Amtsblatt

für die Stadt Witdbad

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mährend der Saison: Amtliche Fremdenlistq.

Nr. 38

Donnerstag, den 30 März 191t

47. Jahrgang.

kinilkcvau.

Stuttgart, 23. März. Durch eine Verfügung der Ministerien der Justiz, der auswärtigen An­gelegenheiten, Verkehrsabteilung des Innern, des Kirchen- und Schulwesens und der Finanzen vom 1. März ds. Js. werden sämtliche Staatskassen­stellen ermächtigt und angewiesen, künftig die Bank­noten der Württembergschen Notenbank in Stutt­gart, der Bayrischen Notenbank in München, der Sächsischen Bank in Dresden, der Badischen Bank in Mannheim, bei allen den Nennwert der Noten erreichenden oder übersteigenden Zahlungen und im übrigen insoweit in Zahlung zu nehmen, als die Barmittel und die Zahlnngsbedürfnisse der Kasse das Herausgeben des Ueberschusses über die Schuldigkeit gestatten.

Stuttgart, 27. März. Die von der Post­verwaltung aus Anlaß der silbernen Hochzeit des Königspaares hergestellte Postkarte wurde aus 1§r- suchen des Festkomitees für den Blumentag in einer Auflage von 120000 Stück hergestellt. Die Post­karte trügt unter dem Markenbild in derselben Farbe die Jahreszahl 1886 1911. Es sollten ursprünglich diese Zahlen in anderer Farbe direkt auf das Markenbild aufgedruckt werden. Infolge des Briefwechsels mit der Reichsdruckerei ist man aber dazu gekommen, die Jahreszahl unter das Markenbild zu setzen. Durch diesen Aufdruck der Jahreszahlen erhält die Karte das Aussehen einer offiziellen Festpostkarte der Post, sie ist aber in Wirklichkeit eine solche des Festkomitees. Die Auflage von 120000 Stück erscheint als gering, so daß sie gar bald vergriffen sein wird.

Stuttgart, 29. März. Mit der Frage der Wasserversorgung von Groß-Stuttgart haben sich am Montag die bürgerlichen Kollegien in einer nichtöffentlichen Sitzung befaßt. Als Sachverständige wohnten den Verhandlungen Geh.Rat Beyschlag- Berlin und Prof. Leppla-Berlin an; außerdem waren als Sachverständige Pros. Dr. Sauer und Pros. Dr. Jaas von hier zur Sitzung geladen und erschienen. Bei den Beratungen drehte es sich ausschließlich um die beiden gegenwärtig noch in Betracht kommenden Projekte, um das Langenauer und um das Schwarzwaldprojekt. Bekanntlich ist der Kaufvertrag mit den Grundbesitzern von Langenau mnd einigen benachbarten Orten seinerzeit unter der Bedingung abgeschlossen worden, daß die Ent­scheidung spätestens bis zum ersten Mai seitens der Stadt Stuttgart erfolgt. Da die Sache sehr eilig ist, wurde von den Sachverständigen vorläufig nur ein mündliches Referat erstattet. Die städt. Wasserbauinspektion scheint nach wie vor an dem Enztalprojekt festzuhalten.

Stuttgart, 28. März. Heute vormittag unter­nahm der Aviatiker Fiedler auf dem Cannstatter Wasen mit seinem neu konstruierten Apparat einige wohlgelungene Passagierflüge, bei denen er eine Höhe von 60 Meter erreichte.

Stuttgart, 27. März. Das Verzeichnis der Telephonteilnehmer für das Jahr 1911 ist heute im Druck erschienen. Es unterscheidet sich von seinem Vorgänger durch ein anderes Format und durch die Aufführung der Abonnenten in drei Spalten auf einer Seite, wodurch das Buch hand­licher geworden ist, ohne an Ueberstchtlichkeit zu verlieren.

Stuttgart, 27. März. (Der schlaue Esel.) Nachts kurz vor 12 Uhr ein Menschenauflauf in ser Tübingerstraße. Alles rennt. Ein Esel des Zirkus Sarasani, der zum Bahnhof transportiert wird, mag nicht mehr laufen. Beharrliche Gehorsams­verweigerung. Der Schutzmann ist in Verlegenheit, was er in diesem Falle tun muß. Die Instruktion gibt offenbar keinen Aufschluß. Alle Bemühungen scheiterten jedoch an dem Eigensinn des Langohrs.

