nationalen Abkommen über die Abrüstung müßte die Aufstellung einer Art Rangordnung der verschiedenen Mächte vorangehen. Ich müßte es unbedingt ablehnen, dabei mitzuwirken. England ist überzeugt, daß es eine Flotte braucht, die jeder Vereinigung anderer Mächte gewachsen ist. Das ist sein gutes Recht. Aber etwas ganz anderes wäre es, wenn man einen solchen Anspruch zur Grundlage eines internationalen Abkommens machen sollte. Stellen Sie sich vor, daß man auf einem solchen Kongreß Deutschland zumuten sollte, seine Armee um 100 000 > Mann zu verringern, und daß demzufolge ausgerechnet werden müßte, um wieviel alle anderen l Nationen Uhre Armeen verringern Müßten. Jede Nation beansprucht die Stellung in der Welt, die der Gesamtheit ihrer nationalen Kräfte entspricht. Ich würde für Deutschland keine andere Antwort geben können und auch an keine andere Nation das Ersuchen stellen, eine andere zu geben. Angenommen jedoch, es ließe sich auf einem internationalen Kongreß eine Art Rangordnung aufstellen; dann müßten immer noch die Stärken der Armeen damit in Einklang gebracht werden, und dazu fehlt jeder Maßstab. Jeder Versuch einer internationalen Abrüstung müßte an der Frage der Kontrolle scheitern, die absolut undurchführbar ist. Ein klassisches Beispiel bildet das von Napoleon niedergeworfene Preußen, dessen Armee auf 40 000 Mann beschränkt werden sollte und dessen Patriotismus trotz der schonungslosesten Anwendung aller Kontrollmittel ermöglichte, eine Armee von vierfacher Größe aufzustellen. Die Frage der Abrüstung ist unlösbar, solange die Menschen Menschen und die Staaten Staaten sind. Auch die Frage der Schiedsgerichte ist in neuerer Zeit besonders lebhaft erörtert worden, in Sonderheit nach der Richtung hin, ob es möglich wäre, Schiedsgerichtsverträge ohne die sogenannte Ehrenklausel zustande zu bringen. Diese Klausel bildet bekanntlich den Bestandteil aller bisher abgeschlossenen Schiedsgerichtsverträge und lautet, daß kein Schiedsspruch in Anwendung kommt, wenn ) ie Abhängigkeit, die Ehre, die Lebensbedingungen eines der vertragsschließenden Teile berührt werden. Man has nameirt- lichdieMöglichkeitdesAbschlusses einesunbeschränkten Schiedsvertrages zwischen England und Amerika erörtert. Dabei .ist namentlich in Amerika die Ansicht vertreten worden, daß die Bildung eines unbeschränkten Schiedsvertrages auf andere Nationen der Wirkung der Allianz gleichkommen wurde. Es ist nicht meines Amtes, die Aussichten eines derartigen Abkommens zwischen Großbritannien», den Vereinigten Staatenjvon Nordamerika^ erörtern. Jede Nation,
' Neuenbürg. 31. März. Eine in weiteren Kreisen bekannte Persönlichkeit, Fabrikdirektor Ehr. Loos, der sich noch in vorgerücktem Alter anschickt, eine Motorenfabrik in Ansbach zu übernehmen, verließ heute unsere Stadt. Er nahm am öffentlichen Leben in Stadt und Bezirk regen Anteil.
Unterhaltendes
Zur Köhe.
Erzählung von Clsbeth Borchart.
(Forts) (Nachdruck verboten)
Frau Arnold erhob sich und ging ihrem Gaste entgegen, dann kehrte sie mit diesem in das Zimmer zurück.
Eine schlank gewachsene, elegant gekleidete Dame, die mit ihrem dunklen Teint, den schwarzen Haaren und dunkel leuchtenden Augen sofort die Italienerin verriet, trat an Frau Arnolds Seite über die Schwelle.
„Frau Regierungsbaumeister Bruchhausen" stellte, Frau Arnold vor und warf dabei einen bezeichnenden Blick aus Jsa.
