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während der Saison: Amtliche Fremdenlistq.
Nr. 39 j
Samstag, den 1. April 1911
I 47. Jahrgang.
kliliikcbali.
— Seine Majestät der König hat die Stelle des Badinspektors in Wildbad dem Bauamtswerkmeister Vogt bei dem Bezircsbauamt Calw übertragen.
Stuttgart, 29. März. Der Finanzausschuß nahm heute den Etat der Universität der Technischen Hochschule und der Baugewerkschule an. U. a. wurde die ordentliche Professur für Luftschiffahrl, Flugtechnik und Kraftfahrzeuge ohne Widerspruch genehmigt, ferner wurde bewilligt der Etat der gewerblichen Fortbildungsschulen, der Frauenarbeits- 'chulen. Hierauf einigte sich das Haus dahin, daß die Denkschriften betreffend die Unterhaltung der gymnasialen und realistischen Schulen, ferner die Uebernahme der Volksschullasten auf den Staat und die Verwilligung von Staatsbeiirägen an Gemeinden zu Lehrergehalten nicht in diesem Sommer, sondern später ausführlich behandelt werden soll.
Stuttgart, 29. März. Wegen Vergehens gegen das Weingesetz und das württ. Wirtschasts- abgabengesetz hatte sich der frühere in Neuhausen ansässige ,Wirt Strohhöfer zu verantworten. Er hatte im November v. I. 300 Liter Rotwein 1l ' Liter Obstmost zugesetzt und den Mischmasch in den Verkehr gebracht. Das Urteil gegen den Angeklagten lautete auf 100 Mark Geldstrafe.
— Der Zweiten württembergischen Kammer ging als letztes Stück der allgemeinen Gehaltserhöhung die schon früher angekündigte Vorlage über die Gehaltserhöhung der Geistlichen beider Konfessionen zu. Bei den evangelischen Pfarrern geht die unterste Grundgehaltsstufe von 2400 Mk. Anfangsgehalt bis 4700 Mk. Endgehalt, die mittlere Gehaltsstufe von 2600 bis 4900 Mk., die oberste von 2800 bis 5100 Mk. Dazu kommt freie Amts- .wohnung. Das Endgehalt wird nach dem 27. Dienstjahre erreicht. Das Pfründeneinkommen der katholischen Pfarrer geht von 2500 bis 3900 Mk. Hiezu treten außer freier Amtswohnung die Stol- gebühren. Für 40 Pfarreien in Städten sind Gehälter von 2700 bis 4300 Mk- vorgesehen. Der Gesamtmehraufwand für die Gehaltserhöhung der Geistlichen beträgt im Beharrungszustand 583 000 Mark.
Stuttgart, 31. März. Für den heute aus dem Amt ausscheidenden Oberbürgermeister v. Gauß haben die bürgerl. Kollegien den 1. besoldeten Gemeinderat Bürgermeister Dr Rettich zum Amtsverweser ernannt.
Stuttgart, 29. März. In der Frage der Wasserversorgung Stuttgarts war im Anschluß an die Beurteilung der beiden Projekte durch die Berliner Sachverständigen mit Bezug auf das Langen- auer Projekt ausgeführt worden, daß der Kaufvertrag mit den Grundbesitzern von Langenau und einigen benachbarten Orten seinerzeit unter der Bedingung abgeschlossen worden sei, daß die Entscheidung spätestens bis zum 1. Mai ds. Js. seitens der Stadt Stuttgart erfolge. Demgegenüber stellt der Staatsanzeiger heute fest, daß das für das Wafferversorgungsgebietin Betrachtkommende Areal inzwischen mit Rücktrittsrecht b»s zum 1. Mai 1912 angekauft worden ist.
Stuttgart, 30. März. Zur Stuttgarter Wasserversorgung erfährt der Beobachter, daß sich die Sachverständigen nicht günstig für dos Langen- auer Projekt ausgesprochen haben. Das Schwarzwaldprojekt sei vorgezogen.
Stuttgart, 29. März. Heute nacht ff-2 Uhr brach in der Rüpplenstraße 5 gelegenen Bonbonfabrik von Moser-Roth Feuer aus. Der Brand entstand infolge Rohrdefektes in der im Dachstock gelegenen Mälzerei und griff so rasch um sich, daß ein Teil des Dachstockes zerstört wurde, bevor es der Feuerwehr gelang, der Flammen Herr zu
werden. Der Schaden ist nicht unbeträchtlich. Der Betrieb der Fabrik erleidet jedoch keine Unterbrechung.