Da kommt ein Droschkenkutscher daher gefahren. Er zügelt die Pferde, um auch zu sehen,was los ist". Der Esel will nicht laufen.Fahren Sie ihn in der Droschke zum Bahnhof!" Gesagt, getan. Der Esel wird in die Droschke gesetzt und fährt seelenvergnügt seinem Bestimmungsort zu. Das Publikum geht vergnügt seiner Wege und man schmunzelt, weil die heikle Sache so glatt geregelt worden ist.

In verschiedenen Städten tauchen in letzter Zeit wieder falsche Zweimarkstücke auf. Sie tragen das Bildnis Kaiser Wilhelm 1., das Münzzeichen 0, die Jahreszahl 1876 und sind sehr gut nachge­macht; nur ist die Prägung nicht besonders scharf.

Heilbronn, 25. März. Die hies. Straßen­bahnen haben im abgelaufenen Geschäftsjahr wieder nur 2°/o Dividenden ihren in der Hauptsache in Mannheim wohnenden Aktionären abgeworfen Der Fehler liegt an dem mangelnden Ausbau des Netzes als Rundbahn.

Heilbronn, 27. März. Der angebliche Graf de Paddy, der kürzlich das im hiesigen Oberamt liegende Schloß Stettenfeld ankaufte, um, wie er angab, dort seine waffentechnischen Erfindungen zu fabrizieren, ist als ein Schwindler entlarvt worden. Es ist der im Juli 1910 im Zuchthaus in Sonneberg entlassene Max Schiemanngk aus Strnupitz, Regierungsbezirk Kottbus. Der 1869 geborene Gauner hat bereits 13 Jahre wegen Betrügereien und anderer Delikte im Zuchthaus ge­sessen. Der Hochstabler wußte sich hier unter dem Namen eines Grafen de Paddy, dem er durch eine Uniform noch schöneren Glanz verlieh, in den besten Gesellschaftskreisen, u. a. auch im Offizierskasino, Eingang zu verschaffen. Mit einem Frhr. v. G. lebte er in freundschaftlichen Beziehungen. Er be­saß tadellose, behördlich beglaubigte Legitimations­papiere, sodaß der Notar bei der Aussetzung des Kaufvertrages keinerlei Bedenken trug. Die Reichs­sportel für den Verkaufsvertrag mit 2400 Mark ließ er sich, da er gerade keinKleingeld" bei sich hatte, von einem hiesigen Bankhausvorschießen". Sein Verhältnis zu einer Kellnerin, die er zu einer Automobiltour durch Deutschland einlud, wurde ihm zum Verhängnis. Der Vater des Mädchens, das absolutFrau Gräfin" werden wollte, ließ Nach­forschungen anstellen, und so kam jder Schwindel zu Tage. Schiemanngk wurde am Samstag nach­mittag durch Vermittlung der Heilbronner Fahn­dungspolizei in Frankfurt verhaftet.

In Kl ei na spach OA. Marbach trank die achtzehnjährige Stieftochter des Bäckers und Musikers Bahnmaier statt Wein versehentlich ein Glas mit Lauge aus. Kurz darauf fanden sie ihre Angehörigen auf dem Boden der Backstube liegend und vor Schmerz sich windend. Das unglückliche Mädchen hat sich innerlich völlig verbrannt und liegt jetzt so schwer darnieder, daß nur geringe Hoffnung auf Erhaltung des Lebens besteht. Sie war erst kürzlich aus einem Stuttgarter Kranken- Hause entlassen worden und wollte einige Tage zur Erholung im Elternhause zubringen.

Die Märznummer der Blätter des Württ. Schwarzwaldvereins bringt einen mit warmem Interesse geschriebenen Artikel über einen auf dem Aussterbeetat stehenden Betrieb, den der Kohlen­brenner. Der Verfasser Hofphotograph K. Blume n- thal-Wildbad gibt eine anregende Beschreibung der Köhlerei und schildert die wirtschaftlichen und technischen Seiten des dem Untergang geweihten altehrsamen Betriebs. Das hohenzollernsche Schwarzwalddorf Glatt und das Adelsgeschlecht von Neuneck von S. Wetzel, findet seinen Abschluß. Einen freudebegeisterten Festartikel widmet Lehrer Knapp-Tonach dem 4. Bundeslauf des Schwäb. Schneeschuhbundes am 4. und 5. Febr. 1911 bei Baiersbronn, mit dem der Verfasser zu­

gleich ein Bild der Entwicklung des Schneeschuh­laufs im württ. Schwarzwald gibt. Die dem Text beigegebenen Bilder versetzen den Beteiligten und Unbeteiligten im Geiste an jene große Sprung­schanze, die beim Sprunglauf der 7 wackeren Kämpen ein Schauspiel bot, so schön und grandios, daß es unauslöschliche Eindrücke bei jedem Zuschauer hinterließ. Dem verstorbenen Vorsitzenden des Calwer Bezirksvereins, Oberlehrer A. Müller, ist ein mit Porträt geschmückter ehrender Nachruf ge­widmet von K. I. Es folgen noch Vereinsbe­richte und Mitgliederoerzeichnis.