Dieser war es einen Augenblick, als ob der Boden unter ihren Füßen wankte. Nur mit Mühe konnte sie der notwendigen Höflichkeit Folge leisten. Im nächsten Augenblick hatte sie sich gefaßt und das Schlagen ihres Herzens gewaltsam unterdrückt. Sie, die allezeit für die Wahrheit gekämpft, wollte ihr auch hier mutig ins Gesicht schauen.
Und sie betrachtete die junge schöne Frau, die sich in gebrochenem Deutsch unterhielt, frei und offen.
Die Wahrheit aber war schlicht und einfach. Carlotta hatte in Mailand den kurzen Rausch überwunden, nachdem ihr Bardini keine Hoffnungen hatte machen können. Sie harte ihr Herz wieder gefunden. Ihre alte Liebe für.Bruchhausen war leidenschaftlich erwacht. So war sie in die Residenz zurückgekehrt und hatte dem Glückstrahlenden die Hand gereicht fürs Leben.
Nach einiger Zeit verabschiedete sich Frau Bruchhausen. Sie habe ihrem Manne versprochen, ihn ins Theater zu begleiten, entschuldigte sie sich.
Mit Worten des Bedauerns wurde dieser „interessante Besuch" von Frau Arnold hinauskomplimentiert.
„Was sagen Sie nun, Kleines?" rief sie, als sie das Zimmer wieder betrat, Jsa zu.
„So — so wäre doch nur alles Verleumdung stotterte Jsa, von unaussprechlichen Ge
gewesen?"
hat es mit ihrem Takt allein abzumachen, ob und unter! fühlen bedrängt. „Werden Sie — werden Sie welchen Bedingungen sie Schiedsgerichtsverträge jetzt weiter mit Frau Bruchhausen verkehren?" abschließen will. Internationale, ^ . m-"-
will. Internationale, die Welt umspannende, von einem Weltkongreß aufgezwungene Schiedsgerichtsverträge halte ich für ebenso unmöglich, wie eine internationale allgemeine Abrüstung. Deutschland steht den Schiedsgerichtsverträgen nicht ablehnend gegenüber. Wir haben mit zwei Großmächten allgemeine Schiedsgerichtsverträge abgeschlossen, von dem der eine noch fortgesetzt in Gültigkeit besteht. Deutschlands Betreiben ist es vor allem zu danken, daß nn Haag die Einsetzung eines internationalen Friedenshofes zustande gekommen ist. Was aber die Ehrenklausel anlangt, so schafft nach meiner Ueberzeugung ihre Streichung nicht den Frieden. Wenn sich im Leben der Völker Gegensätze entwickeln, die, wie man so im gewöhnlichen Leben zu sagen pflegt, an die Nieren gehen, so möchte ich den Schiedsvertrag sehen, der im Stande ist, diese Streitigkeiten beizulegen. (Zustimmung.) Zur Friedfertigkeit gehört Stärke. Es gilt noch immer, das alte Gesetz, daß der Schwache eine Beute des Starken werden wird. Kann ein Volk für seine Rüstung nicht mehr soviel ausgeben, daß es sich in der Welt durchsetzen kann, dann sinkt es in die Rolle des Statisten zurück. Es wird immer ein anderer ein Stärkerer da sein, der bereit ist, seinen Platz in der Welt einzunehmen. Wir Deutschen in unserer exponierten Lage sind vor allem darauf angewiesen, der rauhen Wirklichkeit unerschrocken ins Gesicht zu sehen. Nur dann werden wir uns den Frieden und unsere Existenz erhalten. (Lebhafter Beifall.)
Korfu, 31. März. Der Kaiser, die Kaiserin und Prinzessin Viktoria Luise begaben sich nachmittags an Bord der Hohenzollern zum Empfang des Kronprinzen und der Kronprinzessin, die um 3einhalb Uhr mit dem Dampfer Prinzregent Luitpold eintrafen. Die Majestäten empfingen die krön- prinzlichen Herrschaften am Fallreep mit Kuß und Umarmung. Der Kronprinz und die Kronprinzessin sahen vorzüglich aus. Bald nach 4 Uhr begaben sich sämtliche Herrschaften gemeinschaftlich zum Achilleion.