Neuenbürg, 28. März. Der Eigentümer des am Sonntag in Dennach abgebrannten Gebäudes wurde wegen Verdachts der Brandstiftung in Untersuchungshaft genommen und nach 2 Tagen wieder entlassen.
Neuenbürg. Im Laufe der letzten Woche wurdehierdie'alljährlicheGesellenprüfung abgehalten. Zu dieser waren 46 Lehrlinge aus hiesigem, teilweise auch aus dem Calwer Bezirk angemeldet, von denen 43 zur Prüfung erschienen sind, darunter 14 Bäcker (Maisenbacher und Schill-Neuenbürg, Faas-Arubach, Anwärter, Wurster und Renftchler-Crttnbach, Ruff- Dobel, Sprenger-Höfen, Geckle-Herrenalv, Fischer-' Schömberg, Adam, Bäuerle, Sieb und Rall-Wilo- bad); 6 Schreiner (Dieterle-Höfen, Mundinger und Wendel-Wildbad, Schaible-Rotensol, Vollmer- Birkenfeld, Zimmermann-Bernbach); 5 Zimmerer (Federmann-Schömberg, Rapp-Höfen, Krauth- Waldrennach, Schnaufer-Maisenbach, Vischer-Con- weiler); 5 Metzger (Heß-Wildbad,Pfeiffer-Herrenalb, ^ Seyfried-Calmbach, Weymüller-Unterreichenbach, Zeltmann-Loffenau); 4 Schlosser (Bertsch-Lossenau, Döffinger-Neuenbürg, Pfau und Rapp Wildbad); 3 Schuhmacher (Lendener-Birkenfeld, Rentschler- Calmbach, Weik-Unterreichenbach); 2 Gipser(Pfeiffer- Herrenalb und Schmid-Wildbad); 1 Maler Weber- Neuenbürg); 1 Schmid (Lächler-Unterreichenbach); 1 Wagner (Mayer-Neuenbürg) und 1 Tapezier (Maier-Höfen-. Bestanden haben diesmal alle Geprüften.
Altensteig, 30. Mürz. Auf 1. April geht die hiesige Filiale des Bruderhauses Reutlingen in den Besitz der Stadt über. Die meisten Zöglinge kommen in die Papierfabrik Dettingen bei Urach, die anderen nach Göttelfingen OA. Freudenstadt.
— Die niederste Umlage aus Grund, Gebäude und Gewerbe erhob von den größeren Gemeinden Württembergs mit über 5000 Einwohnern im letzten Jahre Freudenstadt mit 4,86 Prozent. In Stuttgart betrug die Umlage 8 Prozent und konnte Heuer auf 7 Prozent ermäßigt werden.
Ulm, 29. März. Der Schweinemetzger Hötsch, der vor einem Jahr in Konkurs kam, hatte in seiner Rauchkammer und im Pöckelraum noch für 20000 Mk. Schinken, die der Konkursverwaltung bei der Feststellung der Masse entgangen sind und erst vor einigen Tagen in verdorbenem Zustande entdeckt wurden. Da Hötsch selbst über das Vorhandensein der Schinken nichts verlauten ließ, wurde er wegen Verdachts des betrügerischen Bankerotts festgenommen.
Friedrichshafen, 31. März. Das Luftschiff „Deutschland" hat bei der heute vormittags 8ft, Uhr unternommenen Höhenfahrt eine Reihe gelungener Manöver gemacht und ist dann um 11 Uhr 10 Min. glatt auf dem Zeppelingelände gelandet,
— Wie die Württemberger Zeitung hört, besteht in Friedrichshafen die Absicht, das neu hergestellte Luftschiff Deutschland am Silbernen Hochzeitstage des württ. Königspaares in Stuttgart einen Besuch abstatten zu lassen. Voraussetzung ist natürlich, daß das Luftschiff sich bei den Probeflügen bewährt, und günstige Witterung.
Pforzheim, 30. März. Hier wurden die Inhaber der Möbelhandlung Schwersenz Nachfolger, namens Emil Schäfer und Jakob Müller, wegen Verdachts des betrügerischen Bankerotts verhaftet.