Das finanzielle Ergebnis des Blumentags beträgt in: Calmbach 500 Mk. Liebenzell 600 Mk., Freudenstadt 2400 Mk. Herrenberg 1000 Mark Dürrmenz-Mühlacker 1400 Mk., Maulbronn 450 Mk-, Vaihingen a. E. incl. Konzert und Wohl­tätigkeitsbazar ca. 1746 Mk., Heilbronn 15 000 Mark, Tuttlingen 3000 Mk., Aalen 3700 Mk., Horb 774 Mk-, Geislingen incl. Volkskonzert 4457 Mk.. Urach 1800 Mk., Besigheim 500 Mk., Böblingen 1500 Mt., Künzelsau 2918 Mk., Höfen 400 Mk. Altensteig 652 Mark-

Nürtingen, 26. März. Bei dem Tode des Oberamtsvorstandes, Regierungsrat Freiherr von Falkenstein, handelt es sich um einen Unfall. Der Verunglückte, der sehr kurzsichtig war, beschritt nachts VsI2 Uhr, als er sich nach Hause begeben wollte, in der Dunkelheit eine dem Neckar direkt zuführende Straße, wobei er am Ufer ausglitt, m den Neckar stürzte und, da der Unfall von niemand bemerkt wurde, ertrank.

Nördlingen, 27. März. Gestern abend ist das HotelDeutsches Haus" völlig abgebrannt Nur der Saalanbau konnte gerettet werden. Die Hausbewohner konnten kaum das nackte Leben retten. Sechs Feuerwehrleute wurden schwer verletzt.

Pforzheim, 27. März. Am Samstag abend geriet kenn Kartenspiel der 30jährige Taglöhner Anton Nothweiler mit seinem Kollegen Gottlieb Holzwarth in Streit, in dessen Verlauf Nothweiler den Holzwarth des Falschspiels bezichtigte, worauf dieser Pfennige, die er dem Nothweiler vorher geliehen hatte, zurück verlangte. Darüber geriet Nothweiler derart in Aufregung, daß er nach dem Messer griff und dem Holzwarth einen Stich in den Leib versetzte, daß ein Stück Darm hervortrat und Holzwarth schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Bei der Gegenwehr erhielt Holzwarth außerdem eine Schnittwunde an der rechten Oberhand. Der Täter wurde verhaftet.

Nordhausen, 28. März. Wie dieNord­häuser Zeitung meldet, hat sich der Bürgermeister des benachbarten Städtchens Stolberg, Dr. Pompel, nach Unterschlagung von 127 000 Mk. Sparkassen­gelder erschossen. Die Unterschlagungen reichen mehrere Jahre zurück. Durch Fälschung von Unterschriften zweier Mitglieder des Kuratoriums hat er seit etwa 5 Jahren vom Magdeburger Bankverein auf Konto der Sparkasse zu Stolberg größere Beträge erhoben, die den Gesamtbetrag von 127 000 Mk. erreichen. Die Fälschungen kamen gestern durch Zufall an den Tag.

M ünchen, 15. März. Interessante Einblicke in die finanziellen Verhältnisse der Oberammer- gauer Passionsfestspiele gewährt die soeben erschienene Abrechnung für die verflossene Spielzeit. Die Gesamteinnahmen beliefen sich auf 1704 735 die Ausgaben einschüeßlich der Honorare an die Mit­spielenden 1 142 426 Mk., so daß sich ein Ueber- schuß von 562 308 Mk. ergibt. Von diesem Ueber- schuß sind bereits 126 523 Mk. für den Schlacht- hausneubau, für den Leichenhausneubau und die Ammerkorektion ausgegeben worden. Der Rest soll wie folgt Verwendung finden: für kirchliche Zwecke 48000 Mk., für Zwecke der Erziehung und Bildung 23000 Mk., für Wohltätigkeitszwecke 25 000