzten, nachdem die Gärung vorüber war, daß sie mithin gegen das Gesetz nicht verstoßen haben. Die Sachverständigen sprechen sich dahin aus, daß es zwar verboten ist, ausländischen gezuckerten Wein dem deutschen zuzusetzen, daß aber die Zuckerung von deutschem Wein in bestimmten Grenzen gestattet ist. Das Gericht schloß sich dem Gutachten unter Bezugnahme auf die Kommentare zum § 3 des Weingesetzes an. Es hielt zwar die Angeklagten für dringend verdächtig, den Tirolerwein dem deutschen zugesetzt zu haben, ehe die Gärung vorüber war, sprach sie aber, da das Vorbringen den Angeklagten nicht zu widerlegen war, frei und verfügte die Aushebung der Beschlagnahme.
— Es besteht vielfach noch die Ansicht, daß die württembergische Postverwaltung aus Anlaß, der Silberhochzeit des Königspaares besondere Postkarten als „Jubiläumspostkarten" ausgeben werde. Diese Meinung ist aber nicht richtig. Es handelt sich dabei lediglich um die Postkarte des Blumenverkaufstages, welche die Aufschrift „Offizielle Postkarte des Blumenverkaufstages", den 5 Pfg.- Wertstempel und unterhalb des Wertzeichens die Jahreszahlen 1886—1911 trägt. Von den Postanstalten werden diese Karten nicht verkauft.
Bad Teinach,4. April. Hofrat Dr. Wurm der sowohl durch seine langjährige Tätigkeit als Badearzt als auch durch seine Tätigkeit als Naturforscher und Schriftsteller weithin bekannt ist, feiert heute seinen 80. Geburtstag. Obwohl der Jubilar seit 2 Jahren gänzlich erblindet ist, ist er doch mit Hilfe seiner ihm treu zur Seite stehenden Gemahlin unermüdlich tätig, das Ergebnis seiner naturwissenschaftlichen Forschungen niederzuschreiben und es der Nachwelt zu überliefern. Unser Badeort hat ihm durch seine vielseitige schriftstellerische Tätigkeit über unsere Gegend sehr viel zu verdanken.
Gmünd, 2. April. Es darf als ein großer Fortschritt der Handwerkervereinigungen bezeichnet werden, daß sie es in den letzten Wochen zum erstenmal zustande gebracht haben, daß auf staatliche und städtische Submissionen keine Einzelofferten mehr eingehen, sondern von den Genossenschaften und Gesellschaften aus. So sind gestern die Jnnenarbeiten beim hiesigen Postneubau zum größten Teil nicht an hiesige Einzelfirmen, sondern an „Unternehmergesellschaftev" bezw. an Innungen hies. Handwerksmeister vergeben werden.
Oberndorf, 3.April. Die Waffenfabrik Mauser hat, da die Lieferung von 32 000 Stück Gewehren für Serbien abgeschlossen ist,« und neue größere Aufträge noch nicht vorliegen, bereits etwa 1000 Arbeiter entlassen müssen. Nach der Neckarztg. wird sich Direktor Mauser zur Erlangung türkischer Aufträge nach Konstantinopel begeben
Ehingen, 2. April. Unser Bezirk birgt einen Schatz, der wohl schon länger bekannt, aber nicht recht ausgenutzt ist. Es sind die warmen Quellen bei Munderkingen, deren bedeutendste die auf dem Grund und Boden des Anwalts in Algerhofen ist. Die Temperatur der letzteren sinkt auch im Winter nicht unter 15" und bei einer Fassung derselben in genügender Tiefe ist auf etwa 30° zu rechnen. Eine neuerdings vorgenommene Untersuchung auf Radioaktivität ergab ein über Erwarten günstiges Resultat. Wie man hört, wäre das Kloster Untermarchtal zur Ausnutzung der Quelle bereit; neuerdings soll sich auch der Staat dafür interessieren.