Hur Zisai una Umgebung
— Ab 1. April wird Zug 987 Pforzheim ab 8.03 abends Wildbad an 9.06 abends bis auf weiteres Werktags regelmäßig ausgeführt.
„Nein, leider nein," entgegnete Frau Arnold, „denn Frau Bruchhausen ist mir mehr als interessant. Sie erzählte mir, daß ihr Mann nach Pommern versetzt sei, um dort im Austrage der Regierung ein Gebäude aufzusühren."
Ein erleichterter Atemzug entquoll Jsas Brust, und dennoch war es ihr, als ob eine Last sie zu Boden drücke.
Sie erhob sich von ihrem Platz.
„Wie, Kleines? Sie wollen doch nicht etwa auch schon fort?» fragte Frau Arnold.
„Ja, es ist die höchste Zeit. Haben Sie vielen Dank." Frau Arnolds Bitten um ein Längerbleiben nützte nichts; Jsa blieb fest.
So kam sie heim, wieder etwas mit sich bringend, das den schwer errungener Gleichmut und Frieden ihrer Seele störte. Neue feindliche Angriffe auf das kaum bezwungene Herz, bange Zweifel: Hast du ungerecht geurteilt — hast du leichtgläubig bösen Verleumdungen getraut? bestürmten sie und ließen ihr keine Ruhe. Dazu weckten Frau Arnolds Erzählungen allerhand Vermutungen, die des Halts entbehrend, wieder in sich zusammenfielen. Aber Verstand und Stolz unterdrückten die Regungen des kleinen rebellische» Herzens, das sich immer wieder gegen die Knechtschaft auflehnte.
Darüber verging der Winter, und ehe man es sich versah, sprangen die Knospen, und bald lag es wie ein duftiger grüner Schleier über Bäumen und Sträuchern.
Frühlingszeit! Welche geheimnisvollen Säfte treiben im Menschen! Wie dehnen sich die Glieder! Und in der Brust ist ein Drängen und Stürmen, eine unbestimmte heiße Sehnsucht. Wenn sich das erste Grün am Baum zeigt, wenn die erste Lerche trillierl, die erste Nachtigall schlägt, dann überkommt etwas Gewaltiges den Menschen, dem er nur einen Ausdruck zu verleihen im stände ist: Hinaus in die Ferne!
Auch über Jsa kam dieses Gewaltige: Nach Italien l
„Laß uns reisen, Mutti," bat sie.
Frau Renatus erklärte sich nur zu gern bereit dazu. Wenn sie auch Jsas seelische Kraft, mit der sie die letzte schwere Enttäuschung überwunden hatte, bewundern mußte, so fühlte sie doch, daß etwas
zurückgeblieben war, was neue Eindrücke hinwegwischen konnten Jsa selbst fühlte das.
Im Lande der Sonne mußten die Schatten weichen, die sich hier im kalten Norden um ihr Gemüt gelegt hatten, dort mußten Leib und Leben gesnnden.
So schnell sie es dachte und wünschte, kam die Reise jedoch nicht zu stände. Thea Könningen, die Freundin, hatte sich für einige Wochen zu Besuch angemeldet, oder vielmehr Jsa hatte sie darum gebeten.
Sie freute sich aus die bevorstehende Zerstreuung und hatte dadurch keine Störung in der Arbeit zu fürchten. Sie selbst hatte sich Ferien gegeben, nachdem ihr letzter Roman, daran sie den Winter gearbeitet hatte, beendet und auch schon in die Welt hinausgewandert war.