Pforzheim, 30. März. In unserer Gegend wird riesig gewildert. Gestern hat man mit Hilfe des Polizeihundes Hassan einen solchen Wilderer ermittelt, den 18jährigen Goldschmied Karl Kopp in Niefern. Er hatte bei dem fürchterlichen Schneetreiben am Sonntag im Wald ein Reh geschossen
und mit Hilfe seiner Mutter das Fleisch vorerst im Acker vergraben und die Haut unter dem Dunghaufen versteckt. Holzarbeiter sahen im Walde blutige Spuren und die Forstwarte bezw Gendarmen bestellten den Polizeihund, der die Spur bis ins Haus des Kopp verfolgte und die mit Rehhaaren bedeckte Hose Kopps verbellte, auch das Fleisch uud Fell ausscharrte. Derselbe Hund hat übrigens auch einen 18jährigen Müllersburschen in Gondelsheim entlarvt, der aus Rache dem Bürgermeister Unkraut auf seinen Acker säte. Der Hund nahm die Spur auf dem Acker auf und lief bis in die Mühle, wo er den Burschen verbellte, der gestand.
Karlsruhe, 27. März. In einer Versammlung der ausständigen Arbeiter der Waggonfabrik wurde heute beschlossen den Streik zu beenden. Nach Pforzheinl nun auch Rastatt I Die Zeilen haben sich geändert, denn nicht mehr bedarf es nur der Lahmlegung einer Fabrikation durch einen Ausstand, um die einzelnen Arbeitgeber mürbe zu machen, sondern man hat sich auf Unternehmerseite darauf eingerichtet, einer etwa beliebten Machtprobe zu begegnen. In Pforzheim war es die fast beispiellos dastehende Einigkeit der Arbeitgeber, die ihnen den Sieg brachte. In Rastatt sehen wir eine vereinzelte Fabrik einem Ausstand von großer Hartnäckigkeit volle 4 Monate lang die Spitze bieten. Obwohl die Waggonfabrik Lieferfristen einzuhalten hatte, nahm sie den von den Arbeitersekretären ihr aufgenötigten Kampf auf. Vor dem Ausstand hatte die Fabrik 575 Arbeiter, beim Abschluß des Streiks war die Zahl wieder auf 515 gestiegen, die hinreichten, um einen ineinander- greifenden Betrieb mit gutem Erfolg fortzusetzen. In der Fertigstellung von Wagen war anfangs eine begreifliche Stockung eingetreten, dann über wurde das Versäumte nachgeholt. Niemand wird es den Arbeitern übel nehmen, wenn sie ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern trachten, aber dann müssen die Führer geschickter und besonnener Vorgehen, als es hier geschah. Andererseits muß man dem Personal der Fabrik, der Direktion, den Ingenieuren und den Werkmeistern hohe Anerkennung zollen, denn es wurde in der Anlernling von Arbeitern, die noch nie im Waggonbau tätig waren. Großes geleistet. Die Sympathien des Rastatter Publikums waren auf der Seite der Fabrik, weil man fühlte, daß hier nur eine Probevorstellung gegeben wurde, die, wenn erfolgreich, bei allen sonstigen Arbeiterkategorien, im Rastatter Handwerk ebenso gut wie in den vielen Fabriken des Murgtals, ihre Fortsetzung gefunden hätte. Das wird nun unterbleiben, und darin liegt der wichtigste Erfolg den die Waggonfabrik nicht nur für sich, sondern für die gesamte Murgtäler Industrie errungen hat. Aber das ist nicht alles. Es ist eine Lehre für die Arbeiter, nicht Unmögliches durchsetzen zu wollen und eine angefangene falsche Aktion nicht bis zum bitteren Ende forizusetzen. Das Gedeihen des wirtschaftlichen Lebens hängt zu einem großen Teile davon ab, daß die Arbeiter und in erster Linie ihre Führer ein Urteil über d'e Lage der Gewerbe und der Industrie gewinnen und einsehen, wie weit sie mit ihren Forderungen gehen dürfen und was zu vieb ist. In dieser Hinsicht war der Rastatter Ausstand in der Waggonfabrik ein Schulbeispiel.
Posen, 29. März. Die Ansiedlungskommission kaufte das 2000 Morgen große Rittergut Gorzewo (Kreis Wongrowitz) für 650 000 Mark.
Nizza, 29. März. Gesterrffabend gegen lOff, Uhr brach in einem der schönsten und größten Hotels in Beaulieu, im Hotel Bristol, ein Brand aus, der das ganze Gebäude in Asche legte. Glücklicherweise waren die meisten Einlogierten, darunter viele Deutsche, außerhalb. Verlust von Menschenleben ist nicht zu beklagen.