Mün ch en, 2. April. Das Oberbayrische Schwur- gericht verhandelte am Samstag gegen den 40
Jahre alten Kaufmann Otto Dold von Stuttgart und den 23jährigen Lithographen Eduard Irl in München wegen Banknotenfälschung. Otto Dold, der längere Zeit in Brasilien gelebt hat, beauftragte den Lithographen Eduard Jr>, gegen eine Belohnung von 100000 Mk. falsche 500 Milreisbanknotm anzufertigen. Der willenlose, aber sehr geschickt: Irl nahm den Auftrag an und Dold stellte ih». die Mittel zur Ausführung zur Verfügung. Irl fertigte nach einer echten Milreisbanknote ca. 1000 Stück an, sandte sie an Dold, der sie durch eine Mittelsperson nach Brasilien bringen ließ. Die meisten Sendungen an Dold gingen postlagernd nach Zürich. Zwei Züricher Postbeamte hattN neben zahlreichen anderen Wertsendungen auch ein Paket an Dold adressierter gefälschter Banknoten, unterschlagen und wurden verhaftet. Im Lause der diesbezüglichen Untersuchung in der Schweiz wurde der Absender der falschen Banknoten, Irl, eruiert. Eine bei ihm vorgenommene Haussuchung förderte eine Unmenge falscher Banknoten zutage, worauf Irl in München und einige Tage später auch Dold in der Schweiz verhaftet wurden. Das Oberbayrische Schwurgericht verurteilte, nachdem die Verhandlung den ganzen Samstag über gedauert hatte, in später Nachtstunde Irl zu 8 Jahren Zuchthaus und Dold zu 12 Jahren Zuchthaus, 10 Jahren Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht.
Karlsruhe, 31. März. Der badische Schwarz- ' waldverein hat soeben seinW Bericht über das 47. Geschäftsjahr 1910 erscheinen lassen. Der Verein zählt jetzt 70 Sektionen mit im ganzen 11920 Mitgliedern. Von größeren Unternehmungen werden genannt der Neubau des Feldbergturmes, der ohne jede Nebenkosten 80000 Mk. beanspruchen wird, der Hornisgrindeturm, dessen Bau den Voranschlag von 40 000 Mk. bedeutend überschritten hat, die Schutzhütte mit Aussichtsturm aus der Teufelsmühle, dessen Gesamtkosten auf 80 OOOZMk. sich belaufen, und die Unterkuuftshütte auf dem Hünersedel mit einem Bauaufwand von 2297 Mk. Für das Werk „Pflanzenleben im Schwarzwald" ist die Summe von 12—13 000 Mk. in Anschlag gebracht. Der Kassenbericht weist auf an Einnahmen 29 088 Mk., an Ausgaben 28978 Mark.
Gernsbach, 3. April. Bei den Grabarbeiten für das neue Schulhaus wurde ein gut erhaltener römischer Sarkophag aufgefunden. Nach der aus dem Deckel eingemeißelten Inschrift barg er die Gebeine des Flavius Piso, Centurio der 7. Kohorte der in Aurelia Aquensis (Baden-Baden) liegenden 12. Legion. Der Hauptmann war auf einer Reise nach ,August« Vindelicorum (Augsburg) mit dem Pferde gestürzt und seiner schweren Verletzung erlegen. An der Stelle des Unfalls wurde er seinem Wunsche gemäß bestattet. Der Sarkophag, der für Altertumsfreunde von großem Interesse ist, wird mit den dabei gefundenen Waffen und Schmuckstücken in das Museum nach Karlsruhe verbracht.
— Die 63. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte wird in diesem Jahre am 24.-30. September in Karlsruhe stattfinden.
Baden-Baden, 3. April. Nach einer aus Friedrichshafen eingetroffenen Nachricht wird das Luftschiff „Deutschland" am Freitag hier eintreffen und in der Luftschiffhalle landen. Von hier aus werden am Samstag und Sonntag Passagierfahrten unternommen. Dann geht es nach Düsseldorf.
— Aus Dresden wird berichtet: Seit einigen Tagen tragen in mehreren großen Dresdener Lokalen, die von den besseren Volkskreisen frequentiert werden, die Kellnerinnen Hosenröcke. Die Lokale gehören keineswegs etwa zu den sogenannten Animierlokalen, sondern sind echt volkstümliche Bierstuben Beispielsweise bedienen in einer altbekann-