Sie sah etwas blaß aus und fühlte auch, was das Werk, dem sie sich mit Eifer und Hingabe gewidmet, sie gekostet hatte. Sie hatte oft heiß mit Zweifeln und Mutlosigkeit gekämpft und dann wieder mit leidenschaftlicher Anspannung weitergearbeitet. Nicht die Arbeit an sich hatte sie angestrengt, sondern die Sorge: Gibst du auch dein Bestes? Wird deine Kraft auch ausreichen, dem Ziele, das dir vorschwebt, nahezukommen?
Und sie mußte es wohl erreicht haben. Der außergewöhnliche Erfolg, den ihr Roman beim Erscheinen in einer der bedeutendsten Zeitschriften gehabt hatte, bestätigte es.
Auch bis in Bardinis stilles Atelier war der Ruf dieses Werkes gedrungen. Es ließ ihm keine Ruhe, bis er den Roman gelesen hatte. Und als er ihn beendet hatte, da wußte er warum Jsa sich von ihm abgewandt hatte. Sie sprach darin gewissermaßen das Verdammungsurteil über ihn aus, doch sie ließ einen Weg offen: Umkehr zur Tugend und — Läuterung.
„Wenn du de Weg weischt!"
Ich weiß und kenne ihn jetzt tiefsinniger Schwei- zerbue!" antwortete Bardini sich selbst darauf und
versenkte sich wieder in seine Arbeit.
» *
Thea kam. Die Kinder brachten Jubel und Freude ins Haus Jsa fand nicht viel Zeit, ihren eigenen Gedanken nachzuhängen, sie gehörten den Gästen.
So viel Zerstreuung und Freude dieser Besuch auch den Damen gebracht hatte, so atmeten sie doch erleichtert auf, als sie wieder allein waren.
„Nun können wir auch wieder an unsere Reise denken, Mutti," sagte Jsa und fing an, Vorbereitungen zu treffen. Sie stellte zunächst die Route zusammen und bat ihren Bruder Axel, die Billetts zu besorgen. In etwa 8 Tagen sollte es losgehen. Sie selbst bestellte unterdes die Garderobe und fuhr in die Stadt, um noch einige Einkäufe zu machen.
Als sie aus einem Geschäftslokal in der Leipzigerstraße trat, stieß sie mit Frau Arnold zusammen.
„Das nenne ich aber Glück," rief die rundliche Frau vergnügt. „Wo kommen Sie denn her. Kleines?"
Jsa erzählte, was sie gekauft hatte, und daß sie mit ihrer Mutter in etwa acht Tagen verreisen wollte.
„Also zunächst an den Lago Maggiore und dann an den Corner- und Lugano-See, wohl auch einen Abstecher nach Mailand?"
„Vielleicht," gab Jsa zögernd zur Antwort.
„Was sagen Sie nur zu unserem neuesten Tagesgespräch ?"
Jsa wurde vor Schreck blaß. Was war denn nun schon wieder passiert?
„Ich weiß nicht, was Sie meinen."
„Nun das Bild in der Ausstellung, die vor acht Tagen eröffnet wurde."
„Welches Bild?"
Aber liebes Kind, waren Sie denn nicht in Berlin, daß Sie davon nichts wissen?"
„Doch, ich war hier — aber ich hatte Logierbesuch bis gestern."
„Den Sie nicht einmal in die Ausstellung führten?"
„Nein Zeit und Stimmung fehlten dazu."
„Das ist seltsam, indessen gelesen müssen sie doch davon haben — die Zeitungen sind ja voll davon."
„Ich habe in der letzten Zeit auch keine Zeitung gelesen."
„Aber Herzenskind, das ist ja unverantwortlich, nehmen Sies mir nicht übel — wohnen mitten drin in der Metropole und wissen nicht, was darin vorgeht! Und nun gar von dem Bilde, von dem alle Welt spricht."
„Von wem ist das Bild?" unterbrach Jsa die aufgeregte Sprecherin.
„Von einem bisher gänzlich unbekannten Maler — Speranza oder so ähnlich heißt er, aber ich sage Ihnen, der wird noch einmal berühmt. Solch ein Meisterwerk — großartig — überwältigend war es. Ich war schon dreimal in der Ausstellung